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Nicht die christliche Drei-Einigkeit „Gottvater, Sohn und Heiliger Geist“ und auch nicht die „Heiligen Drei Könige aus dem Morgenland“ – nein hier stellt uns

Roswitha Leonhard-Gundel

eine viel ältere Heilige Drei-Einigkeit vor, die der

Drei Beten

„Aller guten Dinge sind drei“, sagt der Volksmund. Was steckt hinter dieser Aussage?

Es könnte die Erkenntnis sein, daß die gesamte Natur dreigegliedert ist in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und sich dies in Märchen und Sagen widerspiegelt.

Die Höhlenforscherin Marie König bemerkt in ihrem Werk „Am Anfang der Kultur“, S. 156:

Wir können die bedeutungsvolle Rolle der Dreiheit … weit zurückverfolgen. Sie beginnt nicht in den orientalischen Religionen, diese Idee gründet in den ältesten abendländischen Kulturen. 

Auch in den Märchen spielt die Drei eine gewichtige Rolle. Roswitha Leonhard-Gundel hat bei ihren Studien entdeckt, daß unsere Märchen neben Lebensweisheiten auch geschichtliche Erfahrungen unserer Ahnen an die späteren Geschlechterfolgen bis auf unsere Tage weitergeben. Sie schreibt:

Nun soll uns die Frage beschäftigen, wo und wann in unserer Ur-Geschichte drei weibliche Wesen auftreten und was sie mit unserem Naturverständnis und unserer Frömmigkeit zu tun haben.

Venus von Laussel, Musée d’Aquitaine, Bordeaux (Bild: Wikipedia)

Bei dem Bild handelt es sich um ein Halbrelief, das in der Dordogne gefunden wurde und etwa 25.000 Jahre alt ist (mittlere Altsteinzeit). In der rechten Hand trägt die weibliche Figur ein hornförmiges Gebilde, das ein Mondsymbol sein könnte, denn darauf sind 13 Einkerbungen zu sehen, die sich vermutlich auf das Mondjahr mit 13 Monaten beziehen.

Teilansicht der Venus von Laussel

Der Mond als größtes Lichtzeichen am Nachthimmel hat seit Urzeiten eine bedeutende Rolle gespielt. Er war und ist für die Fruchtbarkeit und für die Gezeiten zuständig und hat immer wieder nach den drei Dunkelnächten bei Neumond die Hoffnung auf neues Licht genährt. Er ist durch seine drei verschiedenen Erscheinungen, Neumond, zu- bzw. abnehmender Mond und Vollmond zum Zeitmesser schlechthin geworden …

Die Anschauung der Natur setzt sich als Welt-Anschauung im Innern des nordischen Menschen fest. Aus ihr strömt die Kraft zur unverzagten Bewältigung des Notwenigen, weil sich letztlich immer der Sieg über die Finsternis vollzieht. (Nach Rose Eller, Vom Sinngehalt des Märchens)

Die Zeitordnung, die die Mondphasen uns vorgeben, ist anders als in der historischen Welt. In dieser wird die Zeit als eine Gerade gedacht, ausgehend von einer Ära, also linear.

In der Vorstellungswelt unserer Urahnen ist das Bild der Zeit ein Kreis, der eine Zeiteinheit bedeutet. Ist der Kreis durchlaufen, beginnt sofort der nächste Kreislauf.

Zum Vergleich: Venus von Berlin (Kopie), Museum für Vor- und Frühgeschichte, Berlin (Bild und Text: Wikipedia)

Diese Figur gehört ebenfalls zu dem Fundort Laussel und wurde ähnlich gestaltet. Der Gegenstand, den sie in der rechten Hand hält, könnte der abnehmende Mond sein.

Auch diese 4 cm kleine Figur stammt aus der Altsteinzeit und gibt mit den oben abgebildeten weiblichen Abbildungen – wie Leonhard-Gundel weiter ausführt –

den Beweis einer ur-geschichtlich sehr früh verehrten weiblichen Kraft. Es sind die Mütter, die für unseren indogermanischen, heidnischen Naturglauben prägend waren.

