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Im Rückblick auf die Geschichte spielen in den Jahrhunderten der ideologischen „Rechtgläubigkeit“ wie auch besonders der heutigen Nach-Hitler-Zeit die Blickrichtungen eine große Rolle, aus denen heraus berichtet und geurteilt wird.

Wer z.B. die Zeit des „Dritten Reiches“ nicht selbst als Erwachsener miterlebt hat, aber – auch von Hi-storikern – viel Verdammung neben viel Verherr-lichung hört und liest, kann sich vielleicht mit den Augen von Zeitzeugen ein gültiges Bild – wenigstens über Teile der damaligen Ereignisse – machen.

Der türkischstämmige Publizist

Ĭsmail Habib Sevük.

Ĭsmail Habib Sevük (1892-1954) Bild: islam-ansiklopedisi

führt den Reigen an in dem youtube-Film

„1936 Berlin während der Olympischen Spiele“

Dabei geben die Bilder zum Text des türkischen Publizisten einen Blick frei auf das damalige Berlin:

Im Sommer 1933 unternahm Sevük eine ausgedehnte Europareise mit Stationen in Bukarest, Belgrad, Mohac, Budapest, Wien, Berlin, Paris, Neapel und Athen.

Er berichtet über den technischen Geist, die Tierliebe der Deutschen und den Unterschied ihrer Frauen zu den Französinnen.

Aus der Donau-Metropole Wien per Eisen-bahn über Dresden kommend, trifft Sevük in Berlin ein.

Zur Schilderung des Gefühls einer gewissen Verlorenheit, das den Besucher angesichts der in rasantem Wachstum begriffenen deut-schen Hauptstadt überkommt, bedient er sich in seinem ersten Berlin-Kapitel der Perspek-tive eines Sperlings, wie er ihn in einer mun-teren Schar in einem Berliner Sommergarten-lokal beobachtet:

„Obwohl wir Berlin seit Tagen mit Hilfe aller Geschwindigkeiten der Elektrizität und des Benzins besichtigt haben, ist es uns nicht gelungen, das eine Ende mit dem anderen zu verbinden.

Steig in die zweistöckigen Autobusse, die ob der ebenen Beschaffenheit der Stadt sicher dahinrasen,  und fahre stunden-lang umher, spring in die elektrische Stadtbahn, die mit 80 Stundenkilometern fährt, und spazier damit einher, als flö-gest du über die Stadt, auf Brücken, die mal aus dem Bauch der Erde, mal aus dem Spalt ihrer Flanke aufragen, oft Viadukte sind, umsonst: Ist das Rad auch flink, die Stadt bleibt endlos. Berlin endet einfach nicht!“

Immer wieder fallen dem Reisenden der reiche Baumbestand und die Sauberkeit der Stadt auf:

„Berlin ist voller Bäume. Nicht nur die Bäume, die Haine sind zahlreich. An jeder Ecke ein Garten, an jeder Seite ein Park, in jeder Umgebung ein Wald …“

Für die geradezu beängstigende Entwick-lung der Stadt in Ausdehnung und Technik verweist der Autor auf Siemensstadt. War hier noch vor

„Jahren eine Fabrik zur Herstellung elek-trischer Materialien“

im Bau, wuchs sich die Fabrik

„zu einem riesigen Dorf, das Dorf zu einer prächtigen Kleinstadt, die Klein-stadt unmittelbar zu einer Stadt von 70.000“

Einwohnern aus. … War Berlin im letzten Jahrhundert noch ein kleineres Städtchen, sei es nun eine Fünf-Millionen-Metropole. Die rasche Entwicklung schreibt der Beobachter Ehrgeiz und technischem Geist der Deutschen zu.

Hatte der Besucher nach dem Blick auf die Landkarte Berlin als eine im Binnenland lie-gende Stadt identifiziert, findet er nun überall Ufer, Strände, und gar welchen Ausmaßes:

„Hier der Wannseestrand, auf einen Schlag können da 65.000 Leute baden.“

Es mutet ihn nicht wie „der Strand einer Stadt“ an, sondern wie „eine Stadt am Strand“.

