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Schiller-Wörter, Schiller-Worte

Hätten Sie’s gewußt,

daß diese zusammengesetzten Hauptwörter von Schiller erfunden wurden?

  • schiller_friedrich_von-3_

    Friedrich Schiller

    Erfindungsgeist

  • Farbenfeuer
  • Fehlschlag
  • Fürstengunst
  • Gaukelbild
  • Gewissensmacht
  • Inhaltsverzeichnis
  • Kindersinn
  • Kunstfleiß
  • Menschenforscher
  • Schattenbild
  • Schwerkraft
  • Schuldbuch,
  • Seelenfriede
  • Selbstverteidigung
  • Sprachgewalt
  • Weltmann
  • Weltordnung
  • Wohllaut

Welche Farbigkeit! Genauso die Eigenschaftswörter:

  • entnervt
  • inhaltsschwer
  • leichtgeschürzt
  • riesengroß
  • rohherzig
  • scharfsichtig
  • schutzlos
  • seelenvoll
  • selbstzufrieden
  • spiegelrein
  • tatenvoll
  • welterhaltend
  • wildbewegt

Auch “abhärten” und uns “gütlich tun” können wir uns seit Schiller auf Deutsch.

Viele neue deutsche Wörter hat Schiller auch in Anlehnung an andere Sprachen erfunden:

  • Landenge (aus griech. Isthmus)
  • Sinnenwelt (aus lat. realitas, Realität)
  • Glückspilz (aus frz. parvenu)
  • Mißstimmung (aus frz. discordance)

Besser bekannt als von Schiller stammend sind die

Redensarten:

  • Die Axt im Haus erspart den Zimmermann. (Wilhelm Tell)
  • Der kluge Mann baut vor. (Wilhelm Tell)
  • Dem Manne kann geholfen werden. (Die Räuber)
  • Früh übt sich, was ein Meister werden will. (Wilhelm Tell)
  • Ich kenne meine Pappenheimer! (Wallenstein)
  • Spät kommt ihr, doch ihr kommt. (Wallenstein)
  • Durch diese hohle Gasse muß er kommen! (Wilhelm Tell)
  • Was ist der langen Rede kurzer Sinn? (Wallenstein – Piccolomini)
  • Raum ist in der kleinsten Hütte für ein glücklich liebend Paar. (Das Lied von der Glocke)
  • Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens! (Die Jungfrau von Orléans)
  • Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt! (Wilhelm Tell)

Der Dichter der Freiheit:

Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei, und würd’ er in Ketten geboren. (Don Carlos)

Sire, geben Sie Gedankenfreiheit! (Marquis Posa gegenüber dem spanischen König im Don Carlos).

Wohingegen Schiller den Kardinal im Don Carlos angesichts der Ketzerverbrennungen seinen Seelentod offenbaren läßt:

Der Verwesung lieber als der Freiheit!

Überhaupt – die christliche Moral:

Was soll auch der Plunder in einer Kirche? Sie tragen’s dem Schöpfer zu, der über den Trödelkram lacht, und seine Geschöpfe dürfen verhungern …

Da donnern sie Sanftmut und Duldung aus ihren Wolken und bringen dem Gott der Liebe Menschenopfer wie einem feuerarmigen Moloch, predigen Liebe des Nächsten und fluchen den achtzigjährigen Blinden von ihren Türen weg, stürmen wider den Geiz und haben Peru um goldner Spangen willen entvölkert und die Heiden wie Zugvieh vor ihre Wagen gespannt.

Thomas Mann hebt in seinem “Versuch über Schiller” (Silberburg-Verlag) hervor:

Er war nicht vorsichtig und hat aus Liebe zu den Göttern Griechenlands das Ärgernis nicht gescheut, seine Abneigung kundzugeben gegen den christlichen Eingott, der, freundlos, ohne Bruder, ohne Gleichen, auf Saturnus’ umgestürztem Throne herrscht.

Und Thomas Mann zitiert Schiller:

Da die Götter menschlicher noch waren,
Waren Menschen göttlicher.

Daher verrät Schiller im Aphorismus „Mein Glaube“:

Welche Religion ich bekenne? Keine von allen, die du mir nennst! – Und warum keine? – Aus Religion.

