Deutsche Soldaten 1943/44 in Rußland
Donnerstag, 21. Dezember 2017 von Adelinde
Wie Russen über unsere deutschen Soldaten sprechen
Mein Vater ist seit dem 18.1.1944 in Rußland vermißt. Wir drei Kinder mußten ohne unseren Vater aufwachsen. Ein ähnliches Schicksal erlitt Alfred E. Zips.
Sein Bericht ist zu lesen auf der Netzseite Menschen im Osten und in der Weihnachtsfolge 2017 der Zeitschrift „Vergißmeinnicht“. Er soll auch hier bei Adelinde zu lesen sein und zu Weihnachten Freude bringen mit Wahrheit über unser verleumdetes deutsches Volk und seine Soldaten in Rußland:
Das vergessene Dorf
Auf Spurensuche im Westen Rußlands
Alfred Zips war Soldat der deutschen Wehrmacht. Ob er wollte oder nicht – im Polenfeldzug war er dabei, im Krieg mit Frankreich und schließlich auch mit Rußland. Vier mal verwundet, Träger des Eisernen Kreuzes, der Silbernen Nahkampfspange und anderer Auszeichnungen – Alfred Zips tat ganz einfach seine Pflicht. Irgendwo in Rußland war es dann, als ihn das Soldatenschicksal ereilte.
Seit Juli 1944 wartete die Familie im Sudetenland vergeblich auf ein Lebenszeichen des Ehemanns und Vaters. Kein Gruß, kein Brief mehr von ihm.
Aber der Kompanieführer schrieb – und meldete den Obergefreiten Zips als vermißt. Immerhin, es war keine Todesnachricht, und die Hoffnung blieb. Die schwand erst nach Jahren, als auch der letzte deutsche Kriegsgefangene heimgekehrt war aus den Weiten Sibiriens. … Zips gehörte nicht dazu. Ein Schicksal, das die Familie Zips mit unzähligen anderen Familien teilen mußte.
Dem Sohn Alfred ließ das keine Ruhe. Ein Leben ohne den Vater – daran hatte er sich gewöhnen müssen. Inzwischen erwachsen, Offizier bei der Bundeswehr und anschließend Vorstand der Johanniter, wurde in ihm der Wunsch übermächtig:
Was war mit meinem Vater? Wann ist er gestorben, wie ist er gestorben, wo könnte sein Grab sein? Und er begann mit der Spurensuche.
Hier ist sein Bericht:
Das einzige, was wir von meinem Vater noch wußten, war die Mitteilung: Vermißt seit dem 13. Juli 1944 in Suchnowo.
Da wollte ich nun hin. Zu meinem Glück hatte ich einen jungen russischen Musiker kennen gelernt, Sergej aus Minsk, der mich in meinem Wunsch bestärkte. Auf seine Einladung hin flog ich nach Minsk und erlebte eine überwältigende Herzlichkeit.
Am nächsten Tag ging es weiter – in Sergejs altem Ford Escort Richtung Opotschka. Ich gebe zu, daß ich Herzklopfen hatte, beklemmende Gefühle wegen des alten Feindbildes, aber auch wegen all der Ungewißheiten dieser Reise. Was, ja was wird mich erwarten?
Endlos lange Fichten- und Birkenwälder, überwiegend unbewirtschaftetes Land, Häuser aus Blockholz, Hütten, verbunden durch unbefestigte Straßen und Wege. Ein weites, leeres, vergessenes Land. Armut, die auch im Vorbeifahren ins Auge sprang.
Am Abend dann Opotschka – beim Vormarsch wie beim Rückzug der deutschen Wehrmacht hart umkämpft und vor allem 1943/44 ein Schwerpunkt russischer Partisanenüberfälle.
Deutsche Soldaten erlebten schon damals, was Amerikanern erst später im Irak und jetzt in Afghanistan begegnete – die Heimtücke eines „Asymetrischen Krieges“, den Überfall aus dem Hinterhalt jenseits aller bekannten Regeln des Kriegsrechtes.
Am nächsten Tag nähern wir uns Syroknowo, wie Suchnowo heute heißt.
Ein breiter, löchriger und steiniger Feldweg, abwechselnd Steppe und Wald. Endlich ein verwaschenes Ortsschild – wir waren am Ziel.
Ein Haus mit einem sorgfältig gepflegten Gemüsegarten, in einiger Entfernung noch ein Haus. Keine Menschenseele weit und breit. Auf unser Klopfen öffnet – nach einiger Zeit – eine alte Frau. Überrascht und misstrauisch ist sie, kein Wunder.
Ihre Haltung ändert sich aber sofort, als Sergej ihr den Grund unseres Besuches erklärt. Immer wieder äußert sie ihr Erstaunen über unser Erscheinen in ihrem sterbenden Dorf, wie sie es nannte.
