Stettin: Bomben, Annexion, Vertreibung
Mittwoch, 1. Mai 2024 von Adelinde
Wie erfreulich, wenn Wahrheitssucher einander zu-arbeiten! So macht Gerald Franz auf eine Abhand-lung aufmerksam, die hier wiederholt werden soll. Nichts könnte das Thema der letzten Adelinde-Einträge, verfaßt von Thomas Engelhardt, besser vertiefen als der folgende des kopp-verlag.de:
1. Die Annexion Stettins durch Polen
(aus „Eissner“ in der Zeitschrift: „Außenpolitik, 1966, Nr. 7, Seiten 438-444)
Gemeinhin besteht bei uns und wohl auch im Westen die Vorstellung, die vom gesamten Osten seit Jahren als „unantastbare Friedens- und Freundschaftsgrenze“ ausgegebene Oder-Neiße-Linie verlaufe entlang dieser beiden Flüsse von der böhmischen Grenze bis zur Ostsee.
Tatsächlich aber greift die Oder-Neiße-Linie am Unterlauf der Oder bis zu der Tiefe eines Tagesmarsches auf mitteldeutsches Gebiet über und schließt mit der alten deutschen Großstadt und Wirtschaftsmetropole Stettin, die sich westlich der beiden Mündungsarme der Oder ausbreitet, noch die Stadt Neuwarp und sechs Landgemeinden mit 62 Dörfern ein.
Das gesamte mitteldeutsche Landgebiet, das sich gleich den deutschen Gebieten östlich von Oder und Lausitzer Neiße und dem süd-lichen Teil der Provinz Ostpreußen seit nun-mehr bald 63 (inzwischen 79) Jahren unter polnischer Verwaltung befindet, ist etwa 800 Quadratkilometer groß und wies bei der letzten reichsdeutschen Volkszählung am 17. Mai 1939 rund 440.000 deutsche Bewohner auf, 383.000 allein in Stettin, dessen Stadt-kreis sich damals auch über die nordwärts davon gelegene, heute wieder selbständige Stadtgemeinde Pölitz erstreckte.
[…] So sehr man den Inhalt der Potsdamer Beschlüsse auch drehen und wenden mag, der Wortlaut besagt eindeutig, daß das west-wärts der Oder gelegene Stettiner Gebiet im Bereich der sowjetischen Besatzungszone verbleibt und nicht in den provisorischen polnischen Verwaltungsbereich gehört, wel-cher sich nur über die deutschen Gebiete ostwärts der Oder und der Lausitzer Neiße sowie über den Südteil von Ostpreußen erstreckt.
Unter dem steten Drängen der provisorischen polnischen Regierung bemühten sich die Sowjets bereits auf der Potsdamer Konferenz, im Sinne der weiteren polnischen Expan-sionswünsche und Forderungen auch Stettin in polnische Hände zu spielen, doch setzten die Westmächte den von den Amerikanern noch am 30. Juli 1945 auf der Konferenz eingebrachten Vorschlag wenigstens in bezug auf Stettin durch, der die vorläufige polnische Westgrenze „east of a line running from the Baltic Sea through Swinemünde, and thence along the Oder“ vorsah.
Dieser vertraglich fixierten vorläufigen Grenzregelung entsprechend, unterblieb zunächst die Besetzung Stettins durch die Polen, obwohl diese seit April 1945 bereits mehrere, aber immer wieder gescheiterte Versuche unternommen hatten, wenigstens die Verwaltung der Stadt Stettin in ihre Hände zu bekommen.
Schon am 28. April 1945, zwei Tage nach der Eroberung der Stadt durch die Sowjets, trafen zwei Vertreter einer einzurichtenden polni-schen Stadtverwaltung in Stettin ein, von de-nen der eine, ein Ingenieur namens Zaremba, prompt schon am nächsten Tage von der Warschauer provisorischen Regierung zum Stadtpräsidenten von Stettin ernannt wurde.
Sein Bemühen war in erster Linie darauf ge-richtet, polnische „Ansiedler“ nach Stettin hereinzubringen, ein Bemühen, das insofern Erfolg hatte, als am 4. und 5. Mai auch tat-sächlich ein paar Hundert aus Posen eigens übergeführter Polen als erste polnische Bewohner nach Stettin eingeschleust wurden.
