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Unter dieser Überschrift veröffentlichte die israelische Friedensbewegung
Gush Shalom in der israelischen Zeitung Haaretz vom 15. Mai 2009 folgende Anzeige:

Das Treffen

Die wirklichen israelischen Patrioten
Hoffen oder beten gar
Daß Präsident Barak Obama
Den Ministerpräsidenten Netanyahu
Dahin bringt
Sich zu fügen
– und nicht umgekehrt.

Doch genau zu dem Zeitpunkt des Treffens wird der Ausbau jüdischer Siedlungen im palästinensischen Siedlungsgebiet der Westbank fortgesetzt. Wer will’s hier wem zeigen?

Barak Obama hat sich vor seinem Amtsantritt für eine Zweistaaten-Lösung für Palästinenser und Israelis ausgesprochen. Doch wie frei Israel und seiner amerikanisch-jüdischen Lobby gegenüber ist ein amerikanischer Präsident?

uriavnery.jpgUri Avnery,

Mitbegründer des Gush Shalom, fühlt sich als einer der “wirklichen israelischen Patrioten”. Daher verurteilt er die gesamte bisherige Palästina-Politik Israels und ganz scharf die neugewählte rechtsextremistische Regierungsmannschaft. Ihr traut er zu, mit voller Absicht den Palästinensern so viel Schaden zuzufügen wie nur möglich. Beispiel:

Uneinigkeit der Palästinenser

In ihrem Kampf gegen die nationalen Bestrebungen der Palästinenser haben die aufeinander folgenden israelischen Regierungen die alte römische Taktik des divide et impera, des „Teile und herrsche!“ angewandt.

Seit dem Osloabkommen ist es die zentrale Komponente dieser Politik gewesen, die physische Trennung zwischen der Westbank und dem Gazastreifen voranzutreiben …

Vom politischen, wirtschaftlichen und ideologischen Gesichtspunkt wächst der Abstand zwischen beiden. Und vom Gesichtspunkt der israelischen Besatzungspolitik ist dies ein großer Sieg.

Die israelische Regierung verfolge

zwei verschiedene Strategien

gegen die beiden Palästinensergebiete:

  • Gaza

Gegen Gaza ist die Politik einfach und brutal: die Hamasregierung stürzen, indem das Leben der 1,4 Millionen Männer und Frauen, alten Leuten und Kindern zur Hölle gemacht wird. Ihnen war nur der Import der wichtigsten Grundnahrungsmittel erlaubt. Es gab einen internationalen Aufschrei, als der Senator John Kerry entdeckte, daß der Import von Nudeln verboten war, weil „Pasta“ anscheinend ein Luxus sei…

Der Krieg gegen den Gazastreifen (Operation „Geschmolzenes Blei“) war dafür bestimmt, Tod und Zerstörung über die Zivilisten zu bringen, damit sie sich gegen ihre gewählte Regierung wendeten und sie stürzten. Die Toten sind inzwischen beerdigt, aber die Schuttberge liegen noch da. Die israelische Regierung erlaubt nicht, daß Baumaterial hinein gebracht wird. Nun haben die Leute angefangen, Hütten aus Lehm aufzubauen, wie es ihre Vorfahren vor Jahrhunderten getan haben…

Die ägyptische Regierung arbeitet mit der israelischen Armee zusammen, indem sie die Blockade gegen die Bewohner des Gazastreifens vollstreckt. In letzter Zeit hat sie diese Bemühungen noch verstärkt, indem sie die wichtige Versorgungslinie durch die Rafahtunnel abgewürgt hat (“Schmuggel” heißt das in israelischer und ägyptischer Redeweise).

Die Kampagne, die vor kurzem durch die ägyptischen Behörden gegen Hisbollah-Agenten im Sinai begann, hat unter anderem das Ziel, diese Versorgungslinie abzuschneiden …

Die Bevölkerung von Gaza hat die Hamasregierung nicht gestürzt. Im Gegenteil – ihre Opposition gegenüber der Ramallah-Regierung scheint zu wachsen, und einige sagen, sie werde zu reinem Haß.

  • Westbank

Gegen die Palästinensische Behörde in der Westbank wenden die Besatzungsbehörden eine andere, aber nicht weniger zerstörerische Strategie an. Sie geben sich große Mühe, sie als eine Art palästinensisches Vichy-Regime darzustellen, um zu verhindern, daß die palästinensische Spaltung heilt.

Die israelische Regierung erklärt dies offen und laut. In dieser Woche wunderte sich der Generalstabschef Gaby Ashkenasi öffentlich darüber, wie der palästinensische Justizminister Israel vor dem Internationalen Gerichtshof wegen in Gaza begangener Kriegsverbrechen verklagen konnte.

Wie kommt es, beklagte sich Ashkenasi, da es doch während des Gazakrieges solch enge Zusammenarbeit zwischen Israel und der Palästinensischen Behörde gegeben hat?

Mit anderen Worten: Der Generalstabschef der israelischen Armee erklärt öffentlich vor dem palästinensischen Volk und der ganzen Welt, daß die Palästinensische Behörde in Ramallah mit der israelischen Regierung im Krieg gegen die palästinensischen Brüder im Gazastreifen zusammen gearbeitet hat, in dem – nach dem Justizminister in Ramallah – systematisch Kriegsverbrechen begangen wurden. Einen noch schwereren Schaden für die Stellung Mahmoud Abbas’ kann man sich kaum vorstellen.

