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Der 1. Weltkrieg, der vor 100 Jahren in Szene gesetzt wurde und den Beginn grundlegender Umwälzungen in Europa und vor allem in Deutschland darstellte, hatte – wie der darauffolgende 2. Weltkrieg – viele Väter.

Einer der entscheidenden Mitgestalter dieser Umwälzungen war Nahum Goldmann. Schon mit 21 Jahren leitete er die jüdische Abteilung im deutschen Auswärtigen Amt und schrieb seine bemerkenswerte Abhandlung “Der Geist des Militarismus”. Darin bekundete er 1915!:

So besteht denn die erste Aufgabe unserer Zeit in der Zerstörung: alle sozialen Schichtungen und gesellschaftlichen Formungen, die das alte System geschaffen hat, müssen vernichtet, die einzelnen Menschen müssen aus ihren angestammten Milieus herausgerissen werden; keine Tradition darf mehr als heilig gelten; das Alter gilt nur als Zeichen der Krankheit; die Parole heißt:

was war, muß weg.

Nahum Goldmann bezeichnete sich als Staatsmann ohne Staat: Nicht nur, daß er in Jahrhunderten dachte, was er als Kennzeichen eines wahren Staatsmannes ansah, sondern er wirkte auch entscheidend und führend dabei mit, die politischen Verhältnisse der Völker und vor allem seines jüdischen Volkes völlig neu zu gestalten. In seinem spannenden Buch

Das jüdische Paradox

gewährt er Einblick in sein Denken und Handeln und in das vieler Machthaber seiner Zeit. Er fühlte sich seinem jüdischen Volk zutiefst verbunden und zeichnete sich dadurch aus, daß er selbst immer wieder verwirklichte, was er von einem Staatsmann erwartete: Dieser

schaut zuerst auf die Ziele seiner Gegner, um gemeinsam mit ihnen einen annehmbaren Kompromiß zu finden.

Er berichtet:

Ben Gurion warf mir eines Tages vor, ich sei ein ewiger Jude. Ich antwortete ihm, daß einige Menschen ihre Wurzeln in sich selbst tragen, ohne es nötig zu haben, sie in diesen oder jenen Boden zu verpflanzen … dorthin, wo ich gehe, nehme ich meine Wurzeln mit mir. Ich passe mich sofort an …

Da scheint Ben Gurion aber doch wohl nicht ganz daneben gelegen zu haben.

Salomonische Weisheit (Gemälde von Knaus, Photograph. Gesellschaft Berlin)

Seine Wurzeln

legten sein Großvater, ein Schriftsteller und Landarzt in Litauen, und drei Tanten in den ersten fünf Jahren seiner Kindheit in ihn, als seine Eltern aus dem „in Litauen wütenden zaristischen Regime“ nach Deutschland gegangen waren, um dort zu studieren. In Frankfurt ließen sie sich endgültig nieder und holten Nahum zu sich.

Ein Rabbiner lehrte mich privat die Bibel, und dieser Frieden, diese Freundlichkeiten und die Aufmerksamkeiten, die mich umgaben, verliehen mir ein Gefühl großer innerer Sicherheit … Ich hatte im Laufe meines öffentlichen Lebens oft mit hochgestellten Persönlichkeiten zu tun, empfand aber zu keiner Zeit Unterlegenheit oder Schwäche ihnen gegenüber.

Und an anderer Stelle fügt er hinzu:

… ich bin nicht Zionist geworden, ich bin es immer gewesen.

Aus seiner Frühkindheit in Litauen erzählt er:

Eines Abends, als meine Tanten mich ins Bett schickten, weigerte ich mich standhaft, mein Abendgebet zu sprechen. Man kann ein Kind dazu zwingen, diese oder jene präzisen Dinge zu tun, aber es kann nicht dazu gezwungen werden zu beten.

Von diesem Tage an hatte ich instinktiv erfaßt, daß Religion eine freiwillige Aktivität sein muß oder aber nichts taugt.

