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Franz Schubert (2)

Kindheit und Jugend

Wie kam Schubert ins Stadtkonvikt? Um diese Frage zu beantworten, wenden wir uns nun Schuberts Lebensanfängen zu:

Die Mutter

Die Mutter, Elisabeth Schubert, geb. Vietz (aus: Hilmar, Schubert)

Franz Theodor Schubert, der Vater

Franz Theodor Schubert, der Vater (aus: Hilmar, Schubert)

Schubert war der Sohn des Schullehrers Franz Theodor Schubert, der aus Mähren nach Wien übergesiedelt war, und der Schlesierin Elisabeth Vietz. Ihr Vater hatte in der Heimat Gelder veruntreut, war mit der Familie nach Wien geflohen und gleich nach der Ankunft gestorben, die Mutter wenig später; so stand die Sechzehnjährige mit zwei Geschwistern allein und mußte sich als Magd verdingen. Elf Jahre später lernte sie den sechs Jahre jüngeren Franz Theodor kennen und lebt bald mit ihm zusammen, was zu damaliger Zeit als „wilde Ehe“ und „schändlich“ galt.

Erst sieben Wochen vor der Geburt des ersten Kindes treten beide vor den Traualtar. Der Bräutigam hat sein Alter beim Eintrag ins Kirchenregister um 3 Jahre zu hoch angegeben, galt doch als schändlich, wenn der Ehemann jünger war als die Ehefrau.

Sie leben unter Verhältnissen, bei denen alles der Beobachtung und der Klatschsucht der Nachbarn ausgesetzt ist, besonders nachdem sie in das Haus Zum roten Krebsen im Wiener Vorort Lichtental umgezogen sind, eines der dort typischen zweistöckigen Häuser, in die oft mehr als hundert Bewohner eingepfercht waren; in die Wohnungen gelangte man über Galerien im Innenhof. Die Wohnungen bestanden aus einem Zimmer und einer Küche.

Mutter Schubert bringt 14 Kinder zur Welt. Franz ist das 12., nur 5 Kinder überleben. Sein Schwesterchen soll Schubert heiß geliebt haben.

Er wiegte das Kind in Schlaf und erfand ein Wiegenlied, das manchmal zusammen mit den Brüdern im Chor gesummt wurde, um die Kleine zum Schlafen zu bringen. (Dietrich Fischer-Dieskau).

Über seine Kindheit aber wird berichtet, sie sei trotz der Wohnverhältnisse glücklich gewesen. Kinder verklären ihre Umwelt. Zudem wurde bei den Schuberts viel musiziert. Sein Bruder Ferdinand schreibt 1839:

Dieser gute Franz erhielt nun von seinem Ignaz (dem ältesten, 12 Jahre älteren Bruder) im Klavierspiel Lektion. Im Violin- und Klavierspiel sowie in Gesang unterrichtete ihn später der Regens chori (der Chorleiter) Michael Holzer, der mehrmals mit Tränen in den Augen versicherte, so einen Schüler habe er noch nie gehabt, “denn”, sagte er, “wenn ich ihm etwas Neues beibringen wollte, so wußte er es immer schon; oft habe ich ihn stillschweigend angestaunt.”

Ignaz erinnert sich später:

Ich war sehr erstaunt, als er nach kaum einigen Monaten mir ankündigte, daß er nun meines ferneren Unterrichtes nicht mehr bedürfe und sich schon selber forthelfen wolle. Und in der Tat brachte er es in kurzer Zeit so weit, daß ich ihn als einen mich weit übertreffenden und nicht mehr einzuholenden Meister anerkennen mußte.

Um ein gültiges Urteil über das Talent zu erlangen, wurde der zehnjährige Franz vom Vater schließlich dem einflußreichen Hofkapellmeister Antonio Salieri vorgeführt.

Salieri nun gab die Empfehlung, Schubert als Sängerknaben der Hofkapelle einschreiben zu lassen, was eine Aufnahme ins Stadtkonvikt bedeutete. Bald darauf erteilt Salieri Schubert kostenlos Unterricht.

So also kam Franz Schubert ins Stadtkonvikt, in dem er seinen Freund fürs Leben Joseph Ritter v. Spaun antraf. Die Musikpflege, die dort im Mittelpunkt stand, war ein Segen für die musikalische Entwicklung Schuberts. Franz Eckel, Flötenbläser im Konviktorchester, berichtet über Franz:

Schubert lebte schon als Knabe und Jüngling mehr ein inneres, geistig-sinniges Leben, welches nach außen selten in Worten, ich möchte fast sagen, fast nur in Noten sich kund tat. Selbst gegen seine Vertrauteren, zu denen damals Holzapfel und ich zählten, die wir seine ersten, im Stadtkonvikt komponierten Lieder jedesmal fast noch naß vom Papier weg lasen und sangen, war er wortkarg und wenig mitteilend, außer in Sachen, die jene Göttliche betrafen, der er sein kurzes, aber ganzes Leben weihte.

