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Was sagen unsere großen deutschen Denker zu Fragen der abrahamitischen Religionen?

Matthias Köpke führt einige an:

Arthur Schopenhauer

 

Arthur Schopenhauer als junger Mann, porträtiert 1815 von Ludwig Sigismund Ruhl (Bild: Wikipedia)

„Die Religionen wenden sich ja eingeständlich nicht an die Überzeugung mit Gründen, sondern an den Glauben mit Offenbarungen. Zu diesem letzteren ist nun aber die Fähigkeit am stärksten in der Kindheit: Daher ist man vor allem darauf bedacht, sich dieses zarten Alters zu bemächtigen.

Hierdurch, vielmehr noch als durch Drohun-gen und Berichte von Wundern, schlagen die Glaubenslehren Wurzeln. Wenn nämlich dem Menschen in früher Kindheit gewisse Grund-ansichten und Lehren mit ungewohnter Feierlichkeit und mit der Miene des höchsten, bis dahin noch nie gesehenen Ernstes wiederholt vorgetragen werden, dabei die Möglichkeit eines Zweifels daran ganz übergangen, oder aber nur berührt wird, um daraus als den ersten Schritt zum ewigen Verderben hinzudeuten, da wird der Einbruch so tief ausfallen, daß in der Regel, das heißt in fast allen Fällen, der Mensch beinahe so unfähig sein wird, an jenen Lehren wie an seiner eigenen Existenz zu zweifeln.“ (Parerga und Paralipomena)

„Wenn die Welt erst ehrlich genug geworden sein wird, um Kindern vor dem 15. Jahre keinen Religionsunterricht zu erteilen, dann wird etwas von ihr zu hoffen sein. Obschon dem Intellekt (Geist) die Form seines Erken-nens angeboren ist, so ist es doch nicht der Stoff oder die Materie derselben.

Er ist also in Hinsicht auf diese doch eine tabula rasa, ein Blatt weißen Papiers; auf dieses gedenkt die Natur erstlich Bilder zu zeichnen, dann Begriffe zu schreiben, und diese mit immer schärferen und stärkeren Umrissen: sie sollen der Leitstern seines Handelns sein. –

Nun aber kommt man unredlicher und schändlicher Weise mit dem sechsten Jahr des Kindes und zeichnet mit dicken, unauslösch-lichen Zügen die Begriffe der positiven Religion auf jene tabula rasa (leeres Blatt, leere Tafel) und verdirbt der Natur für immer ihr schönes weißes Blatt:

Man richtet den jungen Intellekt ab, gegen seine Natur und Organisation den monströ-sen Begriff einer individuellen und persön-lichen Weltursache zu denken, ferner absoluten Weltanfang und dergleichen mehr.

Dadurch verbaut man auf immer den freien Horizont des Geistes, versperrt die ihm gegebene Aussicht in die Unendlichkeit der Wesenswelt, verdeckt das Feld der freien Forschung und verkrüppelt seine Natur, damit sie zur Assimilation (Aufnahme) des Falschen tauglich werde.“ (Nachlaß)

„… Hingegen das Grundgeheimnis und die Urlist aller Pfaffen, auf der ganzen Erde und zu allen Zeiten, mögen sie brahmanische oder mohammedanische, buddhistische oder christliche sein, ist folgendes:

Sie haben die große Stärke und Unvertilgbar-keit des metaphysischen Bedürfnisses des Menschen richtig erkannt und wohl gefaßt: nun geben sie vor, die Befriedigung des-selben zu besitzen, indem das Wort des großen Rätsels ihnen, auf außerordentlichem Wege, direkt zugekommen wäre.

Dies nun den Menschen einmal eingeredet, können sie solche leiten und beherrschen nach Herzenslust. Von den Regenten gehen daher die klügeren eine Allianz mit ihnen ein: die anderen werden selbst von ihnen beherrscht.

Kommt aber einmal, als die seltenste aller Ausnahmen, ein Philosoph auf den Thron, so entsteht die ungelegenste Störung der ganzen Komödie. …“ (Band 6. § 177.)

