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Auch Voltaire „bequemt“ sich,

wie er Friedrich schreibt,

zu der Anschauung, daß ein höchstes Wesen existiere [allerdings auch nur vernunftmäßig und daher vage vermutend, nicht erkennend] als der wahrscheinlichsten und glaubhaftesten,

versucht aber, Friedrichs Glauben an die „Prädestination“ auf dem Wege vernunftmäßiger Beweisführung auszutreiben. Er schreibt:

Sie gestatten, daß man wider Sie argumentiert …

1. Was verstehe ich unter Freiheit? Die Kraft zu denken und dementsprechende Bewegungen auszuführen; eine höchst begrenzte Kraft, wie alle meine Fähigkeiten.

2. Bin ich es, der denkt und Bewegungen ausführt? Ist es ein anderer, der all das für mich tut? Falls ich es bin, bin ich frei … Handelt ein anderer an meiner Stelle? Ich werde von diesem anderen getäuscht, wenn ich vermeine, selbst der Tätige zu sein.

3. Wer ist der andere, der mich täuschen möchte? Entweder gibt es einen Gott oder nicht. Gibt es einen Gott, dann täuscht er mich unablässig … Wenn es keinen Gott gibt, wer täuscht mich dann? Die Materie, die selbst ohne Intelligenz ist?

Das ist Logik, aber zur Erkenntnis göttlicher Freiheit führt sie nicht.

In einem etwas späteren Brief wird dann neben der Logik ein Gottahnen bei ihm deutlich, wenn er Friedrich das Automatenhafte des vorbestimmten Menschen klarmacht:

Ihre Neigung zu Ordnung und Gedankenverknüpfung hat Ihnen Gott nachdrücklich als einzigen und rundum unendlichen Herrn vorgeführt; … ein fundamentaler Grundgedanke …, aus dem sich die unentrinnbare Fatalität allen Naturgeschehens ergibt. Doch noch eine andere Denkweise scheint Gott sogar mehr Macht zu verleihen und aus ihm ein Wesen zu machen, das unserer Anbetung, wenn ich so sagen darf, noch würdiger ist; wenn wir ihm die Macht zuschreiben, freie Geschöpfe zu erschaffen. Die erste Denkmethode bringt einen Gott der Automaten hervor, die andere einen Gott der denkenden Geschöpfe.

Doch Friedrich antwortet:

Was in uns denkt, ist mit Sicherheit eine Wirkung oder ein Ergebnis der Mechanik unserer belebten Maschinerie.

Der Mensch eine Maschine, ein Uhrwerk, wenn auch ein beseeltes, und Gott der Uhrmacher, wie Friedrich fortfährt:

Es ist natürlicher, daß Gott alles vollbringt und der Mensch Werkzeug seines Willens ist, als sich einen Gott zu denken, der eine Welt schafft und sie mit Menschen bevölkert, um sodann mit verschränkten Armen dazustehen und seinen Willen und seine Macht den Kaprizen des Menschengeistes zu unterwerfen. Das kommt mir so vor, wie wenn ein Amerikaner oder irgendein anderer Wilder zum ersten Mal eine Uhr sieht; er wird glauben, daß der Stundenzeiger sich von selbst dreht, und nicht vermuten, daß es versteckte Federn gibt, die ihn bewegen, und noch weniger wird er vermuten, daß der Uhrmacher die Uhr so gemacht hat, daß sie exakt die Bewegungen tut, die sie tun muß. Dieser Uhrmacher ist Gott.

Damit leugnet Friedrich die Willens- und Wahlfreiheit des Menschen.

Er sieht den Menschen als Rädchen im Uhrwerk des Welten-Mechanikers, genannt Gott! Neben der europäischen Überheblichkeit gegenüber dem Gottglauben der sogenannten Wilden, der in Wirklichkeit oft höher angesiedelt ist als die abrahamitischen Weltreligionen, erleben wir hier die kläglichen Versuche der Vernunft beider Philosophen, dem Wesen Gottes beizukommen.

Friedrich erlebt zwar in sich den Freiheitsstolz, verläßt sich aber auf die Vernunft mit ihren willkürlich gesetzten, aus dem Christentum übernommenen Vorgaben und davon abgeleiteten logischen Schlüssen, die in die Irre führen müssen, und auch seine ach so erlauchte Tischgesellschaft kluger Männer weiß sicherlich nichts Besseres.