Ein ihm angeborenes taktvolles Maß von Ernst und Ruhe, Freundlichkeit und Gutmütigkeit ließ weder eine Freund- noch Feindschaft zu, wie solche unter Knaben und Jünglingen in Erziehungsanstalten gewöhnlich vorzukommen pflegen. Um so weniger, als Schubert außer der Studien- und Kollegienzeit die uns gegönnten Erholungsstunden fast immer im Musikzimmer und meist einsam zubrachte, und die Holzapfel und ich nur dann mit ihm teilten, wenn er ein Lied geschaffen hatte.

Wenn auch damals noch nur wenige von seinen im Konvikt komponierten Liedern wußten, so kannten doch alle seinen Wert als ersten Sopransänger der Hofkapelle, als ersten Violinspieler und Subdirigenten des ausgezeichneten Konviktorchesters.

Joseph Spaun berichtet:

Ich saß, der erste bei den zweiten Geigen, und der kleine Schubert spielte hinter mir stehend aus demselben Notenblatt. Sehr bald nahm ich wahr, daß mich der kleine Musiker an Sicherheit des Taktes weit übertraf. Dadurch auf ihn aufmerksam gemacht, bemerkte ich, wie sich der sonst stille und gleichgültig aussehende Knabe auf das lebhafteste den Eindrücken der schönen Sinfonien hingab.

Ich fand ihn einmal allein im Musikzimmer am Klavier sitzen, das er mit seinen kleinen Händen schon artig spielt … Auf meine freundliche Aufforderung spielte er mir ein Menuett von seiner eigenen Erfindung. Er war dabei scheu und schamrot, aber mein Beifall erfreute ihn. Er vertraute mir an, daß er seine Gedanken öfter heimlich in Noten bringe; aber sein Vater dürfe es nicht wissen, da er durchaus nicht wolle, daß er sich der Musik widme. Ich steckte ihm dann zuweilen Notenpapier zu.

Doch mit den Leistungen in den übrigen Fächern des Konvikts hapert es bei Franz. Zu sehr zieht ihn die Musik in ihren Bann.

Die Familie

Der strenge Vater,

der noch nicht erkennt, welches Genie in seinem Sohn steckt, setzt aber seine Maßstäbe, die eines damaligen Schulmeisters, der sich müht, für seine Familie Auskommen und Ansehen zu erwerben. Er wünscht, daß seine Söhne wie er in einem bürgerlichen Beruf ihren Lebensunterhalt verdienen werden. Somit erteilt er 1811 dem 14jährigen Schubert Komponierverbot!

Ein bezeichnendes Licht auf den Vater wirft auch die Tatsache, daß er den buckligen

Ignaz Schubert

Ignaz Schubert (aus: Hilmar, Schubert)

Ignaz, seinen ältesten Sohn,

“die voreheliche Schande” büßen ließ, indem er ihn nach dem Tod der Mutter 1812 enterbte. Gülke schreibt:

Als kritischer Geist stand keiner dem Jüngsten so nah wie sein ältester Bruder, der ihm den ersten Klavierunterricht gab. Zum Verbündeten taugte er freilich kaum, trotz etlicher Demütigungen durch den Vater außerstande, die Bannmeile des Elternhauses zu verlassen und erst nach dessen Tode eine eigene Lebensgründung wagend.

Der autoritäre Vater hält den Sohn in Bann.

Dem 2. Sohn, Ferdinand,

ging es nicht viel anders. Er wird als „hypochondrisch, dem Vater gefügig und profiliersüchtig“ bezeichnet, ein tüchtiger Musiker und „wie alle Schuberts Schulmeister“ brachte er es bis zur Stellung des Direktors der Lehrerbildungsanstalt in Wien, was ihn „zum Mustersohn des Alten“ aufsteigen ließ, „anpasserisch und freundlich ausgleichend“.

Ferdinand Schubert (aus: Hilmar, Schubert)

Ferdinand Schubert (aus: Hilmar, Schubert)

Einige Werke Schuberts, darunter die Messe in As-Dur, hat er als sein Werk aufgeführt. Franz hat ihm großzügig verziehen:

Die Trauermesse gefiel Dir, Du weintest dabey und vielleicht bey dem nähmlichen Wort, wo ich weinte; lieber Bruder, das ist mir der schönste Lohn für dieses Geschenk …

Eine solche Güte und Großmut hindert Ferdinand aber nicht daran, die Messe nach dem Tode seines Bruders als sein Werk herauszugeben! Ferdinand aber war für Schubert trotz allem der Freund, dem gegenüber er sein Herz ausschütten konnte und von dem er in seinen letzten Lebensmonaten bis zu seinem Tode aufgenommen wurde.