Friedrich Schiller

 

Ölgemälde von Anton Graff, erste Sitzungen fanden im Frühjahr 1786 statt, vollendet wurde das Porträt im Herbst 1791.  (Wikipedia)

„Man sollte es sich zur heiligsten Pflicht machen, dem Kind nicht zu früh einen Begriff von Gott beibringen zu wollen. Die Forderung muß von innen heraus geschehen, und jede Frage, die man beantwortet, ehe sie aufge-worfen ist, ist verwerflich.

Man sagt dem Kind öfters im sechsten bis siebten Jahre etwas vom Schöpfer und Erhalter der Welt, wo es den großen, schönen Sinn dieser Worte noch nicht ahnen kann und so sich seine eigenen, verworrenen Vorstel-lungen macht. —

Das Kind hat vielleicht seine ganze Lebens-zeit daran zu wenden, um jene irrigen Vorstellungen wieder zu verlieren.“ (Schiller zu Christiane v. Wurmb.)

Andere berühmte Deutsche über das Christentum

 

Heinrich von Treitschke

„Auch in der Gesellschaft lebt noch weit mehr Unduldsamkeit und – was des selben Dinges Kehrseite ist – weit mehr religiöse Feigheit, als dem Volke Herders und Lessings geziemt.

Wer irgendeinen Begriff davon hat, in welcher ungeheuren Ausdehnung der Glaube an das Dogma der christlichen Offenbarung dem jüngeren Geschlechte entschwunden ist, der kann nur mit schwerer Sorge beobachten, wie träge, ja wie verlogen Tausende einem Lippenglauben huldigen, der ihrem Herzen fremd geworden ist.“ (Heinrich von Treitschke, 1861.)

 

Friedrich Nietzsche, ca. 1875 (Wikipedia)

„Jede Praktik jedes Augenblicks, jeder Instinkt, jede zur Tat werdende Wert-schätzung ist heute antichristlich: was für eine Mißgeburt von Falschheit muß der moderne Mensch sein, daß er sich trotzdem nicht schämt, Christ noch zu heißen!“ (Friedrich Nietzsche, Der Anti-Christ.)

 

Johann Wolfgang Goethe, Ölgemälde von Georg Oswald May, 1779 (Wikipedia)

„Ich habe nichts gegen die Frömmigkeit,
Sie ist zugleich Bequemlichkeit;
Wer ohne Frömmigkeit will leben,
muß großer Mühe sich ergeben.“
(Johann Wolfgang Goethe, Zahme Xenien, Siebente Reihe, 56.)

Otto von Bismarck

 

Otto von Bismarck, um 1862 (Wikipedia)

„Es ist meines Erachtens eine Fälschung der Politik und der Geschichte, wenn man seine Heiligkeit den Papst ganz ausschließlich als den Hohenpriester einer Konfession oder die katholische Kirche als Vertreter des Kirchen-tums überhaupt betrachtet.

Das Papsttum ist eine politische Macht jederzeit gewesen, die mit der größten Entschiedenheit und dem größten Erfolg in die Verhältnisse dieser Welt eingegriffen hat, die diese Eingriffe erstrebt und zu ihrem Programm gemacht hat. Die Programme sind bekannt.

Das Ziel, welches der päpstlichen Gewalt … ununterbrochen vorschwebte, das Programm, das zur Zeit der mittelalterlichen Kaiser seiner Verwirklichung nahe war, ist die Unterwerfung der weltlichen Gewalt unter die geistliche, ein eminent politischer Zweck, ein Streben, welches ebenso alt ist wie die Menschheit; denn so lange hat es auch, sei es kluge Leute, sei es wirkliche Priester gegeben, die die Behauptung aufstellten, daß ihnen der Wille Gottes genauer bekannt sei als ihren Mitmenschen, und daß sie auf Grund dieser Behauptung das Recht hätten, ihre Mitmenschen zu beherrschen, und daß dieser Satz das Fundament der päpstlichen Ansprüche auf Herrschaft ist, ist bekannt.“ (Otto von Bismarck, Rede vom 10. März 1873.)

Mathilde Ludendorff

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