Auch damit begründete er seine innere Unabhängigkeit, die ihm Gelassenheit verlieh und seine staatsmännischen Erfolge sicherte.

Ich selbst hörte mit 17 Jahren auf, in traditionalistischem Sinn religiös zu sein; das heißt, ich beachtete nicht mehr die Gesetze, ging nicht mehr in die Synagoge und nahm nicht mehr an den Feiertagen teil, außer natürlich am Jom Kippur, unserem Versöhnungsfest.

„Das jüdische Paradox“

Goldmann bezeichnet

das jüdische Volk (als) das paradoxeste der Welt,

paradox hinsichtlich seiner Struktur, seiner Geschichte, seines Charakters, die sich von denen aller anderen Völker der Erde unterscheiden, paradox aber auch

in seinen Widersprüchen … Während seiner 2000jährigen Geschichte hat der größte Teil des jüdischen Volkes außerhalb Palästinas gelebt,

fern seines Ursprungslandes, mit dem es aber gefühlsmäßig, religiös und durch rein mystische Bande verbunden sei wie kein anderes Volk mit seinem Land. Dennoch “denkt die breite Mehrheit des jüdischen Volkes nicht daran“, jetzt (1972), da es möglich ist, nach Israel zurückzukehren.

Weniger als 20% der Juden auf der Welt leben in Israel.

Und heute erfahren wir sogar, daß viele Juden ihr Land wieder verlassen wollen.

Die Geschichte der Juden begänne schon außerhalb des Heimatlandes, im Exil in Ägypten, „als Moses sie heraus- und ins Gelobte Land führte“. Nach der Zerstörung des „Ersten Tempels“ sahen sich die Juden dann wieder im Exil, diesmal im babylonischen. Cyrus führte die Juden erneut heim, doch die Römer zerstörten den „Zweiten Tempel“ und das „Königreich Judäa“.

Damit begann eine Diaspora, die seit 2000 Jahren anhält.

Nahum Goldmann (Foto aus Brockhaus)

1948 wurde der Staat Israel gegründet, der sich, wie wir täglich verfolgen können, wiederum in höchster Gefahr befindet.

Ein weiteres Paradox sieht Goldmann darin, daß die Juden einerseits „das separatistischste Volk der Welt“ darstellten, andererseits „das universalistischste“. Ihre separatistische Seite zeigten sie dadurch, daß sie sich jahrhundertelang in Ghettos von den nichtjüdischen Gastvölkern als „auserwähltes Volk“ getrennt hielten, bis heute Mischehen verwürfen und „eine Mauer nach der andern“ errichteten. Die letzte, heutige zwischen Israel und Westjordanien hat Goldmann nicht mehr erlebt.

Sie haben ihre Ghettos selbst erbaut … Die Politik der Gojim … interessierte sie nicht: diese Welt war ihnen fremd, und sie fühlten sich wie auf der Durchreise; eines Tages würde der Messias kommen und sie nach Israel mitnehmen. (So) gelang es den Juden, das zu überstehen, was jedes andere Volk zugrunde gerichtet hätte.

Die universalistische Seite dagegen sei die religiöse:

die grandiose, beinahe undenkbare Idee eines einzigen Gottes für die gesamte Menschheit ist die geniale Erfindung des Judentums.

Hier zeigt sich Goldmann hoch begeistert, weist aber mit seiner Wortwahl – unbeabsichtigt – auch schon auf die Absurdität dieses „Gottes“ hin: Er ist eine „Erfindung“. Nach Immanuel Kant und Mathilde Ludendorff ist geklärt, daß Gott ist, nicht aber erfunden, mit der Vernunft erfaßt, sondern nur im Ich der Menschenseele erlebt werden kann.
Weiterhin zeige sich das jüdische Volk widersprüchlich durch seinen Glauben an die eigene

Überlegenheit, … die in der klassischen Formel des “auserwählten Volkes” ausgedrückt (ist, und gleichzeitig dadurch,) so verbissen selbstkritisch (zu sein.) Es genügt, sich an die von Moses gegen sein Volk ausgesprochenen Verwünschungen nach dem Zwischenfall mit dem Goldenen Kalb oder an Stellungnahmen einiger früherer oder derzeitiger führender Repräsentanten wie Weininger oder Tucholsky zu erinnern; man würde bei keinem anderen als bei uns solche echten “jüdischen Antisemiten” finden.