Friedrich war freier Schriftsteller, er komponierte, spielte Querflöte, seine einzigartige Beseeltheit, mit der er die langsamen Sätze vortrug, wird von mehreren seiner Zuhörer hervorgehoben, er erlebte also in sich selbst Schöpfertum, Freiheit ihrem göttlichen Wesen nach, aber diesem Philosophen von Sanssouci gelang es wie all seinen Kollegen vor und nach ihm nicht zu ergründen, was es wirklich im Letzten mit der Freiheit auf sich hat.

Das zu klären, was Freiheit ihrem göttlichen Wesen nach sei, blieb der großen Philosophin von Tutzing, der Schöpferin der Gotterkenntnis Mathilde Ludendorff, vorbehalten.

Sie erkannte den Sinn des Weltalls im Schöpfungsziel des Göttlichen, sich ein Bewußtsein seiner selbst zu schaffen, und so wurde das Ich der Menschenseele, die „einzige Stätte der Freiheit im All“. Wir lesen im dichterischen Teil ihres Werkes Des Menschen Seele:

Seit unermeßlichen Zeiten schritt das Werden der Schöpfung
Still und feierlich dem fernen, hehren Ziele der Freiheit entgegen!
Und endlich, in dem Erfüller des Schöpfungszieles, dem Menschen,
Erwacht dann der Schöpfer dieser gewordenen Seele, das Ich,
Und wie ein Ahnen ist diesem Ich ein göttliches Leben geschenkt.
Es kennt dieses Ich … Zeiten der Feier der Seele …
Es sind die Stunden dem göttlichen Leben geweihter Ruhe;
Da schweiget Lustsehnen, Leidangst und schweiget ererbtes Wollen.
In solchen Stunden wählt dann das Ich, ursachlos wie Gott selbst,
Das Göttliche, steigt auf in Gottnähe oder schafft sich Gotteinklang …
Oder aber das Ich verwertet die Stunde der Ruhe zur Selbstverkümmerung.

Damit zeigt Mathilde Ludendorff die Wahlfreiheit des Ichs auf, sich für oder gegen göttliches Leben in sich zu entscheiden, für oder wider den Sinn seines Lebens, Gottesbewußtsein zu sein.

Nachdem sie die Werke Immanuel Kants gelesen hatte, in denen er die Grenzen der reinen Vernunft aufzeigt, waren dieser Philosophin Vernunftübergriffe auf das Gebiet des Wesens der Dinge nicht mehr möglich. Statt dessen erkannte sie die Intuition, die innere Schau, als 2. Erkenntnisfähigkeit, die das Wesen der Dinge spontan, also unverursacht, wahrnehmen kann, deren Erleben aber kaum in Worte faßbar sind und für das keine logischen Beweise angeführt werden können, weil es wie Gott selbst über die Kategorien der Erscheinungswelt erhaben ist und – davon frei – von selbst entsteht. Ganz ebenso entstehen die Werke der Kultur. In dem Werk Das Gottlied der Völker von M. Ludendorff lesen wir:

… Kultur erträgt nicht Absicht!
Worte und Taten, die ein Gottgleichnis und daher Kultur sind,
… entströmen der Seele
In erhabener Ursprünglichkeit, dem Wesenszuge des Göttlichen,
Und können ihr nur in unbedingter Freiheit entströmen!

Einem Erkennen dieser göttlichen Freiheit im Menschen stellte sich Friedrich seine Vernunft in den Weg, somit hing er auch in seiner Suche nach dem Lebenssinn in der Luft:

Wir sind auf der Welt, um zu arbeiten,

war sein wenig befriedigendes Denkergebnis.

Niemand hat uns gefragt, ob wir zur Welt kommen wollen. Man setzt uns hinein, Gott weiß wie. Wir leiden an Leib und Seele und sterben dann, ohne daß jemand uns sagen könnte, warum wir diese Verwandlungen durchmachen und in so viele grausame Lebenslagen kommen, nur um zu sterben und ins Grab zu sinken, tief empört über die alberne Rolle, die wir haben spielen müssen.

„Erkenntnis – Erlösung“, wie wäre sie diesem Wahrheitssucher zu wünschen gewesen, dessen Gottahnen immer wieder zu Tage tritt, wenn er z. B. sagt:

Es handelt sich nicht darum, daß der Mensch den Faden seines gleichgültigen und unnützen Lebens bis auf Methusalems Alter dehnt. Je mehr er gedacht, je mehr schöne und nützliche Taten er verrichtet, je länger hat er gelebt.

