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Wie hast du’s mit der Religion?

Die Gretchenfrage

Schon seit Jahrzehnten registrieren Religionssoziologen und -psychologen … eine durchschnittlich höhere Religiosität bei Frauen quer durch Kulturen, Bildungs- und Einkommensschichten, ohne daß es dafür eine überzeugende Erklärung gab,

berichtet der Religionswissenschaftler Dr. Blume.

Diese Erklärung sei aber nun gefunden:

  • In Religionsgruppen werden mehr Kinder geboren als bei Religionslosen.
  • Die “Gretchenfrage” versinnbildliche den Wunsch der Frauen, einen – durch die Religion verpflichteten und daher – zuverlässigen Partner, Ernährer und Familienvater zu finden.
  • Religiosität erweise sich somit als nützlich für die Durchsetzung der eigenen Gene.
  • Die Evolution bevorzuge also Religiosität.
  • Somit sind Frauen – wegen ihrer größeren Religiösität – bisher unterschätzte Motoren für die Evolution.

Klingt logisch.

Dennoch bleibt uns ein schaler Geschmack: Die kalte Logik interpretiert unser heiligstes Erleben als nützlich für den Daseinskampf.

Das tat schon der Teufel in Goethes Faust, Mephisto:

Die Mädels sind doch sehr interessiert,
ob einer fromm und schlicht nach altem Brauch,
sie denken, duckt er da, so folgt er uns eben auch.

Bei dieser Gedanken-Konstruktion ist zumindest der Hinweis auf das Ducken vor einem Herrscher-Gott berechtigt. Was hat das aber mit wahrer Religiosität zu tun?

Wissenschaftler sollten ihren Immanuel Kant kennen und beherzigen, der in seiner “Kritik der reinen Vernunft” die Grenzen dessen aufgezeigt hat, was die Logik vermag.

Danach wäre es Aufgabe der Religions-Wissenschaft wie Aufgabe jeder Naturwissenschaft, Daten zu erfassen. Mit der Deutung des Gefundenen überschreitet die Logik ihre Grenzen. Hier kann sie allenfalls zu Hypothesen gelangen.

Was weiß die Logik vom Wesen der Liebe, was vom Wesen unseres Sehnens nach Erkenntnis des göttlichen Urgrundes unseres Seins? Was weiß der Teufel von den Gefühlen einer Frau wie Gretchen?

Nicht nur in den Religionen haben wir’s mit Dogmen zu tun. Eines der Dogmen der sogenannten exakten Wissenschaft ist das von der Nützlichkeit als alleiniger Antriebskraft der Evolution. Es hat nun also auch in der Wissenschaft von den Religionen Einzug gehalten.

Mephisto wird sich eins grinsen. Er hat es weit gebracht.

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Michael Blume
16 Jahre zuvor

Liebe Frau Bauer,

es wird Sie vielleicht überraschen: aber selbstverständlich stimme ich Ihrem Einspruch hier völlig zu! Religionswissenschaft als empirische Wissenschaft kann nur die beobachtbaren Prozesse beschreiben – nicht aber den Zauber aufheben.

Die von Ihnen angeführte “Liebe” ist ein sehr gutes Beispiel: ein Biologe kann selbstverständlich die (z.B. hormonellen) Prozesse der Liebe beschreiben und problemlos herleiten, warum sich dieses Phänomen in der Evolution des Lebens, vor allem der Säugetiere, entwickelte, wozu sie biologisch “nützt”. Nur – nimmt das der Liebe ihren Zauber? Oder kann es ihn gar vertiefen, wenn wir uns bewusst machen, dass wir an einem Prozess mitwirken, der seit Jahrmillionen das Universum durchwirkt? Und von dessen Wert, Ziel oder Ende empirische Wissenschaften (da auf Empirie = Erfahrungen, also Vergangenes bezogen) nur Wahrscheinlichkeiten, nie aber letzte Wahrheiten zu sagen wissen?

