Feed für
Beiträge
Kommentare

Der lange Arm Israels

Anne Will

hat das Thema ihrer Sendung am gestrigen Sonntag, dem 11. 1. 09, kurzfristig geändert. Ursprünglich war geplant, u. a. mit Joschka Fischer, Avi Primor, Daniel Barenboim und der palästinensischen Christin, Trägerin des Augsburger Friedenspreises und

Professorin Sumaya Farhat-Naser

sumaya_farhat-naser_2008.jpg

über den Krieg zwischen Israel und den Palästinensern im Gaza-Streifen zu diskutieren. „Wichtiges“ Ersatzthema: „Tabu Freitod“!

Farhat-Naser erfährt kurz vor Sendebeginn,

daß sie sich den langen Weg im Taxi von Ihrem Heimatort im Westjordanland über Jericho und mehrere Grenzposten ins benachbarte Jordanien und von dort im Flieger nach Deutschland hätte sparen können,

berichtet Sonntag Aktuell.

Warum nimmt die über 60-Jährige die Strapazen überhaupt auf sich, ihr belagertes Gefängnis namens Westjordanland zu verlassen? Als Ältere und Frau komme sie leichter durch die Kontrollposten. Ihr 33-jähriger Schwiegersohn habe das Land noch nie verlassen können.

Ich will den Leuten im Ausland erklären, wie das ist. Daß ich als Palästinenserin nicht einfach zum Flughafen Tel Aviv fahren kann, der nur eine halbe Stunde entfernt ist. Daß wir Versorgungsprobleme haben, was Lebensmittel oder Medikamente anbelangt.

Sie ist eine der tapferen jüdischen und palästinensischen Friedensfrauen, die im Jerusalemer Center for Woman gemeinsam versuchen, Brücken zwischen den Völkern zu schlagen, aber nun schon seit 4 Jahren durch Krieg daran gehindert werden.

Die Auslöser des jetzigen Krieges sind ihrer Ansicht nach nicht die Raketen der Hamas. Die Gründe liegen viel tiefer:

Der Krieg im Gazastreifen ist nicht eine plötzliche Sache, sondern ein Resultat von mehr als 60 Jahren Vertreibung und mehr als 40 Jahren Besatzung. Die Probleme wurden immer komplizierter, die Menschen dort immer hoffnungsoser, und die Welt schwieg zu den Menschenrechtsverletzungen. Das ist ein Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt.

Das Schlimme ist, daß selbst Menschen wie Farhat-Naser die Hoffnung aufgegeben haben, denn:

Mit seiner Politik hat Israel, aber auch der Rest der westlichen Welt, der Hamas die Chance gelassen, viele Menschen auf ihre Seite zu ziehen. Der Bevölkerung im Gazastreifen geht es schlecht. Da ist sie leichte Beute für Radikale. Man hätte versuchen müssen, mit der Hamas, die ja demokratisch gewählt wurde, in einen Dialog zu treten, sie einzubeziehen.

Wenn die deutsche

Bundeskanzlerin

gleich nach Beginn des israelischen Großangriffes auf Gaza sich beeilt, vor der Öffentlichkeit zu betonen, daß die Hamas den Krieg begonnen habe und somit daran schuld sei, so ist für jeden Mitdenkenden ganz klar, was auch Joschka Fischer hervorhob, als er Berlin für die Solidarität mit Israel lobte:

Wir sind parteiübergreifend solidarisch mit Israel, und das ist Teil unserer Staatsräson seit Gründung der Bundesrepublik.

Natürlich hat eine solche Bindung mit Moral nicht wirklich etwas zu tun. Man kann sich richtigerweise solidarisch nur mit der Wahrheit, mit dem Anstand, mit den Menschenrechten für alle Menschen erklären, nicht aber auf unbestimmte Zeit einseitig mit unvollkommenen Menschen, ganz gleich, was die in der Zukunft auch immer anrichten würden. Das hätten wir Deutschen spätestens aus dem Eid auf den Führer lernen müssen.

Nun steht unsere Demokratie mal wieder zur Disposition. Anne Wills Thema fiel der Pressezensur zum Opfer. Welch einen langen Arm hat Israel in Deutschland, daß wir bereit sind, zu seinen Gunsten den wichtigsten Teil demokratischer Freiheit, die Meinungs- und Pressefreiheit, aufzugeben!

Der israelische Psycho-Therapeut Ofer Grosbard beschreibt in seinem Buch

„Israel auf der Couch“

israel-auf-der-couch.jpg

den Zustand extremer Selbstgerechtigkeit Israels:

Letztlich sind sich Kindheit und Politik sehr ähnlich. Beide sind so ursprünglich und libidinös, so zerrissen und so in Selbstgerechtigkeit verschanzt.

