Großdeutschland 7. Teil
Samstag, 6. September 2025 von Adelinde
Thomas Engelhardt
schließt seine 7-teilige Betrachtung ab mit:
Angegliederte Gebiete:
Die Teile des Reiches wurden eigenständig verwaltet. An der Spitze stand ein Chef der Zivilverwaltung (CdZ), der dem Führer und Reichskanzler unmittelbar unterstand und zugleich Gauleiter im angrenzenden Reichsgebiet war:
Luxemburg, CdZ: Gauleiter Moselland Gustav Simon (*2.08.1900 Malstatt-Burbach (jetzt Saarbrücken), †18.12.1945 Paderborn)
Lothringen, CdZ: Reichsstatthalter und Gauleiter Saar-Pfalz Josef Bürckel (*30.03.1895 Lingenfeld, †28.09.1944 Neustadt a. d. Weinstraße)
Elsaß, CdZ: Reichsstatthalter und Gau-leiter Baden Robert Wagner (*13.10.1895 Lindach bei Eberbach am Neckar, †14.10.1946 hingerichtet im Fort Ney nördlich von Straßburg)
Oberkrain-Krain, CdZ: Reichsstatthalter und Gauleiter Kärnten Friedrich Rainer (*28.07.1903 Sankt Veit an der Glan, †hingerichtet 18.08.1947 Laibach).
Südsteiermark, CdZ: Reichsstatthalter und Gauleiter Steiermark Dr. Sigfried Uiberreither (*29.03. 1908 Salzburg, †29.12.1984 Sindelfingen)
Bezirk Bialystock, CdZ: Gauleiter und Oberpräsident von Ostpreußen Erich Koch (*19.06.1896 Elberfeld (Rhein-provinz), †12.11.1986 Wartenburg/Ostpreußen (polnisches Staatsgefängnis Barczewo)
In diesen Gebieten, die entsprechend gel-tendem Völkerrecht (de jure) als lediglich militärisch besetzt galten, de facto jedoch deutscher Zivilverwaltung unterstanden, wurde durch die Einführung der deutschen Amtssprache, der deutschen Staatsangehö-rigkeit für Volksdeutsche sowie die Wehr-pflicht die Grundlage für die förmliche (formaljuristische) Eingliederung in das Deutsche Reich geschaffen, deren Umsetzung jedoch für die Zeit nach Kriegsende vorgesehen war.
Einen vergleichbaren Status erhielten 1943 nach dem Frontwechsel Italiens die Opera-tionszonen „Alpenvorland“[1] und „Adriati-sches Küstenland“[2].
Nachtrag:
Im Inneren des Reiches hatte Reichsinnen-minister Wilhelm Frick[3] 1943 eine Ver-waltungs-und Reichsreform angestrebt, die klarere Strukturen innerhalb sowie zwischen den einzelnen Ministerien und Verwal-tungsbehörden vorsah, was auch die Auflösung einiger von Frick als überflüssig erachteter Verwaltungen, Behörden und Einrichtungen bedeutet und Funktionärs-positionen mit eingeschlossen hätte.
Dies rief naturgemäß Mißtrauen und Wider-stand im erweiterten Führungskreis des Reiches hervor, lief aber auch Hitlers Führungsstil entgegen, der das amorphe Gebilde und den polykratischen Aufbau des neuen Staates mit parallel existierenden und untereinander konkurrierenden Behörden, Ämtern und Verwaltungen und teilweise unklaren Zuständigkeiten erhalten und konservieren wollte. Frick wurde entmachtet und verlor das Amt des Reichsinnenministers.[4]
Quellen und Literatur:
Hansa-Weltatlas, Leipzig: Hermann Pfahl Verlag, 1943, Die Neuordnung des deutschen Ostens ebd. S. 143 f. Wirtschaft und Statistik (hrsg. vom Statistischen Reichsamt), Jg. 21 (1941), Nr. 2, Berlin: Hobbing, 1941, S. 40.