Im 2. Aufzug des „Tell“ läßt er den Stauffacher ausrufen:

Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht. Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden, wenn unerträglich wird die Last – greift er hinauf getrosten Mutes in den Himmel und holt herunter seine ewgen Rechte, die droben hangen unveräußerlich und unzerbrechlich wie die Sterne selbst …

Schiller bekannte:

Freimaurer-Initiation

Freimaurer: Initiation eines „Suchenden“. Kupferstich, 1745 in Frankreich, aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Freimaurerei

Bin kein Maurer, kein Illuminat.

So meinte er natürlich nicht die Logenbrüder, als er den Rütlischwur formulierte, aber sicherlich die Schwestern des Volkes beim “Volk von Brüdern” mit:

Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr. Wir wollen frei sein, wie die Väter waren, eher den Tod, als in Knechtschaft leben …

Diese Worte erinnern an das stolze Friesenwort „Lever dod as Slav”. Im „Wallenstein“ heißt es entsprechend:

Und setzet ihr nicht das Leben ein, nie wird euch das Leben gewonnen sein.

Im „Fiesco“:

Ketten von Stahl oder Seide – es sind Ketten.

Im “Tell” stärkt er den Schwachen den Rücken:

Verbunden werden auch die Schwachen mächtig,

und mahnt:

Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz. Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an, das halte fest mit deinem ganzen Herzen, hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft!

Worte des Philosophen

Der moralisch gebildete Mensch, und nur dieser, ist ganz frei,

lesen wir in den „Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen“. Aber vor allem – und da hat Berhold Brecht vielleicht bei ihm gelernt (wenn auch sprachlich tief unter Schiller formulierend: “Erst kommt das Fressen, dann die Moral!”):

Der Mensch ist noch sehr wenig, wenn er warm wohnt und sich satt gegessen hat, aber er muß warm wohnen und satt zu essen haben, wenn sich die bessere Natur in ihm regen soll.

Dann erst wird er daran gehen:

Der Mensch, in dem einmal das Gefühl für Schönheit, für Wohlklang und Ebenmaß rege und herrschend geworden ist, kann nicht ruhen, bis er alles um sich in Einheit auflöst, alle Bruchstücke ganz macht, alles Mangelhafte vollendet oder, was ebensoviel sagt, bis er alle Formen um sich her der vollkommendsten nähert.

Dem Berthold Brecht hätte Schiller als Gleichgesinntem bezüglich dessen Wortwahl vielleicht entgegengehalten:

Die Wahrheit ist vorhanden für den Weisen,
Die Schönheit für ein fühlend Herz. Sie beide
Gehören für einander. Diesen Glauben
Soll mir kein feiges Vorurteil zerstören.

Thomas Mann, der Schillers

hoch-gewählte, hoch-genaue Worte

bewundert, zitiert Goethe, der von Schiller sagte:

Er mocht sich stellen, wie er wollte, er konnte gar nichts machen, was nicht immer bei weitem größer herauskam als das Beste der Neueren; ja, wenn Schiller sich die Nägel beschnitt, war er größer als diese Herren.

So ist es kein Wunder, wenn Schiller die Künstler mahnt:

Der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben, bewahret sie! Sie sinkt mit euch! Mit euch wird sie sich heben!

Er verheißt:

Laßt uns Schönheit und Freude pflanzen, so ernten wir Schönheit und Freude.

Der Sinn des Daseins scheint ihm:

Wie das ganze Naturgebäude nur darum vorhanden zu sein scheint, um den höchsten aller Zwecke, der das Gute ist, möglich zu machen …

und findet:

Nichts führt zum Guten, was nicht natürlich ist.

In seinem Gedicht “Das Glück” stellt er jedoch fest:

Vor Unwürdigem kann dich der Wille, der ernste, bewahren,
Alles Höchste, es kommt frei von den Göttern herab …

Mit andern Worten, das göttliche Schöpferische oder schöpferische Göttliche im Menschen läßt sich nicht herbeizitieren, es kommt “von selbst”.

