Vom Odal zum Bauernkrieg – 2. Teil
Mittwoch, 30. Oktober 2024 von Adelinde
Glaubensumbruch
Die Umwälzungen in der Verfassung und im Rechtsleben des fränkischen Reiches hatten auch die Aufhebung des germanischen Bodenrechtes, des Odal – Rechtes, zur Folge.
Der erste Einbruch in seine alte Ordnung war die Enteignung der Volksallmende und Bann-wälder, die ebenso wie die römischen Staatsdomänen zu Königsgut erklärt wurden. Diese riesigen Ländereien erhielten die Günstlinge der fränkischen Könige, die zum Teil aus den freigelassenen Sklaven und aus der römischen Untertanenschaft stammten, zu Lehen.
Die Lehensträger schuldeten dem Könige für die überlassenen Güter unbedingte Gefolgs-treue und Gehorsam, und verpflichteten sich besonders zu militärischen Diensten. Dafür brauchten sie aber keinerlei Abgaben zu leisten, so daß die gesamte Steuerlast des Reiches allein von den Bauern getragen werden mußte.
Daneben wurden die Bauern noch besonders schwer durch die kirchlichen Lasten bedrückt. Frühzeitig hatte es auch die Kirche verstan-den, sich große Ländereien anzueignen. Reiche Schenkungen der fränkischen Könige bildeten hierfür den ersten Grundstock.
Der ständig wachsende Kirchenbesitz hin-gegen entstand auf ganz andere Art als bei den weltlichen Grundherren. Dem „armen Volk“ wurde eine Reihe von Todsünden bekannt gemacht, Gewissenszwang wurde ausgeübt und verkündet, die Ablösung der Sünden könne durch weltliche Opfer gesche-hen. Die Bauern konnten sich also von der Kirche gegen Übertragung ihres Besitzes von ihren „Sünden“ freisprechen lassen, um nicht im Fegefeuer zu landen.
Eine der wichtigsten Abgaben der Bauern war der Zehnt aus den Getreideerträgen, dessen Zahlungspflicht auf die Leviten im alten Testament zurückgeht. Durch die riesigen Einnahmen aus dieser Kirchensteuer wurde der Machtbereich der Geistlichkeit ungeheuer vergrößert. Für die Bauern aber war der Zehnt eine weitere Stufe zu ihrem wirtschaftlichen Zusammenbruch.
Schon 336 setzte der Terror der Kirche gegen die Heiden ein. In diesem Jahr wurde z. B. der große Tempelbezirk im Altbachtal im Trierer Bereich für immer zerstört.
Die vielen christlichen Kirchen geben einen Hinweis, daß sich hier vor der Christiani-sierung heilige Haine und später auch Tempel befanden. Denn die Kirche setzte oft auf die den Heiden heiligen Pätze und Kraftorte ihre Bauten. Mit roher Gewalt gelang es zur frän-kischen Zeit die Naturreligionen aus dem öf-fentlichen Leben zu vertreiben, nicht jedoch aus dem Urgrund der Seele der Menschen. Es dauerte dann Jahrhunderte, bis mit der Phi-losophie Mathilde Ludendorffs, auf der Grundlage der Naturwissenschaft, das Göttliche wieder in der Natur und ihren Gesetzen erkannt wurde.
Im Zwiespalt der gewaltsam „Bekehrten“ zwischen einer Fremdreligion auf der einen Seite und der Vernichtung ihres angestamm-ten Rechtes, der heiligen Odal-Ordnung auf der anderen Seite hin zu Versklavung und Armut, ist die tiefere Ursache der Bauern-kriege zu suchen, die bis in unsere Gegen-wart immer wieder ausbrechen.
Sie ist bei weitem nicht nur in der materiellen Knebelung der Bauern zu finden, sondern im gewaltsamen Aufdrängen einer fremden orientalischen, unduldsamen Religion, die die einstmals prächtigen Höfe aus heidnischer Zeit oft zum Erliegen brachte oder die Bauern zur Zinsknechtschaft herabwürdigte.
