Feed für
Beiträge
Kommentare

In Deutschland angekommen

Das Hamburger Abendblatt veröffentlicht in seinem Journal (26.1.08) die Bekenntnisse einiger in Hamburg voll integrierter Einwanderer. Die abgebildeten Menschen wirken schon äußerlich überaus sympathisch und keineswegs fremd.

Die Spanierin Maria de los Angeles Lopez Farina (35)

liebt besonders die deutsche Sprache, die sie als Deutschlehrerin am Gymnasium Marienthal unterrichtet. Daß sie als Spanierin Deutsch unterrichtet, komme gut an, sagt sie.

Während des Studiums hatte ich das große Glück, ein Jahr nach Kassel zu gehen. Dort habe ich die Schönheit der Sprache erst richtig schätzen gelernt. Die Stadt fand ich zwar nicht besonders schön, aber menschlich gesehen, war es das Beste, was mir passieren konnte. Die Menschen, die ich kennengelernt habe, und die Erfahrungen, die ich gemacht habe, waren prägend.

Nach Spanien zurückgekehrt, verspürte sie bald

eine gewisse Sehnsucht nach Deutschland … Ich liebe die Sprache, weil sie so weich und angenehm ist. So kreativ. Es gibt kaum eine andere Sprache, die sich von selbst immer wieder neu erfindet.

Die Bulgarin aus Sofia Rositsa Jordanova (30)

ist Biochemikerin und seit 2001 in Hamburg.

In meiner Heimat wird leider nur wenig Geld für Wissenschaft ausgegeben. Deshalb habe ich mich vor sechs Jahren bewußt für die Hansestadt entschieden … Dabei hatte ich von Deutschland geschweige denn von Hamburg überhaupt keine Vorstellungen. Ich dachte eigentlich, daß die Menschen in Norddeutschland kalt seien. Sie waren distanziert, aber sehr freundlich. Nur schließen sie nicht so schnell Freundschaften … Mittlerweile bin ich warm geworden mit den Hamburgern – und sie mit mir, denke ich.

In Bulgarien fehle den Menschen

die Sicherheit …, die die Menschen hier verspüren. Dennoch empfinde ich Sofia als meine Heimat, auch wenn Hamburg mein Lebensmittelpunkt geworden ist.

Die Türkin Derya Yildirim-Kis (27)

ist Polizeiobermeisterin.

Ich bekomme einen roten Kopf, wenn mich Menschen als “Ausländerin” bezeichnen. Ich bin Hamburgerin! Und ich arbeite für den deutschen Staat.

Anfängliche Vorurteile ihr gegenüber als Türkin hat sie den Hamburgern nicht übel genommen, denn sie

kannten die meisten Türken ja nur im Zusammenhang mit Straftaten … Ich habe mit ihnen diskutiert. Ich sehe ja, was los ist. Wenn ich einen ausländischen Jugendlichen festnehme, dann bin ich eine “Verräterin”.

Ihre Eltern dagegen sind mächtig stolz auf sie in ihrem “so ehrenwerten Beruf”.

Der Chinese Shan Huang (31)

kam 1999 nach Hamburg, arbeitet als IT-Fachmann und hat sich in Hamburg immer sehr willkommen gefühlt. Die Mentalität der Deutschen war ihm wohl schon in seiner Heimat nahe Peking bekannt:

Deutsche arbeiten sehr ernst, sehr diszipliniert. Sie genießen deshalb einen sehr guten Ruf in meiner Heimat. Aber der Familienzusammenhalt ist hier nicht so eng wie bei uns, der Respekt gegenüber Älteren wird als nicht so wichtig angesehen wie in China.

Der afghanische Gymnasiast Elyas Ebadi (12)

berichtet:

Meine Eltern haben immer gesagt, wir müssen sehr fleißig sein und aufs Gymnasium gehen, dann werden wir auch nicht abgeschoben.

Auch seine beiden Geschwister besuchen ein Hamburger Gymnasium. Der Vater sagt:

Es ist sehr gut, Deutsch zu können. Aber du darfst deine Muttersprache nicht vergessen.

Darum geht er zweimal die Woche zum Dari-Kurs. So behält die Seele eine Verbindung zu ihren Wurzeln in der alten Heimat. Und den Koran kann er dann lesen.

Wär ja sonst blöd, wenn ich meinen Kindern später gar nicht aus dem Koran vorlesen könnte.

Schon in dem jungen Alter denkt der Bub an die Generation nach ihm. Das haben viele Deutsche verlernt.

Der Inder Subir Das Gupta (70)

kam 1958 nach Hamburg und ist Maschinenbau-Ingenieur im Ruhestand.

In Brake war ich der erste Ausländer. Es war toll! Jeder wollte mich kennenlernen, mit mir sprechen, meine Hand schütteln. Die örtliche Zeitung machte ein Interview mit mir, mein Foto kam auf die Titelseite. Mich in mein Zimmer verkriechen, das konnte ich gar nicht. Eh ich mich versah, war ich Mitglied im Tischtennisverein und im Tanzlub. So lernte ich die Sprache sehr schnell, ich war ja gezwungen, sie ständig zu sprechen.

Nun ist er schon so lange in Deutschland. Doch gefragt, ob Hamburg denn nun wirklich zu seiner Heimat geworden sei, antwortete er:

Wenn Deutschland gegen Indien Hockey spielt, bin ich für Indien. Wenn aber Holland gegen Deutschland Fußball spielt, bin ich für Deutschland.

Der Türke Ali Tüngörmüs (31)

ist Koch. Er entdeckt bei sich selbst sogar eine deutsche Seite:

Ich schätze Disziplin, Pünktlichkeit und Ehrgeiz. Leider vermisse ich das bei unseren ausländischen Jugendlichen oft. Ich glaube, daß ihnen häufig die nötige Unterstützung ihrer Eltern fehlt, die das deutsche Bildungssystem nicht kennen.

Migrantenkindern sagt er, man könne in Deutschland viel erreichen:

Da müßt ihr mithalten. Um mithalten zu können, muß man aber hart arbeiten. Harte Arbeit ist in Deutschland sehr angesehen … ich will auch Teil der Kultur sein, dazugehören, wählen können. Hier ist meine Heimat. Wahrscheinlich werde ich zum Leben nicht in die Türkei zurückkehren.

image_pdfPDF erzeugenimage_printEintrag ausdrucken
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

1 Kommentar
Inline Feedbacks
Lese alle Kommentare
Karl Münch
16 Jahre zuvor

Das sind alles sehr positive Beispiele von Menschen, die sich nicht nur anpassen und einbringen, sondern auch etwas in diesem Gemeinwesen im weitesten Sinne LEISTEN wollen. Wie anders dagegen die gescheiterten Gestalten, die nur fordern und erwarten, ohne selber etwas zurück zu geben. Wenngleich aus einem seit nunmehr 50 Jahren in Deutschland lebenden Inder kein waschechter Deutscher wird (was er wahrscheinlich auch gar nicht sein will!), ist mir ein solcher Mensch in unserem Land jedoch herzlich willkommen – und wer meint, ohne Ansehen der persönlichen Lebensleistung solche Menschen wieder herauswerfen zu müssen, hat einige grundlegende Regeln des mitmenschlichen Umgangs nicht verstanden.

1
0
Deine Gedanken interessieren mich, bitte teile diese mit!x