Die Erhabenheit des Lebendigen über die Zeit bringt er hier zum Ausdruck. Und auch die Zweckerhabenheit ist ihm erlebbar:

Es gibt glückliche Sterbliche, edle Seelen, die die Tugend um der Tugend willen lieben; Gutes zu tun erfüllt ihr Herz mit reiner Freude. Ihnen ist es gleichgültig, ob Eigennutz oder das öffentliche Wohl es erheischen, daß sie tugendhaft sind.

Gehört er nicht zu ihnen mit seinem Werk der Freiheit in seinem Staat Preußen? Als Mensch, der die göttlichen Wünsche zum Schönen, zum Wahren, zum Guten so stark in sich erlebt, flüchtet er sich schließlich in den Glauben, der Mensch sei weniger zur Erkenntnis als vielmehr zum Handeln gemacht. So handelt er denn, und sein Handeln zielt auf Meinungs- und Glaubensfreiheit und auf Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz.

Friedrich schafft den kraftvollen Anfang eines Rechtstaates.

Er findet,

daß hohe Geburt nur eine Chimäre ist und daß alle Menschen gleich sind, wenn sie sich nicht durch Verdienste hervortun.

An den genialen Rechtsgelehrten und Erneuerer der preußischen Gesetzgebung in seinen Diensten, Cocceji, schreibt er:

Ich habe wiederholt bemerkt, daß die Edelleute und Gerichtsobrigkeiten ihre Untertanen, wenn sie sich etwas zuschulden kommen ließen, mit derart grausamen und barbarischen Strafen belegen lassen, daß dieselben entweder um ihre Gesundheit kommen oder landesflüchtig werden. Ich werde solches Unwesen nicht länger dulden und auf Zuständen beharren, wie sie sich unter gesitteten Völkern geziemen.

Dabei gilt sein besonderes Augenmerk der Erlösung der Bauern aus ihrer Knechtschaft. Er schreibt an Cocceji:

Die Sklaverei der in Pommern noch üblichen Leibeigenschaft erscheint mir so hart und ist von so üblem Effekt für das ganze Land, daß ich wohl wünschte, daß solche wohl aufgehoben und, zum Besten des Adels selbst, auf eine gute Art gänzlich abgeschafft werden könnte.

Doch der völlige und sofortige Durchbruch ist unter den gegebenen Umständen nicht möglich,

wenn der König seinen Staat nicht aufs Spiel setzen will: Zu tief unterscheiden sich in ihrem Bildungsstand und Staatsbewußtsein die Junker von den Bauern und einfachen Bürgern. Friedrich muß daher auf den Adelsstand Rücksicht nehmen, der ihm für seine Innenpolitik die Beamtenschaft und für die Außenpolitik die Offiziere stellt. So ist es Weisheit, die diesen Staatslenker angesichts der Gegebenheiten seiner Zeit es bei der Sonderung der Stände ihrer Aufgaben wegen beläßt, außer im Strafrecht.

die gesetze Seyndt vor alle Leute, sie mögen Marschall heißen oder nicht und Wenn ihm das nicht ansteht, so Kann er aus dem Lande gehen,

lesen wir eine der Randbemerkungen Friedrichs des Großen. Und:

Die Justiz verfassung im lande Kann auf Keiner art geändert werden Weillen die Gesetze regieren Müßen.

Die spezifische Kleiderordnung aber für jeden Stand, die Tatsache, daß bei Festen durch den Saal Schranken gezogen wurden, damit sich die „vornehme Gesellschaft“ nicht mit der „Plebs“ gemein zu machen brauchte, die Ansicht, daß Heiraten zwischen Adligen und Bürgerlichen als Verstoß wider die guten Sitten betrachtet werden, zeigen die Grenzen des damals Möglichen.

So räsoniert Lessing 1784 Nicolai gegenüber:

Sagen Sie mir von Ihrer Berlinischen Freiheit … ja nichts, sie reduziert sich einzig und allein auf die Freiheit, gegen die Religion so viel Sottisen (Sticheleien)zu Markte zu bringen, als man mag. Lassen Sie einen in Berlin auftreten, der für die Rechte der Untertanen, der gegen Aussaugung und Despotismus seine Stimme erheben wollte, wie es jetzt sogar in Dänemark und Frankreich geschieht –, und Sie werden bald die Erfahrung haben, welches bis auf den heutigen Tag das sklavischste Land von Europa ist.