In den folgenden Tagen scheinen noch viele Polen über die Oder nach Stettin gekommen zu sein, denn als kurz darauf, für die Polen sicher völlig unerwartet, von sowjetischer Seite der Befehl erging, daß alle Polen bis zum 19. Mai 1945 die Stadt Stettin zu ver-lassen und sich wieder ostwärts über die Oder zu begeben haben, verließen mit dem polnischen Stadtpräsidenten etwa 4500 Polen die deutsche Metropole, in deren von den Sowjets freigegebene Stadtteile nun Zehntau-sende vorübergehend geflüchtete Deutsche zurückkehrten.
Am 9. Juni 1945 zog die polnische „Opera-tionsgruppe Stettin“ wieder in Pommerns Hauptstadt ein, doch kam es bald zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Polen, da letztere die Arbeit der seit einiger Zeit wieder bestehenden und sogar unter einem deutschen Oberbürgermeister arbeitenden deutschen Stadtverwaltung zu sabotieren und immer weiter einzuschränken versuchten.
Die Rolle der sowjetischen Militärverwaltung als eines Schiedsrichters war gewiß recht schwierig, auch mit Rücksicht auf die zu erwartenden Rückwirkungen seitens der Westmächte, von denen die Amerikaner in offiziellen Noten an die Sowjetregierung vom 8. April und vom 8. Mai 1945 Anfragen we-gen der eigenmächtigen Übergabe ostdeut-scher Kreise in polnische Verwaltung gestellt und um Aufklärung gebeten hatten.
Auf die amerikanische Note vom 8. April und die zunehmende Verschlechterung des Ver-hältnisses zwischen den Westmächten und der Sowjetunion war auch das Zentralkomitee der Polnischen (kommunistischen) Arbeiter-partei auf seiner Vollsitzung vom 3. bis zum 5. Mai 1945 eingegangen, auf der Wladislaw Gomulka mahnend seine Stimme erhob, freilich in einem umgekehrten Sinne, als es der Absicht der Westmächte entsprach:
„Wenn wir nicht die früheren deutschen Gebiete so rasch wie möglich polonisie-ren, werden wir keine Begründung für die Erhebung von Ansprüchen haben, die sie uns bereits verweigern!“
Die polnische Publizistin Krystina Kersten, die solches ganz unverblümt mitteilt¹, bemerkt förmlich im gleichen Atemzuge, daß es wegen des ständig wachsenden Konflikts zwischen den Westmächten und den Sowjets für die Polen notwendig gewesen sei, so rasch wie möglich, wenn schon nicht de jure, so doch zumindest de facte vollzogene Tatsachen zu schaffen und die deutsche Bevölkerung in einer breiten Zone von der Oder-Neiße-Linie völlig zu vertreiben!
Aus diesem Grunde wurde ja auch schon am 3. Juni 1945, kurz vor dem Erlaß der vier Kapitulationsdeklarationen der vier Sieger-mächte, in denen Deutschland in den Gren-zen von 1937 als eine fortbestehende staat-liche Einheit betrachtet und ausdrücklich anerkannt wird, das polnisch-kommunisti-sche Militärsiedlungswesen entlang der Oder-Neiße und der pommerschen Ostseekü-ste geschaffen mit der Aufgabe, das gesamte von Polen erstrebte neue Grenzgebiet von der deutschen Bevölkerung in kürzester Frist vollständig zu räumen, um hernach den An-spruch auf die gesamten deutschen Ostge-biete mit bereits vollzogenen Tatsachen begründen zu können.²
Aber auch das zweite Mal blieb die neuerlich in Stettin eingerichtete polnische Stadtver-waltung infolge des zögernden und un-schlüssigen Verhaltens der Sowjets nur eine Episode. Schon acht Tage nach dem Wieder-einzug der Polen in Stettin wurden sie von den Sowjets angewiesen, binnen zwei Tagen Stettin wieder zu verlassen.
Nichts beweist die Hartnäckigkeit der Polen im Verfolg ihrer expansionistischen Absich-ten so sehr wie die Tatsache, daß die wieder in eine „Operationsgruppe Stettin“ zurück-verwandelte polnische Stadtverwaltung von Stettin nochmals nur in Lauerstellung ging, diesmal gleich etwas weiter ab, bis nach Köslin, um die nächstbeste Gelegenheit zur Wiederbesetzung Stettins abzuwarten.