Er beschreibt den Glauben auch der Säkularen seines Landes Israel an die Auserwähltheit und die psychischen Folgen:

Es fällt uns schwer, unsere eigenen Aggressionen anzuerkennen, nachdem wir so hart daran gearbeitet haben, sie aus unserem nationalen Bewußtsein zu löschen. In einer Therapie braucht es Jahre, um solche Schutzmechanismen aufzulösen. Paranoia und Überheblichkeit gehen Hand in Hand und verstärken die Spaltung, die sagt, daß auf meiner Seite nur Gutes ist und auf der anderen nur Schlechtes.

Er spricht von den Lügen, die die Israelis sich selbst und den andern Völkern eingeredet haben,

unseren Lügen darüber, wie furchteinflößend wir sind … Reicht unsere tatsächliche Stärke nicht aus, daß wir der Welt Lügen erzählen und dann auch den Preis dafür zahlen müssen? Der Preis besteht darin, daß wir, die Starken, von der Welt als Aggressoren angesehen werden.

Und wie machen wir Deutsche mit unserer „Staatsräson“ uns mitschuldig!

image_pdfPDF erzeugenimage_printEintrag ausdrucken
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

6 Comments
Inline Feedbacks
Lese alle Kommentare
Mithus
Mithus
15 Jahre zuvor

Man sollte streng trennen zwischen Israeliten und Zionisten. Denn unter den Israeliten gibt es eine erfreuliche, wenn auch machtlose Minderheit, die für Frieden mit den Palästinensern und anderen Nachbarn eintritt. Jenen stelle ich mich gern als Freund zur Seite, gerade nicht als „verkappter“ Judenhasser (so die Unterstellungen aus dem Zentralrat der Juden), sondern als Sehnsüchtiger nach Frieden und Beachtung der weltweit gültigen Menschenrechte.
Die überwiegende Mehrheit der Israeliten (ca. 85 %) gebährdet sich jedoch nach mir vorliegenden Berichten von Israelis rassisitisch, die ihre sich selbst eingeredete „Auserwähltheit“ dazu benutzen, auf der Welt Unfrieden und Blutvergießen zu säen, letztlich um das Weltreich „Jerusalem“ zu errichten und zu beherrschen.
In den Vereinigten Staaten von Amerika haben sie diesen Kampf schon gewonnen, ein leichtes Spiel bei ihrem Bildungsvorsprung gegenüber den Amerikanern mit der unterdurchschnittlichen Allgemeinbildung. Dass jeder fünfte Amerikaner nicht einmal richtig lesen kann, fand ich neulich erst in der Zeitung. Bei der Army soll es noch schlimmer sein, dort müssen Befehle mündlich erteilt werden, weil die schriftlichen kaum einer versteht! Da muß es geradezu wie ein Wunder anmuten, dass der Wiedergeborene G.W. Bush der jüngsten Bitte (!) Israels (Sommer 2008) nicht nachgab, Spezialbomben für einen geplanten Angriff Israels gegen den Iran zu liefern. Wir hätten so schon den Beginn des 3. Weltkriegs riskiert, von dem ich annehme, er wird von den Zionisten ohnehin ausgelöst werden.

Die Zionisten selbst haben keinerlei Interesse daran, die Nah-Ost-Region im Sinne einer völkerdemokratischen Regelung mit den Nachbarn zu befrieden. Sie setzen auf Dauer von mehreren Generationen darauf, „Großisrael“ zu schaffen und dafür zunächst die Palästinenser zu vertreiben,
auszuhungern und als Volk letztlich zu beseitigen. Dazu brauchen sie menschenverachtende Zustände, die sie seit dem Sechtstagekrieg täglich neu völlig gewissenlos schaffen und verschärfen. Wir sind ja als Auserwählte dazu ermächtigt! Wie verlogen und bigott müssen die sein, die das als Politiker auch noch unterstützen?
Ganz klar ist, dass die Hamas den Krieg auch jetzt nicht begonnen hat, sondern, dass es jene Kräfte waren und sind, die das Menschenrecht aller Menschen objektiv brutal seit den Tagen des Exodus mißachten. Dagegen helfen heute selbst UNO-Beschlüsse nicht. Warum nur nicht?
Wer das Alte Testament und die Moseschriften so wörtlich nimmt wie die Zionisten und ein sich als „Geistgewaltiger“ gebender G.W. Bush, der kann m. E. gar kein Demokrat, sondern muß zwangläufig ein Rassist sein. Zur Zeit der Entstehung dieser Schriften war der Begriff Demokratie zwischen den Juden und Ägyptern oder den Babyloniern unbekannt. Es herrschte strikte Machtdiktatur, der die Zionisten auch heute wieder den Vorrang einräumen, 2600 Jahre nach der Entstehung der Bibel. Das ist ein Rückschritt in ein Weltbild, das kein ernst zu nehmender Mensch heute noch redlich vertreten könnte.
Man muß das bedauern, dass das hoffnnungsvoll begonnene Werk der Kibbuzim – vermutlich wegen dessen Nähe zum Sozialismus – so mit Hilfe der USA in das Gegenteil verkehrt wurde.