Ja, wir erforschen die Biologie der Religion, wie andere vor und neben uns die Biologie der Liebe erforscht haben. Aber seien Sie versichert, dass dies dem eigentlichen Phänomen nichts anhaben kann. Zumindest habe ich nie einen Widerspruch darin erleben können, empirisch und biologisch orientierter Wissenschaftler und im gleichen Leben Liebender und, ja, auch Glaubender (evang. Christ) zu sein. Mein Staunen ist eher gewachsen, umso mehr wir lernten und lernen. Lassen Sie mich so fragen: Muss ein echter Glauben wirklich Angst vor der wissenschaftlichen Erkenntnis haben? Ich denke, nicht.

Mit Dank für Ihre Gedanken – und ganz herzlichen Grüßen!

Michael Blume

Ingo Bading
16 Jahre zuvor

Wie kann es der Wissenschaft an Religiosität FEHLEN, wenn sie dieselbe in den Mittelpunkt ihres Forschens stellt?

An dieser Frage werde ich wohl noch allerhand zu knabbern haben.

Ich glaube tatsächlich, daß immer noch viel zu viele Menschen fürchten, die Naturwissenschaft würde ihre Welt “entzaubern”. Das Gegenteil aber ist doch in nur allzu offensichtlichster Weise der Fall. Zumindest für die Menschen, die sich intensiv dem Gesamtbestand des naturwissenschaftlichen Wissens unserer Zeit zuwenden.

Frau Bauer müßte meiner Meinung nach erst einmal genau aufzeigen, WO in den Deutungen der Forschungsergebnisse von Michael die Kant’schen Vernunftgrenzen überschritten worden sind. In der Regel sind naturwissenschaftlich denkende Menschen vor solchen Fehltritten noch am besten bewahrt. Gerade darin liegt ja die Stärke der Naturwissenschaft heute.

Von einer menschlichen (oder weiblichen) Eigenschaft, von der aufgezeigt wird, daß sie AUCH das genetische Überleben positiv beeinflußt, zu behaupten, sie sei *nur* DESHALB evoluiert, UM genetisches Überleben sicherzustellen, ist es ein weiter Schritt. Ich kann mich nicht erinnern, irgendwo gelesen zu haben, daß Michael diesen Schritt getan hätte.

Der Mensch war immer schon – auf die eine oder andere Weise – “Macher” seiner Religiosität. Aber warum nehmen Sie ein so abwertendes Wort? Sind nicht auch andere Worte möglich? Im günstigsten Fall sind es doch Künstler, die sich mit der Gestaltung und Deutung von Religiosität befassen. Wollen Sie nicht ein solcher sein? Und wollen Sie dazu dann NICHT auch ihre “kalte”, unbestechliche Vernunft verwenden, so wie jeder Künstler eben auch sein Handwerkszeug möglichst vollständig und gekonnt beherrschen muß?

Ingo Bading
16 Jahre zuvor

Nicht alle Menschen, die die darwinischen Evolutions-Mechanismen in den Mittelpunkt ihres Forschens stellen, sind damit zugleich auch schon davon überzeugt, daß sie allein ausreichen, all das zu erklären, was über Evolution bekannt ist.

Das war vielleicht vor mehreren Jahrzehnten das vorherrschende Weltbild unter den Biologen, heute ist es das nicht mehr. Die rein naturwissenschaftliche Kritik an einem krude neodarwinischen Weltbild hat viele Argumente und bekommt ständig neue dazu.

Bestes und jüngstes Beispiel bleibt für mich die positive Aufnahme, die die Forschungen von Simon Conway Morris in der Fachwelt gefunden haben – und sogar bei einem sehr überzeugten Verfechter eines “kruderen” darwinischen Weltbildes, nämlich bei Richard Dawkins.