Diese Gelegenheit stellte sich freilich sehr bald ein. Sie stand, was bemerkenswert ist, in unmittelbarem Zusammenhang mit dem all-gemeinen Rückzug der amerikanischen Trup-pen aus Sachsen und Thüringen sowie mit dem Abzug der britischen Truppen aus dem westlichen Mecklenburg und der auf diese Weise weit nach Westen erweiterten sowjeti-schen Besatzungszone, die es wiederum den Sowjets gestattete, die Polen nachzuziehen und nach Stettin einzulassen.
Drei Tage nach dem Abzug der Briten und der Amerikaner, am 3. Juli 1945, erging die nun wohl schon fast risikolos erscheinende sow-jetische Entscheidung, die dann nicht mehr rückgängig gemacht wurde, wider den Be-schlüssen von Potsdam, welche die Einbezie-hung von Stettin in den provisorischen pol-nischen Verwaltungsbereich nicht erwähnen und auch nicht vorsehen.
[…] Daß es den Polen nicht nur
„um die seelische Selbstbehauptung als Nation aus einer jahrhundertelangen Geschichte heraus geht, die die Existenz dieser Nation immer wieder in Zweifel gezogen hat“,
sondern auch um fremde Rechte und Gebiete, die ihnen in keiner Hinsicht zukommen und zustehen, und daß „für sie die Oder-Neiße-Linie das Symbol einer geistigen Existenz der Nation“ sei, diese freundliche, etwas profes-soral anmutende Beschönigung der handfe-sten polnischen Expansionsbestrebungen noch über die Oder-Neiße-Linie hinaus wird in harter Weise auch durch einen weiteren polnischen Vorstoß ad absurdum geführt, den die Polen am 5. November 1947 in Form eines militärischen Handstreiches unternah-men.
Damals besetzten sie in der unverkennbaren Absicht, auch die westlich der Oder verlau-fende Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasser-straße in ihre Hand und unter ihre Kontrolle zu bekommen, einen etwa 50 Kilometer langen und bis zu 10 Kilometer breiten mit-teldeutschen Gebietsstreifen bei Schwedt.
Aus dem Gebiet von Stettin wurde die gesamte Bevölkerung westwärts vertrieben; 180.000 Stettiner lebten später allein in der Bundes-republik Deutschland, wie aus der Bundesstatistik der Vertriebenenausweise hervorgeht10). Die Kriegs- und Nachkriegs-schäden, die im gesamten Stettiner Gebiet und in den dortigen gewaltigen Hafenanlagen verursacht wurden – auch noch nach dem Abzug der Sowjets, als ganze Stadtviertel völlig unbewohnt blieben, aber ausge-schlachtet und im übrigen dem Zahn der Zeit überlassen wurden -, wurden zynischerweise als polnische Kriegsschäden ausgegeben und zweifelsohne Deutschland vorgerechnet. Und dabei sprachen die Polen von deutscher Drei-stheit, wenn sie die Friedensnote der Bundes-regierung auf ihre Weise beantworteten.
Gekürzt, der ganze Artikel ist bei nationale-einheit.com abgedruckt („Der Provisorischen Regierung der nationalen Einheit des deutschen Reiches“) oder mit staatsrechtlichen Kommentaren und zu Themen der Vertreibung derhonigmannsagt.wordpress.com oder auch hier gespeichert.
2. Harris‘ Bomber-Command zerstörte die Stadt in der Nacht zum 17. August 1944 und vierzehn Tage später
Jörg Friedrich schreibt in „Der Brand“ auf Seite 189:
„… Schon 1940/41 waren die ersten Wellingtons aufgekreuzt, um sich nach Punkten umzuschauen, die eine Ladung Bomben vertrugen. Die Oderwerke AG, die Vulcan AG bauten weltberühmte Schiffe, drei hatten das blaue Band ero-bert, Kaiser Wilhelm der Große, Deutschland, Kaiser Wilhelm II. und das 1940 angelaufene Pölitzer Hydrierwerk zur Flugbenzinerzeugung.
Im Jahr 1943 hatte sich die Unterschei-dung von Industrie- und Stadtziel über-holt, und so war London am 21. April hochzufrieden, mit 339 Lancastern und Halifaxen einen fast tausend Kilometer entfernten Ort erreicht, perfekt markiert und getroffen zu haben. Der bittere Maschinenverlust von sechs Prozent hatte sich gelohnt, denn vierhundert-tausend Quadratmeter Innenstadt hielt man für verwüstet. Eine übertriebene Annahme, doch 586 Personen waren definitiv tot.
