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Tote und Trümmer nach Selbstmord-Attentaten

Die täglichen Bilder des Grauens aus dem Irak sind wir gewohnt. Schiiten und Sunniten – jeweils im Besitz “der Wahrheit” – sehen die Lösung ihrer Glaubensprobleme in der gegenseitigen Vernichtung.

Was das westliche Fernsehen jedoch nicht übertragen kann, weil ihm der Zugang zum Ort des Geschehens verwehrt ist, das berichten einheimische ReporterInnen wie

Zainab Ahmad,

die für ihren Todesmut kürzlich im Hamburger Schauspielhaus mit dem Henri-Nannen-Preis ausgezeichnet wurde. Sie nahm den Preis stellvertretend für ihre ebenso mutigen KollegInnen entgegen. Auch die Bundeskanzlerin gratulierte.

Dieses wunderschöne Foto schoß Carina Weirauch, veröffentlicht in Emma Juli/August 2008.

merkel-mit-zainab-ahmad.jpg

Christoph Reuter berichtet a. a. O.:

Sie kam als Krankenschwester, als Patientin, als Besucherin. Nur als Journalistin kam Zainab Ahmad nie ins Yarmuk-Krankenhaus in Bagdad: Es wäre lebensgefährlich gewesen, war so schon hochriskant, den zunehmenden Gerüchten Anfang 2007 nachzugehen, daß die neuen Pfleger und Wächter im irakischen Gesundheitsministerium planmäßig sunnitische Patienen ermordeten. Denn seit die Partei des schiitischen Radikalenführers Muqtada al-Sadr ganz offiziell das Ministerium übernommen hatte, traten deren Milizionäre auf einmal als Krankenhauspersonal auf. Ärzte meldeten anonym, die neuen Hausmeister und Pfleger würden ihnen ein paar hundert Dollar für jeden gemeldeten Sunniten geben, der dann abgeholt und umgebracht werde.

Nun begannen Zainab Ahmad und ihre KollegInnen ihre Detektiv-Arbeit, unter Todesgefahr.

Denn JournalistIn zu sein in Bagdad macht jeden zum Gejagten. Keine der neuen Mächte schätzt unabhängigen Journalismus: Weder das US-Militär noch die neue Regierung noch die zahllosen Milizen, von denen niemand weiß, wer Polizisten, Kriminelle, Todesschwadronen oder alles drei in Personalunion sind. Mehr als 150 ReporterInnen wurden seit 2003 ermordet, Hunderte sind geflohen. Aber es gibt immer noch einige, die Tag für Tag über das informieren, was in ihrem Land tatsächlich geschieht. Zainab Ahmad ist eine von ihnen.

Sie ist Mutter von 2 Kindern und war Mikrobiologin. Als Saddams Regime beseitigt war, glaubte sie, nun würde die Freiheit ausbrechen. Es brachen aber Gewalt und Unfreiheit in nicht gekanntem Ausmaß aus. Niemand war mehr seines Lebens sicher. Millionen flohen ins Ausland. Zainab Ahmad aber blieb. Sie will aufdecken und berichten.

Reuter:

Der Irak ist das Dorado der Geschichten – nur, daß nicht mehr viele da sind, sie aufzuschreiben. Zainab Ahmad hat beschlossen sich nicht vertreiben zu lassen. Der Preis ist hoch. Ihr Leben ist einsam geworden. Es wäre lebensgefährlich, Freunde und Kollegen in anderen Stadtteilen besuchen zu wollen. Aber das habe vielleicht auch sein Gutes, sagt sie. “Mein Freund ist die Arbeit. Die anderen Freunde sind geflohen oder tot.”

Danke, Bundeskanzlerin, für Deine Zugewandtheit! Was wären die FreiheitskämpferInnen im Irak und im übrigen Scharia-Bereich ohne uns!
Doch was erwartet die einsame Journalistin nun erst recht bei ihrer Rückkehr in den Irak?

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Kirsten Lüddecke
15 Jahre zuvor

Ich habe Ihren Artikel bei der Suche nach Carina Weirauch gefunden, da wir sie kontaktiern möchten, um eben dieses Bild in einem Buch veröffentlichen zu können. Können Sie uns vielleicht mit den Kontaktdaten der Fotografin behilflich sein?
Vielen Dank
Kirsten Lüddecke

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