Darin allerdings müssen wir ihm als Zeitzeugen des heutigen Deutschland widersprechen: Unser deutsches Volk läßt sich von keinem anderen Volk der Welt in seinem „deutschen Antigermanismus“ übertreffen.

Gern und zu Recht erinnert Goldmann dann noch an das Paradox, daß nach der jüdischen Emanzipation Juden als bedeutende Staatsmänner der Völker hervortraten.

Auch wenn sie es nicht zugeben wollen, bleiben sie immer mit dem Problem einer doppelten Gefolgschaft belastet. Ich habe den Vorzug gehabt, mehrere jüdische Staatsmänner wie Léon Blum, Henry Kissinger, Pierre Mendès-France, Bruno Kreisky und andere persönlich zu kennen, und bin sicher, daß, obwohl sie perfekte Patrioten in ihren jeweiligen Ländern waren und sind, ihre jüdische Herkunft sie beschäftigt hat … Sogar Disraeli selbst, Jude der Herkunft nach und als kleines Kind getauft, der der eigentliche Gründer des britischen Empire des 19. Jahrhunderts war, bewies eine gewisse Größe, als er zugab, daß das jüdische Problem für ihn existierte; seine Romane und seine Taten legen Zeugnis dafür ab.

Dasselbe gilt für Goldmann:

Frankfurt kannte keine Ghettos

… mit Begeisterung nahm ich … die deutsche Kultur in mich auf. Noch heute ist sie meine fundamentale Kultur geblieben. Ich spreche 5 Sprachen fließend: englisch, französisch, hebräisch, jiddisch und deutsch. Ich verstehe italienisch und habe das Russische fast vergessen, da ich es zu wenig gesprochen habe. Ich bin sehr viel herumgereist, aber mein zweites Geburtsland ist Deutschland … Ich konnte problemlos mein jüdisches Bewußtsein und meine Pflicht, dem jüdischen Volk mit meiner ganzen Energie zu helfen, mit meiner Anpassung an die deutsche Kultur in Einklang bringen.
Während des Ersten Weltkrieges … war für alle Juden in der Welt die Lage einfach: das zaristische Rußland war der schlimmste Feind der Juden und des Judentums – und die Deutschen kämpften gegen Rußland, also waren wir für die Deutschen.

In eine Spezialabteilung im Außenministerium berufen,

die mit der Verbreitung deutscher Ideologiepropaganda im Ausland beauftragt war … befand ich mich in einer kuriosen Situation: einerseits wurde ich als Feind betrachtet, der sich zweimal wöchentlich bei der Polizei melden mußte, andererseits gehörte ich zum Außenministerium und verfügte über einen deutschen Diplomatenpaß … zu dieser Zeit hing das Schicksal der Juden ausschließlich von Deutschland ab: Litauen und Polen, mit einer jüdischen Bevölkerung von beinahe 14 Millionen Menschen, waren von den Deutschen besetzt; Palästina befand sich in den Händen der Türkei, aber die Türkei war mit Deutschland verbündet. Die jüdische Abteilung wurde also geschaffen, und ich leitete sie bis Kriegsende. … Bis zum Auftauchen Hitlers, der die Abteilung sofort auflöste, hatte somit das deutsche Außenministerium als einziges eine jüdische Abteilung gehabt.

Nicht nur in jener Zeit sah sich Nahum Goldmann selbst in einer paradoxen Lage, sondern so gut wie in seinem ganzen Leben, das er „der jüdischen Politik geopfert“ habe, in dem er aber gleichzeitig

immer Zweifel gegenüber der zeitgenössischen jüdischen Politik

hegte. Er

leitete die wichtigsten jüdischen Organisationen

und zitiert einen amerikanischen Journalisten, der sagte, es sei Goldmann

gelungen, einer der Maßgebenden des jüdischen Establishments zu werden und gleichzeitig der Oppositionsführer dieses Establishments zu sein.