… dann war der Stadt noch eine sech-zehnmonatige Frist gegönnt … bis zur Nacht des 5. Januar 1944, den nächstem Morgen sahen 244 Personen nicht mehr, schwere Brände loderten in der Altstadt …
In der Nacht zum 17. August kehrte Bomber-Command zurück , die Total-zertrümmerung einzuleiten … Vierzehn Tage später wurde ein Folgeangriff geflogen, danach war der Ort Vergan-genheit. Das Innenstadtviertel zwischen dem bollwerkbewehrten Oderufer und der Peter- und Paul, 1124 anstelle eines slawischen Heiligtums errichtet, existier-te nicht mehr. 2430 von 400.000 Ein-wohnern ließen ihr Leben. Was der große Kurfürst nicht getroffen hatte vom Gotik-bestand, schlugen Harris‘ Blockbuster und Phosphorkanister entzwei.
Die edelste Backsteinkirche Pommerns, St. Jacobi, auf Pfählen ruhend, die Pfeiler schon aus dem Lot gewichen, doch von eisernen Querstreben gehalten, nahm den letzten Stoß.
Das gotische Alte Rathaus mit seinen wundersam verzierten zwölf Sternenge-wölben des Ratsweinkellers brannte aus.
Das Greifenschloß der Pommernherzöge, 1346 von Barnim II. begonnen, von Bogislaw X. um den gotisierenden Süd-flügel bereichert und dank Johann Friedrich von einer Renaissancekirche abgerundet, das Vorzugsziel aller Bela-gerer, bekam den Rest.
Ein Raub der Flammen wurde die floren-tinisch anmutende Schloßkirche mit dem holzgeschnitzten Grabmal Bogislaws, des größten seines Geschlechts. Und des Feindes Macht machte mit der Zertrüm-merung des Jacobi-Kirchenschiffs auch Arp Schnittgers Orgel für immer stumm.
Eine unerklärliche Vernichtungstrunken-heit mußte schließlich am 29. März 1945 noch das alte Danzig ins Nichts reißen, das sechs Wochen später eine polnische Stadt sein würde, wie jeder wußte …“
3. Vertreibung aus dem Stettiner Gebiet und der Panslawismus plante die Vertreibung der Deutschen seit 1848
Auf dem Panslawismus-Kongreß in Prag 1848, wo die erste deutsche Universität errichtet worden war, wurde die Vertreibung der Finnen, Deutschen bis auf die Linie Lübeck-Triest, Italiener und Türken aus ihren angestammten Siedlungsgebieten gefordert. Man sprach dort Deutsch, denn das war die einzige Sprache, die alle slawischen Teilneh-mer konnten.
(Dank für die Hinweise an Waffenstudent und andere Kommentare und auch für den Hin-weis auf die lesenswerte Seite www.christinenberg.de , von Dörfern der Gegend um Stettin, ihrer Kulturgeschichte und der Flucht vor den Sowjets, der Rückkehr und erneuten Vertreibung durch die Polen unter Raub und Gewalt und vielen Zeugen-aussagen. Daraus ein Hinweis auf den Panslawisten-Kongreß (am Ende des Artikels):
Heimkehr nach Christinenberg von Ulrich Reinke
Die Vertreibung begann in Etappen. Schon Mitte Mai verkündeten die Polen:
„Die Oder ist Grenze, alle Deutschen haben das Grenzgebiet auf eine Tiefe von 8 km zu verlassen.“
Wir glaubten ihnen nicht. In einzelnen Dörfern wurden die Bewohner kurzfristig herausgejagt – doch die Russen scheuchten die Polen und schickten die Leute wieder zurück, dieses Spiel wiederholte sich mehrmals.
Die Russen wurden so zu Beschützern der deutschen Bevölkerung. Aber es kam wie in Stettin, die Polen setzten sich durch.
„In 20 Minuten alle Deutschen raus“,
hieß es dann auch in Rörchen. Wer sein An-wesen nicht verlassen wollte, wie die von Hugenotten abstammende alte Müllersfamilie Henry, denen gab man einen Spaten und be-fahl ihnen, ihr Grab selbst auszuheben. Als Tote hätten sie bleiben dürfen. Wer sein Haus nicht verlassen wollte, wurde einfach hinaus-geprügelt.