Selbst ein Richard Dawkins hält sich auch sonst – wie das jeder ordentliche Wissenschaftler tut – die Möglichkeit offen, daß viele wesentliche Ursachen für Evolution heute noch NICHT erkannt sind. Andere naturwissenschaftliche Kritiken des Neodarwinismus sind die “Neutrale Theorie der Selektion” von Mooto Kimura, die auch inzwischen völlig selbstverständlicher Bestandteil des Wissens der Genetiker ist und im Widerspruch steht zu der kruden These, “Punktmutation und Selektion” hätten alles hervorgebracht, was die Biologie kennt. Und auf dieser Linie wäre noch viel zu nennen, auch die “punctuated equilibria”-Thesen etwa eines Stephen Jay Gould. Es ist hier so viel im Fluß und in der Entwicklung.

Auch Michael nimmt die rein naturwissenschaftlichen Forschungen-Diskussionen, die über ein krude neo-darwinisches Weltbild hinausgehen, z.B. die von Conway Morris oder die zum Anthropischen Prinzip wie jeder ordentliche Wissenschaftler, mit sehr großem Interesse zur Kenntnis und findet es ebenso schlimm wie ich, wenn Menschen, die derartige Dinge erforschen – so wie jüngst dem Astrophysiker Guillermo Gonzales – aus ideologisch-atheistischer Motivierung heraus Forschungsgelder gestrichen werden.

Ich halte es nicht für richtig, bei der Betrachtung von Naturwissenschaft ausgerechnet die “mephistophelisch(st)en” Aspekte allein oder vorwiegend in den Blick zu nehmen (die es natürlich wie überall auch dort gibt). Ein solches Vorgehen fördert nicht Erkenntnis, sondern hemmt sie. Denn Mephistopheles kann gewöhnlich die Welt und das Leben nur zerstören, er kann sie nicht schaffen. Naturwissenschaftler wollen aber wie wissen, wie unsere heutige Welt und der heutige Mensch ENTSTANDEN sind. Das ist keine mephistophelische Fragestellung, da wir heute schon dazu viel umfassendere Antworten vorliegen haben, als das noch zu Goethes oder Darwins oder Zeiten der Fall war.

Helmut Wild
Helmut Wild
16 Jahre zuvor

Ich fand die Kommentare alle sehr anregend, moechte aber doch auf eine begriffliche Problemaktik in Dr. Blumes Thesen zurueckkommen. Ausgangspunkt ist ja der statistisch erwiesene Zusammenhang zwischen Kinderreichtum und religioeser Bindung bei Frauen.
Zuerst: Evolution bedeutet Weiter- oder Hoeherentwicklung im biologischen Sinn. Evolution ist keineswegs gleichbedeutend mit “Kinderkriegen” oder Fortpflanzung. Ich glaube nicht, dass es wissenschaftlich zulaessig waere, die groessere Ausbreitung bestimmter Gene als evolutionaere Weiterentwicklung zu bezeichnen.
Wuerde man die beiden Eigenschaften: Gebaerfaehigkeit und Religioese Bindungstendenz als genetisch bedingt betrachten, so koennte man schlussfolgern, dass saemtliche Voelker des Menschengeschlechts inzwischen von Geburtenreichtum und religioeser Bindung charakterisiert sind. Zumindest die europaeischen Voelker, wie auch speziell das deutsche Volk, widerlegen diese Annahme.

Ich glaube auch nicht, dass die Entscheidung zum Kind mit “Daseinskampf” gleichzusetzen waere. Vielmehr finde ich, dass es sich bei uns menschlichen Wesen bei solchen Entscheidungen immer um innerseelische Vorgaenge handelt, wobei unbewusste, unterbewusste und bewusste seelische Instanzen zusammenspielen. Im Gegensatz zum Tier hat bei uns Menschen die bewusste Instanz bei solchen Entscheidungen das letzte Wort. Wird das Bewusstsein lediglich von Rationalitaet bestimmt, dann kommt es sicherlich zu der nuechternen Erkenntnis, dass ein Kind den Daseinskampf nicht erleichtert, sondern erschwert. Die pro-Kind Entscheidung muss also von tieferen Beweggruenden getragen sein, als von blosser Rationalitaet des Daseinskampfes.
Trotzdem finde ich die Fragestellung nach dem Zusammenhang zwischen Religion und Kinderzahl sehr wichtig und sicherlich wert, weiterverfolgt zu werden.