Das Universum ist ein Gedanke Gottes,

heißt es an anderer Stelle und:

Die Liebe ist die Leiter, worauf wir emporklimmen zur Gottähnlichkeit.

Unsterblich ist das Leben, nicht aber die Leben, doch:

Unsterblichkeit: Über den Tod erschrickst Du? Du wünschest unsterblich zu leben? Leb’ im Ganzen! Wenn du lange dahin bist, es bleibt.

(Die meisten Schillerwörter und -worte trug Adelinde-Autorin Elke Reisenbichler bei, die wiederum einen Großteil bei Gudrun Luh-Hardegg in deren Buch “Von der Schönheit unserer Sprache” fand.)

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Mithus
Mithus
14 Jahre zuvor

“Welche Religion ich bekenne? Keine von allen, die du mir nennst! – Und warum keine? – Aus Religion.”

Die Antwort: aus “Religion” setzt die Akzeptanz eines “göttlichen Prinzips”, eines “göttlichen Ursprungs” voraus. Nur ist die Deutungshoheit der christlichen Kirchen oder sonstiger auf menschlich begrenzter Vernunftsbasis begründeter Religionslehren keine göttliche Einrichtung. Von daher hat Schiller vollkommen recht.

Offensichtlich verfügt Schiller über eine eigenständige, wohl mystisch zu nennende Religionsausffassung, die wir hier leider nicht eindeutig erfahren. Man könnte sie wohl aus seinen Werken herleiten: Freiheit, ein Menschenrecht mit Rücksichtspflichten? Humanismus? Atheistische Ethik? Vieles wäre wohl vorstellbar.

In diesem Zusammenhang bin ich gerade auf den in Frankreich sehr populären Philosophen Comte-Sponville gestoßen. Ein konsequenter Atheist und dennoch durch und durch Mystiker. Sein Buch: “Woran glaubt der Atheist” kann ich nur wärmstens empfehlen. Es trifft den Nerv der Zeit (Aufklärung, Dogmatismuskritik an den Kirchen, Obskurantismus, Fundamentalismus usw.) und öffnet all jenen, die nicht glauben möchten oder können, neue Wege.

Comte-Sponville schreibt in seinem Vorwort: Warum sollten sich Atheisten weniger für das spirituelle Leben interessieren? Ich dachte, das wäre etwas für Adelinde als bekennende Atheistin? Von dem Autor gibt es auch noch den Bestseller: “Ermutigung zum unzeitgemäßen Leben”.

Ich selbst hänge auch der non-theistischen Mystik an, bediene mich dabei aber durchaus auch der jesuanischen Vernunft seiner Lehre/Botschaft. Die christlichen Kirchen folgen lieber dem Ap. Paulus, der Jesus im Kern nicht verstanden hat, soweit es nicht nur um moralische Grundsätze geht.

Mithus
Mithus
14 Jahre zuvor

Liebe Adelinde,

um die Klärung der Begriffe herbeizuführen, empfehle ich ja gerade die Lektüre von Andrè Comte-Sponville, der das für jedermann leicht verständlich auf den Punkt bringt. Eine Rezension über das Buch möchte ich aber selbst nicht schreiben, weil mir dazu die Zeit fehlt.

Falls ich mit meiner Vermutung “Atheistin” falsch liege, also annahm, dass Du den traditionellen kirchlichen Gott oder jenen der montheistischen Religionen schlechthin ablehnst, also ihn nicht zum Glauben benötigst, bitte ich um Entschuldigung. Meine bisherigen Eindrücke haben mich dazu veranlasst, diese Annahme zu treffen. Zuletzt auch das angesprochene Schillerzitat, das in diese Richtung geht (Stichwort: Religionsfeindlichkeit).

Unter Atheisten verstehe ich persönlich Menschen, die den Mut haben, ohne Glauben an eine transzendente Macht ihr Leben gestalten zu wollen und sich damit abzufinden. Sie wollen sich somit die Freiheit vor der Vereinnahmung durch Kirchen und Ideologien (= oft Ersatzreligion) erhalten. Auch gehört dazu das Streben nach Individualität, die sich von Gleichmacherei abgrenzt. Ein Atheist folgt nicht der Horde, die andere geradezu nötig haben.

