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Doktorarbeit von Annika Spilker: „Geschlecht, Religion und völkischer Nationalismus – Die Ärztin und Antisemitin Mathilde von Kemnitz-Ludendorff (1877-1966)“

Die Doktorandin Annika Spilker – eine Schwimmerin mit dem Strom

Sie ist „offensichtlich“ (um einen in ihrer o. a. Dissertation von ihr inflationär gebrauchten Ausdruck für nicht genaue Kenntnis zu verwenden) eine noch recht junge Frau. Sie schwimmt selbstgewiß im Strom des Zeitgeistes, in dem die Jugend seit Ende des Krieges aufgezogen wird.

Da genügt es, jede Menge – ebenfalls vom Zeitgeist diktierte, großenteils unter hetzerischen Titeln veröffentlichte – Sekundär-Literatur als Ersatz für nicht selbst gelesene Original-Texte anzuführen, um eine bedeutende Denkerin des 20. Jahrhunderts dem Zeitgeist zum Fraß vorzuwerfen. Mit ideologisch gefärbter Brille wird ein billiges Plakat von einem Menschen entworfen und in die Öffentlichkeit gestellt, dessen wirkliches Wesen und Denken dahinter vollständig verborgen bleibt.

Welch vergebliche, „jahrelang“[1] „auf einem langen Weg“[2] durchgestandene Mühe – vor allem des Abschreibens von einschlägigen Vorlagen, die andere zusammengeschrieben und dafür teils ebenfalls Doktortitel erhalten haben! Die Doktorandin erklärt auf Seite 27, sie wolle „in der vorliegenden Arbeit“ eine

„Stereotypisierung und perspektivische Verengung“

vermeiden. Das ist ein anerkennenswerter Vorsatz, seine Durchführung ist der Autorin jedoch auf der ganzen Linie mißlungen. Ihrer Arbeit mangelt es vor allem an Originalzitaten dessen, was Mathilde Ludendorff selbst gesagt und geschrieben hat. Somit fehlen Beweise, mit denen die Autorin ihre „Stereotypisierung“, mit der sie uns nun tatsächlich abspeist, hätte untermauern können, wenn sie denn welche gefunden hätte.

Statt dessen versucht sie, durch Anführung zahlreicher Sekundär-Literatur über das geistige Umfeld der Weimarer Zeit und der des Nationalsozialismus Mathilde Ludendorffs Denken zu kennzeichnen. Eine mehr als fragwürdige Methode, um nicht zu sagen: eine Methode, den Leser hinters Licht zu führen. Wissensgewinn über das Werk Mathilde Ludendorffs jedenfalls bleibt aus.

Bezeichnenderweise beginnt Spilker ihre Arbeit mit dem Kapitel über das

Spruchkammerverfahren gegen Mathilde Ludendorff.

Zu klar verrät sie damit – wie auch mit dem stigmatisierenden Begriffs-Sammelsurium des Titels ihrer Arbeit – ihr „politisch korrektes“ Bestreben, beim Leser von vornherein ein Vorurteil aus der Schublade „rechtsextrem“ zu erzeugen.

Statt die Qualität der Spruchkammern und der Art ihrer Verfahren zu hinterfragen, sie im Zusammenhang mit den zahlreichen ähnlichen Vorgängen in der Geschichte als Sieger-„Justiz“ nach Umbrüchen zu erkennen, stellt sie Mathilde Ludendorffs Verurteilung durch das Spruchkammerverfahren kommentarlos in den Raum, die Verurteilung wohl im Glauben an die Unvoreingenommenheit und Unfehlbarkeit von Gerichten als gerecht annehmend:

Mathilde Ludendorff soll demnach „Hauptschuldige an der Errichtung und Unterstützung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ gewesen sein. Dieses Urteil, das ihr Gesamtwerk und -wirken ignoriert und der Wahrheit ins Gesicht schlägt – so wie es auch in dieser Doktorarbeit geschieht –, ist schon blamabel genug für das „Gericht“, nicht für die Philosophin, findet aber seine Steigerung in den Strafen, die einer Existenzvernichtung für die damals 70-jährige Mathilde Ludendorff bedenklich nahe kam. Spilker führt sie auf, ebenfalls kalt kommentarlos:

Mathilde Ludendorff verlor

  • alle erteilten Approbationen, Konzessionen, Berechtigungen, den Doktortitel,
  • ihre Pensions- und Rentenansprüche,
  • die Hälfte ihres Vermögens „als Beitrag zur Wiedergutmachung“.
  • Sie hatte „einen beträchtlichen Anteil der Prozeßkosten zu tragen“.

Ihr wurde verboten,

  • öffentliche Ämter zu bekleiden,
  • sich politisch zu betätigen oder einer politischen Partei beizutreten,
  • sich als Lehrerin, Predigerin, Redakteurin, Schriftstellerin, Rundfunkkommentatorin zu betätigen.

Bei Wikipedia lesen wir über Spruchkammern:

Ab 1946 fällten sogenannte Spruchkammern, die von un- oder minderbelasteten Juristen und deutschen Laienrichtern geführt wurden, Urteilssprüche gegen Deutsche wegen Verstrickung in den Nationalsozialismus. Das Kontrollratsgesetz Nr. 104 zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946 sah fünf Gruppen vor:

  1. Hauptschuldige
  2. Belastete (Aktivisten, Militaristen, Nutznießer)
  3. Minderbelastete (Bewährungsgruppe)
  4. Mitläufer
  5. Entlastete, die vom Gesetz nicht betroffen waren

… Gegenüber gängigen Strafverfahren ist bei den Spruchkammern die Beweislast umgekehrt: Der Betroffene muß die Schuldvermutung entkräften und nicht die Spruchkammer seine Schuld beweisen …

Die Siegermächte brachten – im Namen der Freiheit – Verfolgungen und Denkverbote.

Damit übertrafen sie sogar Hitler. Der hatte seine Verfolgungen und Denkverbote angeordnet, ohne sich auf die Freiheit zu berufen. Doch die Heuchelei der Sieger, die sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat, die die freie Forschung über die Zeit des Nationalsozialismus strafgesetzlich unterbindet und dementsprechend u. a. den Geist von einschlägigen Doktorarbeiten anleitet, diese Art von Heuchelei findet man zu allen Zeiten nach Siegen einer Kampfespartei über die andere und nach damit verbundenen Umbrüchen in den Völkern.

Existenzvernichtung, wie im Falle der Philosophin Mathilde Ludendorff versucht, gestaltete sich zu anderer Zeit und an anderen Orten als ungeschminkter Mord. Wie z. B. nach der geistig-seelischen Niederwerfung freier Völker die jesuitische Inquisition Zigtausende „Ketzer“, vor allem Frauen, mordete, so mordeten die siegreichen Bolschewisten östlicher und westlicher Herkunft und ihre Helfershelfer nach dem Zusammenbruch Deutschlands 1945 in nahezu allen europäischen Ländern insgesamt Hunderttausende Idealisten, die sich als sog. Kollaborateure Deutschland angeschlossen hatten. Sie hatten von Deutschlands Kampf gegen den Bolschewismus, der in Rußland grauenvoll wütete, die Freiheit ihrer Völker erhofft, bei einem Sieg Deutschlands auch die Überwindung des Kapitalismus und der internationalen Bankenherrschaft. Sie hatten unter deutscher Führung ein einiges Europa der Vaterländer erstrebt. Sie hatten den Krieg trotz ihres Kampfeinsatzes überlebt. Jetzt fielen sie der mordenden Sieger-„Justiz“ zum Opfer.

Mit den Maßstäben von freiheitlicher Rechtstaatlichkeit und Menschenwürde sind solche Rachefeldzüge unvereinbar. Darüber hätte man in Spilkers Doktorarbeit gern das eine oder andere Wort gelesen. Doch: Schweigen im Walde! Das Stigma aber ist gesetzt.

