Feed für
Beiträge
Kommentare

Man nennt mich einen Psychologen.
Das ist nicht richtig.
Ich bin nur ein Realist im höheren Sinne,
das heißt:
Ich zeige alle Tiefen der Menschenseele.
Dostojewski

 

Fjodor M. Dostojewski

(1821 bis 1881) in seinem

Tagebuch eines Schriftstellers

 

Fjodor M. Dostojewski (Bild: MDR)

Seine Bildnisse wirken stets düster. Er hatte kein leichtes Leben. Wikipedia:

Seine schriftstellerische Laufbahn begann 1844 … Das literarische Werk beschreibt die politischen, sozialen und spirituellen Ver-hältnisse zur Zeit des Russischen Kaiser-reiches, das sich im 19. Jahrhundert fun-damental im Umbruch befand.

Dostojewski war ein Seismograph der Kon-flikte, in die der Mensch mit dem Anbruch der Moderne geriet.

In der zweiten Hälfte der 1840er Jahre stand Dostojewski dem Frühsozialismus nahe und nahm an Treffen des revolutionären Petraschewski-Zirkels teil. Dies führte 1849 zu seiner Festnahme, Verurteilung zunächst zum Tode und dann – nach Umwandlung der Strafe – zu Haft und anschließendem Militär-dienst in Sibirien.

Welches Regime der Welt, von welcher Ideologie auch immer geleitet, hat nicht freiheitliche Anders-denkende aus der Gemeinschaft des Volkes ins Abseits verbannt! Darin gleichen sie einander bis heute aufs Haar.

1859 wurde Dostojewski entlassen. Er hatte in menschliche Abgründe geschaut. Dabei hatte sich seine Liebe zur russischen Seele vertieft. Er sah aber auch klar, was sich im Volke anbahnte*:

… so schon dies allein, daß jenes Dienen für die allmenschliche Idee und das leichtsinnige Herumtreiben in Europa, nachdem man freiwillig und launisch dem Vaterland den Rücken gekehrt hat, zwei ganz verschiedene und entgegengesetzte Dinge sind, die aber bisher immer noch miteinander verwechselt werden.

Im Gegenteil, vieles, sehr vieles von dem, was von uns aus Europa genommen und zu uns verpflanzt worden ist, haben wir nicht einfach kopiert, wie Knechte ihre Herren kopieren …; sondern wir haben es unserem Organismus, unserem Fleisch und Blut eingeimpft; manches aber haben wir ganz selbständig erlebt und sogar durchlitten, ganz wie jene dort im Westen, für die alles das etwas bluthaft Eigenes war.

Die Europäer werden uns das zwar um keinen Preis glauben wollen; sie kennen uns nicht, und vorläufig ist es auch besser so. Um so unmerklicher und ruhiger wird sich der notwendige Prozeß vollziehen, der in der Folge die ganze Welt in Erstaunen setzen wird.

Gerade diesen Prozeß aber kann man am klarsten und greifbarsten auch an unserem Verhältnis zu den Literaturen der anderen Völker verfolgen. Ihre Dichter stehen uns, wenigstens der Mehrzahl unserer gebildeten Menschen, genauso nah wie jenen dort in ihrer Heimat, im Westen.

Ich behaupte und wiederhole, daß jeder europäische Dichter, Denker, Philanthrop außerhalb seines Landes auf der ganzen übrigen Welt am tiefsten und innigsten nur noch in Rußland verstanden und aufgenom-men wird.

Shakespeare, Byron, Walter Scott, Dickens sind den Russen verwandter und ver-ständlicher als zum Beispiel den Deutschen, obschon natürlich von den Übersetzungen dieser Schriftsteller bei uns nicht einmal ein Zehntel der Exemplare verkauft wird wie in dem bücherreichen Deutschland.

Der französische Konvent, der im Jahre 1793 ein Patent auf das Bürgerrecht au poète allemand Schiller, l‘ami de l‘humanité (den Freund der Menschlichkeit), schickte, voll-brachte damit zwar eine sehr schöne, großartige und prophetische Tat, nur ahnte er nicht einmal,

daß am anderen Ende Europas, im barbarischen Rußland, der-selbe Schiller viel nationaler war, den russischen Barbaren viel näher stand, als viel verwandter, eigener empfunden wurde

als dies in Frankreich von seiten der Franzosen geschah, und das war nicht nur damals so, sondern auch später, in unserem ganzen Jahrhundert, in dem diesen Schiller … in Frankreich nur die Professoren der Literatur kannten, und selbst von diesen nicht alle und auch die nur kaum-kaum.

Bei uns aber hat er sich … in die russische Seele hineingesogen, einen Stempel hinterlassen, hat in der Geschichte unserer Ent-wicklung fast eine ganze Periode bezeichnet.

Der Geist Schillers ist es unter anderem, der das deutsche und das russische Volk verbindet. Die innerseelische Verbundenheit der Russen mit den Deutschen sprach auch Wladimir Putin am 25. September 2001 im Bundestag an:

Rußland hegte gegenüber Deutschland immer besondere Gefühle. Wir haben Ihr Land immer als ein bedeutendes Zentrum der europäi-schen und der Weltkultur behandelt, für deren Entwicklung auch Rußland viel geleistet hat.

Kultur hat nie Grenzen gekannt. Kultur war immer unser gemeinsames Gut und hat die Völker verbunden.

Putin ist heute zum Weltfeind Nr. 1 erklärt, was auf die Absicht der heutigen Regime-Herren des Werte-Westens hinweist und wie George Friedman uns belehrte:

niemals Deutschland und Rußland zusammenkom-men lassen. Nicht anders Winston Churchill 1940:

Großbritannien kämpft nicht gegen Hitler und noch nicht einmal gegen den Nationalso-zialismus, sondern gegen den Geist des deutschen Volkes, gegen den Geist Schillers, so daß dieser Geist niemals wiedergeboren werde.

Doch schauen wir auf unseren Schiller, dessen herr-licher Geist die Völker verbindet – abseits der poli-tischen Niedertracht der seelenblinden „Globalisten“:

„Wir könnten viel,
wenn wir zusammenstünden.“

 

Friedrich Schiller

_____________________

Anmerkungen

*) Tagebuch eines Schriftstellers, 1873, Serie Piper, Neuausgabe 1992

image_pdfPDF erzeugenimage_printEintrag ausdrucken
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

1 Kommentar
Inline Feedbacks
Lese alle Kommentare
1
0
Deine Gedanken interessieren mich, bitte teile diese mit!x