Semantik, Sprachregelungen, Beeinflussung des Bewußtseins
Freitag, 7. November 2025 von Adelinde
Eine wichtige, längst fällige Klarstellung über die Beeinflussung des Bewußtseins über die Bildung falscher Begriffe von
Thomas Engelhardt
Die Semantik ist die Wissenschaft von der Wortbedeutung. Und die Semantik wird seit Jahrzehnten gezielt in den Medien und in der Politik zur Massenbeeinflussung eingesetzt.
Denn über die Semantik, die Bedeutung von Wörtern und Begriffen, werden gezielt poli-tische Inhalte vermittelt und politische Mei-nungen gesteuert.
Die Semantik ist eines der wichtigsten Werk-zeuge der Propaganda. Auch und gerade hier und heute, im „demokratischen Rechtsstaat“.
Ein Beispiel: Mit den Begriffen Arbeitgeber und Arbeitnehmer begegnet uns eine typi-sche Anwendung der Semantik. Gezielt wird mit semantischen Neuschöpfungen Einfluß auf das Bewußtsein der Menschen genom-men. Suggeriert wird, daß Arbeitgeber Arbeit geben. Diese geben aber keine Arbeit, son-dern stellen Arbeitsplätze zur Verfügung.
Die Arbeit geben tatsächlich im Wortsinne die Werktätigen, die Arbeiter und Angestellten, also diejenigen, die produktiv tätig sind, die arbeiten, gleich ob Arbeiter der Faust oder Arbeiter des Kopfes.
Das ist keine Wortklauberei, sondern Indiz, wie Inhalte gezielt begrifflich in ihr Gegenteil umgekehrt und somit umgedeutet werden.
Die heute Arbeitgeber genannten Arbeits-platz-Geber sind eigentlich Arbeit-Nehmer, die heute so genannten Arbeitnehmer dage-gen die tatsächlichen Arbeit-Geber (oder Arbeitsplatz-Nehmer).
Kann man hierüber streiten? Nein, kann man nicht, denn es ist klar und eindeutig, wischt man die Vernebelung der Begriffe beiseite.
Seit Kriegsende hat sich über nun schon drei Generationen diese Begriffsumdeutung durchgesetzt und wird weder von der Politik (die dafür verantwortlich zeichnet), den Me-dien oder etwa den Gewerkschaften infrage gestellt (von den institutionalisierten bun-desdeutschen Branchengewerkschaften schon gar nicht!!!).
„Arbeitgeber“ klingt ja zuerst einmal gut. Da gibt also jemand etwas, nämlich Arbeit. Das menschliche Gehirn, genauer die Synapsen, verarbeiten unterbewußt das „Geben“ als einen positiven Akt.
Der Arbeitgeber wird also nicht mehr als derjenige betrachtet, der den eigenen Inter-essen (nämlich möglichst viel Lohn oder Gehalt für die abgegebene Arbeit zu erhalten) entgegen steht, sondern gleichsam als der „gute Onkel“, der etwas gibt und nicht etwa etwas nimmt.
In der neudeutschen BRD ist das um so be-deutungsvoller, weil ein großer Teil der Wirtschaft von ausländischem Kapital be-herrscht wird. Antikapitalistische Attitüden sind den meisten Bundesdeutschen aber heute völlig fremd.
In den Jahren meiner Berufstätikeit habe ich immer wieder mit Mitarbeitern, Kollegen und Führungskräften über die Rolle und die Funk-tion des Kapitals in der Wirtschaft gespro-chen und mußte feststellen, daß grundlegen-de Kenntnisse selbst bei akademisch gebil-deten Führungskräften nicht oder nur marginal vorhanden sind.
Die volkswirtschaftliche Binsenweisheit, daß beispielsweise in einem Währungsraum die Summe aller Schulden der Summe aller Gut-haben entspricht, ist schlichtweg unbekannt und nicht vorhanden.
Entsprechend wird das in Betriebsvermögen investierte Kapital und dessen Rolle in der Regel nicht verstanden.
Einfache Frage: Weshalb werden in der ge-werblichen Wirtschaft oder in der Investi-tionsgüter-Industrie Waren bzw. Güter pro-duziert? Um die Bedürfnisse der Kunden zu befriedigen? Mitnichten.
Die Produktion von Gütern ist (ja muß!) pro-fitabler sein, als das Geld auf die Bank zu tragen.