Bedenkt Lessing, daß Politik die Kunst des Möglichen ist? Doch wie sehr auch ein Freigeist wie Friedrich seiner Zeit verhaftet und dadurch in seinem Denken gespalten ist, zeigen einige seiner Randbemerkungen:

Fui wohr Er So was vohrschlagen Kann,

schreibt er auf den Antrag eines Adligen, eine Bürgerliche ehelichen zu dürfen.

Ist es erlaubt, das Staabs-Officiers mit Feldwebels Essen und umbgehen, das ist Schändlich.

Ein Unterofficier ist ja mehr wie ein Schneider.

Die Prister Döchter, warum heirathen sich die Huren nicht, wenn Sie gebrechlich Seindt So kann Man Sie versorgen, seindt Sie gesundt So können Sie heirathen oder arbeiten, das Komt ihren Stande zu.

Andere Schranken dagegen hebt er auf:

In meinen Landen kann sich etablieren, was will.

Voltaire schreibt er:

Ich verhandle derzeit mit tausend mohammedanischen Familien, denen ich in Westpreußen Heimstätten und Moscheen geben will. So wird es hier die vorgeschriebenen Fußwaschungen geben, und ohne empört zu sein, wird man hilli und halla singen hören. Dies war die einzige Sekte, die in diesem Lande noch fehlte.

Mit der Ansiedelung Fremdvölkischer geht er so weit, daß er 3000 Franzosen in Preußen als Zöllner und Steuereintreiber über die einheimische Bevölkerung setzt. Das gibt böses Blut bis zur Siedehitze:

Mein Friedrich braucht zu seinem ganzen
Regierungswesen lauter Franzen,

spottet Gottfried August Bürger, und Johanna Schopenhauer schildert anschaulich, wie es in Danzig zuging und was dabei herauskam:

französische Kaffeeriecher, von ihrem ehrenvollen Amte so benannt, spürten in Höfen, Häusern und Küchen dem Geruch des frischgebrannten Kaffees nach, der innerhalb der preußischen Grenze nicht anders als schon gebrannt verkauft werden durfte. Durch alles dieses steigerte sich die allgemeine Erbitterung sowohl gegen die französische Regie, als gegen den großen König, der dieses Unerträglichste mit dem Rechte des Stärkeren über uns verhängte, aufs höchste.

Allmählich kommt auch Friedrich zu der Ansicht:

… daß es lauter solch’ Schurkenzeug ist, die Franzosen. Das kann man wegjagen, wenn man will.

Ich will keine Frantzosen Mehr sie seynd gar zu liderlich und machen lauter liderliche Sachen.

Zu der Ansicht war ja schon sein Vater gekommen! Aber mit seinem eigenen Volk war es eben noch nicht weit her. Er findet:

alle die Berliner Seindt faul Deufelstzeuch di lieber Stellen als arbeiten wollen.

Daher geht’s jetzt darum, Schulen, Schulen und nochmals Schulen zu bauen.

Hunderte Schulen läßt er errichten. Aber woher die Lehrer nehmen?

Die Oehrter Seyndt ganz gut ausgesucht, die schlechten Schulmeister Seindt  Schneiders die Meisten, und Müßte Man Sehen ob man Sie nicht in kleinen Stetten könne Schneidern lassen, oder wie Man Sie Sonsten Unterbringet damit die Schuhlen desto ehr im guhten Stande kommen können.

Schneider als Lehrer ja, aber

keinen Pfafen, da kommt nichts mit heraus.

Da hört seine Toleranz dann auf. Aber, was selbst Voltaire nicht mehr nachvollziehen kann:

Friedrich der Große gewährt dem in einigen europäischen Ländern verbotenen Jesuitenorden in Preußen Asyl,

obwohl ihm bewußt ist, welche Gefahr diese Organisation in sich birgt, die extrem hierarchisch gegliedert ist, den Kadavergehorsam verlangt und skrupellos seine Weltmachtziele verfolgt nach dem Motto

der Verwesung lieber als der Freiheit,

wie Schiller es dem Großinquisitor im Don Carlos so treffend in den Mund legt, schreibt der König doch an d’Alembert darüber:

Ein Orden, dem Ignaz die Regel gab, entspinnt in seinem Schoße Mord, der Staaten und der Bürger Untergang.

d’Alembert gesteht er:

Beschuldigen Sie mich zu weit getriebener Toleranz. Auf diesen Fehler werde ich stolz sein, und es wäre zu wünschen, daß man den Fürsten keine andern als solche Fehler vorzuwerfen hätte.