Der 3. Sohn hieß Carl.

Auch er war künstlerisch begabt, er war Maler.

Carl Schubert, Ölgemälde Klosterneuburg (aus: Hilmar, Schubert)

Carl Schubert, Ölgemälde Klosterneuburg (aus: Hilmar, Schubert)

Die Tochter hieß Therese.

Franz, der jüngste Sohn,

wurde zwar nur 1,52 m groß – andere sagen knapp 1,57 m –, aber er ging schon früh seinen eigenen Weg. Er wählte ganz klar aus, was seiner genialen Entwicklung und seinem musikalischen Schöpfertum diente, alles andere ließ er links liegen. Die Folge war nicht nur das Komponierverbot, das er selbstverständlich umging, sondern auch das Verbot, nach Hause zu kommen, und – was das Bitterste war – daß ihn sein Vater von der todbringenden Krankheit seiner Mutter 1812 nicht verständigte. Erst als sie im Sarg liegt, bekommt Franz Bescheid. Der 15-Jährige schreibt in sein Tagebuch:

Ich eilte, sie zu sehen,  und mein Vater, von Trauer erweicht, hinderte meinen Eintritt nicht.

Schuberts Mutter

war – wie sich der Mitschüler Holzapfel erinnert –

eine stille, von ihren Kindern sehr geliebte und von allen geachtete Frau.

Berufsfindung

Spaun hatte das Stadtkonvikt 1809 verlassen. Franz Schubert schreibt ihm:

Sie Glücklicher, Sie entgehen nun dem Gefängnis! Mir ist so leid, daß Sie fortkommen.

Nun sammelte Spaun „unermüdlich glänzende Urteile über Schuberts Kompositionen“, die schließlich zum Burgfrieden mit dem Vater führten. Spaun schreibt:

Nun waren die Schranken gefallen: Der Vater erkannte das große Talent seines Sohnes und ließ ihn gewähren.

Ein Konvikt-Kamerad erinnert sich:

Der Genius war erwacht, und mit steigender Bewunderung sahen wir das rasche Entfalten seiner mächtigen Schwingen. Dabei war Schubert nichts weniger als eigenliebig; er war, ich möchte behaupten, der Letzte, der die höhere Stufe der Künstlerschaft erkannte, auf der er schon damals stand.

1813 verließ auch Schubert das Stadtkonvikt. Ferdinand berichtet:

Da Schubert nun wegen seines außerordentlichen Hanges zur Musik das Konvikt verläßt und später in der Conscription dreimal aufgefordert wurde, sich als Soldat zu stellen, entschloß er sich, um ähnlichen Unannehmlichkeiten zu entgehen, Schulgehilfendienste zu leisten.

Vater atmete auf und zog ihn als 6. Gehilfen in seine Schule.

Auch ins Elternhaus in der Roßau durfte Franz nun zurückkehren. Der Vater hatte zum zweiten Mal geheiratet und auch mit dieser Frau großes Glück gehabt, wie es heißt. Sie führte den Haushalt, hielt sich ansonsten im Hintergrund und brachte 5 Kinder zur Welt. Franz verstand sich gut mit ihr.

Doch sehr bald fand Schubert es unerträglich, wie die Schulkinder in seinen Stunden über Tisch und Bänke gingen, während er doch komponierte und Ruhe brauchte!

Stets, wenn ich dichtete, ärgerte mich diese kleine Bande so sehr, daß ich regelmäßig aus dem Konzept kam. Natürlich verhaute ich sie dann tüchtig.

Nebenher besuchte er das Lehrerpräparandum der k.k. Normalhauptschule St. Anna, mußte die Schule aber wegen mangelhafter Leistungen in Mathematik verlassen. So kommt es wieder zu ernsten Streitigkeiten mit dem Vater: Der Sohn strebt nach freiem künstlerischem Schaffen, der Vater aber will ihn in den Beruf eines Lehrers und Organisten hineinzwingen.

Spaun spricht von einem “Sturm”. Weder trafen sich Vater und Sohn in der kirchlichen Strenggläubigkeit des Elternhauses noch im väterlichen Katzbuckeln vor dem Polizeistaat Metternichscher Prägung. Spaun schreibt über Schubert in dieser Zeit: Immer ernst und wenig freundlich.” (Dietrich Fischer-Dieskau)

Inzwischen erlebt Schubert seine

Erste Liebe.

Fortsetzung folgt.

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