Der Pfarrerstochter und dem Namen nach „Christin“ genannte Frau Merkel sei in Erinnerung gerufen, dass Jesus als sehr strenger Jude gekommen war, die Juden vor sich selbst zu bekehren und zu retten. „Was nützen euch eure Gesetze (z.B. AT) und deren strenge Einhaltung, wenn ihr das Wesentliche – das Maß des Herzens – mißachtet? Das Wesentliche für Jesus war die Nächstenliebe und das Erbarmen mit den Anderen. Sic! (Matth. 5, 20 mit dem Hinweis auf die zwingend menschenfreundliche Auslegung der „Gesetze“. Die reine formelle Beachtung tauge zu nichts und erschließe das Reich Gottes nicht auf Erden!).
Aber weil er so dachte, endete er auch durch Mord. Dies ist auch „nur“ eine spezielle Form der Menschenrechtsver-achtung.
Völker der Welt, laßt euch nicht von den israelhörigen Medien blind machen. Politische Verlogenheit führt am Ende immer ins Verderben, ihr habt es doch erfahren und erfahrt es täglich neu. Der Neoliberalismus ist so eine Lüge der Macht- und Geldgierigen, sie nennen sich z. T. Christen, haben aber die Botschaft Jesu nicht im Geringsten erfasst oder leugen sie frech und bigott.
Der stärkste Baum kann gegen Mistelbefall nichts ausrichten, das ist ein Naturgesetz – und wenn Sie wollen, eines vom Schöpfer gesetztes. Ausnutzende, ausbeutende Wirts- und Wirtschaftsverhältnisse wird es immer geben, dass ist keine jüdische Erfindung. Aber das Ergebnis des Zionismus in den USA und Nah-Ost sieht diesem Naturphänomen nicht unähnlich, solange es an wahrer, überzeugender Rechtfertigung mangelt. Israel verteidigt sich nicht, es ist der Angreifer vom ersten Tage an.
Wer die Nachfolge in die Botschaft Jesu ernst meint, kommt nicht umhin, die objektiv vorhandene Quelle allen Unrechts in Nah-Ost als eine zionistische Ideologie zu kennzeichnen, aus der alle Folgen wie z.B. u. a. die Hamas erwachsen sind und erwachsen werden. Eine sofortige Umkehr in Richtung strenger „Menschenrechtsbeachtung“ ist in Israel als einziges Befriedungsmittel geeignet, dann wird auch der Befreiungskrieg der besetzten Völker aufhören. Umgekehrt geht es nicht, wie die letzten 60 Jahre Zionismus beweisen.
Mithus.

Mago
Mago
15 Jahre zuvor

Liebe Frau B., ein Buchtip für Sie: Israels Irrweg – Eine jüdische
Sicht, Rolf Verleger, PapyRossa Verlag 2008,
Viele Grüsse
Mago

Mathias
15 Jahre zuvor

Mich hat es zuerst verblüfft, dass sich da eine Änderung ergeben hat. Aber als ich dann das neue Programm gesehen habe fand ich es sehr spannend. Eigentlich wollte ich es nicht ansehen, aber ich konnte nicht mehr umschalten. Es hat mich irgendwie schon sehr bewegt. Diese Frau ist für mich sehr faszinierend und ich wüsste nicht ob ich das könnte. Wenn ich mir überlege ich wäre sie, ich glaube ich könnte es wirklich nicht. Ich kenne mich aber auf diesem Gebiet nicht genau aus was Israeliten und Zionisten angeht. Darum kann ich dazu leider nichts sagen.

Marina
15 Jahre zuvor

Der Beitrag hier hat mich sehr berührt. Ich habe zwar die Sendung selbst nicht gesehen, aber dass Sie hier von der Beschneidung der Presse- und Meinungsfreiheit sprechen, finde ich doch alles andere als angemeseen. Wir sind in Deutschland und schwören immer so auf unser Grundgesetz, dass nun eine freie Meinungsäußerung zensiert wird, ist einfach das Allerletzte.

Dr. Thomas Krauß
15 Jahre zuvor

Ich freue mich, durch Frau Tietke heute auf Ihre Web-Site aufmerksam geworden zu sein! Für die vielen Beiträge, die sich mir hier auftun, werde ich die Zeit brauchen, die ich selten habe. Ein „Feedback“ zu einzelnen Themenbearbeitungen kann und wird also erst später einmal erfolgen können …
Ich war noch nie in meinem Leben in einem „Blog“, sicher auch, weil ich befüchtete, dass der Informationsberg, der sich dort „verbirgt“, erst einmal zu bewältigen ist.

6
0
Deine Gedanken interessieren mich, bitte teile diese mit!x