Mathilde Ludendorff war eine der ersten Widerstandskämpfer gegen Hitler und gegen den durch ihn drohenden und später verwirklichten Gewaltstaat.

Das läßt sich leicht nachweisen und hätte einer Doktorandin wie Spilker nicht entgehen dürfen, wenn sie denn mit ihrer Arbeit einen wissenschaftlichen Fortschritt hätte erreichen wollen, was ja eigentlich Sinn und Zweck jeder Doktorarbeit sein sollte. Die Hitleristen wollten sich durch tiefsinnige Philosophie und Moral nicht aufhalten lassen. Ihr Unverständnis schlug sich in den Parolen nieder, die die SA brüllte und an Wände schmierte:

Ludendorff verrecke.

Mathilde verrecke.

Mathilde Ludendorff selbst hatte, als ihr erstes Werk Triumph des Unsterblichkeitswillens 1921 gedruckt vorlag, keineswegs damit gerechnet, daß bereits Zeitgenossen ihren umwälzenden Erkenntnissen würden folgen können und wollen. Sie sagte in einer Ansprache anläßlich ihres 60. Geburtstages am 4.10.1937: Die Erkenntnisse der Philosophen

und die moralischen Wertungen, die sich aus diesen ergeben, gestalten gewöhnlich nicht an der Geschichte der Gegenwart, sondern an der kommender Jahrhunderte. So rettet ihnen denn auch die Verständnislosigkeit der Mitwelt ihre traute, so für Schaffen und Erleben geschätzte Einsamkeit.

Sie hatte sich vorgestellt, daß

nach hundert Jahren … irgendeiner nach den wenigen Exemplaren meiner philosophischen Werke greifen werde, um dann das Volk zu ihnen zu führen.

Sie schuf dann ein umfangreiches, vielgestaltiges Gesamtwerk,

in dem sie die Forschungsergebnisse ihrer Zeit mit philosophischen Erkenntnissen einte. Diese von ihr geschaffene Einheit schildert sie a.a.O.:

Mathilde Ludendorff (Zeichnung von W. Willrich)

… so sehen wir nicht den Sternenhimmel über uns als eine Fläche mit unzähligen flimmernden Lichtlein, eine Täuschung, die zu vielen religiösen Wahnlehren verführt hat! Nein, in unserer Seele steht das erhabene, heilige Wissen der Forschung, das uns diesen Sternenhimmel in seiner gewaltigen Wirklichkeit wahrnehmen läßt! Nicht umsonst kündete uns die Astronomie die unermeßlichen Entfernungen dieser nun schon unermeßliche Milliarden von Jahren gesetzmäßig kreisenden unermeßlichen Scharen der Welten! Nicht umsonst erwies uns die Forschung, daß unser Auge nur den kleinsten Teil dieser Welten wahrnehmen kann, ja, daß auch das künstliche Auge der Forschung, das Fernrohr, nur einen Teil der dem Auge schon unsichtbaren unermeßlichen Scharen der Welten wahrnimmt. Nicht umsonst kündete uns die Wissenschaft, daß unter ihnen Sterne sind, deren Licht 2 Milliarden Jahre Zeit braucht, um zu unserem Stern zu gelangen, und dies, obwohl das Licht in jedem einzelnen dieser 2 Milliarden Jahre 9 1/2 Billionen Kilometer zurücklegt! Sind auch solche Entfernungen unvorstellbar für uns, so befruchtet doch diese Erfahrung der Wissenschaft die Art unseres Schauens.

Nun sieht unsere Seele alle diese Sterne von unermeßlichen Entfernungen untereinander getrennt, Tiefenwahrnehmung dieses Weltalls der Sterne ist uns durch das Wissen der Forschung geschenkt worden. Ja, wir sehen sie in ihren schier unfaßlichen Größenmaßen. Ist doch der Stern, auf dem wir leben, einer der winzigsten all dieser kreisenden Welten, und können wir doch den von der Forschung gemeldeten Ausdehnungen einzelner dieser Gestirne kaum mit der Vorstellung folgen. Erschütternd in ihrer unermeßlichen Beherrschung von Raum und Zeit ist diese Welt der Sterne, wenn wir sie so sehen. Ein erhabenes Gottgleichnis in seiner vollendeten Gesetzmäßigkeit, in seiner Unerbittlichkeit der Gesetze, die dieses Sternenheer im Sein erhalten!