Ebenso auf dem folgenden Bild sind drei Frauenkörper zu sehen, hier lediglich mit Schoßdreieck.

“Relief von drei Frauenkörpern über Bison. Der überhängende Fels verbirgt einen einzigen Kopf, der zu den drei Figuren gehört. Abri Bourdios bei Angles-sur-l’Anglin. Relief, Gr. 1,60 m. Jungpaläolithikum.” Marie König, Am Anfang der Kultur, S. 208

Auffallend ist – lt. Leonhard-Gundel – bei all den Gestalten, daß durch die Hervorhebung des Frauen-Schoßes auf die Wichtigkeit des Gebärens hingewiesen ist, die Zeugung dagegen in den Hintergrund tritt.

Iana von Laussell aus: Hermann Müller-Karpe, Handbuch der Vorgeschichte, Steinzeit, München 1977, wiedergegeben von Gert Meier, die deutsche Frühzeit war ganz anders, S. 288

Wir sehen auf obigem Bild die Iana (Anna) von Laussel, die Urmutter, die Allgebärerin, wie Herman Wirth sie nennt, als Licht- und Schattengestalt. Sommer und Winter? Zwischen den Figuren erkennen wir drei Punkte, was auch immer sie bedeuten mögen: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, oder die drei Mondphasen? 

Mit dem Thema der urzeitlichen drei Frauen hat sich – wie Leonhard-Gundel weiter berichtet – Hans Christoph Schöll eingehend befaßt in seinem Werk „Die drei Ewigen“, Diederichs 1936):

Schöll unterscheidet in seinem Werk zwei mythische Kreise:

1.

  • Den der drei Schicksalsfrauen. Bei den Griechen sind es die Moiren, bei den Römern die Parzen und bei den Germanen die Nornen.

  • Ihr Wirken wird immer noch in Kinderreimen besungen – ein Beispiel aus dem Schwäbischen:

Hotte, hotte Rößle,
In Stuerget stoht e Schlößle,
in Stueget stoht e Dockehaus,
gucket drei alde Jungfre raus:

Die eine spinnt die Seide,
die andere die Weide,
die dritte näht de rote Rock
für unsern liebe Herre Gott.

Diese Kniereiterreime geben verborgene Kunde von jenen Schicksalsmächten, in deren ewigem Kreislauf der einzelne Mensch verwoben ist. Gemeint sind Urd, Werdandi und Skuld, die drei Nornen, die das Leben des einzelnen Menschen nach den drei Abschnitten Geburt, Leben und Tod bestimmen.

2.

Schöll stellt diesem mythischen Kreis einen zweiten gegenüber, in dem ebenfalls drei weibliche Wesen im Mittelpunkt stehen. Sie sind jedoch nicht dem persönlichen Schicksal zuzuordnen, sondern dem gesamten Ablauf der Welt in Natur und überpersönlichem Geschehen.  

Es handelt sich um die drei Frauen, die Beten  

WILBET-AMBET-BORBET

In der keltischen und vorrömischen Kunstepoche wurden sie auch MATRONEN genannt, matrona = Familienmutter, oder Dea matres = in Dreierzahl auftretende Muttergottheiten. (Die älteste Inschrift eines Matronensteines stammt aus der Zeit um 40 n. d. Zw., die späteste aus den Jahren 238-44 n. d. Zw.)

Matronenstein Mümling, Grumbach (Bild: Godeweg)

Alle drei dieses Matronensteins haben einen Fruchtkorb auf dem Schoß, ein Sinnbild für die Fruchtbarkeit und die Liebe zur Natur.

Nachdem Clodwig 496 n. Zw. die Alemannen besiegt hatte und sich und seine Bevölkerung taufen ließ, setzte eine ungeheure Zerstörungswelle heidnischer Bildnisse und Denkmäler ein. Die missionierenden Christen schlugen den Gestalten die Köpfe ab oder zertrümmerten das Gesicht. Die Reste wurden oft noch zum nachfolgenden Kirchenbau verwendet (Nachzulesen in Heiliger Zorn, Catherine Nixey). Wir erkennen hier am abgebildeten Matronenstein ganz deutlich die Stellen, wo die Nasen abgehauen wurden.