Sie zogen aus, arm wie die Kirchenmaus, geschunden an Leib und Seele. Und immer noch nahmen die Plünderungen kein Ende. „Opa, du hast einen feinen Ring“ sprach der Pole zu dem über 80 Jahre alten Tischler-meister Alms – und ehe der alte Mann sich besinnen konnte, war der Ring in der Tasche des Ganoven verschwunden. Es war der Ab-schaum eines Volkes, der in dem pommer-schen Lande 1945 sein Unwesen trieb.
Ende Juni, Anfang Juli, mag es gewesen sein, eine genaue Zeitrechnung hatten wir nicht mehr, da kamen sie. In lang gezogener Reihe, die Köpfe tief gebeugt, es waren wohl einige tausend Frauen, Kinder und greise Männer, die auf der Chaussee am Püttkrug vorbei nach Süden, der Oderbrücke zu, getrieben wurden.
Man hörte förmlich ihre schlürfenden Schritte und konnte erahnen, wie viel Verzweiflung, Not und Hunger mit ihnen zog. Was ihnen als Besitz noch verblieben war, schleppten sie in Beuteln, Taschen und Rucksäcken mit sich – es war nicht mehr viel –, nur wenige hatten ein Handwägelchen oder einen Kinderwagen. Für manche Mütter waren nur noch die Kinder der einzige Besitz. Was hatten sie in den ver-gangenen Wochen schon alles erleben müssen?
Das Ende des Elendszuges bildete ein Panjewagen, auf dem man wohl einige Schwerkranke verfrachtet hatte. Und das schlimmste: Rechts und links wurden sie eskortiert von polnischer Miliz mit aufge-pflanzten Bajonetten. Es war ein Anblick, der mir zeitlebens im Gedächtnis bleibt. Mit Ohnmacht, Wut und Trauer zugleich sah ich sie vorüberziehen – und konnte nicht einmal fragen nach dem Woher. Später hörten wir: „Das waren die Gollnower“.
Und dann kommt 40 Jahre später ein Vertre-ter unseres Staates und spricht von einer „erzwungenen Wanderung“ – so kann Ge-schichte selbst von einem Angehörigen der Kriegsgeneration verfälscht werden.
In den folgenden Tagen und Wochen waren es die Bewohner anderer Städte und Dörfer, die in ähnlicher Weise vertrieben wurden. Jetzt war auch für uns die Zeit zum Handeln ge-kommen. Was war zu tun? In der sowjetischen Zone wurde noch verhaftet, die Konzentra-tionslager gefüllt. Also noch bei den Russen bleiben. Als das Kommando nach Finkenwal-de Podejuch verlegt wurde, ging ich mit.
Für Gustav, meinen „Untermieter“, war die „Sowjetische Besatzungs Zone“ wegen seines Alters keine Gefahr. Er sollte rübergehen, ich würde später nachkommen. Für ihn wurde eine Kutsche auf dem Hof von Konrad Lenz gefunden, die Rücksitze abmontiert, ein Kartoffelsack mit seiner Habe aufgeladen, für alle Fälle noch ein Schubkarren dazu, das Pferd vorgespannt, und Gustav fuhr in aller Frühe ab. Er war wohl der einzige Pommer, der seine Heimat zum 2. Mal wohlhabender verließ als er gekommen war. Bis Stettin-Scheune ging noch alles gut, dann kam er in die berüchtigte Zentrale der Räuber, sie holten ihn von dem Wagen, beschlagnahmten alles für den Kommandanten – der fuhr jetzt mit der Kutsche –, und ein alter Mann schob seinen Karren in eine ungewisse Zukunft.
In Finkenwalde-Podejuch war die Zementfa-brik zu demontieren. Dazu brauchte man auch einige hundert deutsche Kriegsge-fangene. Die riesigen Drehöfen waren zu zerlegen – ich bin sicher, daß sie die nie wieder zusammen bekamen. Ich hatte hier Dienst in der russischen Küche zu leisten, daneben war es meine Aufgabe, für die Lagerküche die Kartoffeln zu beschaffen. In den Dörfern mit größerem Kartoffelanbau wurden die Mieten geleert. Bei diesen Fahrten kam ich auch im August mehrfach nach Christinenberg, ein damals völlig menschen-leeres, totes Dorf. Bis nach Belgard wurde gefahren, um Mehl aus deutschen Vorräten zu holen.
