Als 17-Jähriger nach Sibirien verschleppt, Heimkehr mit 20 – 3. Teil
Samstag, 22. März 2025 von Adelinde
Wolfgang Lehmann
setzt die Schilderung seiner sowjetischen Gefangen-schaft fort. Er ist inzwischen 17 Jahre alt:
Auf dem „Pelzmützentransport“ zur Zwangsarbeit nach Sibirien
Mit unbekanntem Ziel in Richtung Osten
Am 31. Januar 1947 verließen wir in verschlossenen Vieh-waggons Frankfurt/O mit unbe-kanntem Ziel. Daß wir nach Sibirien verschleppt werden würden, wußten wir nicht.
Wir, das waren zunächst 315 gesundheitlich ausgesuchte junge Männer, fuhren einem uns unbekannten Ziel entgegen.
Bei einem Zwischenaufenthalt in Brest-Litowsk, an der polnisch-russischen Grenze, wurden von uns 315 Verschleppten nach einer medizinischen Nachuntersuchung 92 nach Deutschland zurückgeschickt, jedoch nicht entlassen, sondern in andere Sowjet-KZs, z. B. Buchenwald, eingeliefert.
In „meinem“ Viehwaggon gab es an den Stirnseiten in etwa 50 cm Höhe jeweils eine Bretterlage, auf denen Männer lagen. Da wir etwa 40 Personen im Waggon waren, hatten nicht alle Platz darauf. So saß ich auf dem Waggonboden an der Längswand, immer mit angezogenen Beinen. Wegen der Enge konnte ich die nicht ausstrecken.
In Ketschendorf hatten wir nach der Abson-derung von den anderen Gefangenen Win-terbekleidung erhalten, darunter eine Pelz-mütze, wovon später der Name Pelzmüt-zentransport abgeleitet wurde, und einen Luftwaffenmantel, der mir bei meiner Größe von 1,62 m viel zu lang, aber jetzt sehr vorteilhaft war; denn in ihn wickelte ich mich ein wie in ein Schneckenhaus.
Ich hatte dafür meinen dicken Stoffmantel hergeben müssen, den ich, zu meinem Glück, bei meiner Verhaftung am 24. Oktober 1945 in meinem Heimatort Großräschen mitge-nommen hatte.
Bald nach unserer Abfahrt fingen wir an nachzudenken, wo die Fahrt wohl enden könnte, denn gesagt wurde uns das nicht. Schon im Lager gab es immer wieder Gerüch-te, die „Parolen“ genannt wurden. Jetzt wurde gemunkelt, wir würden zur Oderregulierung gebracht werden, worunter ich mir nichts vorstellen konnte.
Als die Fahrt immer weiterging, hieß es, wir kämen nach Ostpreußen, um dort im Frühjahr die Felder zu bestellen (nach deutscher Gründlichkeit muß doch Ordnung sein), denn wir wußten ja alle um die Vertreibung der dortigen Menschen durch die Sowjets und Polen.
An den Zwischenaufenthalt in Brest-Litowsk habe ich keinerlei Erinnerungen. Auf der Weiterfahrt durch die Sowjetunion gab es nur einen längeren Halt in Moskau, wo wir uns in einem Bad waschen konnten.
Während der Zeit wurde unsere Kleidung entlaust, d. h. einer Heißluftbehandlung ausgesetzt, wodurch Ungeziefer abgetötet werden sollte.
Bis zu unserer Ankunft in Sibirien am 7. März 1947 habe ich den Waggon nicht mehr ver-lassen dürfen.
Außer den schon beschriebenen Bretterlagen gab es noch einen gußeisernen Ofen mit senkrechtem Rohr durch das Waggondach und einen offenen Blechbottich für die Not-durft, beide in der Waggonmitte. Außerdem steckte in einer Außenwand eine hölzerne Rinne zum Pinkeln. Fenster gab es keine, aber durch das Loch der Pinkelrinne, und durch Ritzen in den Wänden konnten wir Tag und Nacht erkennen.
In unregelmäßigen Abständen hielt der Zug und wir bekamen dann zu essen und zu trinken. Ob es Suppe gab, weiß ich nicht mehr, denn wir hatten ja keine Geschirre dafür, aber an Trockenbrot kann ich mich genau erinnern. Das waren ganz harte Brocken, die man nicht zerbeißen konnte, sondern im Mund aufweichen mußte. Da hatte man lange etwas im Mund.
