Feed für
Beiträge
Kommentare

Heiliger Geist zu Hohemaien

Pfingsten, das liebliche Fest, ist gekommen

(frei nach Goethe), und Adelinde wünscht allen LeserInnen frohen Genuß des Grünens und Blühens.

Die Elbe-Jeetzel-Zeitung heute morgen brachte mir pfingstliche Freude am heiligen Geist mehrerer Menschen. Drei seien herausgegriffen:

1. Percy Schmeiser kämpft gegen die neue Leibeigenschaft

Der deutschstämmige kanadische Farmer (77), Träger des “alternativen Nobelpreises”, kommt nach Hitzacker, um die Menschen hierzulande davor zu warnen, die gleichen Erfahrungen mit der Firma Monsanto zu machen, die er in Kanada gemacht hat.

Seine Vorfahren hatten Ende des 19. Jahrhunderts Bayern verlassen, weil sie aus den dortigen feudalen Abhängigkeiten in die Freiheit strebten. Doch bereits 100 Jahre später geriet seine Familie im Land mit der Freiheitsstatue vorneweg erneut in die Abhängigkeit, Schmeiser nennt sie die “neue Leibeigenschaft”.

Die EJZ berichtet:

Erst sollte er Lizenzen bezahlen für Saatgut, das er nie gekauft hatte. Weil auf seinem Acker angeblich gentechnisch veränderte Pflanzen (GVO) wuchsen, die ein von Monsanto patentiertes Gen enthielten. Dann mußte er um seine ganze Farm kämpfen. Und schließlich bekam er von einem Monsanto-Vertreter zu hören, irgendwann werde man ihn schon zerstören.

Ohne die Hilfe von außen hätten er und seine Familie diesen seit zwölf Jahren andauernden Kampf nicht durchgestanden, erklärte der Farmer. Solange noch Leben in ihm sei, werde er gegen die neue Leibeigenscahft kämpfen. Denn die Gentechnik in der Landwirtschaft ist seiner Erfahrung nach nicht nur ein gesundheitliches Problem. Wenn etwa Schweine und Rinder ihre Fruchtbarkeit verlieren.

Es sei auch ein gesellschaftliches und politisches Problem. Jeder Bauer, der bei Monsanto unterschreibe, begebe sich in die vollständige Abhängigkeit. Er dürfe kein anderes Saatgut verwenden und sei gezwungen, ausschließlich die Chemikalien zu verwenden, die von dem Konzern bereitgestellt werden. Außerdem verzichte er darauf, bei nachträglich bekannt werdenden Schäden Klagen gegen den Konzern zu erheben.

Offenbar ist in Kanada auch die Rechtsprechung bereits korrumpiert:

Ein Gericht entschied, daß die gesamte Ernte, in der sich Pflanzen mit dem Monsanto-Gen finden, dem Konzern gehört. Das gelte in Kanada auch dann, wenn die Ernte solche Pflanzen auch nur enthalten könnte.

Europa habe im Unterschied zu Nordamerika noch die Chance, sich zu entscheiden, erklärte Schmeiser.

Er ist ganz offensichtlich von dem heiligen Geist beseelt, uneigennützig auf diesem Erdball zu retten, was noch zu retten ist. Hoffentlich läßt sich der einzige Bauer, der im Landkreis Lüchow-Dannenberg noch beabsichtigt, in diesem Jahr Gensaat auszubringen, von ihm beeindrucken!

2. Marianne Fritzen kämpft für Anstand

Sie sagt nein zu Entwicklungen der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, die sie – vor 30 Jahren beginnend – als 1. Vorsitzende zehn Jahre lang im Kampf gegen die Atomindustrie erfolgreich geführt hat. Was sie bemängelt:

  • Die BI … driftet mir zu sehr einseitig ab, nach links. Linke hatten wir zwar immer, nur haben wir immer versucht, das Spektrum von links bis rechts abzudecken. Die Linken waren nicht so dominierend wie heute.
  • Briefe etwa an die Ministerien … waren teilweise beleidigend. So entstand bei den Institutionen, mit denen die Bürgerinitiative zu tun hatte, wie BMU, wie BfS, die Ablehnung, sich überhaupt mit der BI zu beschäftigen.
  • … was mich … unglaublich gestört hat, war die Wahl des gesamten Vorstandes en bloc …
  • Ich finde, es ist wichtig, daß auch das bürgerliche Spektrum zu Veranstaltungen der BI gehen kann.
  • Mir fehlt … bei den BI-Verantwortlichen der Respekt vor der Würde des anderen. Die Würde muß ich auch bei meinem Gegner achten.