Auf dem Weg zum 2. Weltkrieg

Knapp entkam Nahum Goldmann 1933 der Gestapo, indem er sich in die Schweiz absetzte. In Genf bereitete er die mit seinem Freund Stephen Wise geplante Einberufung des Jüdischen Weltkongresses vor. Er „wollte, daß es auf internationaler Ebene einen jüdischen Widerstand gegen den Nazismus gab.“ Dieser Jüdische Weltkongreß zeigte sich unter seiner Präsidentschaft dann vor allem auch geeignet, die verschiedensten einander widerstreitenden jüdischen Organisationen unter seinem Dach zu vereinigen.

Da Goldmann zugleich Präsident der „Jewish Agency“ war, konnte er nun in doppelter Funktion seine zionistischen Ziele bei der Mandatskommission und beim Völkerbund vertreten. Eine seiner ersten Taten für sein Volk in diesen Funktionen war, nach der Volksabstimmung im Saarland 1935, die die Rückkehr dieses Landesteils zu Deutschland brachte, 20 000 saarländischen Juden das Recht zu erwirken,

das Saarland mit ihrem Vermögen in französischen Francs verlassen zu können. Aber die Kommission für das Saarland wurde von Italien geleitet, von Mussolini. Also traf ich mit dem Duce zusammen, der damals, so außergewöhnlich es auch scheinen mag, projüdisch und antinazistisch eingestellt war.

Er versprach und hielt Wort, sich zu weigern,

die Wiedereingliederung des Saarlandes an Deutschland zu ratifizieren, solange die Deutschen unsere Bedingungen nicht angenommen hatten … Natürlich fand dieses Treffen vor der äthiopischen Affäre statt, d.h. bevor die Alliierten Mussolini in die Arme Hitlers trieben.

Schon vor der Saar-Abstimmung war Goldmann

mit dem sowjetischen Außenminister Maxim Litwinow, einem antizionistischen Juden, in Genf zusammengetroffen.

Schnell einigen sich die beiden so gegensätzlichen Juden, daß die saarländische Juden-Frage nicht von ihnen selbst, sondern durch einen Goj beim Völkerbund vorgebracht werden soll, sonst „werden alle dagegen sein“, und wollen den britischen Minister Eden dafür gewinnen.
Litwinow ist für ein energisches Vorgehen gegenüber Eden:

Ich habe meine Erfahrungen gemacht, wenn Ihre jüdischen Weltorganisationen sich nachdrücklich äußern, müssen die westlichen Demokratien nachgeben.

Goldmann entgegnet dem mit der Schilderung seiner kürzlichen Begegnung im Vatikan mit Kardinal Pacelli, dem späteren Papst Pius XII.,

der über “die große Macht des internationalen Judentums” sprach. Ich nahm es ihm nicht übel; er ist katholisch, was weiß er also von jüdischen Dingen. Daß aber Sie, Herr Litwinow, mit Ihrer jüdischen Intelligenz eine solche Bemerkung machen, ärgert mich wirklich.

Litwinow sieht ein, „eine dumme Bemerkung“ gemacht zu haben, und uns Lesern ist es überlassen zu raten, für wie mächtig Goldmann die Judenheit denn wirklich hält.

Wenn wir in den Gängen des Völkerbundes herumwanderten, versuchten die Journalisten, uns gemeinsam zu fotografieren, aber dann rannte Litwinow wie ein Hase, aus Angst, neben einem führenden Zionisten auf einem Foto gesehen zu werden.

Wie hätte er es sonst auch z.B. wagen können, mit einer 14köpfigen sowjetischen Delegation in Genf zu erscheinen, von der 11 Juden waren!

In den dreißiger Jahren bildeten die Juden die Internationale,

erklärt Goldmann.

Nach dem Münchner Abkommen prophezeite Litwinow in einer Rede vor dem Völkerbund den bevorstehenden Krieg.