Zur Christianisierung gehörte es, sich einer brutalen Angstmacherei zu bedienen: Die Hölle mit ihren ewigen Qualen war ein steter Begleiter der Christianisierten, und dies ist bis zum zwanzigsten Jahrhundert geblieben. Hinzu kam die Angst vor der Pest, vor dem Einmarsch fremder Heere, Angst vor dem Steuereinnehmer, vor der Hexerei und der Magie, vor allem Angst vor dem Unbekannten und schließlich als Hexe verbrannt zu werden.
Unsere heidnischen Ur-Ahnen kannten keinen überirdischen, rächenden Gott und somit auch keine Angst vor so einem. Sie verehrten das Göttliche, das God oder Urallda mit allen Wundern der Natur, und bezeichne-ten Thor, Freir oder Frau Holle als ihre Ver-trauten, die ihnen in allen Lebenslagen bei-standen. Strenge schriftliche Thesen und Antithesen waren ihnen völlig fremd. Der germanische Glaube war natürlich gewachsen und nicht im Religionsstreit entstanden.
Es ist durchaus denkbar, daß fromme Heiden von fanatischen Missionaren aufgefordert, die „Richtigkeit“ ihres Glaubens zu beweisen, schwiegen, weil sie das Gotterleben ihrer Seele nicht in Worte zu fassen vermochten.
Es war den Bauern zu Ohren gekommen, daß Klöster Brutstätten der Prostitution, Lager-stätten von Waffen und Orte der Fälschung von „Dokumenten“ und Urkunden waren. Häufig kam es vor, daß die freien Bauern unter ihrer aufgebürdeten Steuerlast zusam-menbrachen und dadurch gezwungen waren, ihren Hof einem Großgrundbesitzer zu übergeben.
Langsam entstand eine fremde Oberschicht von Reichen, die ihren eigenen Bedarf durch fremde Arbeiter decken ließ. Ihr ausgedehn-ter, großer Besitz verhalf ihnen zu einem arbeitslosen Einkommen. Dieses war so groß, daß sie sich sogar einen eigenen Hofstaat samt Rittern und Kriegsknechten leisten konnten.
Das fränkische Königreich der Merowinger entartete unter den Nachkommen Chlodwigs, so daß das Reich nur noch durch die Klammer der Kirche zusammengehalten wurde und später in die Hände der Karolinger fiel.
Im 8. Jahrhundert wurde von den Karolingern nach langem Ringen der germanische Volks-stamm der Alemannen unterworfen. Ihr Sied-lungsgebiet umfaßte das heutige Baden/Württemberg, das Elsaß, Liechtenstein, die Deutsch-Schweiz und Vorarlberg. Durch ein neu errichtetes Königsgesetz, die Lex alema-nia, zwang man dieses Volk mit eiserner Faust zur „Religion der Liebe“!
Über ein Jahrhundert, von Jahr zu Jahr immer mehr verschärft, brauchte dieses Gesetz, um sein Ziel zu erreichen. Dazu gehörte es selbstverständlich, das Odal-Recht abzu-schaffen. Mit den schwersten Strafen belegte das christliche Zwangsgesetz die sonntägli-che Landarbeit. Ein Unfreier, der am Sonntag arbeitete, wurde verprügelt. Der Freie erhielt einen dreimaligen Verweis, beim vierten Mal verlor er ein Drittel seiner Habe. Übertrat er die verhaßte Kirchenvorschrift noch einmal, so konnte er der Freiheit beraubt und mit seiner ganzen Familie versklavt werden. Wer unerlaubt das Haus eines Priesters betrat, hatte als Strafe den Wert von 36 Kühen oder 108 Schweinen zu bezahlen.