Wirtschaft und Statistik, (hrsg. vom Statisti-schen Reichsamt), Jg. 22 (1942), Heft 12 (Die Neuen Deutschen Ostgebiete), Berlin: Hobbing, 1942.
Anhang
Die Westmarken nach dem administrativen Umbau des Deutschen Reichs und der ge-planten Reichsreform (Das Projekt Groß-deutschland)[5] (Thomas Engelhardt)
Bezogen auf die sog. Westgebiete, die u. a. eine Aufteilung Frankreichs entsprechend der einzelnen Nationalitäten[6] und historischen Regionen[7], die An- und Eingliederung Hollands und Flanderns, die Bildung neuer Reichsgaue im Westen, darunter Burgund (in Anlehnung an das alte Reichsland Burgund), Moselland (mit Luxemburg), die Westmark (Pfalz, Saarland, Lothringen), Oberrhein (Baden und Elsaß), Flandern und Wallonien, vorsahen, bestanden folgende Langzeit-planungen:
Reichsgau Burgund (geplant), Reichs-statthalter (geplant) Léon Degrelle (* 1906, † 1994)
Reichsgau Moselland (mit Luxemburg), gegründet 1941, Gauhauptstadt Ko-blenz, Gauleiter und Reichsstatthalter: Gustav Simon, Gauleiter des Parteigaus Trier-Koblenz (ab 1941 Gau Mosel-land), bis 1941 Leiter der NSdAP-Aus-landsorganisation, Landesgruppe Luxemburg
Reichsgau Flandern, gegr. 15. Dez. 1944, Gauleiter (im Exil): Jef Van de Wiele (* 20. Juli 1903 in Brügge; † 4. September 1979 ebd.).
Reichsgau Wallonien, gegr. 8. Dez. 1944, Gauleiter (im Exil): Léon Degrelle (* 1906, † 1994)
Reichsgau Oberrhein (Baden und Elsaß) (geplant, bis 1945 nicht gegründet), Hauptstadt: Straßburg
Reichsgau Westmark (Pfalz, Saarland, Lothringen), gegr. (de jure) 18.10.1940
Auswahlliteratur
[1] Jacques Benoist-Méchin: Frankreich im neuen Europa. In: Deutsches Institut für Außenpolitische Forschung (Hrsg.): Europa. Handbuch der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung des neuen Europa. Helingsche Verlagsanstalt, Leipzig 1943, S. 51–55.
[2) Günter Lohse, Waldemar Wucher, Friedrich Heiss: Deutschland und der Westraum (1943). Volk und Reich Verlag: Amsterdam, 1943.
[3] Thomas Müller: Imaginierter Westen. Das Konzept des „deutschen Westraums“ zwi-schen politischer Romantik und Nationalso-zialismus. Transcript, Bielefeld 2009
[4] Peter Schöttler: „Eine Art ‚Generalplan West‘“. Die Stuckart-Denkschrift vom 14. Juni 1940 und die Planungen für eine neue deutsch-französische Grenze im Zweiten Weltkrieg, in: Sozial. Geschichte 18, 2003, S. 83–130.
Anmerkungen
[1]Operationszone Alpenvorland, gebildet am 10.09.1939 (Südtirol und benachbarte Gebiete: Provinzen Bozen, Trient u. Belluno/Region Venetien), Hauptstadt Bozen.
[2]Operationszone Adriatisches Küstenland (mit den Provinzen Udine, Görz, Triest, Pola, Fiume/Rijeka, Kvarner u. Laibach/Slowenien), gebildet am 10.09.1939, Hauptstadt Triest.
[3]Wilhelm Frick, * 12.03.1877 Alsenz, Nordpfalz, † 16.10.1946 Nürnberg (hingerichtet).
[4]Wilhem Frick behielt zwar weiterhin den Rang eines Reichsministers, wurde aber als Reichsprotektor von Böhmen und Mähren 1943 nach Prag abgeschoben. Als Reichs-protektor hatte Frick nur eine repräsentative Funktion; die eigentliche Macht hatte der „Deutsche Staatsminister für das Protektorat“, der Leiter der Verwaltung Karl Hermann Frank.