Geschieht das doch wie im Falle des einst größten (bundes-)deutschen Mischkonzerns „Deutsche Metallgesellschaft“, die Erzgruben in Australien und Südamerika, Hütten- und Produktionswerke in der BRD und im europä-ischen und außereuropäischen Ausland be-saß, geht das schief.
Denn statt die Betriebsergebnisse (Profite) im Unternehmen zu re-investieren wurde das Kapital an der Börse angelegt und verloren. Fehlspekulation, alles weg, Pleite! Das einst blühende Unternehmen mußte zerschlagen und in großen Teilen liquidiert werden![1]
Mit der Semantik der Herrschenden sind wir tagtäglich konfrontiert. Aber kaum jemand nimmt diese semantisch gesteuerten Mel-dungen und Kommentare wahr. Warum ist das so?
Weil die Menschen in der Schule, in der Aus-bildung nicht sensibilisiert werden. Sie sollen ja eben im späteren Leben nicht bemerken, wie sie manipuliert und indoktriniert werden! Hic est cursus mundi.*
Der italienische Kommunist Antonio Gramsci[2] wies in den 1920er-Jahren auf die Notwendigkeit hin, in der politischen Ausein-andersetzung die Hoheit über Begriffe, Wörter und Bezeichnungen zu erlangen.
Gelingt das nicht, wird man mit den eigenen Argumenten stets ins Hintertreffen geraten, weil der Gegner Richtung und Verlauf der Auseinandersetzung bestimmt.
Mit der Erlangung der Begriffshoheit aber kann man die Massen propagandistisch erreichen und politisch gewinnen.
Auffällig ist die Semantik beispielsweise auch immer in Bezug auf in nationalsozialistischen Lagern zu Tode gekommene Juden. Formu-liert wird stets, diese seien „ermordet“ wor-den.
Die Opfer in den alliierten Haft-, Internie-rungs- und „Speziallagern“ aber sind immer „nur“ gestorben.
Das ist schon sehr seltsam. Paßt aber. Denn bestimmte Begriffe werden eben nur und ausschließlich auf den historischen National-sozialismus bezogen.
Konzentrationslager hat es demnach einzig im nationalsozialistischen Deutschland ge-geben. Deshalb werden diese auch Nazi-KZ genannt. Von Sowjet-KZ ist dagegen nie die Rede.
Dabei wurde der Begriff Konzentrationslager erstmalig mit der Vernichtung der südafri-kanischen Buren in britischen KZ erfunden und eingeführt (sic.) und taucht im Zusam-menhang mit der Liquidierung der südafri-kanischen Burenstaaten auf.
Ebenso ist es mit den Begriffen Raubkunst und Beutekunst. Kunstgüter geraubt haben selbstverständlich immer nur die „verbre-cherischen Nazis“.
Das in weitaus größerem Maßstab durch die Kriegssieger geraubte deutsche Kunstgut wird als „Beutegut“ bezeichnet und wird exklusiv nur auf diese Fälle angewendet.
Semantik ist also ein wichtiges Mittel der Propaganda. Unser Unterbewußtsein und die Synapsen des Gehirns verarbeiten Begriffe wie „Raub“ und „Beute“ tendenziell, das eine als böse und verbrecherisch, das andere als auf irgendeine Art und Weise berechtigt.
Während also „Raub“ stets negativ assoziiert wird, erscheint der Begriff „Beute“ als gewis-sermaßen berechtigt. Oder zumindest weni-ger kritisierbar.
In diesem Sinne werden auch die durch die Kriegssieger vorgenommenen Annexionen als völlig gerechtfertigt und selbstverständlich aufgefaßt, während die An- und Eingliede-rungen der Neuen Deutschen Ostgebiete 1939 (also bis 1919/1920 deutsche Territo-rien!) und die Wiedervereinigung mit Öster-reich als aggressive Akte und Annexionen bewertet werden.
Das Böse und die Bösen sind also immer nur der deutsche Nationalsozialismus und sind die Deutschen, also die „Nazis“.
Mehr noch. Der Teufel wird personifiziert. Die drei Spitzen-H Himmler, Heydrich und Hitler müssen heute als Teufel in Menschengestalt gelten und der heute völlig verzeichnete hi-storische deutsche Nationalsozialismus als das absolut teuflische Verbrechertum.