Die Kopfbedeckungen der beiden Randfiguren sind keine Hauben, sondern Strahlenkronen, denn diese Figuren bedeuten Mond und Sonne, deutlich zu erkennen auf folgendem Bild.

Bronze-Büste einer Matrone aus Marnheim 3. Jh. (Historisches Museum Speyer, Bild: Wikipedia)

Der grausame Vernichtungswille der neuen, alttestamentarischen Ein-Gott-Religion reichte jedoch nicht aus, die Verehrung der drei Beten/bzw. Matronen zum Erliegen zu bringen. Nun allerdings erschienen sie in Kirchen, bekamen biblische Namen, und es wurden ihnen z.T. sonderbare, den Märthyrern ähnliche Lebensläufe angedichtet. Die nun verchristlichten drei weiblichen Heiligen, ursprünglich genannt Wilbet-Ambet-Borbet, offenbaren uns nach wie vor die Mütterdreifaltigkeit der germanisch-bäuerlichen Weltanschauung.

Steinrelief 15. Jh. im Wormser Dom

Auf diesem Bild erscheinen die drei Beten als drei burgundische Königstöchter, die dort begraben sein sollen. Ihre Namen sind Embede, (Ambet, Erde), Warbede (Borbet worm, warm, Sonne,) Willebede (Wilbet Mond).

Diese Bezeichnungen sind den ursprünglichen sehr ähnlich, jedoch ebenfalls in keiner biblischen Geschichte zu finden. Nach christlicher Auffassung sollen sie zur Schar der 11.000 Jungfrauen gehört und die heil. Aurelia betreut haben. Wer’s glaubt? … Jede hält ihr Buch anders, was auch mit dem Lauf des Mondes zusammenhängen könnte.

Oder auch Lebens-Aufgang, Hoch-Zeit, Ende? (Adelinde).

Nun folgt eine Tiroler Holzschnitzerei aus dem 16. Jahrh.

Relief (Bild: Zobodat)

Wir sehen, wie volkstümlich diese Figuren gestaltet sind. Bemerkenswert ist, daß sich meistens die mittlere Figur von den beiden anderen abhebt. Hier hält sie einen Lilienstengel, die beiden anderen nur einen einfachen Palmzweig. Außerdem trägt sie neben einer Halskette noch Kettchen an beiden Armen, auf die ich später zu sprechen komme.

Ebenfalls in Tirol wurde eine der drei Frauen Bavina (Borbete) genannt und erinnert an die italienische Befana, (Epifania). Diese soll eine böse „Hexe“ oder eine gute Fee gewesen sein, die in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar auf einem Besen von Haus zu Haus flog, Geschenke brachte und das Jesuskind suchte. Sie belegt, daß der Dreikönigstag einst ein weiblicher Festtag der Großen Ahnfrau war.

Gotische Freske in der Kirche St. Nikolaus in Klerant

Hier hält Ambet eine silberne Kette in der Rechten.

Ins Auge springen bei diesen Figuren vor allem die Farben. Die Frauen sind nicht einfach bunt angemalt, sondern tragen Gewänder in schwarz, rot und weiß und verraten schon dadurch ihren heidnischen Ursprung. Es sind die heiligen Farben, die den rhythmischen Lauf der Natur wiederspiegeln:

Weiß – die Farbe des Frühlings, die Frühlingsfrau; rot –  die Farbe der Fruchtbarkeit, die Sommerfrau; schwarz – die Farbe des niedergehenden Lebens und des Todes, die Winterfrau. Diese Farben finden sich beim in der Frühzeit geheiligten Holunderbusch (weiße Blüten, rote und dann schwarze Beeren), bei Märchen wie Schneeweißchen und Rosenrot mit dem schwarzen Bär, bei Schneewittchen, bei der altüberbrachten Fahne der Deutschen bis zum Ende des 1. Weltkrieges).