Helmut Wild

Ingo Bading
16 Jahre zuvor

Herr Wild,

Sie schreiben: “Evolution ist keineswegs gleichbedeutend mit “Kinderkriegen” oder Fortpflanzung.” – Richtig! Aber keine Evolution OHNE Kinderkriegen und Fortpflanzung! Sollte einem das nicht zu denken geben?
In der Natur, auch in der menschlichen Natur, sind eben nicht alle Bereiche fein säuberlich voneinander getrennt. Ein Bereich geht in den anderen über. Und wenn Evolution nicht ohne Fortpflanzung funktioniert, dann wird *auch* Fortpflanzung irgendetwas mit Evolution zu tun haben.
Die Evolution hat die Psyche der Frauen keinesweg *allein gelassen* bei den Entscheidungen zur Familiengründung, zum Kinderkriegen. Das ist inzwischen von der Soziobiologie und Evolutionären Psychologie tiefgehend erforscht. Frauen achten insgesamt MEHR auf die Qualität des Familienvaters, da sie nicht so viele Möglichkeiten haben, sich fortzupflanzen, während Männer MEHR auf die Quantität der Fortpflanzungsmöglichkeiten achten, weil sie eben MEHR Möglichkeiten zur Fortpflanzung haben.
Schon in diesen Grundgesetzmäßigkeiten könnte man ANGELEGT vermuten insgesamt auch eine größere SORGFALT, Vorsicht der Frauen bei der Wahl des Ehepartners. Und sollte diese größere Sorgfalt, Vorsicht, Behutsamkeit, Verletzbarkeit nicht auch etwas mit dem Sorgen um und für die höheren Werte des Menschseins zu tun haben? Ist nicht Mensch sein an sich im tieferen Innern: Sorge zu haben um Werte im zwischenmenschlichen Zusammenhang, sorge um – – – “Humanität”?

Ich berichte auf meinem Blog immer wieder über die neuesten humangenetischen Erkenntnisse, nach denen man immer mehr jüngstselektierte Gene im menschlichen Genom findet, das heißt Gene und damit menschliche angeborene Eigenschaften, die erst in den letzten Jahrzehntausenden, womöglich erst in den letzten Jahrhunderten eine größere Verbreitung in bestimmten Völkern oder der ganzen Menschheit gefunden haben. Die Wissenschaft spricht auch von “lokaler Humanevolution”, da viele Gene es inzwischen noch nicht “geschafft” haben, sich über die ganze Erde auszubreiten, sondern – bisher – nur “lokal” evoluiert sind. Das gilt nicht nur für Verdauungsgene, Hautfarben-, Augenfarben-, Körpergrößen, Krankheits-Verteidigungs-Gene, Geschmacks-Gene und vieles andere mehr, sondern das gilt auch für Verhaltens-Gene, ja, höchstwahrscheinlich sogar für Intelligenz-Gene.

Der neueste Forschungsstand dazu ist z.B. ganz gut dargestellt in dem Buch von Nicholas Wade “Before the Dawn”. Auch Wade kommt zu dem Ergebnis – wie schon Friedrich Nietzsche: Evolution findet statt. Hier und heute. Und jede unserer Entscheidungen hat Einfluß auf die weitere Evolution! Welche Perspektiven!

Die Tatsache, daß es sich bei Religiosität um innerseelische Entscheidungen handelt, widerspricht keineswegs der Tatsache, daß auch diese durch angeborene seelische Verhaltensneigungen vorgebahnt sind, wahrscheinlich oder weniger wahrscheinlich gemacht sind. Die jeweils vorherrschende Kultur verstärkt oder mindert ab jeweilige Entscheidungs-Wahrscheinlichkeiten.