Wie schwindet vor dieser unermeßlichen Welt der Wirklichkeit der kümmerliche Wahn, den Menschenunkenntnis schuf, daß ein Gott auf einer Fläche, dem Himmelszelte, Lichtlein angezündet habe und über diesem Zelte säße, um das Menschenschicksal zu lenken. Wie schwindet auch der durch die Wahrnehmung des Auges vorgetäuschte Wahn, als seien die Fixsterne, die für das Auge nah aneinander zu liegen scheinen, in Wirklichkeit zusammengehörig, aus dem sich dann der zweite Okkultwahn ableitete, es könnten diese vom Auge vorgetäuschten Bilder am Schicksal der Menschen gestalten und mitbestimmen!

Doch noch näher zum Göttlichen hin führt uns das Wissen. Diese Gestirne gleichen einander nicht. Aber nicht nur nach Art der Größen sind sie verschieden, nein, ganz so wie wir auf unserem Sterne noch das Werden des Menschen aus einfachsten, ersten Lebewesen vor uns sehen, da alle Stufen des Werdens der Arten noch heute erhalten sind, so sehen wir auch am Sternenhimmel Werdestufen. Der Astronom schildert uns Sternnebel, die wie jener Urnebel der Schöpfung noch keine verdichteten Kerne aufweisen, und weiß von anderen, die viele verdichtete Kerne zeigen, die sich aber noch nicht zu kreisenden Sonnen absonderten.

Aber auch noch weitere Stufen des Wandels kündet die Forschung. Sie zeigt uns kreisende Sonnensysteme und meldet uns von Riesensonnen, auf denen 12 000 Grad Hitze herrschen – Millionen Grade in ihrem Innern -, weshalb noch keine Mannigfaltigkeit der Elemente zu finden ist, weißglühendes Helium- und Wasserstoffgas bergen sie allein. Dann erblickt die Forschung wieder andere Sterne, auf denen die Temperatur bis zur Hälfte, also auf 6000 Grad Hitze herabgesunken ist und der Forscher eine ganze Reihe von auf unserer Erde vorhandenen Elementen nachweist. Glühende Gase der Metalle, die sich dort finden, verdichten sich da, wo sie mit den 270 Kältegraden des Weltenraumes zusammenkommen, schon zu Dämpfen, die in die Glut zurücksinken und wieder zu Gas werden.

Auf anderen Sternen verdichten sich die Metalldämpfe in Berührung mit der Kälte des Weltenraumes zu Flüssigkeit, und ein flüssiger glühender Metallregen fällt dann in das glühende Gas zurück.

Noch weiteren Wandel zeigen da und dort unter den Milliarden von Gestirnen einige derselben. Sie zeigen feste Stoffe, zeigen eine erstarrte Kruste, ganz wie unser Heimatstern, die Erde. Einige sind ihr noch mehr verwandt, die Kruste überdeckt sie allseitig, sie strahlen kein Licht mehr aus, sie leuchten unserem Auge nur, weil sie beleuchtet sind. Unter ihnen sind solche, die schon kochendes Wasser auf ihrer Oberfläche erhalten könnten, ohne daß es sofort wieder verdunsten würde, sie sind schon fähig, ein Wassermeer zu erhalten. Einige ganz seltene unter all diesen Milliarden zeigen, wie die Erde, eine Luftschicht.

Und unsere Erde? Dieser winzige, so unscheinbare Stern unter all diesen Riesen kann Leben auf sich werden lassen und erhalten! Wie? Sollte da nicht dies Können, Leben zu tragen und zu erhalten, der Sinn all dieses Milliarden von Jahren währenden Wandels sein?

