Wenn das Luther wüßte
Freitag, 3. Oktober 2008 von Adelinde
Was hat sich eigentlich seit Luthers Kulturkampf gegen „Rom“ und den verrotteten Lebensstil des Vatikans gebessert? Wenn man das Buch „Ihr habt getötet“ liest, hat man den Eindruck: nichts!
Verfaßt wurde das Buch 1999 von Insidern:
von einer Gruppe von Geistlichen und Laien innerhalb des Vatikans … „Discepoli di Verità“, dt.: Jünger der Wahrheit …
Christian Förtsch hat das Buch aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzt, 1. Auflage 2004. In seinem Vorwort ruft er in Erinnerung:
In ihrer zweitausendjährigen Geschichte führte die katholische Kirche Kriege, verbrannte Hexen und Ketzer, häufte irdische Güter an und erzog das Volk in Unwissenheit und sexueller Verklemmung, damit das „Seelenheil“ nicht durch modernistische Ideen infiziert würde.
Er ist der Ansicht:
Das Urchristentum kannte nur eine spirituelle Gemeinschaft von Menschen, die bis zum bevorstehenden Weltuntergang ein rechtes Leben führen … wollten.
Karl-Heinz Deschner stelle fest:
„Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen.“ Dieser imposante Satz, der in goldenen Lettern an der Kuppel des Petersdoms prangt, wurde von Jesus, nach allem, was wir heute wissen, niemals gesprochen.“
Die selbsternannten „Felsen“ samt ihrer Kirche haben sich zu einem Machtgebilde entwickelt, das viele seiner „Schäfchen“ bis in die heutige Zeit an sich zu binden versteht, ihnen Moral predigt, selbst aber nach wirklicher Moral nicht viel zu fragen scheint. Seine „Moral“ scheint auf den Machterhalt um jeden Preis ausgerichtet zu sein nach dem jesuitischen Motto:
Der Zweck heiligt die Mittel.
Und wie es so geht bei Machtgierigen: Sie sind uneins über den geeigneten Weg zum Ziel. So haben sich im Vatikan Machtgruppen gebildet, die einander mißtrauisch beäugen, bekämpfen und dabei über Leichen gehen. Herausragend sind das erzkonservative „Opus Dei“ und der „Freimaurerclan“, zu dem auch die „Loge P2“ gehört. Allen gemeinsam ist das Gebot strengster Geheimhaltung.
Sie glauben, wenn einer stirbt, dann überlebt sowieso die Seele, und von daher ist es kein großer Schaden,
habe – in Vorahnung seiner Ermordung – der katholische Freimaurerbankier Roberto Calvis gesagt, erzählt seine Tochter Anna Calvis, als ihr Vater plötzlich – angeblich durch „Selbstmord“ – gestorben war.
Papst Johannes Paul I.
starb 1978 33 Tage nach seiner Inthronisation auf nie geklärte Weise, und eine Obduktion seiner Leiche wurde durch seine sofortige Einbalsamierung verhindert .
Albino Luciani hatte den zweifelhaften Finanzgeschäften, übertriebenem Prunk und der Korruption innerhalb der Amtskirche den Kampf angesagt.
Er galt als Befürworter des Opus Dei und wollte ihm das Privileg einer Personalprälatur verleihen. Damit hätte die Sekte eine ungeheure Machtfülle innerhalb der katholischen Kirche erhalten. Sie hat dieses Ziel später dennoch erreicht.
Sein Nachfolger war der Pole Karol Wojtyla,
Papst Johannes Paul II.
Er war wie sein Vorgänger Parteinehmer des Opus Dei, war aber ein weit besserer Taktierer als Luciani. Er verschaffte dem „Opus Dei“
wichtige Schlüsselpositionen im Kirchenstaat, ohne die konkurrierende Logenseilschaft zu verprellen.
Dennoch sollen heute mehrere Würdenträger des Vatikans den Verdacht hegen, daß das Attentat am 13. Mai 1981 auf Carol Wojtyla denselben Grund haben könnte wie der mysteriöse Tod Albino Lucianis.
In seine Amtszeit fällt auch das Blutbad, das am 4. Mai 1998 kurz nach 21 Uhr in einem Kasernengebäude der Schweizergarde entdeckt wird. Drei Menschen liegen erschossen beieinander: Oberstleutnant Alois Estermann, seine politisch aktive Ehefrau Gladys Meza Romero und Vizekorporal Cédric Tornay.