Danach sagte er zu Goldmann:

Maksim Maksimowitsch Litwinow (Foto aus Brockhaus)

Ich kehre heute nachmittag nach Moskau zurück und werde von dort aus keine Verbindung mehr mit Ihnen halten können. Hören Sie mir gut zu: wenn Sie eines Tages in den Zeitungen lesen, daß ich von meinem Posten als Außenminister zurückgetreten bin, werden Sie wissen, daß Stalin beschlossen hat, mit Hitler einen Pakt zu schließen. … Aber nicht ich werde diesen Pakt unterzeichnen; denn Hitler wird dafür nie einen Juden akzeptieren. Wenn Sie also von meiner Demission erfahren, werden Sie daraus entnehmen, daß der deutsch-sowjetische Pakt zustande gekommen ist. Das bedeutet, daß es dann einige Wochen später Krieg geben wird …

Drei Wochen später erfuhr Goldmann, daß Litwinow zurückgetreten war, telegrafierte „sofort nach New York an Stephen Wise“, daß in absehbarer Zeit der Krieg ausbrechen werde, und dieser „begab sich sofort zu Unterstaatssekretär Sumner Welles, einem Freund von Präsident Roosevelt“, um zu berichten.

Der Krieg brach kurz danach aus, und Goldmann übersiedelte in die USA. Dort fand er die amerikanischen Juden zumeist als politisch „gescheitert“. „Sie waren reich, fühlten sich mächtig und waren eifersüchtig.“ Ausnahmen bildeten z.B. Chaim Weizmann und Stephen Wise. Und nun kam Goldmann dazu, der für mehrere wichtige jüdische Organisationen die Verantwortung trug, hier „gewissermaßen Präsident der Präsidenten“ war und als „Diktator des amerikanischen Judentums“ bezeichnet wurde, was Goldmann aber „als leicht übertrieben“ abtut. Den Einfluß von Wise schildert er als

erheblich. Er agierte schon hinter den Kulissen, als Roosevelt noch Gouverneur des Staates New York war.

Israel, das zionistische Wunschziel

Goldmanns Bestreben in Amerika war es nun, die Teilung Palästinas zu erreichen. Das war schwierig, weil

die Mehrheit des State Department damals antizionistisch eingestellt war.
… Wäre Roosevelt nicht gestorben, hätte es vielleicht keinen jüdischen Staat gegeben, (denn er) war davon überzeugt, daß die Araber ihn eines Tages zerstören würden.

Vor Jalta stand Roosevelt

unter dem Druck der amerikanischen Juden, die ihm die Idee der Teilung aufzwingen wollten.

So war er bereit, mit Ibn Saud zu verhandeln.

Er sagte ihm, daß die Juden in dieses unterentwickelte Palästina Reichtum und geistige Kultur bringen und daß sie den Boden fruchtbar machen würden …

Aber Ibn Saud ließ ihn wissen, daß er dies alles

hasse und ihm der Koran … genüge.

Nicht allein Roosevelt und Ibn Saud galt es zu überzeugen, sondern darüber hinaus viele Administrationen und Organisationen im In- und Ausland. Als Truman mit Außenminister Dean Acheson die Führung der USA übernahm, kamen die Zionisten ihrem Ziel jedoch näher, obwohl Acheson prophezeite, was sich bewahrheitet hat:

Jahrzehntelang werden Sie keinen Frieden haben, und Sie riskieren die Katastrophe, denn die Amerikaner werden Sie nicht ewig gegen die Araber unterstützen können.

Nicht nur mußte das Ob der Gründung Israels erwogen werden, sondern auch das Wie war fragwürdig, weil ohne Beispiel.

Hätte Herzl das jüdische Problem in seiner ganzen Komplexität begriffen, hätte er den “Judenstaat” nicht geschrieben.

