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Michael Huck

schreibt in der Zeitschrift Mensch & Maß vom Oktober 2022 unter der Überschrift (siehe hier)

Der Hitler-Stalin-Pakt 1929/1930

Hier nun Teil 2 als Fortsetzung:

Während die meisten Weimarer Politiker dies nicht offen auszusprechen wagten und ledig-lich erklärten, daß sie auf friedlichem Weg versuchen wollten, den Bestimmungen des Versailler Vertrages entgegen zu wirken, erklärte Hitler – zumindest solange er in der Opposition war – recht lautstark, was er vom Versailler Vertrag und dem Verhalten der polnischen Regierung hielt.

Hitler, der an guten Beziehungen zu den christlichen Kirchen und speziell dem Vatikan interessiert war, schloß sich auch gerne dem Kreuzzuggerede der Kirche gegen den Bol-schewismus an und erweckte so bereits Jahre vor seinem Regierungsantritt den Eindruck erbitterter Kommunistenfeindschaft, obgleich sich in Einzelfällen bereits abzeich-nete, daß im realen politischen Betrieb, Nationalsozia-listen und Kommunisten auch schon mal zu-sammengingen, wenn es darum ging, der SPD, dem Zentrum oder den liberalen Par-teien zu schaden.

Einer, der sich von Hitlers antikommu-nistischen Reden nicht täuschen ließ, war General Ludendorff, der bereits um das Jahr 1930 Hitler massiv angriff und ihm in seiner Zeitung „Ludendorffs Volkswarte“ offen vor-warf, sich mit Stalin gegen Polen verschwo-ren zu haben, wobei der weitsichtige Ludendorff auch offen erklärte, daß dieses ebenso unheilvolle wie dumme Bündnis Deutschland in einen neuen Weltkrieg und geradewegs in die totale Zerstörung führen werde.

In seiner Schrift „Weltkrieg droht auf Deutschem Boden“ nannte Ludendorff Einzelheiten und rechnete damit, daß der Krieg spätestens im Jahre 1941 ausbrechen würde:

„Genauso wie ich 1912 den Weltkrieg kommen sah, der 1914 ausbrach, so sehe ich den zweiten Weltkrieg mit Riesenschritten nahen, einen Weltkrieg, der alle europäischen Völker in die Vernichtung zieht […]

Sowjetrußland soll dem Faschismus endgültig den Ausgleich der militäri-schen Kräfte bringen. Nach Stalins Meinung dagegen soll der Bolschewismus befähigt werden, sich zum Herrn Europas zu machen. Außenpolitisch trat Moskau sofort in die engsten Beziehungen zur Türkei. –

Das Bündnis zwischen beiden Staaten ist, wie noch kürzlich der türkische Minister des Auswärtigen in Moskau es versi-cherte, unerschütterlich fest.“*

Auch im Vertrag von Rapallo sieht Lu-dendorff die Gefahr von gefährlichen mili-tärischen und außenpolitischen Entwick-lungen, die Moskau nützen, aber Deutschland schaden, da sich Deutschland nicht nur wirtschaftlich, sondern auch militärisch zu sehr an Moskau anlehnt.

„Der Vertrag von Rapallo 1922 gab diesen Bestrebungen festere Form. Auch militärischerseits wurden die Beziehun-gen zu Sowjetrußland und Deutschland gepflegt.

Viele gute Deutsche sahen bald in Sowjetrußland die Macht, durch die oder aus deren Bereich heraus die Befreiung Deutschlands durchgeführt werden kön-ne. Womit diese Rettung erkauft werden würde, nämlich mit der Bolschewisierung Deutschlands, erwogen sie nicht. Nur in diesem Fall sind die Kommunisten nati-onal. […]

Die Sowjetmacht wendet sich jetzt scharf wieder den europäischen Verhältnissen zu. […] Sowjetrußland hat ein militä-risches Eingreifen in Europa gut vorbe-reitet.

Es bildet sich mit jedem Tage mehr zu einer Militärmacht ersten Ranges trotz aller seiner pazifistischen Kundgebungen aus. […] Der Abschluß des Bündnisses zwischen Bolschewismus und Faschismus am 2.8.1930 zeigt Stalin oder seine Berater hinter ihm als klarblickende Militärs, dagegen Mussolini und die Priester in Rom als militärische Stümper.

