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Fortsetzung von Teil 4

Johannes Brahms 1853

Johannes Brahms 1853 (Wikipedia)

Im September 1853 erschien der junge Brahms bei den Schumanns.

Nach gemeinsamen heiteren Tagen mit Brahms und Joachim brach dann plötzlich

das Verhängnis

über das Leben der Schumanns vollends herein:

In der Nacht zum 1. Februar brachen unerträgliche Gehörstäuschungen aus, Geistervorstellungen beherrschten Robert.

Von dem Glauben an die Geister brachte ich ihn keinen Augenblick ab, im Gegenteil, sagte er mir mehrmals mit wehmütiger Stimme, Du wirst mir doch glauben, liebe Clara, daß ich Dir keine Unwahrheiten sage … Oft klagte er, daß es in seinem Gehirn herumwühle, und dann behauptete er, es sei in kurzer Zeit aus mit ihm, nahm dann Abschied von mir, traf allerlei Anordnungen über sein Geld und Kompositionen … (Clara)

Am 26. Februar 1854 stürzte er sich von der Alten Rheinbrücke in den Fluß. Er wurde gerettet und wünschte daraufhin selbst, in eine „Irrenanstalt“ verbracht zu werden.

Wir fanden meine Mutter in höchster Verzweiflung, sie hatte den Vater ankommen sehen, der Arzt und Fräulein Leser suchten sie zu beruhigen, und dann drang der Arzt darauf, daß sie mit zu Fräulein Leser ginge. Mein Vater bekam nun einen Wärter, und nach wenig Tagen wurde er eines Morgens in einer Droschke fortgebracht.

Heilanstalt Endenich "Schumannhaus Bonn" (Wikipedia)

Heilanstalt Endenich "Schumannhaus Bonn" (Wikipedia)

Das war am 4. März 1854. Er wurde in die Heilanstalt Endenich bei Bonn eingeliefert. Erst zweieinhalb Jahre später, 2 Tage vor seinem Tod, durfte Clara Schumann ihren Mann wiedersehen, so die Entscheidung des leitenden Arztes Dr. Richarz.

Bei Roberts endgültigem Abschied von zu Haus war sie im 8. Monat schwanger mit ihrem jüngsten Kind Felix.

Jetzt wurde es für die ganze Familie eng:

Sozialversicherungen waren noch nicht erfunden. Clara Schumann mußte nun sehen, wie sie ihre große Familie durchbrachte. Sie ging auf Konzertreisen. Zu Hause versorgte Hauspersonal die Kinder, unter anderen Johannes Brahms, der wunderbar mit Kindern umgehen konnte.

Ich muß doch recht dem Himmel danken, daß er mir in meinem großen Unglück einen solchen Freund geschickt, der mich geistig nur erhebt … und mit mir fühlt, was ich leide.

Eine Leipziger Bekannte, die Clara Schumann in diesen Tagen besuchte, schildert ihren Eindruck. Sie mußte zunächst in einem Nebenraum warten, bis Frau Schumann zu Ende musiziert hatte.

Das Klavierspiel klang groß, ernst und kraftvoll; wir begriffen nicht, daß sie jetzt so spielen könne. Als das Stück vorüber war …, kam sie heraus, und ich hatte alle Mühe, ihr nicht gleich um den Hals zu fallen, so rührend sah sie aus; verändert, alt und gelb geworden, aber nicht gebrochen oder kläglich.

Doch

Dann kämpfte sie gegen das Weinen und brach doch bald in bittere Tränen aus. „Wenn ich nicht fest hoffte, daß es besser würde mit meinem Manne, möchte ich nicht mehr leben, ich kann nicht leben ohne ihn. Das Schrecklichste ist nur, daß ich nicht bei ihm sein darf, und daß er in der ganzen Zeit noch nicht ein einzigesmal nach mir verlangt hat.“ Diese Worte konnte sie kaum aussprechen, sie waren durch krampfhaftes Schluchzen unterbrochen, und ihre lieben Augen blickten mich unsäglich jammervoll an.

„Aber denken Sie ja nicht“, fuhr sie gefaßter fort, „daß es so schlimm ist mit meinem Manne. Sie würden ihm seine Krankheit gar nicht anmerken, er kann die tiefsten Gespräche führen, und ist sich vollkommen klar über seinen Zustand; er ist ja freiwillig in die Anstalt gegangen, um desto eher zu uns zurückzukehren.“

Clara Schumann 1853

Clara Schumann im Alter von 35 Jahren. Die Photographie wurde 1854 oder 1855 aufgenommen, nachdem Robert Schumann in die Anstalt eingeliefert worden war. Robert-Schumann-Haus, Zwickau (Reich)

So reagiert wohl nicht ein Mensch, der seinen Ehemann in der Irrenanstalt festhalten läßt, um ihn loszusein, weil – so argumentieren böse Zungen – zu Hause ein anderer, ein junger Mann auf sie wartet, der sich tief in sie verliebt hat, Brahms.

Als sie am 10. September 1855 von Dr. Richarz erfahren hatte, daß keine Hoffnung auf Besserung bestünde, schrieb sie ins Tagebuch:

Welch ein Gedanke, Ihn, den strebsamsten aller Künstler, geistesgeschwächt zu sehen, vielleicht, oder vielmehr ganz wahrscheinlich, der schrecklichsten Melancholie anheimgegeben – soll ich so ihn wieder besitzen? und doch sollt’ ich nicht wünschen, nur den Menschen erst wieder zu haben? Ach, ich weiß nichts mehr zu denken, habe doch alles tausend und abertausendmal durchdacht, und immer bleibt’s schrecklich.

Sie zog nun in eine Etagenwohnung um, in der auch Johannes Brahms ein Zimmer erhielt.

Am 29. Juli 1856 starb Schumann. Ins Tagebuch schrieb Clara Schumann:

Ich stand an seiner Leiche, des heißgeliebten Mannes, und war ruhig; all mein Empfinden ging auf in Dank zu Gott, daß er endlich befreit, und als ich an seinem Bette niederkniete, da wurde mir so heilig zumute, mir war, als schwebe sein herrlicher Geist über mir – ach, hätte er mich mit sich genommen.

Fortsetzung folgt

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Anita Ferrin
Anita Ferrin
12 Jahre zuvor

Wunderbar geschrieben, Ihr Artikel über Clara Schumann hat mich begeistert und berührt!
Mit den besten Wünschen
Anita

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