Wohlgemerkt, auch schon die traditionelle Soziobiologie spricht nicht von rein “rationalen” Entscheidungen auf dem Gebiet der Fortpflanzung, sondern von eher unbewußt oder unterbewußt angelegten Neigungen zu bestimmten Verhaltensweisen, sie spricht von einem “Raunen”, “Flüstern” in uns, was uns dazu veranlaßt, häufiger Dinge so als so zu tun. (bspw. schon David P. Barash in seinem Buch “Soziobiologie und Verhalten” von 1980, das im englischen Original hieß: “The Whisper within us” oder so ähnlich.) Da sind wir doch schon sehr dicht an einer Art von Religiosität dran, wie auch Sie sie als Wirklichkeit empfinden werden, oder nicht?

Und dieses Rauenen, Flüstern, das folgt eben – letztlich – doch Nützlichkeits-Rücksichten. Es stellt sicher, daß die rein rationale “Dummheit” der Menschen nicht gänzlich auf Fortpflanzung verzichtet, da es sich ja ohne Kinder oder nur mit wenig Kindern viel schöner und bequemer leben läßt als mit viel Kindern.

Helmut Wild
Helmut Wild
16 Jahre zuvor

Herr Bading,
Ihre sehr interessanten Ausfuehrungen, denen ich zum grossen Teil zustimme, haben mich weiter zum Nachdenken angeregt.
Ich schlage deshalb vor, dass wir bei der Diskussion von Fortpflanzung und Evolution zwei Dinge unterscheiden sollten. Einmal, das genetisch vererbbare “Merkmal”, zum anderen – und das ist mir schwerer begrifflich fassbar (vielleicht koennen Sie mir da weiterhelfen) – eine genetische Mutation im Sinne von Hoeherentwicklung des Gehirn- und Nervensystems, das ich jetzt mal einfach als infrastrukturelle Voraussetzung fuer Bewusstsein oder Bewusstheit bezeichnen moechte.

Um mein Beduerfnis zur Unterscheidung dieser beiden Phaenomene besser zu verdeutlichen, moechte ich Mozarts musikalische Begabung “lediglich” als Merkmal charakterisieren und behaupten, dass er nicht Erbtraeger einer infrastukturellen (i.e., Gehirnstruktur und Nervensystem) Weiterentwicklung des Bewusstseins verkoerperte. In diesem Sinne waeren Begabungen immer “Merkmale” die vererbbar sind, aber neutral bleiben im Hinblickauf die Bewusstseinspotenz des Menschen.

Die Untersuchung, ob die Neigung zur Religiositaet ein Merkmal darstellt, das mit dem Merkmal des Beduerfnisses nach Forpflanzung gepaart ist, ist deshalb schwierig, weil bei beiden, (Religiositaet und Fortpflanzungsneigung), auch Charaktereigenschften eine Rolle spielen, neben vielen anderen Dingen.

Die Tatsache, dass sich beim Menschen Bewusstseinspotenz evolutionaer gebildet hat, wuerde ich als Evolution bezeichen, (und nicht als Weitergabe von Merkmal), weil dieses Potential beim hoechstentwickelten Tier noch nicht vorhanden war. Die Bewusstseinsinstanz ist das einzige, was dem Menschen die Faehigkeit gibt, sich NICHT fortzupflanzen, eine Faehigkeit, die das Tier nicht aufweist.

In diesem Sinne betrachte ich die Bewusstseinspotenz als Merkmal (urspruenglich durch Evolution in die Welt getreten).
Dieses Merkmal spielt bei der Entscheidung des Menschen pro oder kontra Fortpflanzung eine wichtige Rolle, beim Tier aber nicht. Andere Faktoren, medizinische und biologische, sind natuerlich dem Bewusstein nicht zugaenglich.

(Ich haemmere hier auf einer amerikanischen Tastatur und bin unter Zeitdruck, weil ich bald nach Deutschalnd fliege und bitte deshalb um pauschale Vergebung fuer alle Rechtschreibungsprobleme).

