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Der arme reiche Berlusconi – verletzbar!

Als hätten es die Redakteurinnen von

EMMA

geahnt, daß Berlusconi tags drauf Schlagzeilen machen würde!

Berlusconi in Emma

Silvio Berlusconi, aus: EMMA

Einen Tag bevor der italienische Präsident Silvio Berlusconi den Mailänder Dom in Kleinformat ins geliftete Antlitz geschmissen bekam, erschien die neue EMMA-Folge mit einer Reportage von Valeska von Roques, die zehn Jahre lang Spiegel-Korrespondentin in Italien gewesen war und über “la Bella Italia” drei Bücher veröffentlicht hat.

Die rechte Hand im Revers, ist der italienische Präsident abgebildet vor einer Wandmalerei mit tanzenden Jungfrauen – wie sinnig, hatte sich doch seine Frau gerade von ihm scheiden lassen, weil er’s mit Minderjährigen trieb. EMMA setzt das Bild gleich an den Anfang ihres Artikels “Berlusconi & die Mafia”, aus dem ich hier zitiere.

Sollte der EMMA-Redaktion die “Hand im Revers” als freimaurerisches Zeichen bekannt sein?

Der berüchtigten

Loge P2

allerdings habe er niemals angehört, hatte er einst geschworen, obwohl sein Name auf der Liste der Loge stand. Irgendein italienisches Gericht muß damals in den 90er Jahren noch unabhängige Richter gehabt haben: Berlusconi wurde wegen Meineids verurteilt. Aber – o Wunder:

… einer Verurteilung entkam er durch eine plötzliche Amnestie. Drei Schmiergeldzahlungen an die Finanzpolizei wurden ihm nachgewiesen. Aber das Verfahren verjährte, wie zahlreiche weitere Verfahren gegen Berlusconi immer wieder verjährten.

Berlusconi muß schon damals über verläßliche Beziehungen verfügt haben. Dazuhin schuf er sich ein eigenes Beziehungsgeflecht,

die Forza-Italia-Clubs,

die im ganzen Land wie Pilze aus dem Boden schossen. Chef in einem solchen Klein-Verein durfte sein, wer sich den so genannten “Präsidenten-Koffer” leisten konnte: ein schmuckes Attaché-Teil, aus dunkelgrünem Leinen mit weiß-roten Streifen, also in den italienischen Farben. Drinnen steckten allerlei gemeinschaftstiftende Utensilien, alle mit dem Wimpel der Bewegung versehen. Dazu eine Uhr, ein Stehwimpel für den Schreibtisch, ein Set mit Kugelschreiber und Füller sowie ein Schlips. (Frauen waren für das hohe Amt nicht vorgesehen.) Zu kaufen war das alles für den damals nicht zimperlichen Preis von heute umgerechnet 500 Euro.

Die Clubs vervielfältigten sich in einem kaum vorstellbaren Tempo. Berlusconi hatte eine politische Bewegung wie aus einem Versandhaus-Katalog geschaffen. Aber es war ihm auch gelungen, sich als der neue Traum-Mann in die Seele Italiens einzuschleichen.

Seine Karriere

begann in Mailand als Sohn einer Hausfrau und eines einfachen Bankangestellten, dem es gelang, sich zum Prokuristen einer kleinen Privatbank hochzuarbeiten. Silvio

begann als Staubsauger-Vertreter und tingelte als Sänger auf Kreuzfahrten entlang der italienischen Küste.

Aufs Geldverdienen verstand Silvio sich immer und schon als Twen. Noch während seines Studiums war er gutverdienender Angestellter einer Baufirma …

Und nun beginnt ein erstaunlicher Traum-Aufstieg:

Berlusconis erstes eigenes Bauprojekt war ein Wohnhaus am Rand von Mailand. Nur zwei Jahre später zog der 27-Jährige ein ganzes Wohnviertel namens Brugherio für 4.000 Einwohner im Norden Mailands hoch. Noch nicht mal 30 war er, als er für wenig Geld das Gelände für die Satellitenstadt erwarb, in der mehr als 1.000 Menschen eine behagliche Unterkunft finden würden. Dabei besaß er keine nennenswerten eigenen Mittel. Aber da gab es eine geheimnisvolle “Aktiengesellschaft für Residenzzentren” im schweizerischen Lugano, die ihm (unter ähnlichem Namen) schon die Siedlung Brugherio finanziert hatte. Zur Seite stand ihm dabei stets

ein Freund aus Sizilien, Marcello Dell’Utri.

Wer war dieser Mann?

Nach jahrelangen Verfahren gegen Berlusconis mächtigen Freund mit den guten Verbindungen steht es inzwischen rechtswirksam fest: Marcello Dell’Utri war Berlusconis Verbindungsmann zur Cosa Nostra. Was zugleich heißt: Die Mafia war entscheidend beteiligt an den schier rätselhaften Erfolgen des jungen Bauunternehmers.

Die Cosa Nostra machte ihr Geld mit dem Handel von Rauschgift. Menschen scheinen für sie wie auch für Berlusconi wenig Wert an sich selbst zu haben.  Sie scheinen sie eher als Nutzobjekte zu betrachten.  So soll Berlusconis Kommentar zu einer erneuten Welle von Gruppen-Vergewaltigungen gewesen sein:

Es gäbe so viele schöne Frauen in Italien, daß in jeder Stadt massenhaft Militär stationiert werden müßte, um Vergewaltigungen zu verhindern.