Zum Trinken gab es Tee, aber nur ganz selten, wodurch der Durst immer schlimmer wurde. Wenn ich heute lese, man solle am Tag wenigstens zwei Liter Flüssigkeit trinken, dann ist es verwunderlich, daß wir die 35 Tage Fahrt überlebt haben, denn in dieser Zeit habe ich wohl keine 10 Liter trinken können.
Einige fingen an, ihren Urin zu trinken. Schließlich leckten wir den Reif an den Wänden ab. Dafür wurde jedem vom Waggonältesten eine bestimmte Fläche zugeteilt. Schließlich bekamen wir sogar Salzheringe, die wir gierig verschlangen, die aber den Durst noch verschlimmerten.
Unser Waggonältester hieß Peter Menzer, ein Mensch von adliger Haltung. Er war wohl Offizier in der Wehrmacht gewesen und sprach fließend Russisch. Wer Russisch sprach, hatte immer Vorteile, denn diese Leute bekamen irgendeinen Posten zu ihrem Vorteil.
Peter war dann im Lager in Sibirien in der Buchhaltung, wie ich es nennen möchte, wo z. B. unsere Löhne bearbeitet wurden. Dann war da noch Benno Lange, wohl ebenfalls ein Wehrmachtsoffizier mit russischen Sprach-kenntnissen.
Aus unserem Ketschendorfer Jugendhaus kann ich mich nur an Adolf Lebküchler erinnern, der aus Lemberg stammte und ebenfalls fließend Russisch sprach.
Ihn habe ich nach der friedlichen Revolution 1989 auf abenteuerliche Weise in Leipzig wiedergefunden. Ebenso fand Herbert Scherner (aus dem Lager Jamlitz) 2002 zu mir, der auf der ganzen Fahrt neben mir gesessen hatte, ohne daß wir unsere Namen kannten, dann aber bis zu seinem Tode 2011 freundschaftlich verbunden waren.
Als wir in Novosibirsk auf dem Bahnhof das Tuten der Lokomotiven hörten, die wie Schiffssirenen klangen, glaubten wir, in Wladiwostock am Pazifik zu sein. Wir hatten ja keine Vorstellung von der unendlichen Weite dieses riesigen Landes.
Endlich wurden am 6. März 1947 die Türen zum Aussteigen geöffnet. Ich fiel sofort vornüber in den Schnee, weil ich wegen des dauernden Sitzens so steif war, daß ich nicht stehen konnte. Sofort schaufelte ich wie wild Schnee in meinen Mund.
Die sowjetischen Bewacher trieben uns jedoch hoch und schlugen sogar mit Gewehrkolben auf uns ein – zu unseren Gunsten; denn wir wären sonst an dem Schneewasser gestorben. Im Lager trank ich dann mehrere große Blechschüsseln mit Wasser leer.
Unser Straflager bei Prokopjewsk
Ich befand mich zu unserem Entsetzen in Sibirien. Sibirien war bisher für mich der Inbegriff des Schreckens gewesen, ein Land der Straftäter und Verbannten.
Nun war ich selbst hier. Ich fiel in eine dumpfe Verzweiflung. Würde ich jemals meine Mutter und Schwestern wiedersehen, gar meinen vermißten Vater?
Ich hoffte inständig, er würde nach Hause gekommen sein. Als wir aber im Sommer 1948 zum ersten Mal Post empfangen durf-ten, wußte ich, daß sich diese Hoffnung nicht erfüllt hatte. Er blieb für immer verschollen. Bis dahin hatte meine Mutter nicht gewußt, ob ich überhaupt noch lebe.
Unsere Unterkünfte bestanden aus in die Erde gegrabenen Holzhäusern. Nur das Dach schaute heraus. Darunter war jeweils ein gro-ßer Raum, in dem stählerne Doppelstockbet-ten standen. Hier hatte ich 1947 zum ersten Mal seit meiner Verhaftung am 24. Oktober 1945 wieder ein Bett nur für mich allein.
