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20. Juli 1944

Seit Kriegsende wird der Tat des „Widerstandes gegen Hitler“ vom 20. Juli 1944 alljährlich seitens der Führung in Deutschland mit großem Fernsehaufwand feierlichst in volkspädagogischer Absicht gedacht. Dazu hier

die Stellungnahme eines Mannes der Erlebnisgeneration:

Dr. jur. Klaus Goebel schrieb am 19. Juli 2016 aus München:

Herrn
Gerolf Fritsche
Oppelner Str. 8
63071 Offenbach

Sehr geehrter Herr Fritsche,

in der Anlage zu Ihrem Rundbrief vom Sonntag nennen Sie das Attentat von Stauffenberg „einzigartig als mutige Tat in der deutschen Geschichte“.

Nun wird es gewiß durchaus unterschiedliche Ansichten darüber geben, ob es eine mutige Tat ist,

  • eine Aktentasche mit Zeitzünderbombe
  • in einem mit Menschen dicht angefüllten Raum
  • auf den Boden zu stellen,
  • sich vor der Explosion schleunigst aus dem Staube zu machen,
  • um das eigene Leben zu retten,
  • und sich dann erst einmal, gerade seit drei Wochen erst Oberst und nun zum vierfachen Mörder geworden, am Telephon selbst zum General zu „befördern“.
Letzteres ist sicherlich eine Petitesse, doch ist es nicht geboten, auch in Bezug auf den 20. Juli und die Putschisten den alten römischen, von Seneca herrührenden Rechtsspruch anzuwenden:

„Audiatur et altera pars“?

Die dann auch zu hörende „altera pars“ wäre –

  • gegenüber den Büro-Offizieren im Bendler-Block
  • und in den Pariser Besatzungsdienststellen, die nicht eine einzige Kompanie hinter sich hatten –

der Frontsoldat schlechthin, der freilich so selten, wenn überhaupt, gehört wird und eine ganz andere Last zu tragen hatte als die Herren in den hohen Stäben des Ersatzheeres.

Sehr gut erinnere ich mich eines langen Gesprächs mit dem früheren Kommandeur des Wachregiments Major, später Generalmajor Otto Ernst Remer am 20. Juli 1983, genau 39 Jahre danach. Er gab mir eine

Beurteilung der Person und des Charakters des Attentäters,

wie er sie in den Grundzügen schon in seinem 1981 erschienenen Buch Verschwörung und Verrat um Hitler zu Papier gebracht hatte.

Man mag diese Bewertung für zu scharf und für überzeichnet halten und sie der Überheblichkeit des im Kampf Verwundeten und Hochdekorierten gegenüber dem Offizier zuschreiben, der nie an einem Gefecht, auch in Afrika nicht, teilgenommen hatte.

Sie entsprach aber exakt auch der Bewertung, die uns Studenten der Kulturhistoriker und als Leutnant schwerstverwundete Dr. Hans W. Hagen, Verfasser der Schrift Zwischen Eid und Befehl, nahegebracht hatte. Er befand sich am 20. Juli bei dem Wachregiment und wurde Augen- und Ohrenzeuge.

Und schließlich ist mir in besonderer Erinnerung ein Besuch, zusammen mit vier Kommilitonen, bei Großadmiral Dönitz in seiner Wohnung in Aumühle, nicht sehr lange nach seiner Entlassung aus Spandau. Wir stellten auch Fragen zum 20. Juli.

Dönitz schrieb in seinem Buch 10 Jahre und 20 Tage, daß ihn Verschwörung und Attentat am Nachmittag dieses Tages sehr überrascht hätten:

„Es schien mir unfaßbar, daß sich Offiziere im Kriege zu solch einer Tat entschließen konnten.“

Die drei Genannten scheinen mir Exponenten der Maxime zu sein:

„Hochverrat im Kriege – ausgeschlossen!“

Stimmen wie die ihrigen sollen aber bei den unablässigen Glorifizierungsbemühungen, auch morgen wie alle Jahre wieder, auf keinen Fall gehört werden.

Ist es nicht ein Treppenwitz, daß am 15. Juli 2016 die „Staatsratsvorsitzende“ und ehemalige inoffizielle Stasi-Mitarbeiterin „Erika“ Angela Merkel, ihr Berliner Hofstaat und die „staatstragenden“ gleichgeschalteten Medien

  • den Putschversuch gegen Erdogan in Istanbul und Ankara einmütig verurteilen

  • und fünf Tage später den Putschversuch von 1944 mit Gedenkstunden und Kranzniederlegungen bedenken?

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Goebel

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