Zur Anschauung der „deutschen Technik“ läßt Sevük sich von einem Zug nach Niederfinow bringen, einem feinen, kleinen Dorf, in dem er feststellt, daß

„ein deutsches Dorf die Komprimierung einer bequemen Stadt“

sei. Grund seines Besuches ist das hoch-moderne Schiffshebewerk in der Nähe. Aus-maße und kompakte Architektur des Stahl-kolosses beeindrucken ihn tief:

„Am Boden des Stahlberges ein Bassin. Darin 4000 bis 5.000 Tonnen Wasser. Auf einmal hob sich die Verschlußkappe gegenüber und vier, fünf Schuten fuhren in das Bassin … Ein Pfiff, das bronzene Rad dreht sich und, ah, plötzlich sahen wir, daß diese 5.000 Tonnen Wasser, mit dem Bassin noch schwerer und den Schiffen darin, in nur ein, zwei Minuten 40 Meter in die Höhe stiegen! …“

In Berlin, „groß aber jung“, findet der Rei-sende alles „riesig und aufgebläht“: so etwa Unter den Linden,

„80 Meter breit, ständig den Namen wechselnd, sich stundenlang wie ein Rückgrat durch die Stadt ziehend.

Für Busse und Stadtbahnen werden täg-lich eine Million Fahrscheine gelöst“,

was wohl dem Jahresaufkommen der Istanbu-ler Straßenbahn entspreche. Verständlich werde dieser Mangel jedoch an der dezentra-listischen Struktur Deutschlands:

„Verfügt jedes Zentrum eines Landes über ein Herz, so hat Deutschland meh-rere Herzen. …“

Die Schilderung der Zugreise von Berlin nach Paris nutzt Sevük, um allgemeine Betrach- tungen und Vergleiche zwischen den beiden europäischen Großstädten anzustellen.

Im Vergleich der beiden Metropolen findet er Berlin flacher, aber grüner, Hotels und Re-staurants seien in Berlin komfortabler. Berlin möge über „mehr Volt“, mehr technischen Fortschritt verfügen, doch die Pariser Nacht sei glanzvoller. In puncto Sauberkeit liege Berlin ebenfalls vorn:

„Paris ist wärmer als Berlin, doch Berlin muß wohl sauberer sein, schließlich gibt es dort Leute, die weiße Hosen tragen, hier in Paris jedoch kaum.

Der Schaffner der Berliner Straßenbahn: Im Gurt einer Umhängetasche befindet sich ein Kästchen mit einem Schwamm, darüber führt er seinen Finger, und dann erst reißt er die Fahrkarte ab. Der Pariser Schaffner hingegen befeuchtet seinen Finger mit den Lippen.“

 

Das Olympia-Stadion in Berlin 1936 (Bild: Wikipedia)

Über die Olympischen Spiele selbst erfahren wir von dem Berliner Dietrich Bronder:

Daß die Welt dabei deutsche Organisations-kunst erwartete und diese auch erbracht wurde, können nur Narren heute bekritteln.

So gut organisiert, so einfallsreich, so künstlerisch war noch kein olympischer Wettstreit gewesen, als Richard Straußens Olympia-Hymne die Spiele einleitete.

Avery Brundage urteilte als Chef der USA-Mannschaft:

„Haben Sie jemals solch wundervolle Spiele, solche vollkommene Organisation gesehen?“

Die Straßen waren mit Girlanden, Fahnen-masten, Lichtmasten und olympischen Sym-bolen reich geschmückt und führten hinaus über eine „Via triumphalis“ zum Reichssport-feld.

Dort das Stadion der 100.000 von Professor March, die Dietrich-Eckhardt-Freilichtbühne, Marathontor und Glockenturm, das neue Schwimmstadion und andere Kampfstätten, sowie nicht zu vergessen, das vorbildliche und geschmackvolle Olympische Dorf in Döberitz,

 

Olympisches Dorf in Döberitz, “Haus der Nationen” (Bild: Wikipedia)

dessen Chef der Oberstleutnant Werner-Albrecht Freiherr von und zu Gilsa (1889-1945) war, ein späterer General der Infanterie und Eichenlaubträger zum Ritter-kreuz, der durch Freitod der Gefangenennah-me entging.

Alles war getan, damit die Gäste sich so wohlfühlten, wie sie es taten. Der damalige Architekt Prof. Dr.-Ing. Albert Speer ge-staltete Berlin bei allen Festen immer wieder in großartiger und vornehmer Weise als Bühne des Reiches aus.