Zum „höheren Wohl der Kirche“ hin und wieder einig
Der Tatort wird nicht gesichert, italienische Polizei wird nicht benachrichtigt. Sehr schnell ist der Tathergang „geklärt“. Joaquín Navarro-Valls, ordentliches Mitglied des Opus Dei, verkündet bereits in derselben Nacht – und alle vatikanischen und italienischen Organe tuten tags drauf und immer wieder ins selbe Horn:
Vizekorporal Cédric Tornay (hat) in einem plötzlichen Anfall von Wahnsinn gehandelt,
nämlich als Amokläufer erst das Ehepaar und dann sich selbst getötet. Im Buch kann man das Nähere zu diesem Einzelfall nachlesen. Es entsteht – wie der Autor Gérard de Villiers der Schweizer Wochenzeitung gegenüber aussagt – das Bild
einer hermetischen Welt, die von Intrigen und brutalen Machtkämpfen erschüttert wird und wo man Geheimnisse wie Leichen vergräbt.
Estermann war ein fanatischer Opus-Dei-Kämpfer, der eine ungewöhnlich steile Karriere gemacht hatte und innerhalb kurzer Zeit zum Kommandanten der Schweizergarde aufgestiegen war. Das hatte der Logenclan „monatelang verhindert“,
damit diese einflußreiche Position nicht in den Machtbereich der Gegenfraktion geraten und die päpstliche Garde nicht in eine „Spezialeinheit“ verwandelt würde,
die nach Befehlen des Opus Dei agitierte. Estermann und seine Frau waren Geheimagenten ebenso wie der Beichtvater des Vizekorporals Cédric Tornay, der seiner Mutter wenige Monate vor seiner Ermordung gesagt hatte:
Gemeinsam mit zwei Freunden stelle ich Nachforschungen über das Opus Dei in der Schweizergarde an.
So waren sie also alle drei in die „ewige Seligkeit“ katapultiert worden, womit die Interessen beider Machtgruppen berücksichtigt waren, weshalb die Loge auch eifrig damit beschäftigt war,
die offizielle Version des Blutbades … zu sanktionieren und … Cédric Tornay, das rituelle „Schlachtopfer“, zu dämonisieren.
Zum „höheren Wohl der Kirche“ sind sich die Kontrahenten ausnahmsweise einig.
In Momenten größter Not (oder günstiger Gelegenheiten) sehen sich die beiden Seilschaften gezwungen, gemeinsame Sache zu machen.
In einem zähen Ringen teilen die Clans der Freimaurer und des Opus Dei die gigantische (politische, ökonomische und logistische) Machtfülle des Vatikans untereinander auf, wobei der Pontifex Maximus nur als klerikales Aushängeschild dient.
Der Papst eine Marionette. Deshalb konnte der schwer erkrankte, körperlich und geistig immer schwächer werdende Wojtyla ja auch ruhig bis zu seinem – wohl natürlichen – Tode im Amt verbleiben.
Er war vom Opus Dei ausersehen, die Solinarnosc aufbauen zu helfen, um den Kommunismus aus der Welt zu schaffen. Gerade das aber lief der Loge zuwider.
Die wiederum erlitt eine tiefe Spaltung, als ihr Mitglied, der von slawischen Vorfahren abstammende amerikanische Freimaurer-Bischof Paul Marcinkus als Präsident der Bank IOR den Kampf für die Solidarnosc mit beträchtlichen Geldmitteln unterstützte. Damit arbeitete der Freimaurer den Zielen des Opus Dei zu.
Das Opus Dei
wurde Ende der zwanziger Jahre in Spanien gegründet und breitete sich
mit den typischen Eigenheiten einer religiösen Sekte
in ganz Europa aus.
Der Begründer und Führer, Josemaría Escrivá de Balaguer, ist ebenso charismatisch wie autoritär. Die Leitmotti stehen im Zeichen des Fanatismus, und die Anhänger – Geistliche ebenso wie Laien – werden einer ehernen Disziplin unterworfen, die sie als „Soldaten Christi“ in einer milizähnlichen Organisation zusammenschließt. Die innere Struktur folgt dem paramilitärischen Muster, ist streng nach Abteilungen gegliedert und steht unter strikter Geheimhaltung. Ein „Werk Gottes“, für das „der Herr keinen vorübergehenden Charakter“ will, sondern „einen unsterblichen Charakter“, eine „heilige, unveränderliche und ewige“ Organisation, wie Jesus sie als „Instrument der Rettung im Herzen seiner Kirche“ wollte. Die Aufgabe ist messianisch: Die Völker und ihre Institutionen sollen „christianisiert“ und „geheiligt“ werden.
Diese Sekte wird 1997 von der Untersuchungskommission des belgischen Parlaments in eine Liste von 189 weiteren Sekten oder sektenähnlichen Gesellschaften aufgenommen, was ihren Anschein als Geistesmacht mindert und ihre wirkliche politische Macht verschleiert und verharmlost.