Im Februar 1930 predigte der Papst noch den Kreuzzug gegen den atheistischen Kirchenschänder Stalin. Heute liegen sich die beiden Machtsysteme, d.h. der römisch-gläubige Papst und der Atheist Stalin in den Armen.

Der Papst hat Stalin plötzlich das Morden vieler christlicher Priester verziehen. Das alles ist nicht verwunderlich.

Das Bündnis zwischen Faschismus und Bolschewismus ist ja nur ein Nützlich-keitsbündnis zur Überwindung ein und desselben Feindes: das Machtsystem des Groß-Orients von Frankreich, und zwecks gegenseitiger Begaunerung nach erhoff-tem Sieg über diesen Feind […]

Die Eingliederung des bolschewistischen Rußlands in das faschistische System ist auch den Anhängern des Faschismus in Deutschland mehr als recht. Auch der Faschismus in Deutschland sieht in dem Bolschewismus einen Weg zur Rettung Deutschlands, wenn auch seinen eigenen Weg als den besseren. […]

Gleichzeitig hat sich der Bolschewismus in Deutschland nationalistisch gebärdet. Beides ist folgerichtig. Nachdem Bolsche-wismus und Faschismus ein Bündnis abgeschlossen haben, und der Faschis-mus in Deutschland durch das An-schwellen der nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei unter Unter-stützung des Stahlhelms Gewähr dafür zu bieten scheint, daß die Eingliederung Berlins in das System Rom-Moskau gesi-chert ist.

Das Bündnis zwischen Fa-schismus und Bolschewismus wurde in Rom in größter politischer Aufmachung abge-schlossen, natürlich als ein Wirtschaftsbündnis. […]

Das unterzeichnete wirtschaftliche, poli-tische, militärische Bündnis Mussolinis mit Sowjetrußland hat innerhalb Deutschlands das Bündnis der Parteien und Verbände, die sich öffentlich am heftigsten befehdet haben, zur Folge.

Die mit Mussolini verbündeten National-sozialisten und Stahlhelmleute und die mit Sowjetrußland verbündeten Kommu-nisten müssen zusammengehen. Offen darf man dies noch nicht zeigen. […] Bis zum Kriegsausbruch wird aber der Scheinkampf bleiben müssen.

Der Kampf der Nationalsozialisten gegen den Marxismus wäre sonst als ungeheue-re Lüge gebrandmarkt. […] Mit den schönen Worten, für die Befreiung Deutschlands zu kämpfen, wäre es dann vorbei.“**

Auch Ludendorff sieht die Kontinuität zwi-schen der Politik der Weimarer Republik der geheimen Zusammenarbeit mit der Sowjet-union und den Nationalsozialisten, die – noch als sie in den Startlöchern stehen – bereits mit Mussolini als Mittelsmann mit Stalin paktieren.

Das erklärt zum einen auch die an sich widersinnigen Anordnungen Hitlers unmit-telbar nach der Machtübernahme im Januar 1933 einerseits die kommunistische Partei offiziell zu verbieten, andererseits aber die Verbände der NSDAP anzuweisen, ehemalige Kommunisten bevorzugt in die Partei auf-zunehmen; und die Kommunisten beantrag-ten auch Scharenweise die Aufnahme – mit dem Segen und auf Anordnung Moskaus.

Ludendorff weist auch darauf hin, daß beide Seiten alles taten, damit dieses bereits 1929/1930 geschlossene Abkommen erst un-mittelbar vor Kriegsausbruch of-fiziell bekanntgegeben werden würde.

 

Adolf Hitler undatiert (Bild: gettyimages)

Die unter von Seeckt und Rathenau be-gonnene Rußland-Politik wird von Hitler al-so im Geheimen weitergeführt und erweitert; während nach außen der Anschein einer ideologischen Feindschaft erweckt wird, ist ein gemeinsames militärisches Vorgehen gegen Polen jedoch immer wahrscheinlicher, wobei auch andere Mächte, die einen neuen Krieg bereits einplanen, das Ihre tun, um Öl ins Feuer zu gießen und die rus-sisch/deutschen-polnischen Gegensätze für eigene Zwecke auszunutzen:

„Es stellt auch der Groß-Orient von Frankreich durch seine Vertrauensleute in Deutschland den Deutschen als Möglichkeit hin, Polen anzugreifen, mit der Versicherung, es werde zusehen. Auch dies Spiel ist zu durchsichtig.