Schöll widerspricht mit Recht der gängigen stets germanenfeindlichen Darstellung unserer Urahnen. Es handelte sich bei ihnen nicht in erster Linie um ein angriffslustiges Kriegervolk. Es war wohl zur Verteidigung bereit, insgesamt aber ein kulturell entwickeltes, friedliebendes Bauernvolk, das an seinem Heimatboden hing, den schon viele Geschlechter bebaut hatten.

Den Germanen waren Haus und Hof ein Heiligtum, in dessen Mittelpunkt der Herd stand. Sie betrachteten das Odal – ein Teil der germanischen Bodenverfassung – als ein Gotteslehen, das ihnen nur zum Besitz, aber nicht zum Eigentum gegeben war.

Karl der sog. Große vergab Ländereien, sogar samt Einwohnerschaft, als Lehen an seine Gefolgsleute, die er somit kaufte. Die einst freien Bauern auf freier Scholle gingen auf diese Weise den Weg in die Verklavung der Leibeigenschaft.

Nun mußte natürlich auch die neue Religion mit Gewalt angenommen werden. Dennoch blieb unseren Altvorderen in ihrem Wesen die Verehrung der mütterlichen Erde zusammen mit Sonne und Mond erhalten, die ihnen die lebenserhaltenden Früchte schenkten.

Unter den Früchten ist vor allem die Verehrung des Apfels als heilige Frucht der Unsterblichkeit hervorzuheben.

Er spielt auch in unserem Märchen eine entscheidende Rolle. Die drei Schwestern folgten nicht dem unsinnigen Verbot des Vaters, sondern hielten sich an den Lauf der Natur, im Herbst zur rechten Zeit eine reife Frucht zu pflücken und zu essen, was sinnbildlich auch eine geistige Nahrung bedeutet. In Oseberg, Norwegen fand man bei der Ausgrabung eines Fürstinnengrabes als Grabbeigabe für die tote Fürstin einen Eimer voller Wildäpfel.

Im Mythos stammt der goldene Apfel vom Baum des Lebens. Der Reichsapfel als reich verzierte goldene Kugel war nach Hermi Kettler das Sinnbild artverwurzelter Weisheit. Der Reichsapfel wurde von einem kirchlichen Würdenträger dem zukünftigen Kaiser überreicht. Man wollte auf heidnische Symbole nicht verzichten, mußte aber hinnehmen, daß der Reichsapfel das alles beherrschende christliche Kreuz trug.

Reichsapfel (Bild: Wikipedia)

Erstaunlich ist, daß bis spät in die christliche Zeit hinein immer noch die drei Ewigen, die drei Beten verehrt wurden, wobei ihre Namen weder in der griechischen, bzw. in der römischen Literatur noch in einem Kirchenbuch zu finden sind noch auf eine „heilige“ Frau zurückzuführen wären.

WILBET – AMBET – BORBET

Was bedeuten nun ihre Namen? Schöll erklärt sie in seinem Buch auf Seite 30 ff und beginnt mit der jeweils ersten Silbe der drei Namen:

Am-bet

altirisch: an-u = Göttermutter
lateinisch: annula = Mütterchen
keltisch: ana = Urmutter und Erde
althochdeutsch: ana, später Ahne = Sippenmutter, Großmutter

Bedeutung der Am-bet: Ana bet = Erde, Erdmutter, göttliche Mutter Erde.

Aus ihren Brunnen und Teichen holt man die Kindlein; sie birgt Asche und Leib der Toten in ihren unterirdischen Grabkammern.

Ortsnamen: Ambach, Amberg,

Wil-bet

Englisch: wheel = Rad, runde Scheibe = Mond
Niederländisch: wiel = rund
Niederdeutsch: waal = runde Scheibe des Vollmondes
Alemannisch: Wedel = Mond
Grimmsches Wörterbuch: Wedel = Mondwechsel, Zeit des Vollmonds.