Escrivá de Balaguer sprach Maximen aus wie (zitiert nach Peter Hertel: Ich verspreche euch den Himmel, Patmos 1985, S. 18 ff.):
Stähle deinen Willen, damit Gott dich zum Führer mache.
Die Ehe ist für das Fußvolk und nicht für den Generalstab Christi. (Die Priesterschaft ist vielseitig in homosexuelle Beziehungen verstrickt, während sie Homosexualität den „Schäfchen“ als Sünde verteufelt.)
Blind dem Vorgesetzten gehorchen … Weg der Heiligkeit.
Im übrigen verspreche ich euch den Himmel.
Die Ebene der Heiligkeit, die der Herr von uns wünscht, ist durch diese drei Punkte bestimmt: heilige Unnachgiebigkeit, heiliger Zwang und heilige Unverschämtheit.
Krieg zwischen Opus Dei und Logenbruderschaft
Für die Außenwelt erneut sichtbar wurde der Krieg der beiden Geheimgesellschaften 1992, als es wegen der Währungskrise Italiens mal wieder um Finanzfragen ging:
Einige dem Opus Dei nahestehende Politiker der Democrazia Cristiana beschuldigten die Freimaurer, sie hätten die italienische Währungskrise verschärft, um die Regierung in Schwierigkeiten zu bringen und das nationale Machtgefüge zu verschieben. Zielscheibe dieser Destabilisierung sollte eben die kirchenfreundliche Democrazia Cristiana sein. Ein Opus-Dei-naher Prälat im Vatikan hatte sich sogar zu der Forderung verstiegen, während der Messe für die Heiligen Peter und Paul sollten keine Stücke von Mozart mehr aufgeführt werden (weil Mozart Freimaurer gewesen war!!!).
Der Großmeister des „Grande Oriente d’Italia“, Giuliano Di Bernardo, erwiderte auf die Anwürfe: „Die Kräfte der katholischen Reaktion sind im Aufmarsch begriffen, sie ziehen ihre Truppen zusammen und attackieren die Logenbruderschaft. Aber warum wird statt dessen nicht darüber geredet, daß das Opus Dei, der katholische Integralismus, seine Krakenarme in die internationale und nationale Finanzwelt ausgestreckt hat? Männer des Opus Dei sind in die Nervenzentren der Macht eingedrungen und beeinflussen Entscheidungen von nationaler Tragweite. Und warum wird nicht zum Beispiel darüber gesprochen, wieviel Kapital der Vatikan bei der Spekulation mit der Lira eingesetzt hat? Es gibt keinerlei Verschwörung der Logenbrüder, wenn es eine Verschwörung gibt, dann geht sie vom Opus Dei aus.“
Natürlich! Verschwörungen gibt es selbstverständlich nur bei der jeweils anderen Geheimgesellschaft. Und so erwidert der Pressesprecher des Opus Dei auch prompt:
„Diese Anschuldigung ist lächerlich. Die Mitglieder des Opus Dei sind in ihrer beruflichen Praxis absolut autonom und frei, und folglich schulden sie dem Opus keinen Gehorsam.“
Den Beweis bleibt er schuldig und bekommt vom ehemaligen Großmeister des „Grande Oriente d’Italia Palazzo Giustiniani“, Armando Corona, um die Ohren:
„Das Opus Dei ist eine große internationale Unternehmung. Diese Leute sind die einzig Vollkommenen, die Retter der Menschheit, wir Freimaurer sind für sie nur gottlose Zerstörer. Aber vor allem sind die Leute vom Opus Dei eine große, kompakte und extrem mächtige internationale Organisation, während jede Freimaurerloge der Welt autonom und souverän ist.“ (La Stampa, 10.2.1993)
Na klar! Wer mehr über die Wühlarbeit beider streng hierarchisch im Befehl-Gehorsam-System organisierter Geheimgesellschaften innerhalb und außerhalb des Vatikans, ja in aller Welt, an konkreten Beispielen erfahren möchte, dem sei das Buch ans Herz gelegt.
Und Du, Martin Luther?
Tröstlich, daß Du nicht mehr miterleben mußt, wie wenig Dein Protest bewirkt hat!
vielen Dank für die Hinweise auf Ihre Seite. Das zuletzt (sicher zu Recht) empfohlene Buch habe ich noch nicht gelesen. Wohl aber den Martin: Der letzte Papst. Das genügt.
Bei dieser Gelegenheit sollten aber einmal Ihre gelungenen Bilder auf der Eröffnungsseite gewürdig werden, ganz wunderbar.
Ja, auch mit Schönheit ist gegen Jene, die bewußt (u. a.) das Häßliche und Gemeine bevorzugen (lassen), anzugehen, bitte weiter so.
