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Jochen Kelter (Bild: Südkurier)

Die Kommentare des Schweizer Schriftstellers Jochen Kelter im Südkurier

lese ich immer gern und mit Gewinn. Bei ihm erfährt man den Kern der Probleme, den uns die „volkspädagogischen“ Hauptstrom-Medien zu verschweigen pflegen. Zu den Auseinandersetzungen auf der Krim stellt er am 12. März 2014 im Südkurier klar:

  • In 4 Tagen bereits, am 16. März 2014, wird die Bevölkerung der Krim darüber abstimmen, ob die Krim zu Rußland oder zur Ukraine gehören soll.
  • Kelter nennt Rußland das Mutterland der Krim.
  • 1994 haben die Westmächte USA, Großbritannien und Frankreich die Unantastbarkeit der Ukraine gewährleistet im Gegenzug für deren Verzicht auf Atomwaffen.
  • „Auf der Krim hat sich eine prorussische Regierung auf ebenso dubiose Weise an die Macht gehievt wie zuvor in Kiew eine prowestliche.“
  • EU und Rußland streben gleichermaßen danach, die Ukraine in ihren Einflußbereich einzuverleiben.
  • Für Rußland geht es darum, nicht noch einen weiteren ehemaligen Vasallenstaat der SU zu verlieren. Über die Krim hat Rußland Zugang zum Mittelmeer.
  • Mit dem Assoziationsabkommen vom letzten November zwischen EU und Ukraine war die rote Linie für Rußland überschritten: Gegen Auflagen zu Strukturreformen hätte die Ukraine von der EU Geld gezahlt bekommen. Kelter:

Man kennt die Forderungen und Szenarien von Internationalem Währungsfonds (IWF), EU und Europäischer Zentralbank (EZB) mit ihrer Mischung aus neoliberaler Deregulierung und Liberalisierung auf der einen und Austeritäts-[= Spar-]Politik zulasten der Bevölkerung auf der anderen Seite ja mittlerweile zur Genüge.

Den russischen Drohgebärden und seiner rücksichtslosen Militärpolitik steht die Arroganz der westlichen Institutionen und Regierungen gegenüber, die für sich in Anspruch nehmen, den richtigen wirtschaftlichen Weg alternativlos gepachtet zu haben.

  • „… der russische Staatskonzern Gazprom … kürzte der Ukraine die Rabatte auf seine Gaslieferungen auf den 1. April“ und stellte gleichzeitig zur Bezahlung seiner Lieferungen „einen Kredit von 2 bis 3 Milliarden Dollar in Aussicht“. Mit denen sollte die Regierung in Kiew die Schulden und zukünftige Lieferungen bezahlen können! Die Zinshöhe ist unbekannt.
  • Den Betrag wußten EU und IWF großspurig zu toppen: Sie boten 11 Milliarden Dollar. Auch hier sind die Bedingungen nicht bekannt. Aber nun das Stärkste: Was für einer Regierung will die EU unter die Arme greifen? Es ist eine Regierung, getragen von nationalistischen Kräften wie der Partei von Timoschenko und der Swoboda. Kelter:

Man stelle sich den Aufschrei, das Medienecho vor, wenn einer Regierung, die, sagen wir, auch aus dem französischen Front National (FN) oder der deutschen NPD bestehen würde, ein Milliardenkredit angeboten würde. In diesem Fall aber, wo es ums geopolitische Ganze geht, scheinen weder Politik noch Medien von Skrupeln heimgesucht zu werden.

Nach den inszenierten, teils mörderischen „revolutionären“ Kravallen kann man mit Jochen Kelter nur die Hoffnung aussprechen,

daß sich die Ukraine nicht irgendwann zwischen russischer Knute und westlichem Diktat wird entscheiden müssen.

Danke, Jochen Kelter! Danke, Südkurier!

 

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Ingo
Ingo
10 Jahre zuvor

Die religiöse Seite des Ukraine-Konfliktes wird kaum beleuchtet.