Wie oft habe ich so gesonnen, und immer wieder hat die Unvollkommenheit, ja die Verkommenheit so vieler Menschen solche Annahme wieder verwerfen lassen, die Annahme, als sei die Bewohnbarkeit unseres Heimatsternes das Ziel all der Wandlung gewesen und als sei der Mensch als das – wiederum einzige – bewußte Lebewesen auf diesem Sterne das Ziel der ganzen nachgewiesenen Entwicklung vom Einzeller aus.

Sie wissen, daß ich vor bald 17 Jahren erkannte und erweisen konnte, daß auch der Wandel der Sterne, den die Forschung uns beweist, ganz wie die Entwicklung der Einzelwesen vom ersten Kristall an der sinnvolle Aufstieg zu einem Ziele: dem Werden der bewußten Lebewesen, war. Und wenn wir nun hier auf diesen Felsenhöhen den unermeßlichen Sternenhimmel, so wie ihn uns die Forschung erwiesen hat, in seiner gewaltigen Wirklichkeit vor uns sehen, so gedenken wir auch der erhabenen Vollkommenheit, in der solches alles durch Enthüllung göttlichen Willens geworden ist, der sich dann in der Erscheinung als Kraft äußert. In der Schöpfungsgeschichte, die ich schrieb, enthüllte ich diese Wunder, nicht aber eine Meinung eines einzelnen Menschen. Nein, das Ergebnis der Forschung vereint mit dem Ergebnis der seelischen Erlebniskraft des Menschen hat es erwiesen, daß dies ganze Werden vom ersten Urnebel an ein sinnvoller Aufstieg, eine sinnvolle Erfüllung des Zieles war, Bewußtsein des Göttlichen in einem Weltall der Erscheinung werden zu lassen.

Ein Gottgleichnis von erschütternder Allgewalt ward uns so das Weltall der Gestirne über uns, und wir messen all unser Leben und Handeln an solchem Ziel der Schöpfung und an dem Werden des ersten Zieles in Milliarden Jahren, dem Werden eines bewohnbaren Sternes, unserer Heimaterde.

Und nun begreifen wir es auch, weshalb denn gerade die Felsen und das Meer in ihrer Erhabenheit uns ein so besonders erschütterndes Gleichnis des Göttlichen sind, sind sie doch die Zeugen jener unermeßlichen Zeiträume, in denen die Erde die Sonne umkreiste und sich still bereitete, fähig zu werden, Leben auf sich werden zu lassen und Leben zu erhalten.

Doch die Stille, die sie für ihr philosophisches Schaffen ersehnte, gönnte sie sich nach Veröffentlichung ihres Erstwerkes Triumph des Unsterblichkeitwillens ab etwa 1923 nicht mehr:

Da ich in meinem Schaffen das Unheil der christlichen Wahnlehren für das Leben der Völker und die Abwehr der Priesterkasten ebenso klar erkannte wie den segensreichen Schutz, den die Erkenntnis meines Werkes Triumph hiergegen sein konnte, so sah ich natürlich in dem völkischen Freiheitskampf vor allem als Ziel die Befreiung von Wahnlehren und Machtgier der Priesterkasten. Ich fand aber hierfür fast nirgend ein Verstehen, und so half ich denn mit, gegen Mosaismus und Bolschewismus und für Wehrhaftigkeit und Freiheit des Volkes zu ringen.

Sie kämpfte für die Freiheit und somit gegen deren Unterdrückung durch Mosaismus, Bolschewismus und Priesterherrschaft.

Sie kämpfte nicht gegen Juden, Bolschewiken und Priester als Einzelmenschen.

Das wäre mit ihren Vorstellungen von Menschenwürde und Moral unvereinbar gewesen. Sie erkannte – wie im obigen Zitat gezeigt – im Jahrmilliarden währenden Werden der Schöpfung ein Streben nach einem Bewußtsein göttlichen Wesens, das im Menschen verwirklicht werden kann, wenn sich seine Seele dem Göttlichen, das in ihm lebt, voll erschließt und sich mit ihm in seinem Erleben, Denken und Handeln eint. Das kann nur in der Freiheit und Unmittelbarkeit göttlichen Erlebens in der Seele geschehen.