Bedeutung der Wilbet: Mondmutter

Flurnamen aus Württemberg: Scheibenbühl, Scheibenacker.
Das Scheibenschlagen, wobei es sich um die Mondscheibe handelt, ist noch im Süden unseres Landes ein alter Brauch. Bevor die erste glühende Holzscheibe ins Tal geworfen wird, ertönt der Ruf: „Der allerhöchsten Dreifaltigkeit zu Ehren“.

Der Mond als Zeitmesser kommt in dem Wort ver-weilen zum Ausdruck. Von einer Mondphase zur nächsten hatte man Kurzweil, Kurzwil, von gleicher zu gleicher Phase Langwil.

Namen: Wiltrud, Wilfried. Auch Blumennamen wurden umbenannt: Die Königskerze hieß Wil-Stengel, die Schafgarbe Wil-feil, das Immergrün Willen-Brot.

In Ortsnamen wurde WIL zu WILD, so wie die Wil-Frau zur Wilden Frau wurde. Das WIL-Heer, später das Wilde Heer, war das Toten-Heer der göttlichen Mondfrau, das in den heiligen Nächten des Mittwinters seinen Umgang in Dorf und Feld hielt.

Auf der Schwäbischen Alb wurde dieses Wil-Heer noch Muerters-Heer genannt. Es hatte nichts mit Wodan, Odin zu tun, das kam erst später, als unsere gesamte Mythologie vermännlicht wurde. Wodan ist mit dem ahd. Wort wuot = wütend, rasend besessen verwandt. Schöll meint dazu: 

In der Zeit, in der Wodan und Freya in Germanien verehrt wurden, war der Kult der Drei Ewigen sicherlich „offiziell“ erledigt. (S. 75) 

Daß man sich den Mond als Frau vorstellte, kommt in Kinderliedern zum Ausdruck. Da heißt es: „Mane, Mane, witte / gif uisem Kind de Titte“. Die Mondfrau soll dem Kind die Brust reichen, damit es gedeihe. In Oldenburg singt (oder sang) man, wenn der Mond aufgeht: „Mane, Mane, witte/ wis mi dine Titte/ ick will di ene wedder wisen/ die schall van Gold un Sülwer glisen.“

Bor-bet

keltisch: bor-co = strahlend, leuchtend
deutsch: worm = warm
altenglisch: beorth = glänzend, hell
Bei den Kelten hieß der Sonnengott Apollo auch Bormannus: Spender der Wärme
althochdeutsch: bor = Erhebung, Höhe

Borbet, Berahta, ist die mütterliche Sonne, die aus der Höhe Wärme und strahlendes Licht sendet.

Ortsnamen Bornum, Borbeck

Vornamen Bertrudis, Berfrid

Das Wort BET, das bei allen drei heiligen Frauen auftritt:

altirisch: beth-o = immerwährend, ewig
altirisch: beo = lebendig
griechisch: bios = Leben

Daraus kann geschlossen werden, daß die drei Beten die Verkörperung des immerwährenden, ewig unbesiegbaren Lebens sind.

Ein jenseitiges Strafgericht oder gar eine Hölle sich vorstellen zu müssen, bedeutete den Zusammenbruch dieser alten Weltanschauung.

Das Drei-Hasen-Fenster aus dem Kreuzgang des Münsters zu Paderborn.

Der Hase ist das heilige Tier der drei Ewigen, besonders der Fruchtbarkeit und Segen spendenden Wilbet. Die aufs Engste verbundenen Tiere versinnbildlichen die drei göttlichen Frauen.

Den heidnischen Naturglauben noch unverhüllter zeigt diese Darstellung:

Bild: Schöll, a.a.O. S. 128)

Drei nackte Frauen mit aufgelösten Haaren, die in einem Reigen verbunden sind, oh, wie sündig!! Es ist der Schlußstein eines Chorgewölbes von Plüderhausen. Er weist auf einen alten Kultplatz der drei Ewigen hin.

Nun zum Thema der „Kette“, die öfters bei den Figuren der drei Ewigen sichtbar wird (siehe obige Bilder).