Und die Bundesdeutschen haben diese ge-schichtliche Umdeutung sogar nahezu voll-kommen verinnerlicht, jedenfalls 999 von 1000. Wenn nicht noch mehr. Auch dies aber lediglich eine Schätzung.
In der Berichterstattung über den Zweiten Weltkrieg und in Fernsehdokumentationen ist auffällig, daß stets Begriffe wie „faschistische Wehrmacht“, „Nazideutschland“, „Hitler-Deutschland“ usw. verwendet werden, und zwar von allen Beteiligten, in Funkmedien, Zeitungen, Zeitschriften, Fernseh-Dokumen-tationen, von Autoren, Journalisten, Redak-teuren usw.
Man liest und hört aber nie Begriffe wie Stalin-Rußland (oder etwa Sowjetrußland) oder Stalin-Faschismus.
Völlig selbstverständlich wird der Faschis-musbegriff ausschließlich auf den deutschen Nationalsozialismus projiziert. Zumindest muß unter Berücksichtigung der Begriffsde-finition die Anwendung des Begriffs Faschis-mus bezogen auf den Nationalsozialismus fragwürdig, wenn nicht falsch erscheinen.
Niemand aber charakterisiert das grausame Regime Stalins, dem allein in der Zeit des Großen Terrors[3], darunter in der Phase der „Deutschen Operation“*** des NKWD[4], Millionen deutsche Menschen zum Opfer fielen, als Faschismus, als Stalin-Faschismus, obwohl diese blutige Diktatur nahezu alle Elemente eines faschistischen Regimes aufwies (mit einer Ausnahme, der Existenz von in privatem Besitz befindlichem Kapital, Firmen und Unternehmen. Deren Stelle hatte die kommunistische Funktionärs- und Kaderpartei eingenommen.)
Auch hier begegnen uns demzufolge se-mantische Festlegungen und (scheinbar) immergültige Begriffe und Bezeichnungen. Wer stellt hierzulande und heute den Begriff „Hitler-Faschismus“ infrage? Dieser scheint für alle Zeiten festgelegt.
Dem entsprechend haben die Feindmächte auch nicht etwa gegen Deutschland und die Deutschen Krieg geführt, sondern immer nur gegen die „Nazis“.
Und die heutigen Deutschen haben diese Sprachregelungen unkritisch und ohne nachzudenken übernommen. So wirkt die Semantik.
Aber sie wirkt nie ewig. Ändern sich die politischen Rahmenbedingungen, ändert sich die Sprache.
Heute gilt gewissermaßen die Sprache des „Vierten Reiches“, des neudeutschen Be-satzungsspößlings BRD. Dessen Zeit ist gezählt. Mene mene tekel upharsin.**
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Anmerkungen
*) Das ist der Lauf der Welt.
**) gezählt gezählt gewogen zerteilt
***) Wikipedia: „Als Deutsche Operation des NKWD wird eine Aktion zur Verhaftung und Ermordung von Deutschen und deutschstämmigen Bürgern der Sowjetunion durch das Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten (NKWD) in der stalinistischen Sowjetunion bezeichnet. Die Deutsche Operation war die erste NKWD-Aktion im Rahmen der sogenannten „nationalen Operationen“ während der Zeit des Großen Terrors 1937/38. Betroffen von dieser Säuberungswelle waren zunächst Ausländer deutscher Herkunft sowie Politemigranten aus Deutschland und Österreich. Es traf auch deutsche und österreichische Staatsbürger (Reichsdeutsche) und Staatenlose (Deutsche ohne Paß), die sich aus unterschiedlichen Gründen in der Sowjetunion aufhielten. Die staatlichen Repressionsmaßnahmen wurden auf der Grundlage des operativen NKWD-Befehls Nr. 00439 vom 25. Juli 1937 durchgeführt. Dieser Geheimbefehl hatte den offiziellen Titel: „Operation zur Ergreifung von Repressivmaßnahmen an deutschen Staatsangehörigen, die der Spionage gegen die UdSSR verdächtig sind“.
[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Metallgesellschaft
[2]Antonio Gramsci, * 22. 01.1891, Ales, Italien, † 27.04.1937, Rom.
[3]https://de.wikipedia.org/wiki/Großer_Terror_(Sowjetunion)
[4]https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Operation_des_NKWD