Ingo Bading
16 Jahre zuvor

Herr Wild,

(ich wünsche einen guten Flug! 😉 )

möglicherweise legen Sie wert darauf, daß wir derzeit nicht kurz davor stehen, zum Nietzsche’schen “Übermenschen” zu “mutieren”, also irgendwelche makroevolutionären Schritte zu vollziehen. Das sehe ich genauso. Das heißt aber nicht, daß mikroevolutionäre Vorgänge gänzlich ohne Bedeutung für das Bewußtsein des Menschen wären.

Ob man wie die Buschleute in der Kalahari einen Intelligenz-Quotienten von knapp 60 oder wie die aschkenasischen (ursprünglich deutschsprachigen) Juden einen solchen von 115 hat, ist sehr wohl von sehr wesentlichen Folgen dafür, welche jeweilige Kultur von einer Gruppe von Menschen ausgebildet wird und ausgebildet werden kann.

Wir haben in der Forschung noch keinen Konsens über wichtigere IQ- oder Verhaltens-Gen-Forschung. Aber wenn ich unseren derzeitigen Kenntnisstand über die anderen genetischen Bereiche weiter schlußfolgere, dann komme ich sehr wohl dazu, daß wir heutigen Menschen in Industriegesellschaften auch genetisch an unsere hochgradig arbeitsteilige GEsellschaft angepaßt sind.

Das heißt nicht, daß wir eine “bessere” Religiosität haben müssen als die Buschleute – aber auf jeden Fall eine andere.

Im übrigen gibt es keine menschliche Eigenschaft, schon gar nicht die einzigartigen menschlichen Eigenschaften der Großhirnrinde und des Stirnhirnes, die NICHT von Genen kodiert werden. Die Forschung sucht derzeit sehr intensiv nach den genetischen Unterschieden zwischen Mensch und Schimpanse. Und man wird sie natürlich finden.

Es gibt mancherlei Hinweise darauf, daß es sich nicht nur um ein paar “Punktmutationen” handeln kann, da merkwürdigerweise im Hoden mehr unterschiedliche Gene bei Schimpansen und Mensch abgerufen werden als im Gehirn (so die Forschungen von Svaante Pääbo).

Also ich möchte daran festhalten: Es gibt auch keine Eigenschaften des Bewußtseins, die keine genetische Grundlage haben und darum nicht der Selektion unterliegen würden. Wir wissen doch alle, daß persönlichste, individuelle Charaktereigenschaften in der Familie weitervererbt werden. Und sie bestimmen nun einmal sehr deutlich die Art, wie unser Bewußtsein reagiert – auch in den Bereichen der Religiosität.

Also ganz konkret: bei den Buschleuten wäre aller Wahrscheinlichkeit ein Mozart nicht möglich gewesen – allein von den genetischen Voraussetzungen her. Ebensowenig ein Albert Einstein. Ebenso wenig wie es den Buschleuten möglich ist, Rohmilch zu verdauen, eine genetische Eigenschaft, die auch erst sehr spät in Nordeuropa entstanden und sich von dort ausgebreitet hat.

Michael Blume (und andere Tier- und Humansoziobiologen) können übrigens schon gut erklären, warum viele Menschen auf Fortpflanzung verzichten. Es kann zum Beispiel durch Verwandten-Altruismus erklärt werden. Das heißt: die sterile Ameisen-Arbeiterin verbreitet dennoch ihre eigenen Gene dadurch, daß sie mit dem Nachwuchs der Königin, der sie hilft, zumeist sehr, sehr eng verwandt ist. (Es gibt noch weitere Erklärungen – aber das einmal in Kurzfassung.)

Ich stimme insoweit zu, daß der Mensch zumeist dümmer handelt im Sinne der Erhaltung der eigenen Art als die Tiere. Ob er besser handelt als diese, das muß sich erst noch erweisen. Ich denke, ein konsequent naturalistisches Menschenbild wird uns sehr dabei helfen.

Mein Bewußtsein ist übrigens sehr oft getrübt durch medizinische und biologische Vorgänge. 😉 ….

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