Unter Marianne Fritzens Führung hatte die BI Gewicht. Es war das Gewicht, das nicht nur dem immer stärker entfalteten Sachverstand, sondern der allseitigen Hochachtung vor dem Menschen Marianne Fritzen zu danken war, die die Würde des Anderen zu wahren wußte.

Marianne Fritzen hat den Titel “Ehrenvorsitzende” an die BI zurückgegeben.

3. Moshe Zimmermann klärt auf

Israel feiert sein 60-jähriges Bestehen, und wie es scheint, ohne zu berücksichtigen, wie sein Staat mit seiner Innen- und Außenpolitik auf andere wirkt. Da stimmen Worte des Jerusalemer Historikers Moshe Zimmermann hoffnungsvoll. Denn nur Einsicht führt zur Besserung:

  • Eine Gesellschaft, die in 60 Jahren keinen Frieden mit den Nachbarn gefunden hat, kann nicht als erfolgreich bezeichnet werden.

  • Daß eine Mehrheit der Deutschen entgegen den Beschwörungen der Regierung keine besondere Verantwortung für Israel anerkennt, schockiert Zimmermann keineswegs. Denn das könne nicht mit Antisemitismus gleichgesetzt werden.

  • Die Tatsache, daß man nicht in Frieden leben kann, hat viel damit zu tun, daß sowohl die israelische als auch die arabisch-palästinensischen Gesellschaften nationalistisch orientiert sind. Beide Seiten halten die Nation für die Krönung des kollektiven Bewußtseins – wie die Europäer im 19./20. Jahrhundert … Erst wenn man von der Kombination eines extremen Nationalismus mit religiösem Eifertum abrückt, gibt es eine Chance für den Frieden.
  • Unser Annus mirabilis (Wunderjahr) war das Jahr 1967 mit dem Sechstagekrieg. Danach entwickelte sich in Israel eine nationalromantische, religiös gefärbte Stimmung.
  • Die Kibbuzim wurden vernichtet unter der Regierung Begin – also einem klar nationalistischen und kapitalistischen Kabinett – ab 1977. Damals wurde der Traum von einer gerechten und egalitären Gesellschaft aufgegeben.
  • 90 Prozent der besetzten Gebiete würden die meisten Israelis für den Preis des Friedens aufgeben.
  • Unter Terrorangst sind die Menschen bereit, auf demokratische Werte zu verzichten. In Israel hat die Demokratie nach zehn Jahren intensiven Terrors zwar nicht aufgegeben, aber eingebüßt.
  • Die Idee von Friedenstruppen ist von Israel längst akzeptiert worden … Aber für die Lösung des Konfliktes mit den Palästinensern sind Friedenstruppen völlig inadäquat … Wertvoll wäre eine europäische Initiative für Verhandlungen über einen Abzug aus den besetzten Gebieten.

Auf die Frage nach Israels Aussehen in 1o Jahren gab Zimmermann zur Antwort:

Das Problem werden nicht mehr die Palästinenser oder die arabischen Staaten sein, sondern die stärker werdende fundamentalistische Religiosität auf jüdischer wie arabischer Seite. Nur wenn das Pendel zurückschlägt zugunsten der Betonung des individuellen Wohlstandes auf der Welt, hat der Frieden eine echte Chance.

Auf diese Selbsteinsicht hoffen wir wohl alle zu Hohemaien 2008!

image_pdfPDF erzeugenimage_printEintrag ausdrucken
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

0 Comments
Inline Feedbacks
Lese alle Kommentare
0
Deine Gedanken interessieren mich, bitte teile diese mit!x