Schauen wir doch einmal, was wir unter den Google-Suchergebnissen zu „Moskau Patriarch“ so alles finden …

Radio Vatikan berichtete am 2.3.14, daß die Ukrainer den Patriarchen von Moskau um Hilfe gebeten haben, dieser sich der Hilfe aber verweigert hat.

(„Die ukrainisch-orthodoxe Kirche hatte Kyrill I. aufgerufen, seine Stimme gegen eine Militärintervention in der Ukraine zu erheben. Der Patriarch solle die russische Armee stoppen und ein Blutvergießen in der Ukraine verhindern, zitierten ukrainische Medien den Kirchensprecher Georgia Kowalenko. Das kommissarische Oberhaupt der ukrainisch-orthodoxen Kirche, Metropolit Onufri, bat Kyrill I. in einem Brief, für die “territoriale Integrität des ukrainischen Staates“ einzutreten. Wenn russische Truppen in der Ukraine einmarschierten, könne dies zu einer Konfrontation zwischen Ukrainern und Russen mit “katastrophalen Folgen“ führen. Der Leiter der Abteilung des Moskauer Patriarchats für die Beziehungen zur Gesellschaft, Erzpriester Wsewolod Tschaplin, hatte am Samstagabend einen russischen Militäreinsatz in der Ukraine GERECHTFERTIGT“ (!!!!!). „Dabei handele es sich um eine Friedensmission zum Schutz russischer Bürger, sagte er der russischen Nachrichtenagentur Interfax.“)

http://de.radiovaticana.va/news/2014/03/02/moskauer_patriarch_ruft_zu_frieden_in_der_ukraine_auf/ted-777886

Der Moskauer Patriarch bremst also die Putin-Regierung NICHT, obwohl ihn Glaubensgenossen in der Ukraine (die zugleich nach Rom schielen) darum händeflehend gebeten haben. Und Radio Vatikan hat ein genaues Augenmerk darauf.

Aber noch mehr: Die katholische (Jesuiten?)-Seite „Domnachrichten“ jubelt. Wenn das kein Zeichen ist. Sie jubelt: „Kirchen der Ukraine haben in der Krise Ansehen gewonnen – Neues Selbstbewußtsein“:

http://www.domradio.de/nachrichten/2014-03-08/kirchen-der-ukraine-haben-der-krise-ansehen-gewonnen

Diesen Artikel sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen. Jesuit, wir kennen und verstehen Dich. DU stehst hinter den Unruhen in der Ukraine. DU vor allem. Und der Patriarch von Moskau wehrt sich. So und nicht anders wird ein Schuh daraus. Erst ließ der Patriarch von Moskau 2008 nur den obersten Jesuiten Rußlands, einen Rußlanddeutschen, ermorden …

http://studgenpol.blogspot.de/2010/03/ermordet-im-kampf-fur-den-rechten.html

JETZT geht er gegen die Ukraine vor. Ja, für IHN ist es ein „Verteidigungskrieg“. Und der Jesuit, der hinter den westlichen Regierungen vor allem steht und ihren Geheimdiensten, geht ganz, ganz geschickt vor, laviert, taktiert, wäre aber letztlich auch bereit, mit Ursula von der Leyen die Bundeswehr einzusetzen zum – erneuten – Missionskrieg in Rußland.

„Kathweb“ hofft sogar auf ein Einlenken des Moskauer Patriarchen bei den katholischen, „ökumenischen“ Vereinnahmungsbemühungen – was natürlich völlig lächerlich sein dürfte, was aber zeigt, daß bei fanatischen Katholiken die Hoffnung zuletzt stirbt.

http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/60976.html

Also Anstreben der Ökumene durch Krieg und Krise in der Ukraine.

In einer weltanschaulich so orienierungslos gewordenen Zeit wie der unseren setzen sich jene Kräfte durch, die NICHT orientierungslos sind, sondern die religiös fanatisch sind, und die psychosektenartig, männerordensmäßig, logenmäßig, seilschaftenartig, lobbymäßig strukturiert sind und die Geheimdienste und damit die Regierungen an der kurzen Leine führen.