Um der Bedeutung des Wortes Kette auf den Grund zu kommen, sollte man u. a. auch auf die Sagen zurückgreifen: … In einer nordischen Sage heißt es: „eine goldene Kette liegt um den Königshügel von Upsala “. Kette bedeutet

altenglisch: cett = Grabhügel, Erdhöhle
altsächsisch, altnordisch: gat, gete = Höhle, unterirdischer Gang.

Im Altisländischen sagte man auch von Sterbenden: „Sie gehen in den Berg“.

So ergibt dieses untergegangene Wort „kett“ den Sinn Grabhügel bzw. Erdhügel und schließlich „Erde“ überhaupt. (Schöll, S. 53)

Auch in dem Märchen „Das Erdmännchen“ (Brüder Grimm, Kinder- und Hausmärchen Nr. 91) heißt es von der ersten Königstochter, nachdem sie von den 9 Drachen (3 x 3) erlöst ist: „…dann nahm sie einen Schmuck, den sie auf ihrer Brust trug und der von altem Golde war, und hängte ihn dem jungen Jäger um“… Da kann es sich nur um eine wertvolle Goldkette gehandelt haben.

Mythologisch wird in diesem Märchen zum Ausdruck gebracht, daß die große Befreiung, die Erlösung vom Bösen, von den Unholden, in Gestalt der Drachen, im Schoß der Mutter Erde hatte stattfinden müssen. Der Mensch, ja, ganze Völker müssen immer wieder dunkle Epochen überstehen. Dies gelingt aber nur, wenn wir mutig sind, uns gegen das Schlechte wehren und uns für die Wahrheit einsetzen, wie es uns vom dritten Jägerburschen berichtet wird.

Im Volksmärchen kommt häufig der Ofen vor, der der Wahrheitsfindung dient. Ursprünglich war es der Herd, der heilige Mittelpunkt des Heimes der Ahnfrau.

Auch in den Sagen treten immer wieder in Verbindung mit den drei „Fräulein“, den Beten, unterirdische Gänge auf oder versunkene Schlösser, in die sie sich wieder zurückziehen, falls sie nicht erlöst werden können.

Die drei Bethen helfen den Menschen in ihren Nöten, vor allem den Frauen, sorgen für Fruchtbarkeit und erweisen ihnen Wohltaten, sind freundlich und eröffnen ihnen verborgene Schätze. Nicht nur in der Weihnachtszeit hört man von ihnen liebliche und feierliche Musik, sondern das ganze Jahr über.

Eine Sage aus Pommern

Auf der Jungfernmühle bei Bütow lebten einst drei Mädchen, die waren schön und gottlos. Weil sie aber den Sonntag nicht heilig hielten, wurden sie in die drei Berge verbannt, die das Jungferntal umgeben, in dem die Mühle liegt. Manchmal hört man in den Bergen Singen und lautes Fröhlich-Sein, aber in den heiligen Nächten hat man die drei Jungfern schon gesehen, wie sie aus ihren unterirdischen Gängen hervorkommen und in ganz weißen Kleidern nach dem Wasser gehen. Dort verehren sie den Mond und weinen, daß sie so verwunschen sind. (Schöll, S. 141)

Begriffe wie „gottlos“ und den „Sonntag nicht heilig halten“ sind auf christliche Einflüsse zurückzuführen, wie dies öfters bei Sagen vorkommt.

Die zweite Sage stammt aus Thüringen

Im Loh bei Buttstädt lassen sich zu Zeiten drei weiße Jungfrauen sehen, die sind wunderschön und sitzen dann an einem goldenen Tisch, auf dem dann köstliche Speisen stehen. Auch hört man dort oft liebliche Musik. Das sind die Lohjungfrauen. Man erzählt, den drei Fräulein habe das Loh gehört. Vor ihrem Tod hätten sie es den Armen von Buttstädt vermacht. Der Rat hätte es denen jedoch in späterer Zeit wieder abgenommen, und seitdem haben die Lohjungfern keine Ruhe im Grab. (Schöll, S. 143).

Der goldene Tisch bedeutet höchste Weisheit und jedes Mahl ein Zuwachs an Wissen.