Frankreich gibt Polen nicht preis und kann es auch bei der Haltung Sowjet-rußlands gar nicht preisgeben. Würde Deutschland im Einverständnis mit Sowjetrußland – allein hat es nicht die Kraft, Polen anzugreifen – auf dieses Spiel eingehen, so würde das für Frankreich Anlaß sein, und Anlaß sein müssen, selbst Deutschland zu bekrie-gen.“***

Heute wird allzuleicht vergessen, daß die Spannungen zwischen Polen und Rußland einerseits, zwischen Polen und Deutschland andererseits lange vor der Machtübernahme durch Hitler bestanden und oft auch kleinere militärische Auseinandersetzungen beinhal-teten, wobei die demokratischen Regierungen der Weimarer Republik – auch auf Anraten Hindenburgs – vor einem Krieg zurück-schreckten, da Deutschland in diesem Fall auch gegen Frankreich und England kämpfen würde müssen und Deutschland mit seiner abgerüsteten Reichswehr chancenlos gegen eine solche Übermacht war.

Günter Schubert weist aber darauf hin, daß auch die Politiker der demokratischen Weimarer Parteien sich nicht mit dem Verlust der Ostgebiete abfinden wollten und eine Politik trieben, die langfristig die Rückge-winnung dieser Gebiete zum Ziel hatte:

„Durch die schikanöse Behandlung der deutschen Minderheit leisteten die pol-nischen Behörden während der gesam-ten Zeit der Weimarer Republik ihren Beitrag dazu, die Emotionen lebendig zu erhalten und ihnen die Aura der Be-rechtigung zu verleihen.

Zu Hunderttausenden suchten sich die Angehörigen der Minderheit dem polni-schen Druck zu entziehen, sie siedelten ins Reich über und galten als lebendiger Beweis für die Feinseligkeit der Polen und damit zugleich als Mahnung für eine unnachgiebige Haltung in der Grenzfrage […].

Die deutsche Regierung weigerte sich darum auch beharrlich, auf einen Aus-gleich mit Polen hinzuarbeiten. Den hatte sie mit Rußland in Rapallo eingeleitet.

1925 hatte sie sich im Locarno-Vertrag zur endgültigen Anerkennung der deut-schen Westgrenze bereit gefunden und damit den Grundstein für einen fried-lichen Ausgleich mit Frankreich gelegt.

 

Gustav Stresemann (Bild: Wikipedia)

Sie weigerte sich jedoch, eine ent-sprechende Vereinbarung mit Polen zu treffen. Gustav Stresemann, für seine Friedenspolitik weithin gerühmt, machte kein Geheimnis aus seinen gar nicht so friedlichen Absichten, die er nach Osten hin verfolgte.

In zahlreichen öffentlichen Äußerungen ließ er keinen Zweifel daran, daß er hoffte, durch den Ausgleich mit Frank-reich Handlungsfreiheit gegenüber Polen zu gewinnen, die er mit einem Ost-Locarno nicht wieder aufgeben wollte. Er glaubte zwar nicht daran, daß Polen durch Verhandlungen zum Nachgeben bewogen werden könne, er lehnte es aber andererseits ab – und darin unter-schied er sich von den Rechtskreisen der Weimarer Republik –, kriegerische Mittel einzusetzen.“****

Und auch in Polen selbst waren Kräfte am Werk, die ständig darauf pochten, das pol-nische Staatsgebiet auf Kosten seiner Nach-barstaaten zu vergrößern, die schwache Weimarer Republik war ebenso im Fokus polnischer Begierde wie ukrainische, litaui-sche oder tschechische Gebiete.

„1932 reagiert Pilsudski auf die sich steigernden nationalistischen Töne der Reichsregierung mit militärischem Mus-kelspiel, ein polnischer Einfall in Ost-preußen schien unmittelbar bevorzu-stehen; Deutschland hätte dem nur unzureichende militärische Mittel entge-genwerfen können.