Übrigens wäre interessant, was passieren würde, wenn Tschetschenen usw. oder die Bewohner des nördlichen Ostpreußen ihr Selbstbestimmungsrecht wahrnehmen würden so wie Putin dies gegenwärtig der Krim ermöglichen möchte:

http://www.der-postillon.com/2014/03/tschetschenen-inguschen-und-dagestaner.html

http://paukenschlag.org/?p=337

Helmut Wild
Helmut Wild
10 Jahre zuvor

Herr Kelter hat mit seiner Analyse der ukrainischen Situation weitgehend recht. Es ist ein schwerer Fehler der gegenwaertigen Interim-Regierung, ihre Hoffnungen an den Westen – sprich die USA – zu knuepfen. Die Ukraine ist jetzt Spielball von USA und Russland, und das kann nur zu einer sich vergroessernden Katastrophe fuehren.

Aber folgende Einschaetzung des Herrn Kelter teile ich keineswegs:
„Aber nun das Stärkste: Was für einer Regierung will die EU unter die Arme greifen? Es ist eine Regierung, getragen von nationalistischen Kräften wie der Partei von Timoschenko und der Swoboda.“

Herr Kelter will damit das Streben eines Volkes nach nationaler Unabhaengigkeit verteufeln. „Nationalistische Kraefte“ scheinen ihm zutiefst zuwider zu sein.

Bis zu diesem Punkt, was ihm als „das Staerkste“ erscheint, ist seine Analyse zutreffend. Mit dieser Diskriminierung von Julia Timoschenko und dem absolut notwendigen und heldenhaften Widerstand gegen die Diktatur von Yanukowitch schafft er nur neue Verwirrung.

Das ukrainische Volk hatte keine andere Wahl mehr als mit einem allgemeinen Volksaufstand gegen die Auspluenderung und Unterdrueckung des Yanukowitsch-Regimes vorzugehen. Ploetzlich wird dieser Diktator als der „legitim gewaehlte Praesident“ dargestellt und das aufstaendische Volk als Mob. Und seine Verbrechen, wie die Verurteilung zum Kerker der Oppositionsfuehrerin Julia Timoschenko, wird offenbar legitimisiert. Sind die geraubten Milliarden, die waehrend des Yanukwitsch-Regimes in den Westen geflossen sind, der Grund, warum der Sturz dieses „legitim gewaehlten“ Verbrechers so oft bedauert wird?

Die Ukrainer hatten jedes Recht zu dieser Volkserhebung. Aber sich in die Arme des Westen fluechten zu wollen, ist ein schwerwiegender Fehler. Die ukrainische Regierung hat damit die legitimen russischen Sicherheitsinteressen ohne Notwendigkeit herausgefordert. Russland kann eine Totaleinkreisung durch die NATO/USA nicht hinnehmen. Ich fuerchte, die Weltpolitik nimmt jetzt einen noch uebleren Verlauf in Richtung wiederbelebten Kalten Krieg und erneuter Bi-Polaritaet. Nicht nur die Ukraine, ganz Europa wird darunter leiden.

Warum gibt Herr Kelter der ukrainischen Regierung nicht den Rat strikte Neutralitaet zu erklaeren?

Helmut Wild

Helmut Wild
Helmut Wild
10 Jahre zuvor

Adelinde, Sie scheinen die Verlogenheit westlicher Propaganda recht gut zu durchschauen, ziehen daraus aber den absurden Schluss, Putins Politik, weil sicherlich anti-westlich, waere deshalb ueber jeden Verdacht erhaben, vielleicht sogar unser Verbuendeter im Kampf gegen die Vorherrschaft der USA.

Genauso, wie die meisten Ukrainer, mit ihrer 300-jaehrigen Schreckenserfahrung russischer Unterjochung, auf die Illusion abfahren, der Westen sei ihre Errettung.

Es scheint nicht leicht zu sein, sich von der Illusion zu befreien, der Feind unseres Feindes verdient unsere Loyalitaet und unser Vertrauen.

Das gilt fuer Sie, Adelinde, genauso wie fuer jene Ukrainer, die ihren traditionellen Feind (russischer Chauvenismus / Putin) richtig einschaetzen und deshalb glauben, der Westen sei ihr Freund.

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