Andere israelische Offiziere sparen nicht mit Lob für die palästinensischen Sicherheitskräfte, die – so behaupten sie – mit der israelischen Armee zusammenarbeiten, um Hamas-Sympathisanten in der Westbank zu eliminieren. Man kann sich kaum vorstellen, daß solche Statements der Besatzungsoffiziere Position von Mahmoud Abbas in den Augen der Palästinenser stärken, die mit eigenen Augen sehen, wie die Siedlungen auf ihrem Land täglich wachsen.

Die Gehirnwäsche der israelischen Propaganda zeigt Erfolg:

In der vergangenen Woche erzählte mir ein Freund von einem Gespräch, das er mit einem Beamten aus Ramallah hatte. Wenn Israel den Iran angreife, wird das Hamasregime im Gazastreifen stürzen, sagte er mit großer Begeisterung.

Uri Avnery schließt:

Für einen Außenstehenden ist dies unbegreiflich: Wenn sich das ganze palästinensische Volk gegenüber einer Gefahr seiner bloßen Existenz sieht, wenn die israelische Regierung unermüdlich daran arbeitet, daß ein palästinensischer Staat nicht zustande kommt und eine wachsende Gefahr besteht, daß das palästinensische Volk schließlich ganz aus Palästina vertrieben wird, da erscheint die Spaltung wie ein Streit auf der Brücke der Titanic.

Einem Frieden in Israel steht die Uneinigkeit der Palästinenser entgegen, es sei denn, Israel erstrebt einen “Frieden” auf der Grundlage von Völkermord entweder durch Zerstörung des palästinensischen Volkes oder durch dessen Vertreibung aus “Erez Israel” (einem von israelischen Extremisten erstrebten Staatsgebiet, zu dem neben dem heutigen Israel die Golan-Höhen, der Gaza-Streifen, das Westjordan-Land und Jordanien gehören sollen). Uri Avnery:

Jeder, der glaubt, daß Frieden für die beiden Völker und die ganze Welt lebensnotwendig sei, muß leidenschaftlich hoffen, daß eine palästinensische Einheitsregierung errichtet wird.

Avnery hofft auf Barack Obama,

der

eine führende Rolle spielen muß. Er muß der törichten und katastrophalen Politik, die Hamas zu boykottieren, ein Ende setzen und seine ganze Macht in die Waagschale werfen, damit eine palästinensische Einheitsregierung geschaffen werden kann. Vielleicht muß anfangs eine Art Über-Regierung entstehen, unter der die beiden Teile – die Westbank und der Gazastreifen – eine Art Autonomie behalten werden.

Frieden unter den Palästinensern selbst ist eine notwendige Vorbedingung für Frieden zwischen Israel und Palästina. Nur ein israelisch-palästinensischer Friede kann auch Versöhnung zwischen den beiden Völkern bringen …

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Helmut Wild
Helmut Wild
14 Jahre zuvor

Ich habe gestern die Pressekonferenz von Praesident Obama und Ministerpraesident Netanyahu am TV verfolgt. Obama sprach zuerst, ziemlich lange und ausfuehrlich, nicht ueber den Israel-Palestina Konflikt, sondern ueber Iran. Es schien, als koennte er garnicht oft genug betonen, wie sehr er mit Netanyahu darin uebereinstimmte, dass die iranische Atomwaffe verhindert werden muss. Kein Wort, versteht sich, ueber Israels Atomwaffen.

In seiner Antwort hierauf betonte Netanyahu ebenfalls, wie gross die Uebereinstimmung zwischen ihm und Obama ist, vor allem in dem Punkt, dass Obama alle Optionen auf dem Tisch behaelt. “Alle Optionen bleiben auf dem Tisch” bedeutet, dass Obama Krieg nicht ausschliesst. Das kam zwar aus Netanyahus Mund, aber Obama hat dem nicht widersprochen.

Spaeter hat eine Journalistin gefragt, ob Obama einen Zeitplan haette, wann er Zugestaendnisse von Iran erwartet. Er legte sich auf Ende dieses Jahres fest, wann er erwartet, dass Iran die angebotene Gespraechsbereitschaft der USA nutzt, um Zugestaendnisse zu machen. Ansonsten muessten die Sanktionen verschaerft werden.

In einer darauffolgenden Diskussion von “Nahost-Experten” sagte ein juedischer Teilnehmer, er waere ueberzeugt, dass Israel den Iran angreifen wuerde, wenn Iran das Anreicherungsprogramm fuer Uran nicht einstellt. Ein klares Zeichen dafuer, dass die amerikanische Oeffentlichkeit vom Medien- sprich Propaganda-Apparat mit der Moeglichkeit eines neuen Nahostkrieges vertraut gemacht wird.

Soviel zum Hauptpunkt dieser Pressekonferenz.
Die darauffolgende Nebensache war das Palaestina-Problem. Aus meiner Sicht ist es nicht wert ueber dieses uebliche Blah-blah zu berichten. Vielleicht mit einer Ausnahme: Netanyahu hat mit keinem Wort von zwei Staaten als anzustrebendes Friedensziel gesprochen.

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