… meine Mutter Martha war bemüht, Aus-kunft über mein Schicksal zu bekommen. Sie hatte bei einem „Sonderbeauftragten“ ange-fragt, der wiederum einen Generalstaatsan-walt bemühte, nur um zu erfahren, daß meine Mutter zweisprachig bei einem russischen Militärstaatsanwalt Ryskow vorstellig werden mußte, der in Potsdam saß und bei aller Schikane höflich angesprochen werden mußte, ansonsten verminderte sich die Chance einer Auskunft auf Null.
1948 durfte ich zum ersten Mal auf einer Doppelkarte vom Internationalen Roten Kreuz eine Nachricht an meine Mutter schreiben, aber nicht, wo ich mich befinde. Sie wußte aber nun, daß ich lebte …
Unsere Kleidung bestand im Sommer aus leinener Unterhose, Unterhemd, Hose und Bluse, Fußlappen und Gummigaloschen. Für den Winter wurde die leinene Oberbekleidung gegen wattierte Hosen und Jacken sowie die Galoschen gegen Filzstiefel ausgetauscht.
Persönlichen Besitz durften wir nicht haben. – Hier in Sibirien wurde unsere Arbeitskraft gebraucht. Deshalb bekamen wir so viel zu essen, daß unsere Todesrate im Gegensatz zu unserem Lager in der Sowjetzone fast normal war.
Die nächstgelegene Stadt hieß Prokopjewsk und soll mehr als 100.000 Einwohner gehabt haben. Das Lager lag in einer Höhe von 1500 m. Man hatte einen weiten Ausblick über das leicht hügelige Land. Es war nicht ein Baum und kein Strauch zu sehen. In der Sowjetzeit war alles abgeholzt worden, ohne daß wieder aufgeforstet wurde.
Einige meiner Kameraden und andere Opfer
In diesem Lager arbeitete ich in einem Säge-werk. Zu dieser Arbeitsgruppe gehörten auch zwei Spremberger, Arnim Winzer, ein Junge wie ich aus Trattendorf, geboren am 2. April 1928, und Richard Simson, geboren am 20. Dezember 1926.
Beide sind auch nach Hause zurückgekom-men, aber schon vor längerer Zeit gestorben, was möglicherweise auf Folgeschäden aus der Gefangenschaft zurückzuführen war, Richard am 6. Dezember 1973, mit knapp 47 Jahren, Arnim am 21. April 1980 mit 52 Jah-ren. Außerdem war Hans Wuschech aus Spremberg, geboren am 2. August 1929, mit im Lager, der heute noch in Spremberg lebt …
Die heutzutage bekannten Opferzahlen aus den Lagern können sicherlich in etwa belegt werden. Aber die vielen Unglücklichen, die an den Spätfolgen, oft nach langem Siechtum, verstorben sind und noch sterben werden, wird man niemals ermitteln können!
Unsere Rückkehr nach Deutschland
Mehr als drei Jahre dauerte es, bis ich am 2. Mai 1950 in Gronenfelde bei Frankfurt/O wieder deutschen Boden betreten durfte. Es war für mich ein fast nicht zu beschreibendes Glücksgefühl.
Am 3. Mai wurde ich entlassen, und zwar zu meiner Überraschung als „Kriegsgefangener“, obwohl ich kein Soldat gewesen bin. Das half mir bei meinem neuen Lebensanfang in der mir noch unbekannten Deutschen Demokra-tischen Republik (DDR), denn ich war dadurch nicht als „Politischer Häftling“ gebrandmarkt.
Kameraden, die in Brest-Litowsk, an der sow-jetisch-polnische Grenze, zurückgeblieben waren, weil der Anschlußzug nicht alle faßte, worüber der Name im Alphabet entschied, durften erst 1952 nach Hause und wurden als politische Häftlinge entlassen. Sie hatten große Nachteile, z. B. durften sie in der DDR nicht studieren.
Am 2. Mai war ich angekommen. Am näch-sten Tag meldete die DDR-Presse, damit seien nun alle Kriegsgefangenen nach Hause zurückgekehrt. Nur wenige Kranke und die als Kriegsverbrecher Verurteilten seien noch in der Sowjetunion. Von unseren in Brest-Litowsk zurückgeblieben Kameraden war selbstverständlich nicht die Rede.