Der 73-Jährige

offenkundig geradezu von einer Besessenheit geplagt, sich immer und überall als sexueller Kraftprotz zu profilieren,

hatte sich in seine Glatze Haarbüschel einpflanzen und seine Gesichtshaut liften lassen – und nun das so teure Gesicht eingeschlagen!

Der Medien-Mogul

Wie unbedarft muß ein Volk sein, einen Mann zu seinem Präsidenten zu wählen, der seinen Erfolg offenkundig seinen Verbindungen zu Geheimbünden verdankt und die  Medienlandschaft Italiens beherrscht.

Schon in den 90er Jahren gehörten ihm

die drei wichtigsten Privatsender …, die wichtigste Kinokette des Landes Cinema 5, Musik- und Fernsehproduktionsgesellschaften, der Werbekonzern Publitalia, der seine eigenen Sendungen mit Spots versorgte. Berlusconis Programme erreichen noch heute etwa 95 Prozent aller italienischen Familien.

… Auch in den Printmedien: Berlusconi allerorten. Als er 1991 die Kontrolle über den Mondadori-Konzern errang, war er Besitzer des größten Medien-Konglomerats Europas, gleich nach Bertelsmann. Und damit sich die italienischen Konsumenten ihre von seiner überbordenden Medienmacht geweckten Wünsche auch umgehend erfüllen könnten, gliederte der Tycoon (sehr mächtiger Großkapitalist und politischer Führer) seinem Imperium auch Kaufhäuser und Supermärkte an …

Craxi und Andreotti

Den politischen Sumpf Italiens der 90er Jahre trockenzulegen, machten sich zwei mutige Ermittler aus Mailand zur Aufgabe: Antonio Di Pietro und Gherardo Colombo:

mit sensationellen Ergebnissen. Die Granden der italienischen Politik kamen vor Gericht und mußten vielfach ihre Ämter aufgeben: Bettino Craxi, damaliger Ministerpräsident und Vorsitzender der Sozialistischen Partei, erhielt 1992 einen 18-seitigen Ermittlungsbescheid, in dem ihm Korruption, Hehlerei und Verstöße gegen das Parteienfinanzierungsgesetz vorgeworfen wurden. Er trat zurück.

Im März 1993 schließlich die schockierendste aller Nachrichten: Die Staatsanwaltschaft von Palermo teilt dem prominentesten Staatsmann Italiens, Giulio Andreotti, der gerade zum siebten Mal Ministerpräsident war, mit, daß sie gegen ihn wegen des Verdachts ermittelten, in allen seinen hohen Ämtern mit der Mafia kollaboriert und sogar einen Mord in Auftrag gegeben zu haben. Glaubhafte Ex-Mafiosi, die “bereut” hatten, stützten die Thesen der Richter: verurteilt wurde Andreotti nie.

Der Werfer mit dem Modell des Mailänder Doms, der Berlusconi das Gesicht einschlug, soll seine Tat bereut haben.

Hat Berlusconi jemals bereut? Und ist es denkbar, daß er dazu eines Tages – wie Craxi und Andreotti – gerichtlich gezwungen werden könnte? Zumindest hat er schon mal seine Immunität verloren.

Es gibt also noch Hoffnung für Bella Italia.

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Mithus
Mithus
14 Jahre zuvor

Die Hoffnung für Bella Italia catholica teile ich nicht. Es ist wie eine mehrköpfige Hydra: Selbst wenn Berlusconi zur Strecke gebracht würde, hinter ihm stehen die Nächsten. Es ist ein kriminelles Machtkartell, das nicht so dumm ist, auf einen einzigen Mann zu setzen. Es ist ein Geflecht, das den Staat und seine Bürger ausräubert und weiter ausräubern wird.

Der Beitrag zeigt in sehr schöner Konsequenz, wie man überhaupt nur reich werden kann: durch gute Beziehungen mit Skrupelosen, durch Mut zum Risiko ohne Haftungsbewußtsein und -willen, durch Machtkonzentration und Absprache unter den Machthabern incl. Kirchen, ja häufig mit Deckung der katholischen Kirche im Finanzbereich, und durch eine grundsätzliche Ablehnung des Rechtsstaates.

Das gilt aber schon seit je, vergl. diverse Fürsten- udn Adelshäuser, die alle mal auf dieser Schiene, z.B. als Raubritter oder Seeräuber, angefangen haben, bis sie ihr Reichttum “gesellschaftsfähig” machte. Beispiel für viele: Fürstentum Monaco, aber auch die Raubzüge der Kreuzfahrer.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion spielte sich dieser Selbstbedienungspoker vor unser aller Augen ab, und namhafte Politiker scheuen sich längst nicht mehr, mit Oligarchen dieser Provenienz in gute Beziehungen zu treten.

Aber was wundern wir uns? Gilt doch seit je: Durch deiner Hände Arbeit kannst du auf dieser Erde nicht reich werden. Als Christ eigentlich auch nicht (sofern nicht Calvinist), denn bei Christen gilt ja das Prinzip des Teilens mit dem Nächsten. So sagt man.

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