Ganz zeitgemäß wäre allerdings eine Winterlandschaft, die schon erahnen ließe, daß der krachende Frost erst noch bevorsteht. Aber auch so, wie hier, mit viel Nebel, kommen Sie unserer Zeit schon sehr nahe.
Nach jedem Dezember folgt wieder ein Mai, lieber Hape!
Ihre Adelinde
Tja, liebe Adelinde, ganz so neu ist das Ganze nicht. Vieles wird sicher treffend erkannt, manches Verborgene dürfte noch viel schrecklicher sein. Das ist das wahre Leben, von dem wir nur wenig ahnen. Vielleicht für die innere Ruhe im Alter ganz gut?
„O, wie selig, o wie selig, ein Kind noch zu sein“ besingt der leid- und verratgeprüfte Zar Peter in seiner Oper diese Erkenntnis des Erwachsenwerdens. Mit der Kindheit geht der Glaube an Gerechtigkeit ganz allmählich verloren. (Dat is all jümmers so west, sagen die bequemen Nichtnachdenker). Doch denk‘ mal an!
Da regiert ein noch viel, viel schlimmerer, bösartigster, menschenverachtender Feind mit todbringender Energie im westlich-amerikansichen Umfeld, der nur einen Plan kennt:
Es ist dessen erklärtes Ziel, den durch und durch ausgereiften Plan der „Full Spectrum Dominance“ auf allen Ebenen der Welt zu verwirklichen, also „im und auf den Meeren“, „auf dem gesamten Erdball“, „im Himmelsraum“ darüber bis „ins All hinein“. Das geschieht auf den Ebenen des militärisch-industriellen Komplexes, der Ebene des freien Kapital- und Finanzverkehres“ (vergl. EU-Reform), auf der Ebene der „Ressourceneroberung“ und last, but not least auf der Ebene der Lebensmittel- und Nahrungsversorgung (Beispiel: Monsanto) incl. der Beherrschung des Wassers. Man nennt diese Gruppe „Elite“!
Eine Qualifizierung, die zynischer kaum sein kann.
Und nun fehlte nur noch eines: die Logenquerverbindung.
Da will es mir scheinen: das wäre eine ebenso menschenverachtende Gegenbewegung wie das O. D. eine gute Balance im Bösen, oder?
Mithus
Bei Deiner Aufzählung hast Du noch die Pharmaindustrie und das Krankenhaus-Konzern-(Un-)Wesen vergessen, lieber Mithus.
Das „Gute“ ist, daß diese raff- und machtgierigen „Eliten“ sich gegenseitig bekriegen, einander dabei immer mal wieder enthüllen und vor allem die Völker, die sie abzocken, nicht bis ins Unendliche ausbeuten können.
Das „Schlechte“ wäre m. E., wenn wir uns bei dem Wissen um diese zerstörerischen Kräfte unser Leben vergrämen und nichts einfallen ließen, was unser eigenes Leben an der Zerstörung vorbeiführt. Dann hätte das Zerstörerische wirklich gesiegt.
Wer die Augen aufmacht und offenhält für alles Schöne und Gute dieser Welt, das neben den geheimen Weltherrschaftsplänen und -machenschaften sein Leben immer von Neuem entfaltet, der wird es stärken und ihm helfen zu überleben.
Das Streben nach Weltherrschaft wird immer wieder viele Opfer kosten, sein Ziel aber wird es nie und nimmer erreichen. Da ist das Lebendige davor.
O, ja, Adelinde, Dein Wort in „Gottes Ohr!“
Ich fahre heute an den Strand von Lusitanien und hoffe dort die seidige, sonnenwarme und saubere Luft des pinienreichen Ufers der Algarve in Ruhe zu genießen, fern allen Trubels unserer Welt hier. Dort, wo wir zu sein hoffen – sub conditione Jacobaea (Jac. 4,13-15) – ruht noch alles in friedlicher Demut und Bescheidenheit, selbstgenügsam im Glück des Sein-Dürfens.
Mithus
Wenn es Sie interessiert, müssen Sie das Buch lesen von David A. Yallop „Im Namen Gottes?“ Total spannend, und ich bin ein Verehrer dieses Albino Luciani und bin überzeugt, dass er beseitigt wurde wegen der vatikanischen Geldgeschäfte.
[…] Die neue Welt sei eine “freimaurerische Welt”, die wohl auch “Vatikan II” “verschuldet” hat (siehe auch: Wenn das Luther wüßte): […]
Thanks for finally writing it.
http://www.kidsstuffcentral.com/kids-activities-branson/
[…] (Adelinde: siehe auch den Adelinde-Eintrag „Wenn das Luther wüßte“ https://www.adelinde.net/wenn-das-luther-wuste/) […]