Seit dem Kriege hatte sie keine Deutschen mehr gesehen. Jetzt nehmen wir auf der Sitzbank vor ihrem Haus Platz. Es ist ein kleines Blockhaus mit einem Schuppen für den Holzvorrat.
Russische Schicksale
Maria war 17 Jahre alt, als deutsche Truppen 1942 ihr Dorf besetzten. Sie erinnerte sich gut daran. Bis zum Juli 1944 waren sie geblieben, die Deutschen.
Alle seien sie sehr freundlich und hilfsbereit gewesen. Sie hätten oft zusammen gefeiert, getanzt und gesungen. Die Frauen haben den Soldaten die Wäsche gewaschen und seien dafür mit Lebensmitteln versorgt worden. Vor allem an Brot und Suppen konnte sie sich erinnern.
Ja, und sonst? War da nichts? Ich hatte die Wehrmachtsausstellung von Herrn Reemtsma in Erinnerung und die Berichte über deutsche Kriegsverbrechen in unseren Medien.
Deshalb bat ich Sergej, ihr zu erklären, daß ich auf der Suche nach der Wahrheit sei und sie mir alles, einfach alles, erzählen solle.
Hat es Übergriffe deutscher Soldaten gegeben oder Vergehen an den Dorfbewohnern?
Maria reagierte überrascht. Begleitet von lebhaften Gesten versicherte sie, daß die deutschen Soldaten anständige Menschen gewesen seien und eben sehr diszipliniert. Manchmal allerdings habe sie beobachtet, daß die Offiziere sehr streng zu ihren Männern gewesen waren, aber sie und ihre Familie könnten nichts Schlechtes über sie sagen.
Es sei ja auch Krieg gewesen, und über die vielen Toten sei sie heute noch sehr traurig…
Der 13. Juli 1944 wurde dann ein Schicksalstag. Er war es für die Russen. Und er war es für die Deutschen.
Mit allen anderen Dorfbewohnern seien sie in die nahen Wälder geflüchtet – ein Tipp der Partisanen.
Als sie wiederkamen, ja, da lagen überall tote Soldaten auf den Wiesen und Feldern. Die seien begraben worden, irgendwo hinter den Häusern.
Tränen liefen über ihr runzliges Gesicht.
Meine Vermutungen wurden mehr und mehr zur Gewißheit. Das war der Tag, an dem mein Vater den Tod fand! Hier in Syroknowo, wo sich der Gefechtsstand des Grenadierregiments 323 befand. Hier, bei der großen russischen Sommeroffensive, als das Dorf von den Sowjets überrannt wurde und innerhalb weniger Tage die ganze Front zusammenbrach. Fast das ganze Regiment 323 war damals in ganz kurzer Zeit aufgerieben worden.
Der Autor Alfred E. Zips mit Maria, einer der drei letzten Einwohnerinnen des Dorfes Syroknowo, vor ihrem Häuschen.
Kein Gedenkstein, kein Kreuz. Nicht einmal die Stelle, an der er seine letzte Ruhe fand. Krieg!
In diesen Augenblicken überwältigte mich das starke Gefühl, meinem Vater wieder ganz nahe zu sein. Hier in Syroknowo, nach mehr als 60 Jahren!
Etwa 200 m ein weiteres Haus, das bewohnt schien. Eine ältere Frau kommt auf uns zu.
Sie schleppt zwei Eimer voll Wasser – von einem Brunnen, der vielleicht einen Kilometer entfernt ist. Tag für Tag geht das so, denn eine Wasserleitung hat sie nicht im Hause. Auch sie begrüßt uns voller Ungläubigkeit.
Ein deutscher Besucher in ihrem „armen, verlassenen Dorf“? Aber sie hat lebhafte Erinnerungen an die Jahre 1943/44 und die deutschen Soldaten.
Im Hause ihrer Eltern seien sie gewesen, hätten kleine Geschenke mitgebracht, eine selbst gebastelte Puppe, hin und wieder Süßigkeiten.
Bevor die Kämpfe im Dorf begannen, sei sie mit ihrer Mutter und den jüngeren Geschwistern – sie selbst 12 Jahre alt – in die nahen Wälder geflohen. Bei ihrer Rückkehr brannten Häuser, viele Tote mußten begraben werden oder verbrannt. Es war schrecklich.
Wir tranken Tee. Im Hause ein großes, durch einen Vorhang geteiltes Zimmer, ein großer Kachelofen, ein Fernseher, ein kleines Radio. Kein Bad, keine Toilette, kein Telefon, aber alles sauber und ordentlich.