Von Frankfurt/Oder aus fuhr ich im Sonder-zug mit, der in die französische Zone fuhr. In Cottbus mußte ich aussteigen, um zu meinen Heimatort Großräschen zu gelangen.
Auf dem Bahnhofsvorplatz waren etwa 100 Menschen versammelt, da sich die Ankunft eines solchen Zuges in Windeseile herumge-sprochen hatte. Ich bekam immer wieder die Frage gestellt: „Sind noch welche zurückge-blieben?“
Etliche Leute hielten mir Fotos entgegen. Da ich in Frankfurt/Oder eine Schweigeerklärung hatte unterschreiben müssen, habe ich nicht geantwortet, sondern mich mit Tränen in den Augen wortlos traurig abgewandt.
Am Bahnhof in Großräschen erwarteten mich meine Mutter Martha und meine beiden Schwestern, Ilse (13) und Margarete (8) Jahre alt. Mein Vater war schon seit Februar 1945 als Soldat vermißt gemeldet gewesen und blieb es, wie schon angemerkt, bis heute.
Kurzes Fußfassen in der DDR
Als ich verhaftet wurde, war ich 16 Jahre, nun 21. Ohne Schulabschluß und ohne Berufsaus-bildung mußte ich ein neues Leben beginnen.
Das ist mein Entlassungsschein auf Deutsch und Russisch, den ich im Mai 1950 tatsäch-lich in den Händen hielt. Nicht nur in den dunkelsten Stunden schon im KZ Ketschen-dorf, als viele Kameraden an meiner Seite dahinstarben, auch später in Sibirien hatte ich oft nicht geglaubt, einmal eine solche Bescheinigung in den Händen halten zu dürfen.
Und dennoch stellte er für uns junge Männer eine stillschweigende Verurteilung dar. Da steht nämlich schwarz auf weiß, daß ich als Kriegsgefangener entlassen wurde. Dabei war doch keiner von uns Jugendlichen in irgend-einem Krieg gefangen worden. Wir waren als Schüler nur inhaftiert und endlos gequält worden, offenbar zum Ergötzen einiger Sow-jetoffiziere.
Wie ich erst später erkannte, hatte ich aus Sibirien einen unbändigen Willen mit nach Hause gebracht, die verlorene Zeit aufzu-holen. Mit dieser Einstellung habe ich privat und beruflich viel erreicht.
Inzwischen habe ich längst erkannt, es gibt keine verlorenen Jahre! Jede Zeit – und sei sie noch so schwer zu ertragen, gibt einem etwas! Man muß es nur zu nutzen wissen!
Ich habe in Großräschen in 4 Monaten(!) Zimmermann gelernt, dann in Cottbus die Fachschule für Bauwesen besucht und bin Bauingenieur geworden, gleich anschließend die damals neu gegründete Hochschule für Bauwesen, die ich 1959 als Diplomingenieur verlassen habe.
In Großräschen fand ich im Projektierungs- und Konstruktionsbüro (PKB) Kohle meine Traumstelle als Statiker, die ich bequem mit dem Fahrrad erreichen konnte.
1952 hatte ich Ursula geheiratet, und unsere 3 Kinder Ulrich, Eckhard und Ingeborg ge-hörten inzwischen zur Familie. Wir bewohn-ten eine 3-Zimmer-Wohnung mit zugehö-rigem großen Garten.
Vielen Dank für diese Schilderung eines in die Gefangenschaft verschleppten jungen Mannes. Es ist wirklich egal, wieviel von solchen Schicksalen man liest oder hört, es ist einfach grausam und entsetzlich. Um so mehr freut es mich, daß Herr Lehmann nach Hause finden und sein Leben so erfolgreich meistern konnte. Millionen anderer Verschleppte hatten nicht dieses Glück.
@Millionen anderer Verschleppter hatten nicht dieses Glück.
Nein das hatten sie nicht, liebe Frau Mahlberg.
Mein Vater kam als 17 jähriger 1946 ins KZ Sachsenhausen, hier war auch der bekannte Schauspieler Heinrich George, der Vater von Götz George, inhaftiert. Von ihm stammt dieses Gedicht, es steht für all die, die nur den einen Wunsch hatten, wieder frei zu sein:
„Wenn ich einmal frei sein werde
frag‘ ich mich, wie wird das sein?