Darüber kann man auch anderer Meinung sein. Denn:

Wo bleibt die Weisheit des Maßes,

eines Maßes, das sich am Gedeihen des eigenen Volkes ausrichtet, dem er sich doch als „1. Diener des Staates“ verpflichtet fühlt? Warum lädt er seinem Volk unnötig Gefahren auf? Kann er auf solche Fehler zu weit getriebener Toleranz wirklich stolz sein?

Was anderes ist es, wenn er versichert, „Wasser zutragen“ zu wollen, wenn jemand wegen seines abweichenden Glaubens verbrannt werden soll,

Wasser zutragen, um seinen Scheiterhaufen zu löschen!

Kant schreibt:

Ein Fürst, der es seiner nicht unwürdig findet zu sagen, daß er es für Pflicht halte, in Religionsdingen den Menschen nichts vorzuschreiben, sondern ihnen darin volle Freiheit zu lassen, … ist selbst aufgeklärt und verdient, von der dankbaren Welt und Nachwelt … gepriesen zu werden …

Friedrich vertraut auf die Überzeugungsmacht der Wahrheit,

die nur zu erscheinen brauche, um sich allmählich durchzusetzen. An Voltaire schreibt er:

Die Toleranz muß in einer Gesellschaft jedermann die Freiheit zusichern zu glauben, was er glauben will; aber diese Toleranz darf nicht so weit gehen, die Dreistigkeit und Zügellosigkeit von unbesonnenen jungen Leuten gutzuheißen, die beleidigen, was das Volk verehrt.

Hierin stimmt er mit Mathilde Ludendorff überein, die ihrem Gesamtwerk den Spruch voranstellt:

… schreitet leise, daß ihr sie nicht stört,
die in den alten Tempeln gläubig knien,
das Göttliche erlebend.

Friedrich fügt d’Alambert gegenüber noch einen bemerkenswerten

Gedanken über sein Deutschtum

hinzu:

Ich wette, wenn Sie dies lesen, denken Sie: Das ist so recht deutsch, das riecht nach dem Phlegma einer Nation, die keine ungestümen Leidenschaften kennt … Seitdem Kaiser Karl der Große sich entschloß, uns zu Christen zu machen, indem er uns die Gurgel zudrückte, sind wir, wie wir sind …

Und an anderer Stelle stellt er fest:

Wer Tacitus oder Cäsar gelesen hat, wird noch heute die Deutschen, die Franzosen und Engländer an den Farben wiedererkennen, mit denen jene sie malen. Achtzehn Jahrhunderte konnten sie nicht auslöschen …

Ja, glaubt er die Wesensmerkmale der Völker trotz seiner Einwanderungspolitik erhalten zu können? Will er das überhaupt? Und hat er sein Volk gefragt, ob es diese Überfremdung und damit Veränderung seines Wesens will? Wo bleibt hier die Freiheit? – Nun ja, zu Friedrichs des Großen Zeit wurde noch nirgendwo das Volk gefragt.

Ist das aber in dieser für den Bestand des Wesens der Völker und damit für den Bestand der Mannigfaltigkeit der Menschheit in ihren menschlichen Gemeinschaften, den Völkern, so wichtigen Frage heute anders? Wurden wir gefragt, ob wir die massenweise Einwanderung Nichtdeutscher wollten, die heute bereits 20 % der Bevölkerung in Deutschland ausmachen? Wurden wir gefragt, ob wir mit den Absichten Joschka Fischers übereinstimmen, daß wir in unserem Bestand als deutsches Volk „ausgedünnt“ würden?

Ich komme zum Schlußergebnis:

Der Philosoph von Sanssouci tritt uns auf der einen Seite in seiner innerseelischen Teilhabe am Unendlichen göttlicher Freiheit vor das innere Auge und auf der anderen Seite in den Grenzen, die ihm – wie jedem Menschen – von den Gesetzen der Endlichkeit vorgegeben sind. Er hat wahrlich übermenschliche Anstrengungen unternommen, das eine mit dem andern zu vereinbaren, um innere und äußere Freiheit bei den Menschen seines Staates voranzubringen, und das im Zeitalter des Absolutismus als erster Monarch Europas. Darin liegt seine Größe.

Als Philosoph von Sanssouci blieb ihm wie allen sogenannten Weltweisen vor Mathilde Ludendorff die Erkenntnis des Wesens göttlicher Freiheit verschlossen. Das Tor zu diesem Gotterkennen endlich aufgestoßen zu haben –  nach Jahrtausenden menschlichen Suchens und Dichtens und Jahrhunderten der Vernunftvergottung und irrenden Überschreitung der Vernunftgrenzen –, dieses Tor endlich aufgestoßen zu haben, so daß die Menschen nur hindurchzuschreiten brauchten, darin liegt die Größe der Philosophin von Tutzing Mathilde Ludendorff.