Aber er kannte die Materie nicht, und dies erlaubte ihm, zwei Unwahrheiten auszusprechen: erstens war Palästina kein Land ohne Volk, da Hunderttausende von Arabern dort lebten; ferner waren die Juden kein Volk ohne Land, denn die assimilierten Juden waren gute Franzosen, gute Engländer oder gute Deutsche.

Aber ohne die falsche Konzeption Herzls hätte es den politischen Zionismus nie gegeben. In seinen Augen sollte Israel ein Staat wie jeder andere werden. Er dachte nicht einmal daran, daß Hebräisch die nationale Sprache werden könnte, sondern glaubte, daß es das Deutsche werden würde; vielleicht weil er selbst ein österreichischer Jude war. Israel sollte ein liberaler Staat Westeuropas werden. Herzl hatte das europäische Konzept des souveränen Staates von Hegel übernommen, es auf die alte Idee der Rückkehr nach Zion übertragen und damit die Zionistische Organisation geschaffen.

Sein Gegner war Ahad Haam, ein großer Denker, der ganz von jüdischer Literatur und Philosophie ausging und den Staat für unwichtig hielt. Dagegen war ein geistiges Zentrum für die Juden der ganzen Welt in seinen Augen unbedingt notwendig. Letzten Endes akzeptierte er jedoch die Staatsidee. Chaim Weizmann wiederum stand zwischen diesen beiden Theorien; er war teils Herzlianer, teils Anhänger Ahad Haams. Was heute realisiert worden ist, sind die Ideen Herzls. Und solange Israel die Theorien Ahad Haams nicht übernimmt und den Staat in ein geistiges Zentrum verwandelt, wird der Zionismus seine historische Aufgabe nicht erfüllen…

Stellen Sie sich vor, was geschehen würde, wenn alle Völker der Welt die Gebiete zurückverlangten, die ihnen zweitausend Jahre zuvor gehört hatten … Nun gibt es ein Volk, das die Kühnheit hatte, es zu tun, und die Welt hat es anerkannt! Aber wenn ich die Welt sage, meine ich nicht die Massen, nicht einmal die Diplomaten, sondern nur die großen Staatsmänner.

Die primitiv-gewalttätige Politik Ben Gurions, Golda Meirs, Begins verurteilt er. Was würde er erst zur Politik Scharons oder Netanjahus sagen, wenn er diese Männer noch als Ministerpräsidenten von Israel hätte miterleben können! In einem Spiegel-Gespräch 1982 äußerte er sich sehr besorgt:

Begins aggressive Politik und die Solidarität der meisten Juden mit ihm wird den Antisemitismus in der Welt stärken … In der Geschichte waren die Juden immer Störenfriede. Die Welt hat das hingenommen, solange die Störenfriede Männer wie Jesaja und Einstein waren. Aber Störenfriede wie Begin oder Scharon oder wildgewordene Generäle wird die nichtjüdische Welt auf die Dauer nicht akzeptieren.

Geldbeschaffung

Auf vielfältige Weise gelang es Nahum Goldmann, Gelder für den Aufbau Israels zu beschaffen.

Nach den Plänen zweier litauischer

Juden, Jacob und Nehemiah Robinson, wurden zwei absolut revolutionäre Ideen entwickelt: das Nürnberger Gericht und die deutsche Wiedergutmachung … nach internationalem Recht war es damals in der Tat unmöglich, Militärs, die ihre Befehle befolgt hatten, zu bestrafen. Es war Jacob Robinson, der diese ausgefallene, sensationelle Idee hatte …

Zwar sei er bei den Alliierten damit nicht angekommen, wohl aber bei dem jüdischen Richter am Obersten amerikanischen Gerichtshof, Robert Jackson. Mit der Verwirklichung dieser Idee wurde Deutschland erniedrigt und erpreßt.

Die andere Idee, ausgedacht zu einer Zeit, “als in Europa noch jeder annahm, daß der Krieg für die Alliierten verloren sei“ (also wohl vor 1943), war die der Zahlungen an Israel.