Als der jüngste Jägerbursche in unserem Märchen von den Erdmännchen tief unter der Erde bemerkte, daß seine falschen Brüder ihm den Tod wünschten, war er ebenfalls sehr traurig, glaubte, sein Ende wäre gekommen, bis er andere Gedanken bekommt und auf der Flöte zu spielen beginnt.

Und nun vollzieht sich das Wunder: Bei jedem Ton erscheint ein Erdmännchen, Wesen, die meistens heimlich im Erdreich schalten und walten, belohnen, aber auch strafen.

„Er blies so lange, bis alles voller Erdmännchen war“, die den Märchenhelden wieder zurück zur Erde brachten … Welch eine Kraft der Musik!!

Und nun wagen wir auch hier den Sprung in unsere Ur-geschichte, zur bisher ältesten Flöte der Menschheit, die ebenfalls tief unter der Erde in einer Höhle gefunden wurde im Hohle Fels auf der Schwäbischen Alb, etwa 20 km westlich von Ulm. Diese Flöte ist mindestens 35 000 Jahre alt und aus dem Flügelknochen eines Gänsegeiers gefertigt.

Bild: Urgeschichtliches Museum Blaubeuren

Unfaßbar, daß der Mensch schon vor vielen tausend Jahren über seine Alltagsnöte hinaus Kunstwerke geschaffen hat wie diese Flöte, auf der sich mit schönen Tönen eine hochdifferenzierte Musik spielen läßt. (Eine Kostprobe für den Klang und die Tonhöhen-Breite der Ur-Flöte kann man auf der CD „The Edge of Time“, DELPHIAN hören.)

__________________
LITERATUR
  • Anmerkungen zu den KIH. der Br. Grimm, Jan Bolte/ G. Polivka, II. Band S. 315
  • Ahnenweisheit in unseren Volksmärchen, H. Fritzsche, S. 8
  • Die Deutsche Frühzeit war ganz anders, Gert Meier, S. 288
  • Die Drei Ewigen, Hans Christoph Schöll, Diederichs 1936
  • Europäische Urreligion und die Externsteine, S. 22/24
  • Der Kult der drei heiligen Frauen, K. Derungs und S. Früh, S. 86
  • Roms Kreuzzüge gegen Germanien, Konrad Fichtel
  • Am Anfang der Kultur, Marie König, S. 156
  • Vom Sinngehalt der Märchen, Rose Eller
  • Als der Mensch die Kunst erfand, Nicolaus J. Konrad / Claus J. Kind, Eiszeithöhlen der Schwäbischen Alb
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Cochius, Markwart
3 Jahre zuvor

Ja, es ist gut, gerade jetzt um die Weihnachtszeit an dieses alte Volksgut zu erinnern. Natürlich fand die christliche Religion nur mit Übernahme von Teilen, aber auch Ummünzen der Bedeutung Eingang bei den europäischen Völkern. Die heilige Familie an sich ist sicherlich aus der Vorzeit etwas Übernommenes. Die Dreiheit der Familie widerspiegelnd, aber auch an die Fruchtbarkeit erinnernd. Wieso es aber gerade in Sizilien zur Be-Fana gekommen ist, das liegt noch im Dunkeln. Ich habe für den Namen eine andere Deutung (angedeutet mit dem Trennstrich): Ich deute “Be” mit zwei; und “fana” mit faca, face, Gesicht.
So ergibt sich für Befana, die ja am Ende der 12 heiligen Nächte auftritt, das Zurück-Schauen und das Vorwärts-Schauen, also in die Vergangenheit und die Zukunft. Und in der Tat: Befana hat zwei Gesichter.
Abschweifend von der Deutung der drei Frauen ist die Dreiheit überall zu finden. Also kein Wunder, daß sich unter der Drei immer etwas Besonderes, sogar Heiliges verbirgt.

Bernhard Schüller
Bernhard Schüller
3 Jahre zuvor

Danke für diese sehr informative Darstellung der “Dreieinigkeit”.

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