Die Rolle der Frau im Dritten Reich
Samstag, 30. August 2025 von Adelinde |
Thomas Engelhardt
begrüßt den Kommentar einer Adelinde-Leserin namens „Waldgängerin“ und schreibt sogleich einen weiteren Beitrag zum Thema „Drittes Reich“:
Die Rolle der Frau im Dritten Reich
Ein Kommentar wie der der Waldgängerin ist mir ehrlich gesagt weitaus lieber als alle zu-stimmenden Kommentare. Die Waldgängerin hat in vielem, was sie ausführt, durchaus recht. Aus ihrer Sicht wohlgemerkt (getreu der alten Weisheit, daß jeder Mensch eine Welt für sich sei!).
Aus der heutigen Sicht mag der nationalso-zialistische Staat als Unrechtssystem gelten. Unstreitig ist aber, daß das die Masse der damaligen Deutschen völlig anders sah!
Hinsichtlich der Bewertung des historischen Nationalsozialismus bin ich selbst unsicher. Vergleiche ich meinen eigenen Lebenslauf, ahne ich, daß ich selbst im Dritten Reich möglicherweise auch nicht glücklich gewor-den wäre.
Das staatliche und gesellschaftliche System lief auf die Unterordnung des Individuums unter die Gemeinschaft hinaus. Man kann es auch als Gleichmacherei bezeichnen.
Individualisten wie ich wurden diszipliniert oder zur Anpassung gezwungen.
Wie hätte ich mich verhalten?
In der DDR entzog ich mich bewußt der politischen Vereinnahmung und suchte und fand meine persönlichen Nischen. Grund-sätzlich war das auch nach 1933 möglich.
Und in der Tat war die Bandbreite der sozi-alen Milieus, der individuellen Lebensmodelle und Lebenswege weitaus vielfältiger als heu-te. „Gleichschaltung“ ist insofern ein Begriff, der bei Lichte betrachtet nur teilweise zu-trifft.
Die Existenz mehrerer unterschiedlicher sozialer Schichten in der damaligen Zeit ist Indiz für diese These. Beeindruckend aber ist eben die Tatsache, daß die Mehrheit der An-gehörigen dieser verschiedenen sozialen Schichten den Nationalsozialismus vorbe-haltlos begrüßten, unterstützten und aktiv an dessen Gestaltung teilnahmen, Arbeiter, Handwerker, kleine Angestellten, Akademi-ker, Groß-, Klein- und Mittelbauern, Unter-nehmer, Adlige usw.
Alle diese sozialen Schichten verbanden mit dem neuen System unterschiedliche Vorstel-lungen, unterschiedliche Ziele.
Die Rolle der Frau im Dritten Reich auf die Gebährerin und Mutter zu reduzieren, ist jedoch falsch. Frauen waren aktive Mitge-stalterinnen der neuen Gesellschaft. Der Anteil von Frauen in der Partei und ihren Gliederungen war außergewöhnlich hoch. Frauen fühlen sich in den Dreißiger- und Vierzigerjahren durchaus nicht diskriminiert.
Die NS-Frauenschaft war eine der bedeutend-sten Unterorganisationen der Partei. In der Zeit des Krieges (ab 1939) stieg der Frauen-anteil bei den Neueintritten in die NSdAP auf 30 % (sic.). Zwischen 1925 bis 1933 waren es im Schnitt nur zwischen 5- 7 % gewesen!
Die NS-Frauenschaft (NSF) war eine der sechs Unterorganisationen der NSdAP und hatte 1938 2 Millionen Mitglieder (!). Finanziell war dies Organisation von der NSdAP abhängig. Neben dem Deutschen Frauenwerk mit 1,7 Millionen Mitgliedern war die NSF die wich-tigste Organisation für Frauen.
Zwischen 1933 und 1939 stieg die Erwerbs-quote von Frauen von 34,2 % auf 36,1 %. Bei Ausbruch des Krieges änderte sich die Lage für Frauen noch einmal deutlich. Von einer Eindämmung der Frauenerwerbsquote konnte jetzt keine Rede mehr sein.