Schrifttum

  1. Friedrich der Große, Antimachiavell, Deutsche Bibliothek in Berlin o.J.
  2. Friedrich der Große auf Seiten Ludendorffs – Friedrichs des Großen Gedanken über Religion, Archiv-Edition Viöl 2000, Faksimile der 1932 im Ludendorffs Verlag in München erschienenen Ausgabe
  3. Friedrich der Große, Die Politischen Testamente, Verlag Heinz Treu München 1936
  4. Friedrich der Große – Meine Zeit, herausgegeben von Eberhard Kessel, Bibliographisches Institut AG. Leipzig 1935
  5. Friedrich der Große – Aus seinen Werken und Briefen, Göttinger Arbeitskreis, Holzner Verlag Würzburg 1962
  6. Kant, Immanuel, Kritik der reinen Vernunft 1781
  7. Kant, Immanuel, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? 1784
  8. Kant, Immanuel, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten 1785
  9. Kant, Immanuel, Kritik der Urteilskraft 1790
  10. Ludendorff, Mathilde, Triumph des Unsterblichkeitwillens, München 1922
  11. Ludendorff, Mathilde, Des Menschen Seele, München 1923
  12. Ludendorff, Mathilde, Selbstschöpfung, München 1923
  13. Ludendorff, Mathilde, Das Gottlied der Völker, München 1935
  14. Ludendorff, Mathilde, Das Hohe Lied der göttlichen Wahlkraft, Pähl 1957
  15. Machiavelli, Niccolò, Il Principe – Der Fürst, Italienisch/Deutsch, Reclam Stuttgart 2004
  16. Malms, Titus, Friedrich als Freimaurer, in: Alfter, Dieter (Herausgeber), Friedrich der Große – König zwischen Pflicht und Neigung, Deutsche Stiftung Denkmalschutz o.J.
  17. Mast, Peter, Die Hohenzollern in Lebensbildern, Styria Graz Wien Köln 1988
  18. Mirabeau in Berlin als geheimer Agent der französischen Regierung, herausgegeben von Henry Welschinger, übertragen und bearbeitet von Oskar Marschall von Bieberstein, Leipzig 1900
  19. Mittenzwei, Ingrid, Friedrich II. und Preußen – Biographie, Pahl-Rugenstein Köln 1983
  20. Müller, Friedrich Ludwig und Beatrice Härig, Die Markgräfin – Aus dem Leben der preußischen Prinzessin Wilhelmine, Deutsche Stiftung Denkmalschutz o.J.
  21. Murawski, Dr. Erich nach Georg Borchardt neu bearbeitet, Ihr Wintbeutel und Erzschäker – Die Randbemerkungen Friedrichs des Großen, Podzun-Verlag Bad Nauheim 1963
  22. Pangels, Charlotte, Friedrich der Große – Bruder, Freund und König, Diederichs München 1995
  23. Perfahl, Jost, Wer die Wahrheit liebt – Gedanken und Betrachtungen Friedrichs des Großen, Langen-Müller München 1993
  24. Pleschinski, Hans, Voltaire – Friedrich der Große – Briefwechsel, dtv klassik München 1994
  25. Venohr, Wolfgang, Der Soldatenkönig – Revolutionär auf dem Thron, Ullstein 1988
  26. Venohr, Wolfgang, Fridericus Rex – Friedrich der Große – Porträt einer Doppelnatur, Gustav Lübbe Verlag Bergisch-Gladbach 1986
  27. Venohr, Wolfgang, Fritz der König, Ullstein Frankfurt/M. Berling 1985
  28. Voltaire, Aphorismen und Gedankenblitze, Wilhelm Heyne Verlag München 1979
  29. Voltaire, Briefe aus England, Diogenes Verlag Zürich 1994
  30. Voltaire, Weltenwanderer, Verlag Deutsche Volksbücher Stuttgart 1950
  31. Voltaire, Wie die Welt es treibt, Scherpe Verlag Krefeld 1948
  32. Volz, Gustav Berthold, Der Große König – Werke, Briefe und Gespräche, Verlag Reimar Hobbing in Berlin o.J.
  33. Wintersteiner, Marianne, Meine Schwester in Bayreuth – Markgräfin Wilhelmine und ihr Bruder Friedrich der Große, Stieglitz Verlag Mühlacker 2000
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