Nach dem Krieg, so erzählte sie, habe sie geheiratet und vier Kinder bekommen. Der Mann starb relativ früh. Sie hatte auf einer Kolchose gearbeitet, 16 Stunden pro Tag, auch an den Wochenenden.
Heute sei sie sehr krank, allein, die Kinder weit weg. Sehr einsam ist es im Dorf, nur sie, die Nachbarin, die wir zuerst getroffen hatten und eine dritte ältere Frau lebten noch dort.
Wovon sie lebt? Nun, da ist die Rente, umgerechnet etwa 80 Euro im Monat. Da sind die Hühner, ein Schwein und der Gemüsegarten. Einmal pro Woche kommt ein Auto mit Lebensmitteln aus Opotschka. Es ist die einzige Verbindung zur Außenwelt.
Ich verließ das Dorf Syroknowo sehr nachdenklich. Ich hatte Spuren gesucht. Ich glaube, sie auch gefunden zu haben.
Der Partisan
Am nächsten Tag Opotschka mit einer besonders eindrucksvollen Begegnung.
Ich traf Viktor Paramonov, 80 Jahre alt, beinamputiert, auf einem Auge blind. Viktor war 15 Jahre alt gewesen, als die Deutschen sein Heimatdorf besetzten, Ende 1941 mag es gewesen sein. Die Werkstatt seines Vaters, eine Schmiede, sei beschlagnahmt worden.
Etwa zwei Jahre lang erlebte er, wie sich die Deutschen nicht nur äußerst diszipliniert verhielten, sondern auch seine Familie mit Lebensmitteln versorgten.
Dann holten ihn, der jetzt 17 Jahre alt war, nachts die Partisanen zum Kampf gegen die deutsche Wehrmacht.
Viktor sprach, wie schon die russischen Frauen am Tage zuvor, mit großer innerer Bewegung. Es tue ihm heute noch leid, der Kampf gegen die Deutschen, aber es sei doch Krieg gewesen.
Er habe ihn teuer bezahlen müssen mit seinen schweren Verwundungen, die ihm fast das Leben gekostet hätten.
Vorwürfe gegen die Deutschen? Um Himmels willen, nein. Er habe sie als gute und disziplinierte Soldaten in Erinnerung.
Und er wünsche sich von ganzem Herzen, daß es niemals mehr Feindschaft und Krieg zwischen unseren Völkern geben möge! Dies habe er im übrigen als ehemaliger Lehrer und Direktor des Gymnasiums Opotschka auch seinen Schülern immer wieder ans Herz gelegt.
Im Museum von Opotschka. Links Viktor Paramonov, der ehemalige Partisan. Rechts A. Zips beim Eintrag in das Gästebuch.
Derartige Geschichten habe ich viele gehört, als ich mit Veteranen der 5. SS-Panzerdivision „Wiking“ im Osten war … ob in ukrainischen Dörfern oder im Kaukasus.
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Bericht, den die aus Lettland stammende russische Familie meiner Frau nur bestätigen kann. Dank deutscher Soldaten hat die Mutter mit drei kleinen Kindern überlebt. Ehemann und Vater wurde von kommunistischen Partisanen, unter Vorwand, abgeholt, kam nie mehr zurück.
Ich erinnere mich an Gespräche meiner Verwandten in Slawonien, Ex-Jugoslawien. Nur Gutes und Bewunderung für deutsche Soldaten.
Absolut korrektes Verhalten der Zivilbevölkerung gegenüber. In Erinnerung geblieben sind Szenen, wie deutsche Soldaten trotz eisiger Kälte ihre Morgenwäsche im Freien mit eiskalten Wasser durchführten.
Es mag ja sein, dass sich Regimenter der Wehrmacht ordnungsgemäß verhalten haben. Dennoch vergisst man hier die Erwähnung der versuchten systematischen Auslöschung der gesamten sowjetischen Bevölkerung durch Soldaten der SS, der Polizeitrupps etc. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass diese Russen die Deutschen wirklich so positiv in Erinnerung haben. Dass fast jeder Russe einen Familienangehörigen im „großen vaterländischen Krieg“ verloren hat, kommt hier gar nicht zur Sprache. Allgemein ist nichts empirisch belegt, vereinzelte Aussagen sind nur vorhanden. Wenn man bedenkt, was für barbarische Teufel die Nazis waren, was sie für eine Intention und Pläne mit den Russen hatten, dann kommt einem das hier nur wie revisionistische Geschichtsschreibung vor. Hätten die Nazis den Ural erreicht, dann wären alle Sowjets dem Tode geweiht gewesen, sowie das auch mit den Kriegsgefangenen, dem Aushungern ganzer Städte und den Konzentrationslagern passiert ist. Da muss man sich nur das Beispiel Leningrad anschauen, um die Intention und Wahrheit zu erkennen.