Staat und Partei waren nun um die Mobili-sierung der weiblichen Reservearmee be-müht. Einen Zwang zur weiblichen Dienst-pflicht, wie in England seit 1941, gab es jedoch nicht. Der Staat setzte auf Freiwil-ligkeit. In einer Rede von Adolf Hitler aus dem Jahr 1941 heißt es:
„Millionen deutscher Frauen sind auf dem Lande auf dem Felde und müssen dabei in härtester Arbeit die Männer ersetzen. Millionen deutscher Frauen und Mädchen arbeiten in Fabriken, Werkstätten und Büros und stehen auch dort ihren Mann. Es ist nicht unrecht, wenn wir verlangen, daß sich diese Millionen deutsche schaf-fende Volksgenossinnen noch viele Hun-derttausende andere zum Vorbild neh-men.“
Erst 1943 wurde eine offizielle Meldepflicht für Frauen zwischen dem 17. und 45. Le-bensjahr eingeführt (später auf das 50. Le-bensjahr angehoben). Frauen wurden auf ihre Arbeits- und Einsatzfähigkeit überprüft; es gab jedoch zahlreiche Ausnahmebestim-mungen.
Dementsprechend konnten bis Ende 1943 nur knapp eine halbe Million Frauen für den Ar-beitseinsatz gewonnen werden.
Die Grenzen zwischen „Männer- und Frauen-arbeit“ begannen aufzuweichen. Frauen ar-beiteten jetzt als Bahnschaffnerinnen, Strom-ableserinnen oder in der Rüstungsindustrie. Sie verrichteten „Männerarbeit“.
Ihre starke Marktposition ermöglichte ihnen jetzt auch, Verbesserungen durchzusetzen – zum Beispiel bei den Löhnen. Sie erhielten bald dieselben Löhne wie ihre männlichen Kollegen. Zudem konnten Frauen nun in höhere Gehalts- oder Leistungsgruppen aufsteigen.
Wohlwissend, daß sie nach Rückkehr der Soldaten diesen wieder Platz machen sollten. Weitere Verbesserungen waren u. a. ein be-zahlter Mutterschaftsurlaub von sechs Wo-chen – auch für Arbeiterinnen und Angestellte in der Land- und Hauswirtschaft – sowie im Jahr 1942 die Erweiterung des Mutterschutz-gesetzes von 1927.
Nichtsdestotrotz stieg die Arbeitsbelastung in Deutschland an. Die wöchentliche Ar-beitszeit verlängerte sich, und Schutzver-ordnungen wurden teils gelockert oder sogar aufgehoben.
Zu Massenaufständen wie im Ersten Weltkrieg führte dies jedoch nicht. Staat und Partei bemühten sich, die „weibliche Heimatfront“ während der Kriegsjahre bei guter Laune zu halten.
Dazu gehörten neben der nie völlig durchge-setzten Dienstpflicht für Frauen auch die Be-mühungen um eine ausreichende Lebens-mittelversorgung sowie die Förderung von Kinderhorten, um Arbeiterinnen das Arbeiten zu erleichtern. Dies ist auch unter dem As-pekt zu betrachten, daß Frauen so deutlich länger und einfacher arbeiten konnten.
Die Rolle der Frau im Nationalsozialismus – Fazit
Das Frauenbild des Nationalsozialismus speist sich vor allem , aber eben nicht nur, aus dem zentralen Bild der Mutterschaft. Zentral ist es deshalb, da die Familie in den Augen des national-sozialistischen Staates die Keimzelle der Nation und der Gesellschaft war.
Sie stand also maßgeblich für den Fortbe-stand Deutschlands. Propagandistische Me-dien, wie die NS-Frauen-Warte, erinnerten Frauen immer wieder an diese ihnen zuge-dachte Aufgabe.
Die Frau zur Zeit des Nationalsozialismus sollte eine pflichtbewußte Rolle einnehmen. In hohe (politische) Ämter stieg sie nicht auf. Ihre Einflußsphäre sollte zuhause bei ihrer Familie liegen. Frauen-vereine wie die NS-Frauenschaft existierten, jedoch unterlagen sie den strengen Vorgaben des NS-Staates und waren u. a. der NSDAP untergeordnet.