Mehrere jüdische Führer versuchten, mit Adenauer Verbindung aufzunehmen, aber die meisten ihrer Vorschläge waren geradezu lachhaft. Eine Organisation schlug ihm vor, zwanzig Millionen Deutsche Mark zu bezahlen; inzwischen müssen die Deutschen, den mit mir ausgehandelten Vereinbarungen entsprechend, insgesamt achtzig Milliarden Deutsche Mark zahlen.

Konrad Adenauer (Foto Siedler Verlag)

Doch Goldmann, Präsident der Conference of Jewish Material Claims against Germany (kurz: Claims Conference), stellte eine Vorbedingung zu seinen Verhandlungen mit Adenauer, die auch (am 27.9.1951) erfüllt wurde: Adenauer

sollte im Bundestag eine feierliche Erklärung abgeben; er sollte darin sagen, daß dieses neue Deutschland zwar bestimmt nicht Auschwitz gewollt habe …, daß es aber stellvertretend die Verantwortung zu tragen und Wiedergutmachungsleistungen zu übernehmen hätte; er sollte außerdem hinzufügen, daß die materielle Entschädigung nicht das den Juden von den Deutschen zugefügte Leid auslöschen könnte.

Der Text des Bundeskanzlers wurde Goldmann vorgelegt.

Ich brachte noch einige Korrekturen an … Der gesamte Deutsche Bundestag erhob sich von den Plätzen und gedachte fünf Minuten stehend der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. … Ohne die deutschen Wiedergutmachungsleistungen, die in den ersten zehn Jahren nach der Gründung Israels einsetzten, besäße der Staat kaum über die Hälfte seiner heutigen Infrastruktur: alle Züge, alle Schiffe, alle Elektrizitätswerke sowie ein Großteil der Industrie sind deutschen Ursprungs … ganz zu schweigen von den individuellen Renten, die an die Überlebenden gezahlt werden. … In manchen Jahren überschritten die von Deutschland an Israel bezahlten Summen die vom internationalen Judentum gespendeten Beträge – mitunter um das Zwei- bis Dreifache.

Woher nur nahmen die Deutschen, deren Land zerstört war, das Geld? In einer der Unterredungen mit Goldmann schlug Adenauer vor, in Naturalien zu bezahlen „in Form von Elektrizitätswerken, Fabriken usw.“. Goldmann war einverstanden, sagte aber, Israel brauche Erdöl.

Aber, Herr Goldmann, es gibt doch in Deutschland kein Erdöl! (erwiderte Adenauer). Herr Bundeskanzler, ist es die Schuld der Juden, wenn der liebe Gott Kuweit und Saudiarabien Erdöl, Deutschland und Israel jedoch keines gegeben hat? Es ist ganz einfach: die britischen Gesellschaften haben welches. Kaufen Sie es ihnen ab und geben Sie es uns. Für mein Land geht es dabei um Leben oder Tod.

Auch die folgende Logik Goldmanns bezwang Adenauer:

Sie erheben den Alleinvertretungsanspruch für ganz Deutschland und erkennen die DDR nicht an. Dann seien Sie auch konsequent und zahlen für sie!

Dem zunächst widerspenstigen österreichischen Bundeskanzler Raab drohte er, den Österreichern, die nun plötzlich wie die Juden „Opfer des Nazismus“ sein wollten, einen Film über den Einzug Hitlers in Wien zu zeigen. Österreich zahlte 30 Millionen Dollar in bar. Diese Summe wußte der unwiderstehliche Goldmann noch zwei weitere Male von den Österreichern zu erpressen.

Sie wie ich sind die Vertreter ewiger Mächte,

hatte Kardinal Innitzer einmal zu Nahum Goldmann gesagt,

wir rechnen in Jahrhunderten.