Mit dem Machtantritt der Nationalso-zialisten erreichte die Spannung ihren Höhepunkt. Im März wurde die mili-tärische Besetzung der Westerplatte unter Verletzung des Völkerbundstatus demonstrativ verstärkt. Pildsudski war offenbar zu einem Präventivschlag ent-schlossen.“*****

Zunächst kam alles jedoch anders und Polen und die Nationalsozialisten unterschrieben schon wenige Monate später einen deutsch-polnischen Vertrag, worauf sich zunächst die Spannungen zwischen beiden Staaten legten und die Polen sich verstärkt ihren anderen Nachbarn widmeten um sie mit Gebiets-forderungen zu drangsalieren.

1938 trieb es die polnische Regierung auf die Spitze gegenüber der ohnehin schon ange-schlagenen Tschechoslowakei und drohte der Regierung in Prag offen mit Krieg, falls diese nicht kampflos der Übergabe des Teschener Gebietes an Polen zustimmen sollte.

Polen erwies sich einmal mehr als Kriegs-treiber und verletzte den Kellog-Pakt und die Bestimmungen des Völkerbundes. Es ist bemerkenswert wie sowohl die USA, England, Frankreich wie auch der Völkerbund über dieses kriegerische Verhalten Polens hinweg-sahen und auch die Mißhandlung der Min-derheiten sowie die Einführung der Rassen-gesetze gegenüber Juden zu keinerlei Kon-sequenzen für Polen führten.

Die Siegermächte des Weltkrieges und der Völkerbund sahen einfach weg. Wobei 1938 ein Jahr war, in dem sehr viel Unerklärliches geschah. Während England und Frankreich wegen der Sudetengebiete nahe daran waren mit Deutschland einen Krieg zu riskieren, obgleich die deutschen Ansprüche nach dem Grundsatz des Selbstbestimmungsrecht der Völker durchaus fundiert waren, drückten die Siegermächte und der Völkerbund wieder beide Augen zu, als Hitler die „Rest-Tschechei“ erledigte, was ja nun ein klarer Völkerrechtsbruch und Akt der Aggression war.

Fortsetzung folgt

______________________

Anmerkungen

*) Erich Ludendorff, Weltkrieg droht auf Deutschem Boden, München 1930, S. 9
**) ebd., S. 27 ff.
***) ebd., S.13
****) Günter Schubert, Nachbarn auf Gedeih und Verderb, Deutsche und Polen, Bonn 1997, S. 238 f.
*****) ebd., S. 239

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Furor Teutonicus
Furor Teutonicus
1 Jahr zuvor

Von Bismarck ist die Spruchweisheit überliefert. “Man ist stets klüger, wenn man vom Rathaus kommt”.

Einzelne Aspekte jener Zeit heute punktuell beurteilen zu wollen, ohne sämtliche umgebende Aspekte einzubeziehen, ist unredlich oder Propaganda. Es gibt eine Reihe von sehr seriösen Historikern, die teilweise ihre Existenz dafür geopfert haben, um der Welt einen Blick auf die Wahrheit zu ermöglichen. Ich denke dabei an die deutschen “Revisionisten” Zündel, Wallendy & Co – und empfehle insbesondere Prof. David L. Hoggan “Das blinde Jahrhundert”.

Unbekannter
1 Jahr zuvor

Meine liebe Adelinde, ich bewerte viele Ihre Artikel als sehr wertvoll. Aber mit diesem Artikel werfen Sie viele richtige historische Fakten durcheinander, so daß es Ihnen nicht gelingt, Ursache und Wirkung für das gesamte blutige 20. Jahrhundert beweisfähig zu begründen! Denn Stalin wie auch Hitler im 2. Akt der Weltgeschichte wurden genau so finanziert, wie ihnen der Weg zur Macht mit viel Geld gepflastert wurde!

Aber der Weg zur Einen-Weltregierung wurde letztlich nicht Zufällen überlassen! Mit diesem Artikel gelang es Ihnen auf keinem Fall, den Kordischen Knoten zu lösen, sondern vielmehr noch verwirrender zu gestalten

Mit herzlichen Grüßen
Ein Gleichgesinnter

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