Erst später, im Zuge des Krieges, veränderte sich die Rolle der Frau. Es kam ein weiteres Bild hinzu: Frauen mußten jetzt auf dem Ar-beitsmarkt Männer ersetzen, welche in den Krieg zogen.
Die Frau war nun Mutter und Arbeiterin zu-gleich. Tätigkeiten, die als „typisch männlich“ angesehen wurden, führten nun auch Frauen aus. Sie arbeiteten als Schaffnerinnen oder führten handwerkliche Tätigkeiten aus. Die Grenzen zwischen den männlichen und weib-lichen Arbeitsbereichen verschwammen. Die Arbeitsbelastung stieg dabei deutlich an.
Nichtsdestotrotz kam es auch zu positiven Wendungen: Frauen bekamen aufgrund ihrer wichtigen Stellung z. B. die gleichen Löhne wie ihre männlichen Kollegen. Der Staat er-weiterte auch das Mutterschaftsschutzgesetz zugunsten der Frauen und versuchte, die Frauen im Arbeitsleben zu entlasten.
Um die Frage zu beantworten, ob die Zeit des Nationalsozialismus ein emanzipatorischer Rückschritt war, ist es wichtig, die Zeit aus der Perspektive der damaligen Frauen zu betrachten und zu verstehen:
Es ist nicht bezeugt, daß der Großteil der Frauen unzufrieden mit der Geschlechter-trennung war. Zu lange waren Frauen schon an die Tradition der Geschlechtertrennung gewöhnt. Die Haltung des nationalsoziali-stischen Staates wurde damals weder als ungewöhnlich noch als revolutionär wahr-genommen.
Im Vergleich zur Weimarer Republik (1918 -1933) betrachteten sie ihre Stellung und Rolle demnach gesellschaftlich, wirtschaftlich und kulturell nicht als einen Rückschritt. Von einer Verschlechterung der Rolle der Frau läßt sich demzufolge genauso wenig sprechen wie von einer Aufwertung. Sie war eher ein Mittel zum Zweck, das der nationalsozialistische Staat für sich zu nutzen wußte.
Aus diesem Grund kann nur davor gewarnt werden, ausgehend von der heutigen Zeit und nach heutigen Maßstäben den Nationalsozi-alismus zu bewerten. Die Rolle der Frau im Neuen Deutschland kann ebenfalls unter-schiedlich beurteilt werden.
Richtig ist aber, daß Millionen von Frauen begeisterte Anhänger des neuen Systems waren und nicht nur zustimmten, sondern sich aktiv einbrachten. Das hat freilich sehr viel damit zu tun, daß sich die Lebensver-hältnisse ab 1933 spürbar verbesserten.
Die Jahrgänge etwa ab 1890, gerade auch die Frauen, begrüßten den Nationalsozialismus ohne Vorbehalte. Zu Recht. Man muß nach den Gründen und Ursachen fragen.
Der soziale Wohnungsbau, die faktische Vollbeschäftigung, die vielen sozialpoliti-schen Verbesserungen, die friedliche Wieder-gewinnung annektierter bzw. besetzter Gebiete, die Wiedervereinigung mit Öster-reich waren ausreichende Gründe, den nationalsozialistischen Staat positiv zu bewerten.
Das schlug sich in der Zahl der Familiengrün-dungen und der nach 1933 steigenden Ge-burtenzahlen nieder. Was ist daran aber zu kritisieren?
Ja, in der Tendenz lief das nationalsoziali-stische Denken auf die volle Unterordnung des Individuums unter die Interessen des Ganzen hinaus. Das konnte nicht jedem gefallen.
Möglicherweise wäre auch ich deshalb un-zufrieden gewesen. Nicht in erster Linie aus politischen Erwägungen und weltanschauli-cher Überzeugungen, sondern aus persön-lichen Gründen.
Massenaufmärsche sind mir persönlich ein Graus, Gleichförmigkeit, Uniformierung ebenso.
Heute bemühe ich mich lediglich, eine sach-lich-objektive Bewertung des historischen NS vorzunehmen. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einer unkritischen und vorbehaltlosen Zustimmung zum historischen Nationalsozia-lismus.
Viele Grüße aus Ostfalen, Thomas Engelhardt