Auf „der Spur des Geldes“ die da Leid tragen
Donnerstag, 22. Dezember 2022 von Adelinde
Dieses Bild im Weihnachtsbrief von Jürgen Hösl traf mich in meinem Innersten und rührte auf, was ich meine ganze Kindheit und Jugendzeit hindurch ersehnt hatte – ein unerfüllt gebliebenes Sehnen, ein Sehnen, daß mein in Rußland vermißter Vater eines Tages wieder vor unserer Tür stünde.
Das Leid von damals ist bis zum heutigen Tage nicht vergangen.
Vermißt – wer es nicht selbst erlebt hat, was das für die Hinterbliebenen bedeutet, wird nicht ermessen können, was es heißt, Vorstellungen aufkommen zu lassen von dem, was dem Vater in Rußland wi-derfahren sein konnte, sie wieder zu verwerfen und die schmerzende Ungewißheit weiterhin im Innern zu tragen – ein Leben lang.
Welche Erlösung, wenn er plötzlich vor unserer Tür gestanden hätte!
Doch das Bild in Hösls Brief will etwas ganz anderes aussagen: Es gehört zu einer Kurzgeschichte, in der 1944 noch mitten im Krieg plötzlich der Feind vor der Tür einer deutschen Familie steht, 3 ameri-kanische Soldaten, einer geschwächt! Die Mutter bittet die 3 Fremden herein, kurz darauf erscheinen noch Wehrmachtssoldaten, und sie alle, die Deut-schen und die Fremden, zunächst betreten schwei-gend, können die Sinnlosigkeit mit Händen greifen von einer Feindseligkeit, die ihnen für den Krieg aufgesetzt wurde, damit sie als Werkzeuge der Poli-tik funktionierten. Die deutsche Mutter zeigt ihnen energisch den Weg zu friedvollem Umgang mitein-ander.
Die Feindseligkeit hat in dem Augenblick keinen Bestand mehr, in dem die Menschen einander Aug in Auge begegnen.
Jürgen Hösl war wieder im Einsatz, diesmal in der Ukraine. Er berichtet:
… ich habe die Menschen dort nur mit schlechtem Gewissen zurückgelassen. Und falls Sie zu jenen gehören, die mit den Augen rollen und leise murmeln:
„Nicht schon wiiieder einer dieser Ukrai-neunterstützer … Putin hat doch recht etc.“,
dann lassen Sie mich dazu folgendes an-merken: In der Ukraine leben 17 % Russen bzw. Russischstämmige; alles, was ich dort … beisteuerte, kommt nicht nur den ukraini-schen „Russen“, sondern auch den russischen Kriegsgefangenen und auch den Verwundeten in den Krankenhäusern zugute, die durch unsere Arbeit mitversorgt werden.
Denken Sie bitte nicht in diesen Schubladen, folgen Sie lieber der Spur des Geldes und fragen Sie sich immer wieder, wem dient eigentlich dieser Bruderkrieg, dann werden Sie verstehen, warum
*
dem einfachen Menschen hilft, diesen Kriegswinter durchzustehen …
An meinem Abreisetag erreichte mich kurz vor der Grenze zur Heimat aus dem gerade geräumten und ohne jegliche Infrastruktur hinterlassenen 1700 km entfernten Cherson ein Hilferuf von fünfzig Deutschstämmigen, alles Frauen und Kinder und ältere Menschen: kein Wasser, kein Strom, keine Heizung, kein Essen – und das im Dezember bei zehn Grad minus!
Hösl konnte mit seinen technischen Gerätschaften helfen, deren Anschaffung durch die Spenden des Freundeskreises ermöglicht wurde.**
Er fügt seinem Rundbrief das Gedicht von Thilo Scheller bei, das in unserer Zeit des drohenden Volksuntergangs an unsere einstigen Heimatver-teidiger erinnert, zu denen auch die Vermißten gehörten:
Einmal im Jahr, in der Heiligen Nacht
Verlassen die toten Soldaten die Wacht,
Die sie für Deutschlands Zukunft steh’n,
Und kommen nach Haus, nach Art und Ordnung zu seh’n.
Schweigend treten sie ein in den festlichen Raum –
Den Tritt der genagelten Stiefel – man hört ihn kaum –
Sie stellen sich still zu Vater und Mutter und Kind;
Aber sie spüren, daß sie erwartete Gäste sind:
Es steht für sie ein Stuhl am gedeckten Tisch,
Es glüht für sie im Glase dunkel der Wein,
Und in die Weihnachtslieder, gläubig und frisch,
Stimmen sie fröhlichen Herzens mit ein.
Hinter dem Bild mit dem Stahlhelm dort an der Wand
Steckt ein Tannenreisig mit silbernem Stern.
Es duftet nach Tannen und Apfel und Man-delkern
Und es ist alles wie sonst – und der Tod ist so fern.
Wenn dann die Kerzen am Lichterbaum zu Ende gebrannt,
Legt der tote Soldat die erdverkrustete Hand
Jedem der Kinder leise aufs junge Haupt:
„Wir starben für euch, weil wir an Deutsch-land geglaubt.“
Einmal im Jahr, nach der heiligen Nacht,
Beziehen die toten Soldaten wieder die ewige Wacht.
Liebe Heidrun, vielen Dank für diesen sooo eindrücklichen Beitrag, der auch mir tief ins Herz geht.
Es ist so wertvoll, daß Du aus Deiner Lebenserfahrung berichtest, es ist authentisch und wird sehr viele Leser und Leserinnen berühren.
Herzlich grüsst M.F.