Sowjetische Konzentrationslager Teil 2
Mittwoch, 5. November 2025 von Adelinde
Thomas Engelhardt
ergänzt seine vorhergehenden Berichte über die sowjetischen Konzentrationslager:
Häftlinge und Lagerinsassen in den alliierten Haft-, Zwangsarbeits-, Internierungs- und Konzentrationslagern („Speziallager“)
Teil II: Das sowjetische Konzentrations-lagersystem im besetzten Deutschland 1945 ff.
Die sowjetische Besatzungszone (ohne Ost-deutschland) und besetztes Ostdeutschland (ab Mai 1945 polnisch „verwaltet“) sowie in Böhmen, Mähren und im Sudetenland (Liste der Speziallager des NKWD[1] in der dama-ligen SBZ siehe nachstehend):
Einleitend ist festzustellen, daß der von den sowjetischen Verfolgungs- und Unterdrük-kungsorganen geprägte und in der wissen-schaftlichen Literatur eingeführte und übernommene Begriff „Speziallager“ einen Euphemismus ersten Ranges darstellt.
Die sowjetischen Haftlager der Militär-verwaltungen, der Kommandanturen, der Sicherheits-, Nachrichten- und Geheim-dienste und namentlich die sog. Speziallager, die vom Moskauer Innenministerium[2] verwaltet wurden, waren den nationalsozia-listischen Konzentrationslagern in jeder Hinsicht vergleichbar.
Die Errichtung der sog. Speziallager erfolgte aufgrund eines NKWD-Befehls[3] mit dem Ziel der „Säuberung des Hinterlandes der kämpfenden Truppen der Roten Armee von feindlichen Elementen“.
In den Speziallagern Bautzen, Sachsenhausen und Torgau existierten parallel auch Haftla-ger für durch sowjetische Militärtribunale (SMT) verurteilte Häftlinge.[4] Die weitaus größere Zahl der Inhaftierten waren jedoch die sog. Speziallagerhäftlinge.
Die SMT-Verurteilten gehörten nicht zu der Kategorie der Speziallagerhäftlinge. Erstere waren i.d.R. räumlich völlig isoliert unter-gebracht und unterlagen darüber hinaus einem verschärften Haftreglement. Darüber hinaus existierten auf dem Territorium der SBZ[5] noch mehrere NKWD-Gefängnisse, darunter:
Nr. 5 (Neu-)Strelitz
Nr. 6 Berlin-Lichtenberg.
Nr. 7 Frankfurt/ Oder (bis Mai 1946)
Nr. x Erfurt (Kasematten der Festung Petersberg, Gefängnis Andreasstraße)
Nr. x Weimar (Untersuchungsgefängnis im ehem. Gerichtsgebäude), bis 1947, später nach Erfurt verlegt
______________
Anmerkungen
[1] NKWD = Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten, gegründet 1934. Im gleichen Jahr erfolgte die Eingliederung der politjsche Polizei OGPU. Der NKWD fungierte fortan als Geheimpolizei sowie als Geheimdienst. Unterstellt war ihm auch die Hauptverwaltung Lager (GuLag). Der NKWD unterhielt eine eigene Armee, die sog. Inneren Truppen.
Diese rückten beim Vormarsch auf das Reichsgebiet in einer Stärke von 500.000 Mann bzw. 53 Divisionen den eigentlichen Kampfverbänden und Troß-Truppen der Roten Armee in der 3. Welle nach und verantworteten den Terror gegen die deutsche Zivilbevölkerung in den eroberten und besetzten Gebieten.
[2] Bis 1946 NKWD ( Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten, russisch: Narodnyj kommissariat wnutrennichdel), ab 1946 MWD (Minsterium für Innere Angelegenheiten, russisch Министерство внутренних дел).
[3] NKWD-Befehl 00315 von Lawrentij Berija v. 18.04.1945.
[4] Innerhalb der sog. „Speziallager“ existierten gesonderte, speziell bewachte Bereiche nur für IMT-Häftlinge. Diese Sonderbereiche waren ebenfalls durch allgemein schlechte Bedingungen, eine mangelhafte Versorgung, fehlende medizinische Versorgung und hohe Sterblichkeitsraten gekennzeichnet. Mehr als ein Drittel der Häftlinge erlag diesen katastrophalen Bedingungen.
Typisch für die Vorgehensweise der sowjetischen Unterdrückungsorgane war das Ausstellen falscher bzw. deklarierter Totenscheine. Todesfälle infolge ausgeübter Gewalt wurden prinzipiell nicht verzeichnet. In der Mehrheit der Fälle blieben die tatsächlichen Todesursachen ungenannt oder wurden verschleiert.
[5] SBZ = Sowjetische Besatzungszone