[5]Grundlegender Bestandteil der für die Zeit nach dem Kriegsende geplanten Reichsreform be-inhaltete im Wesentlichen die Auflösung und Abschaffung der Länder und die Über-führung der bundesstaatllichen Struktur des Reiches in einen Zentralstaat (vergleichbar Frankreich oder Polen). An die Stelle der bis-herigen Länder sollten als Glieder des Reiches und obere Verwaltungeinheiten die Reichsgaue als neue Selbstverwaltungskörperschaften und staatliche Verwaltungsbezirke treten.
Reichsgaue existierten bereits im Gebiet des ehem. Österreich. Mit Erlaß v. 20. Oktober 1939 wurden als Teil der „Neuen deutschen Ostgebiete“ (diese entstanden aufgrund des Erlasses des Führers und Reichskanzlers v. 8. Oktober 1939 infolge des Zusammenbruchs und der Auflösung des polnischen Staates) der Reichsgau Posen (ab Oktober 1939 um-benannt in Reichsgau Wartheland, umgangs-sprachlich Warthegau) sowie der neue Reichsgau Danzig-Westpreußen gegründet. Der Westteil des neuen Reichsgaues Warthe-land bestand aus der bis 1919/1920 existierenden ehem. preußischen Provinz Posen (ohne das 1919/1920 bei Deutschland verbliebene Restterritorium der Provinzen Posen und Westpreußen, das 1922 als Grenzmark Posen-Westpreußen neu organisiert wurde und im Jahr 1938 als Regierungsbezirk an Pommern angegliedert wurde.
Reichsgaue standen unter der Leitung eines Reichsstatthalters, der meist in Personalunion Gauleiter für den gleichnamigen (Partei-)Gau der NSDAP war. Sie besaßen ein vom Reich abgeleitetes Recht, in Übereinstimmung mit dem Reichsinnenminister selbstständig im Verordnungswege Recht zu setzen. Es han-delt sich dabei um den Beginn einer Neuor-dnung der Reichsmittelinstanz, und zwar zunächst außerhalb der Grenzen des „Alt-reichs“.
In den Reichsgauen war die oberste Verwaltungsspitze und die oberste Parteifunktion (Gauleiter der Partei) in einer Person vereinigt.
[6]Korsen, Basken, Bretonen, Katalanen, Okzitanier.
[7]Normandie, Picardie, Franche-Comté (ehem. Freigrafschaft Burgund), Dauphiné (Delfinat), Provence, Languedoc-Roussillon, Béarn, Gascogne.

Der umfang-, detail- und zahlenreiche (und gleichermaßen wertungsarme!) Beitrag auf „Adelinde“ von Thomas Engelhardt ist nun vollendet (s. auch Anhang!) und bietet einen wirklich präzisen Blick auf die komplexen und komplizierten Geschehnisse der Herausbildung von Großdeutschland.
In einer Handvoll Jahren wurden hier Dynamiken und konkrete Umbildungen in Gang gebracht, deren Echo – selbst im Friedensfalle – noch Jahrzehnte nachgedauert hätte und es ja auch hat. Eine Umwälzung, wie sie ein Land und ein Volk wohl noch kaum erlebt hatte!
Bei allem, „was daraus geworden ist“, bleibt zu beachten: Zielsetzung und Zielrichtung waren stets das Wohl des deutschen Volkes!
Der Lektüre dieser umfangreichen Betrachtung ist zu wünschen, anhand der hier dargelegten Faktenlage jener Jahre die Größe der Aufgabe und das Maß der Anstrengung ermessen zu können!
„Großdeutschland“ wurde die Firma genannt, die in Deutschland auf der Basis einer Ideologie von einer bestimmten internationalen Gruppe mit einem bestimmten Ziel betrieben wurde. Irgendwo habe ich einmal gelesen, daß die Reiche nicht fallen, weil sie scheitern. Sie würden fallen, weil sie ihre Schuldigkeit für die getan haben, die sie erschufen.