Nach wiederholten Aufständen der Aleman-nen gegen die verhaßten Unterdrücker (709, 710, 711,712), die alle blutig niederge-schlagen wurden, verbot die kirchliche Besatzungsmacht alle Regungen des freien alemannischen Geistes:
– den Umgang mit Runen,
– das Segnen von Quellen,
– das Feiern von Volksfesten,
– das Tanzen unter der Dorflinde,
– selbst das Tanzen in den Häusern.Schließlich holte Karlmann, ein Bruder Karls des sog. Großen, zum letzten Schlag gegen den Widerstand der Alemannen aus. Es kam 746 zum Verbrechen von Cannstatt: Fränki-sche Truppen metzelten waffenlos erschiene-ne Alemannen nieder, als sie sich auf dem Thingplatz bei Cannstatt zur Beratung und Verhandlung mit dem fränkischen Hausmeier Karlmann eingefunden hatten.
In Karl I. König der Franken, später ab 800 zum Kaiser erkoren von 768 – 814, hatte Rom einen verläßlichen Schutzherrn und Kriegsknecht, mit dessen Hilfe die germanischen Hei-den niedergekämpft, zwangsweise getauft oder vernichtet und zu Hunderttausenden verschleppt wurden.
Von allen germanischen Stämmen hatten bisher die Sachsen allein ihre alte Freiheit behaupten können. Sie waren ein friedlie-bender, heidnischer Stamm, der 500 Jahre keinen Krieg geführt hatte. Doch auch ihnen mußte Karl politisch und religiös mit grau-samen Mitteln entgegentreten.
In einem gewaltigen 32jährigen Ringen von 772-804 gelang es ihm, auch dieses letzte germanische Bauernvolk zu unterwerfen, dazu gehörte natürlich auch die Zerstörung der Externsteine, eines der größten Heilig-tümer der Heiden.
Drei Tage wüteten dort die Vertreter der „Nächstenliebe“, zerstörten alles, was zu zerstören war, verbrannten den Hain und die Irminsul, das Wahrzeichen der heidnischen Religion, und zogen dann mit den aufge-stapelten Weihegeschenken aus Gold und Silber davon. Später verkündete Karl der Franke dann in Ostfalen,
„daß er nicht eher ablassen würde, bis die Sachsen entweder als Besiegte sich der christlichen Religion unterworfen hätten oder gänzlich ausgerottet sein würden.“
Dazu dienten ihm seine Blutgesetze, von denen nur eines erwähnt werden soll, Capitular 8:
„Wenn jemand im Volke der Sachsen fürderhin unter ihnen sich versteckt und ungetauft sich verbergen will und es verschmäht, zur Taufe zu kommen, und Heide bleiben will, sterbe er des Todes.“
Nach einer verzweifelten letzten Gegenwehr der Sachsen mit ihrem Hoffnungsträger Herzog Widukind an der Spitze, wurde dieser heimlich erschlagen. (Bericht des Chronisten Thassilo)
Immer wieder holte Karl zu „Vergeltungs“-Schlägen aus. Der schlimmste ereignete sich bei Verden an der Aller, wo er im Jahre 782 4500 Edelinge hinrichten ließ. So erhob sich Karl I. zum endgültigen Zerstörer der germa-nischen Volksfreiheit und des bäuerlichen Rechtes, womit er das Werk seiner Vorgänger vollendete. Nun hieß es auch bei den Sachsen:
„Römisch Recht – der Frei‘ wird Knecht!“
Fortsetzung folgt
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Anmerkungen – Literatur
- Das Deutsche Bauerntum, Band I, Herausgeber W. Hansen
- u. W. Grimm, Deutsche Sagen, Nr.367
- Roms Kreuzzüge gegen Germanien, K. Fichtel
- 5000 J. Deutschland
- Die drei Ewigen, H. Ch. Schöll
- H. Deschner, Kriminalgeschichte des Christentums
- R. Luft, Die Verchristung der Deutschen
- M. Ludendoff, Auf Wegen der Erkenntnis
- Adelinde
- Werner von der Mühle: Gesetze der Freiheit, unterm Kreuz, S. 177 ff.