Ich selber hatte bei den Olympischen Spielen einen Extraauftrag, ich war eine Art Ordner. Mit vielen hundert HK-Führern wurden wir zu unserer großen Freude dazu eingesetzt und ganz in weiß gekleidet, dazu ein „Schiffchen“ auf dem Kopfe mit einem Dienstabzeichen von damals, das Brandenburger Tor mit den fünf olympischen Ringen.

Nach einem strengen Organisationsplan wurden wir dazu kommandiert, den über 150.000 Gästen aus aller Welt behilflich zu sein, vor allem aber den Gästen von Rang und Namen Dienste zu leisten. …

Mit dem Königspaar aus Bulgarien, manchmal auch mit meinen Eltern, nahm ich an allen Großveranstaltungen der Spiele im Berliner Olympia-Stadion teil. Wir alle freuten uns an den deutschen Siegen.

Das neue Reich präsentierte sich, unter den aufmunternden Augen, Zurufen und Beifall seines Führers, als die beste Sportnation der Welt.

… Mit den Brüdern der Ostmark errangen wir 93 Medaillen, davon 24 durch die Wehrmacht, das war einmalig und ist nicht zuletzt auch der geistigen Haltung unserer Wettkämpfer zu verdanken, die ihnen der neue Staat gab, die neue Volksgemeinschaft, die Gemeinnutz vor Eigennutz stellte.

Heute steht jeder Sportler für sich alleine und wird als BRD-Bürger noch beschimpft, wenn er stolz auf seinen Sieg als Deutscher ist und die Nationalhymne singt, wie Franz Becken-bauer bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1986. Welch ein Unterschied!

Wir Jugendlichen kannten damals die Namen unserer großen Athleten und sammelten ihre Autogramme, die mir leider im Bombenkrieg verloren gingen. Waren sie doch unsere Ka-meraden in den NS-Organisationen oder der Wehrmacht:

 

Frauenstaffel Olympische Spiele Berlin 1936

Kugelstoßer Woellke, Hammerwerfer Hein, die Frauenstaffel, Diskuswerferin Mauermeyer, Speerwerferin Fleischer, Gewichtheber Man-ger, Speerwerfer Stöck, Zwölfkämpfer Schwarzmann, Turner, Radfahrer, Ruderer, Segler, Boxer und an der Spitze: Fünfkämpfer Handrick, der aus dem Einsatz bei der Legion Condor in Spanien extra angereist kam.

 

Turner Konrad Frey

Der erfolgreichste Sportler der Olympiade 1936 war aber der deutsche Turner Konrad Frey aus Bad Kreuznach, der sechs Medaillen, darunter drei Goldene, gewann.

Natürlich hat auch ein Neger* gewonnen: die vier Goldmedaillen des Jesse Owens aus den USA. Owens hat übrigens über die Lügen der US-Reporter geschimpft und klargestellt, daß er als Farbiger nicht die geringste Diskrimi-nierung in Deutschland zu erleiden hatte.

 

Jesse Owens 1936 (Bild: Wikipedia)

Aber mein Herz und meine Sympathie gehörte den deutschen Kameraden, auch in künstlerischen Disziplinen, wie der Architekt Professor Werner March als Stadionbauer, der Plastiker Professor Arno Breker (Silber) als einer der bedeutendsten Künstler unserer Zeit, der Lyriker Felix Dhünen und der Komponist Werner Egk, der zusammen mit Carl Orff die Musik zum Festspiel der olympischen Jugend komponiert hatte.

Hans Frank schrieb kurz vor seiner Hin-richtung im Jahr 1945 durch den Feind:

„Im Sommer 1936 fand in Berlin die große Olympiade statt, die zu einem einzigartigen Weltfest aller Nationen wurde.

Sie rollte wie ein großartiges Märchenspiel ab, durchhaucht von einer allgemein menschlichen Sympathie, von einer friedenssehnsüchtigen Völkerkameradschaft durchwärmt und wie ein herrliches Symbol, daß die Nationen, unter großen Idealen vereint, sich immer verstehen könnten.

Ich glaube, daß alle die vielen Zehn-tausenden Männer und Frauen, die aus der ganzen Welt in Berlin wochenlang als Gäste anwesend waren, sich von der Charakterhaltung unseres Volkes über-zeugen konnten und dies größtenteils auch taten.

Der Ausklang der Olympiade war ein Lichtgebet, war ein Weiheakt so un-geheuer eindrucksvoller Hochstimmung, daß ich glaube, ihn wie einen schluß-apotheotischen Vorgang des Glücks, eines ganzen großen Weltzeitalters be-trachten zu können, denn schon drei Jahre später sank alles Glück in Trümmer dahin.