Beneidenswert! Wenn auch niemandem auf der Welt empfohlen werden kann, in einer derartigen Weise chauvinistisch, d. h. gegen andere Völker rücksichtslos die eigenen Volksinteressen durchsetzen zu wollen. Ergebnis der von Goldmann & Co. gewollten Zerstörungen, die mit Ausbruch des 1. Weltkrieges 1914 ihren Anfang nahmen, ist u. a., daß wir Deutsche – nicht alle, aber in der Mehrzahl – im Gegensatz zum jüdischen Volk als volksvergessene Eintagsfliegen unserem Niedergang tatenlos zuschauen. Diejenigen von uns, deren Herz für das eigene deutsche Volk schlägt wie das der Juden für das jüdische, wenn auch weit davon entfernt, derart chauvinistisch überhaupt zu denken, sollen von der selbsternannten Gesinnungspolizei der ominösen Antifa in faschistoider Weise als “Rechtsextremisten” mundtot gemacht werden. Der Rechtsstaat wird ausgehebelt. Und die vom Volk gewählten “Volksvertreter” machen mit.

Doch nichts Irdisches währt ewig.

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Anna
Anna
10 Jahre zuvor

Adelinde nennt Nahum Goldmann einen “genialen Lehrmeister und Gestalter der Geschichte.” Was meint das Wort “genial”, frage ich mich da?

Sicher nicht Genialität im Sinne von zweckfreiem Wirken für das Gute, Wahre und Schöne, eher im Sinne des Erfindens eines zuvor nicht dagewesenen bedeutungsvollen Neuen. In diesem Sinne wirkte Goldmann für sein “Volk” genial. (Sein Vorschlag an Adenauer, dass Deutschland für Israel doch auch noch Öl einkaufen und spendieren könne, ist allerdings nach all dem bis dahin schon geleisteten (“Alle Züge, alle Schiffe, alle Elektrizitätswerke sowie ein Großteil der Industrie sind deutschen Ursprungs,” hatte Adenauer zugegeben.) ungeheurlich!!! “Genial” geschickt, wie der Goldmann die deutschen Politiker für die Volkserhaltung der Juden einspannen konnte!!

Er ging damals wohl noch davon aus, dass die Juden ein Volk wären. Es ist, glaube ich, erst nach seinem Tod erforscht worden, dass “die” Juden sich aus verschiedenen Völkern, nämlich Chasaren und Ashkenasi, zusammensetzen. Es eint sie die Religion, sie sind eine Religionsgemeinschaft, aber kein einheitliches Volk. Deshalb konnten viele von ihnen sich auch gut in ihren Wirtsvölkern eingliedern. Viele Juden haben ja sogar auf deutscher Seite im Krieg gekämpft.

Es wären nun aber auch mal geniale deutsche Staatsmänner und -frauen vonnöten, die dafür sorgten, dass das deutsche Volk und sein Volkstum in der Geschichte nicht nur als Minderheit überleben.

Rocco
Rocco
5 Jahre zuvor

Deutschland wurde nicht “erniedrigt” und “erpresst”, sondern wurde nach einer beispiellosen Phase von Führerkult und Tötungswahn allen unwerten Lebens in den Abgrund gestürzt. Die Verfechter und willigen Nachfolger einer gewalttätigen und grausamen Jugend erlagen ihren eigenen Wahnvorstellungen und fanden langsam wieder zu einem Licht, nachdem ihr blindes, Totalkrieg führendes Volk endlich in Schutt und Asche gelegt wurde. Unsere Urgroßeltern und Großeltern wurden mit erstaunlich wirksamer Propaganda auf Linie gebracht ( manche konnten sich dem entziehen ) . Dieser Kommentar erspart sich an dieser Stelle physische Details eines Völkermordes, der tatsächlich so stattgefunden hat , wie wir es heute wissen. 4 Millionen , 8 Millionen , es spielt keine Rolle. Die Reparationszahlungen und die Nürnberger Prozesse waren eine gerechtfertigte und moralisch logische Konsequenz. Es kann Freude bereiten, sich auf germanische Wurzeln zu besinnen, doch als echter Deutscher entwickelt man seinen Nationalstolz, indem man sich aufrichtig der Vergangenheit stellt, und das 3.Reich korrekt bewertet. Und damit endlich abschließt , sein Herz öffnet und die geistige Verbrüderung mit den Juden wagt. Habt doch ein Herz für alle Minderheiten .

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