Unter Mystik verstehe ich die spirituelle Schau auf eine nicht erklärbare göttliche Ganzheit der Schöpfung, die sich der rationalen Erklärung entzieht. Mystik lebt wesentlich von inneren Erfahrungen, die letztlich kaum kommunizierbar sind.

Um über Religion, Mystik, Dogmatik, personales Gottesbild usw. allgemein zu sprechen wäre es zweckmäßig, mit einem ganz neuen Thema bei Adelinde aufzuwarten. Hier im Kontext mit Schiller war für mich die Brücke nur aufgrund des Religionszitates gegeben.

Mithus
Mithus
14 Jahre zuvor

Liebe Adelinde,

für dieses, Dein Bekenntnis bin ich sehr froh und dankbar.

Ich möchte in dieses mich wahnsinnig bewegende Thema – Religion – noch einmal einsteigen und zunächst auf Spinoza hinweisen, aber auch auf Kant. Ich lehne mich dabei eng an die jüngste Befassung mit dem frz. Philosophen Comte-Sponville an, auf den ich bereits aufmerksam gemacht habe. Ich habe halt seine Ideen noch frisch im Kopf:

a) Comte-Sponville: “Spinoza war nicht christlicher als ich, jedenfalls glaubte er an keinen transzendenten Gott. Ihn wie mich hindert dies nicht daran, in Jesus einen Lehrer erster Güte zu sehen. Für mich war Jesus kein Gott”, [also auch kein dritter Teil von einem solchen und auch] “nicht der Sohn Gottes”. Klammerinhalt von mir.

Jesus war für Spinoza “der größte Philosoph”. Jesus wußte am besten zu sagen, “was an ethischen Dingen das Wichtigste sei.” Dass “Gerechtigkeit und Barmherzigkeit” das ganze Gesetz sind, dass es keine andere Weisheit gibt, als zu lieben, und keine andere Tugend für einen freien Geist, als “[humanistisch] gut zu handeln und fröhlich zu sein”. [ ] wie oben und nachfolgend.

Spinoza nennt das “Geist Christi” [vergl. das oft von Frau R. Lapide unterschlagene Jesuswort in Matth. 5, 20]. “Kann man diese Botschaft Jesu etwa überhören, bloß weil man Atheist ist? [Ich selbst unterscheide deswegen zwischen Atheist und A-Theist = Nontheist.

Letztere weisen personale Gottesbilder von sich, sind aber christlichen Bekenntnisses im Sinne der Botschaft Jesu. A-Theisten sind Apologeten der frohen Botschaft Jesu. Aber nur in diesem engeren Verständnis bezeichne ich mich als Christ, obgleich Jesus mit der paulinischen Christologie gar nichts am Hute hatte. Schließlich war er lange tot, als Paulus auftrat.]

b) Auch Kant als gläubiger Philosoph landet in seiner “Kritik der reinen Vernunft” bei den drei Fragen:

Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen?

Er stellt also das Wissen (den Verstand) neben die Moral und macht diese nebst der Zukunftshoffnung nicht von einer Religion abhängig. Er kehrt es sogar um und sagt in seiner Kritik der praktischen Vernunft: Religion ist nicht das Fundament der Moral, sondern die Moral ist das Fundnament der Religion.

Religion, so präzisiert Kant, sei die Erkenntnis aller Pflichten als göttlich zu bezeichnender Gebote. Und diese Erkenntnis ist nichts anderes als das Bekenntnis zu den Werten, die geschichtlich im Abendland als ehern erwachsen waren. Ja, waren!

Das gemeinsame Bekenntnis zu den Werten wie Gerechtigkiet und Barmherzigkeit, Güte und Achtsamkeit und tauserderlei mehr, die unsere Gesellschaften im Abendland lange prägten und heute unterzugehen scheinen, ein Bekenntnis, das übernational, fern jeden Rassisimusses ist, ist für mich auch heute noch die Grundlage dafür, dass ich christlich im Sinne der jesuanischen Philosophie bleiben möchte.

Die Moderne sieht das inzwischen anders (Stichwort: Neoliberalismus und Mammonglaube).

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