Wann wird es wiederkehren? Bald nach der Olympiade hielt ich den großen Juristentag 1936 in Leipzig. Das Ausland nahm auch daran regen Anteil und hatte vielfach Vertreter, fast aus allen Ländern geschickt.“

Die Lügenhetze seitens der Völkerfeinde gegen Deutschland, das die Völker in beglückender Weise zu einem großen Fest der Nationen eingeladen hatte, zu einem tiefen Erleben der Völkerfreundschaft, ließ allen guten Willen zum Frieden zertrümmern. Das heutige Regime setzt die Zerstörung Deutschlands fort.

___________________

Anmerkung

*) Diese Bezeichnung wird heute als herabsetzend angesehen. Heute sagen wir – was zwar dasselbe bedeutet – Schwarzer oder – unklar – Farbiger.

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KWHugo
KWHugo
1 Jahr zuvor

Ich habe alte Familienfotos von Familienfesten 1939-42. Alle hatten entspannte und fröhliche Gesichter. Man vergleiche das mal mit heute. Wer ist noch zufrieden?

Das größenwahnsinnige Berlin vom Adolf hätte mir aber auch nicht gefallen. Der war wie alle Sozialisten auf dem Plan “schneller, größer, weiter”.

Ich bevorzuge ein Leben in kleinen Einheiten, wohlorganisiert, wohlkontrolliert. Heute herrscht nur noch Chaos.

HeinrichS.
HeinrichS.
1 Jahr zuvor

Befragt nach der schönsten Zeit in ihrem Leben, haben mir nicht wenige “Zeitzeugen” der älteren Generation, die Zeit von 1933 bis 1939 genannt. Aufbruch, Hoffnung, Gemeinschaftssinn waren die Antriebe, aus einer tiefen demütigenden Depression kommend, der Zukunft.

Ergänzend zum Thema, hier nur einige Zitate aus dieser Zeit:

Viscount Rothermere, einer der mächtigsten Zeitungsmänner der Welt:

“Es ist nicht das Deutschland des ersten Jahrzehnts nach dem Krieg, gebrochen, mutlos und niedergebeugt in Sorge und Ohnmacht. Es ist jetzt voller Hoffnung und Vertrauen, voll eines neuen Gefühls der Entschlossenheit, sein eigenes Leben ohne jede Einmischung fremder Einflüsse zu führen. Zum ersten Mal nach dem Krieg herrscht ein allgemeines Gefühl der Sicherheit. Die Menschen sind fröhlicher. Über das ganze Land verbreitet sich die Stimmung allgemeiner Freude. Es ist ein glückliches Deutschland. Überall habe ich das gesehen, und Engländer, die ich während meiner Reise traf und die Deutschland gut kannten, waren von dem Wandel sehr beeindruckt.”

Und weiter sagt er:

“Katholiken und Protestanten, Preußen und Bayern, Unternehmer und Arbeiter, Reich und Arm wurden zu einem Volk zusammengeschlossen. Konfessions-, Stammes- oder Klassenherkunft spalten das Volk nicht mehr. Es herrscht ein leidenschaftliches Streben nach Einigkeit, geboren aus der harten Notwendigkeit.“

„Warum – Woher – aber Wohin?“ 1954, S. 147/48:

“Ich weise meine Landsleute darauf hin, daß Deutschland eine neue Gangart menschlichen Bestrebens eingeschlagen hat. Es hat eine beispiellose nationale Triebkraft voll höchster politischer Dynamik erreicht. Deutschland ist das neue Sparta.

Der gleiche Geist nationaler Zucht und Selbstaufopferung, der den wenigen tausend Einwohnern eines kleinen griechischen Stadtstaates einen dauernden Platz in der Geschichte eintrug, wird jetzt wieder von 67.000.000 bewiesen, die in mancher Beziehung die klügsten, fleißigsten, kühnsten und tüchtigsten Menschen der Welt sind.”
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„Es war so ungewöhnlich, jemand, der aus Deutschland zurückkam, anzutreffen, der nicht sagte, daß alles wundervoll war.“ (Englischer Journalist im Jahre 1937)

(vgl. Aigner, Dietrich, „Der Kampf um England“, München 1969, S. 81)

Tja, was wäre wenn???

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