Als Entlohnung für die Zivilarbeiter gab es Besatzungsgeld, das war hier völlig wertlos, hat mir später jedoch ein wenig geholfen – gleichzeitig war es auch ein Schritt mehr zur Inflation.
In der Nähe der Zementfabrik verlief die Hauptstraße. Sie war gut zu beobachten. Was da ablief, war immer noch das alte Bild: Herden von Pferden und Kühen wurden gegen Osten getrieben, „Herden“ von Deutschen zogen westwärts.
Alle Orte im Hinterland der Oder wurden systematisch von Deutschen „gereinigt“, ethnisch gesäubert, um ein politisches Argument zu haben: „Es sind keine Deut-schen mehr im Land“. In großer Hektik schleppte man Ukrainer und Polen aus anderen Gegenden herbei, um schnell vollendete Tatsachen zu schaffen.
Es wurde ausgetrieben und geplündert, gleich ob die Miliz dabei war oder nicht, die schaute einfach weg. An den Straßenrändern von Finkenwalde und Podejuch standen die kriminellen Gestalten und schauten nach Beute unter den Vertriebenen aus. Ein Sprung und sie verschwanden mit einer Tasche, einem Köfferchen.
Erst Anfang August, das Getreide war reif, änderte sich das Bild auf den Straßen, jetzt brauchte man Arbeitskräfte. Vor der Oder wurde nun sortiert, die Arbeitsfähigen kamen am nächsten Tag zurück. Um die Familie nicht vollends zu zerreißen, blieb für viele nur die Möglichkeit einer gemeinsamen Rückkehr in das nun für die Deutschen zum Gefängnis gewordene Pommernland.
Es war der Höhepunkt eines menschenver-achtenden Handels, drei Monate nach Ende des Kriegs – und die Welt schaute weg. Trotzdem blieb das Getreide zum größten Teil auf dem Halm stehen und verfaulte – während zur gleichen Zeit auf der anderen Seite der Oder der Hunger und der Typhus in den Notaufnahmelagern seinen Einzug hielt.
Ende August war der Auftrag des russischen Kommandos erfüllt. Die Zementfabrik war abgebaut. Die Einheit sollte aufgelöst wer-den. Um uns Zivilarbeiter nicht nochmals in die Hände der Polen fallen zu lassen, wurden wir über die Oder gefahren und hinter Stettin abgesetzt. Endstation war das Flüchtlings-lager Ückermünde. Neben einer Wassersuppe gab es pro Tag 200g nasses, klebriges Brot – Infektionskrankheiten breiteten sich aus.
Unser Pommernland war in fremder Hand. Wer denkt heute schon daran, daß die Ver-treibung der ostdeutschen Bevölkerung schon 1848 auf dem Panslawistischen Kongreß in Prag für die nächsten 100 Jahre als Zielvor-stellung propagiert wurde?
Pommern war „befreit“ – von den Deutschen – oder das „Wiedergewonnene Westgebiet“, wie die Polen behaupten. Diese Propagandalügen wurden nicht nur von den Kommunisten, Nationalisten, sondern gerade auch von der katholischen Staatskirche Polens verbreitet.
So wird der untaugliche Versuch unternom-men, das Jahrhundertverbrechen der Ver-treibung – ein Nachkriegsverbrechen – und den größten Landraub unserer Geschichte zu bemänteln, ja zu rechtfertigen.
Den vertriebenen Pommern blieb nur die Erinnerung und die Sehnsucht nach der alten Heimat – und ein harter Existenzkampf in den ersten Nachkriegsjahrzehnten in einem de-montierten, geteilten, besetzten und zerbro-chenen Deutschland.
Dieser Beitrag wurde geschrieben, um den leider üblichen Verfälschungen und Verharm-losungen des Vertreibungsgeschehens als „Wanderung“, „Bevölkerungstausch“, „Bevöl-kerungstransfer“ oder „Umsiedlung“ die erlebte Wirklichkeit entgegenzustellen. Gleichzeitig soll die junge Generation damit an den Leidensweg ihrer pommerschen, sowie ihrer ost- und sudetendeutschen Vorfahren erinnert werden.
http://www.christinenberg.de/nach_christinenberg.htm
Weiter wird der Panslawismus von 1855 beschrieben: in dem Buch von Prof. Konrad Löw „Das Rotbuch der kommunistischen Ideologie – Marx u. Engels, die Väter des Terrors“ das Zitat Engels 17. April 1855 über den Panslawismus (Deutschland und der Panslawismus):
„Die slawische Race, lang geteilt durch innere Zwiste, nach dem Osten zurück-getrieben durch die Deutschen, unter-jocht, zum Teil von Deutschen, Türken und Ungarn, still ihre Zweige wieder-vereinend, nach 1815, durch das allmäh-liche Wachstum des Panslawismus, sie versichert nun zum erstenmal ihre Ein-heit und erklärt damit Krieg auf den Tod den römisch-keltischen und deutschen Racen, die bisher in Europa geherrscht haben.