Wie sollte Mathilde Ludendorff nach diesen Erkenntnissen je etwas anderes als Freiheit für den Einzelnen – nicht Zügellosigkeit! – erstreben können? Sie prägte den Satz:

Der Mensch wird mit der Gewißheit geboren, ein Recht auf Freiheit zu haben.

Wer von uns Heutigen könnte dieser Wahrheit widersprechen, ohne sich unmöglich zu machen? Hat sie sich als Menschenrecht nicht bereits weltweit durchgesetzt? Warum verliert die Doktorandin über diesen Freiheits-Grundsatz Mathilde Ludendorffs kein Wort? Stattdessen verdächtigt sie – wie einst das Spruchkammerverfahren – die Philosophin, das Gegenteil zu wollen, und enthüllt damit ihre eigenen ideologischen Scheuklappen und intellektuellen Grenzen, wie sie dies auch damit enthüllt, die Philosophin wohlfeil in gängiger tendenziöser Sprache als „selbsternannt“ zu bezeichnen und ihre Philosophie als „erfunden“, „konstruiert“. Die Doktorandin ist schlicht ahnungslos.

Wie ist es nur möglich, für eine solche Oberflächlichkeit und Unwissenheit den Doktortitel zugesprochen zu bekommen!

Walter Löhde erklärte 1957 im “Quell”, Folge 18,

… wie solche Titel, Orden und Würden zuweilen erworben wurden. Vor allem dadurch nämlich, daß sich der Betitelte nur auf jenen geisteswissenschaftlichen Gemeinplätzen tummelt, die von den jeweiligen Machthabern … sorgsam, im Hinblick auf die Erhaltung ihrer Herrschaft, abgegrenzt sind.

Aber wem die akademische Stallfütterung nicht genügt, wem das unfruchtbare Weideland zweckgebundener Geisteswissenschaft zu eng ist, wer die Zäune althergebrachter Vorurteile und Meinungen … durchbricht und die Freiheit liebt, bleibt nicht nur ungefördert, unbetitelt und unbesternt, er wird sogar verleumdet und verfolgt.

Solche Selbstschädigung tut sich die Doktorandin Annika Spilker nicht an.

Sie bleibt auf Linie und gibt sich als trauriges Beispiel für den Befund des Dekans der Philosophischen Fakultät II der Universität Würzburg, Andreas Dörpinghaus, der als geschäftsführender Vorstand des Instituts für Pädagogik den Lehrstuhl für Systematische Bildungswissenschaft inne hat und in seinem Beitrag in Forschung & Lehre, 7/2014 über den heutigen Bildungsverfall seit Wilhelm von Humbolds Bildungsidee in seinem Beitrag „Post-Bildung – Vom Unort der Wissenschaft“ schreibt:

Die gegenwärtige Idee der Universität ist schlichtweg nur noch ihre Verwaltung: Und zwar die Verwaltung der Wissenschaft und die Verwaltung der Verwaltung …

Der Mensch ist nunmehr nur noch ein Mittel zu einem ihm fremden Zweck. Der Effekt war und ist bis heute ein unpolitisches universitäres Bildungssystem, das strukturell und konzeptionell Anpassungsverhalten als Verhüllung des „blinden Gehorsams“ befördert, zur Unmündigkeit erzieht und nützliche Kompetenzen als grundständige pseudowissenschaftliche „Volksbildung“ vermittelt. Der intendierte Habitus eines lebenslangen Lerners wird zum Medium einer umfassenden Macht, die ihren Ausdruck in einer permanenten Anpassung an vorgegebene Ordnungsmuster und die Ausbildung von Kompetenzen für solche Anpassungsleistungen zum Gegenstand hat …

wird fortgesetzt


[1] A.a.O., S. 440

[2] Ebd.

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