Ich grab tief in Deine Erde,
mein Heimatland, die Hände ein.
Ich geh einsam durch die Straßen,
ganz still als wie im Traum;
ich kann die Freiheit nicht erfassen,
mein Kopf lehnt still an einem Baum.
Und wenn mich jemand fragen sollte,
wo ich solang gewesen bin –
so werde ich verhalten sagen:
„Ich war in Gottes Mühlen drin.“
Ich sah die Müller Spuren malen
den Menschen tief in’s Angesicht
und mußte mit dem Herzblut zahlen,
wie sonst in meinem Leben nicht.
Wenn ich einmal frei sein werde,
frag ich mich, was mir noch blieb?
Dich, meine deutsche Heimaterde,
Dich habe ich von Herzen lieb! “
Heinrich George (1893- 1946)
Er und Millionen andere kamen nicht frei, verhungert, erschlagen, zu Tode gequält… (Befreiung nennt man das heute)
Es ist erschütternd und grausam, doch auch bewundernswert, was der einst junge Mann geleistet hat.
Ich kenne ähnliche Fälle. Heutzutage sitzen die Jugendlichen wegen Bagatellen bereits beim Psychiater.
Mit Grüßen, Barbara Berger
Die beiden Seiten der Kriegsbetroffenen können gleiche Geschichten erzählen. Manche meinen, daß es immer gegen die Menschen geht, egal auf welcher Seite man sucht. Damit könnte man zu denken anfangen, woher Kriege organisiert werden und egal auf welcher Seite man ist, man ist als Mensch immer der Verlierer. Wer sind denn die Gewinner könnte man im polaren System fragen. Wer veranstaltet die Kriege in denen die Menschen immer nur die Opfer stellen dürfen?
Sind es die, die die Ideen liefern, warum der jeweilige Krieg richtig ist und der auch die Begründung kostenlos liefert. Das kostet dann Menschen das Leben. Warum ist das so?
Konnte einen ehemaligen in seiner frühen Jugend mit seiner Schwester in ein sibirisches Bergwerk verschleppten Deutschen kennenlernen.
Jahrelange Arbeit in den Stollen, Aufrecht-Stehen wäre nicht möglich gewesen, jedoch wäre es dort wärmer gewesen als in den vergammelten Baracken.
Später lebend nach Deutschland zurückgekehrt, wieder erholt in Lohn und Brot gekommen, hat er eine Existenz aufgebaut und hat jahrelang Spenden nach Rußland organisiert.
Mitgefangen, unschuldig mitgehangen. So war seine Sicht.
A.S.
Mein Vater gehörte zur Kapitulationsarmee, und er hat knapp 5 Jahre in Sibirien überlebt. Die Schilderung mit den Salzheringen, die es beim Transport nach Sibirien gegeben hat, ohne daß es ausreichend zu trinken gab, kenne ich aus seiner Erzählung. Beinahe alle, die die Heringe aßen, starben auf der langen Fahrt. Das scheint eine Methode gewesen zu sein, die Menschen zu reduzieren. Wenn ich das Bild von der Batterie leichter Haubitzen ansehe, in der mein Vater war, so stehen bei beinahe allen Soldaten die Sterbedaten dahinter. Lediglich zwei haben überlebt. Trauer ist bei vielen Völkern noch immer zu verspüren. Es ist aber wichtig, die Lehren aus dem Krieg zu ziehen und nicht schon wieder sich dem fremden Willen zu unterwerfen.
Wenn man uns an die Opfer der Vergangenheit fesselt, will man die Gegenwart bestimmen und die Zukunft in einer bestimmten Form erreichen. Wer nicht begreift, daß die Opfer von gestern durch die gleichen Prozesse erzeugt wurden, wie die Prozesse die gegenwärtig ablaufen, der wird auch in Zukunft Opfer und Täter sein. Die Steuerung läuft immer im unsichtbaren Bereich und wird gespiegelt im materiellen Bereich. Die Steuernden waren früher bekannt, allerdings nicht in dem Bereich, der die herrschende Widerspiegelung der Welt akzeptiert. Das resultiert daraus, daß die herrschende Meinung immer die Meinung der Herrschenden ist.