Panslawismus ist eine Bewegung nicht nur für nationale Unabhängigkeit; er ist eine Bewegung, die ungeschehen zu machen strebt, was eine Geschichte von tausend Jahren geschaffen hat, die sich nicht verwirklichen kann, ohne die Tür-kei, Ungarn und eine Hälfte Deutschlands von der Karte von Europa wegzufegen, die, sollte sie dies Resultat erreichen, seine Dauer nicht sichern kann außer durch die Unterjo-chung Europas.
Panslawismus hat sich jetzt umgewandelt aus einem Glaubensbekenntnis in ein po-litisches Programm, mit 800.000 Bajo-netten zu seiner Verfügung. Er läßt Europa nur eine Alternative: Unterjo-chung durch die Slawen oder Zerstörung für immer des Zentrums ihrer Offensiv-kraft – Rußlands …
http://www.mlwerke.de/me/me11/me11.193.htm
… Also, diese politischen Bewegungen waren da um 1850, schwieriger ist dann herauszu-finden, von wem sie geschürt wurden und wer sich die Lage zu Nutze machte, wie es etwa Marx/Engels vorhatten?
Hier noch ein Ausschnitt aus einem Artikel von Webster Tarpley zu den Aufständen im Nahen Osten 2011:
Wendepunkt Juni/Juli, wie im Jahr 1848
Die Welle von britisch-amerikanischen Put-schen von 2011 erinnert an ein historisches Modell: die Aufstände von 1848 in Europa. Sie begannen mit einer Revolte in Sizilien (nicht weit von Tunesien), sie führten zum Sturz des französischen Königs Louis Philippe im Februar und des mächtigen österreichi-schen Kanzlers Prinz Metternich im März.
In diesen Aufständen entluden sich die Spannungen, die sich unter dem System der Heiligen Allianz von 1815 über Jahrzehnte hinweg aufgebaut hatten. Ausgelöst wurden sie jedoch von den Netzwerken des italie-nischen ultra-nationalistischen Aufwieglers Giuseppe Mazzini, einem Agenten der briti-schen Admiralität. Die Unruhen erfaßten ganz Zentraleuropa.
Der Wendepunkt lag im Juni/Juli 1848, es begann mit einem Aufstand tschechischer Nationalisten in Prag, der nach dem 12. Juni von der österreichischen Armee unter General Windischgrätz blutig niedergeschlagen wurde.
Ein Putschversuch radikaler Arbeiter und Einwohner von Paris, die in Louis Blancs Nationalwerkstätten organisiert waren, wurde in den sogenannten Junitagen, der Zeit vom 24. bis 26 Juni 1848, von dem reaktionären General Cavaignac erstickt.
In Norditalien wurde die Armee des italienischen Königreichs Sardinien – das Wien den Krieg (2) erklärt hatte, um eine Rebellion in Mailand zu unterstützen, und darauf hoffte, diesen Aufstand dazu nutzen zu können, die Österreicher aus Italien zu vertreiben und einen geeinten Staat zu errichten – am 25. Juli bei Custozza von Marshall Radetzky geschlagen.
Im September und Oktober begannen unga-rische Nationalisten unter dem Mazzini-Schüler Kossuth einen Bürgerkrieg gegen die Kroaten, was soziales Chaos und (wie R. R. Palmer sagt) »den Krieg jeder gegen jeden« zur Folge hatte.
Etwas später wurden russische Truppen aufgerufen, den Aufstand in Ungarn nieder-zuschlagen. Die Unruhen flammten im Früh-jahr 1849 erneut auf, insbesondere mit der Schaffung von Mazzinis Römischer Republik, bevor die Aufstände am Ende des Sommers 1849 abflauten und eine Phase von Unterdrückung, Zynismus und Reaktion begann.
Es könnte nützlich sein, bei der Einschätzung der heutigen Ereignisse diesen Zeitrahmen als groben Anhalt im Hinterkopf zu behalten, auch wenn man sich natürlich darüber im Klaren sein muß, daß es keine mechanische oder zyklische Wiederholung geben wird.
kopp-verlag.de http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/webster-g-tarpley/aus-dem-manipulierten-arabischen-fruehling-der-cia-wird-ein-langer-heisser-kriegssommer-das-obam.html
Daß die Dinge heute anders laufen, das wissen wir zumindest nach dem Lesen dieser Darstellung. Für damals ist heute nicht bei allen Vorgängen klar, wer die Antreiber im Hintergrund waren.
Und: Waren die Ursachen der brutalen Vorgänge wirklich “nur” ein aufgestauter Haß, wie es heute dargestellt wird?
Auf heute bezogen:
Was sind die Motive für die Messerstecher – besser gesagt – , das wahllose Abschlachten von völlig Unschuldigen? Wer bringt diese Mörder dazu, so zu morden?
Was die weitgehend unbekannten Hintergrund-Antreiber von damals und heute angeht, es wäre zumindest für heute eine Großtat, wenn die für das derzeitige Staatswesen Verantwortlichen diese unsichtbaren Schreibtischtäter aus dem Verkehr ziehen würden.
Allerdings:
Dazu gehört eine ethische Einstellung. Und eine im GG geforderte Verantwortung für das Volk. Könnte es sein, daß die von uns Gewählten selbst ein Teil der Getriebenen sind von den Unbekannten im Hintergrund?
Hier noch ein paar Aussagen und Berichte, daß die “Verschiebung” der Grenzen schon weitaus früher bekannt und ziemlich genau benannt wurden:
* In einer Denkschrift „Ziele der polnischen Außenpolitik“ wurde schon
1931 als zu erstrebende Westgrenze die Oder-Neiße-Linie bezeichnet. (Graebe, polnischer Sejm) (vgl. Walendy, „Wahrheit“, a.a.O., S. 146)
* Der polnische Westmarkenverband schrieb 1926:
„Die natürliche Grenze Polens ist im Westen die Oder, im Osten die mittlere und untere Düna …“ (vgl. Splittgerber, H., a.a.O., S. 6)
* C.J. Burckhardt, Völkerbund-Kommissar für Danzig, stellte „gewisse Anzeichen von polnischem Imperialismus fest …“ (vgl. Walendy, „Wahrheit“, a.a.O., S. 190)
* Der italienische Außenminister Graf Sforza sagte, daß nach der Polen „ewigen Ansprüchen und uferlos wachsenden Forderungen halb Europa ehemals polnisch gewesen wäre und wieder polnisch werden müsse“ (Linie bis Berlin) (vgl. Grimm, F., „Frankreich und der Korridor“, Hamburg, 1939, S. 279).
* „Die Polen haben das letzte Gefühl für Maß und Größe verloren. Jeder Ausländer, der in Polen die neuen Landkarten betrachtet, worauf ein großer Teil Deutschlands bis in die Nähe von Berlin, weiter Böhmen, Mähren, Slowakei und ein riesiger Teil Rußlands in der überaus reichen Phantasie der Polen bereits annektiert sind, muß denken, daß Polen eine riesige Irrenanstalt geworden ist.“ (vgl. Ward Hermans, flämischer Schriftsteller, 3.8.39, bei Lenz, F., „Nie wieder München“, Heidelberg 1965, Bd. I, S. 207)
* „Wir sind bereit zu jedem Kriege, sogar mit dem stärksten Gegner …“ (vgl. Polska Zbrojna, 25. März 1939, zit. bei Walendy, „Historische Tatsachen“, a.a.O., Heft 39, S. 16)
* „Polen will den Krieg mit Deutschland, und Deutschland wird ihn nicht vermeiden können, selbst wenn es das wollte.“ (Rydz-Smigly, Generalinspekteur der polnischen Armee in einem öffentlichen Vortrag vor polnischen Offizieren, Sommer 1939) (vgl. Splittgerber, „Unkenntnis …“, a.a.O. S. 7)
* „Es wird die polnische Armee sein, die in Deutschland am ersten Tage des Krieges einfallen wird“ (Erklärung des polnischen Botschafters in Paris am 15.8.1939) (vgl. Freund, M. „Weltgeschichte, a.a.O. Bd. III, S. 90)