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“Sorry – it was a mistake …”

2. Folge der Reihe „Deutsche Geschichte am Beispiel Hanna Reitsch“

Hanna Reitsch

berichtet in ihrem Buch

Das Unzerstörbare in meinem Leben,

München 1975, von weiteren Erlebnissen, die hauptsächlich die Zeit der 30er und 40er Jahre vor unserem inneren Auge erstehen lassen.

Sie sind Geschichtszeugnisse ersten Ranges.

Sie lassen uns teilnehmen an den Stimmungen des Volkes vor, im und nach dem Krieg.

1945: Der Krieg ist zu Ende, die Sieger triumphieren über die Besiegten.

Hannah Reitsch hatte bis auf ihren Bruder ihre gesamte Familie, ihre Heimat, viele Kameraden und den Mann verloren, „den ich heiß liebte“.

Sie hatte ihr Wort, das sie Feldmarschall Ritter von Greim gegeben hatte, gebrochen. Sie ging nicht in den Tod. Sie nahm all das noch kommende persönliche Leid auf sich, um für ihr mit Lug und Trug niedergetretenes deutsches Volk dazusein und für die geschichtliche Wahrheit zu kämpfen.

Mit tiefstem Leid im Herzen folgten für mich 1 1/2 Jahre amerikanischer Haft, mit Stationen in Gmunden, in einer Gefängniszelle in Salzburg, Freising und Oberursel/Taunus.

Bei ihrer Entlassung war alles, was ein amerikanischer Oberst zu ihr sagte:

Sorry – it was a mistake …

Mit Recht hatte die ganze Sieger-Willkür an den Deutschen nichts zu tun. Heute wissen wir, wer an dem bis heute währenden Vernichtungskrieg gegen Deutschland die Hauptschuld trägt. Es war nicht die Liebe der Deutschen zu ihrem Land, die zum Krieg gegen andere Völker trieb.

Hanna Reitsch 1934 in Finnland (Bild: Das Unzerstörbare in meinem Leben)

Hannah Reitsch wurde im Gegenteil als fliegerisches Genie 1934 bis 1939

mit anderen Kameraden in Zusammenarbeit unserer Forschungsanstalt mit dem Auswärtigen Amt für einige Wochen bzw. einige Monate ins Ausland geschickt, entweder um den Segelflug in das jeweilige Land einzuführen, beim Aufbau des Segelflugs zu helfen oder segelfliegerische Forschungsaufgaben durchzuführen.

So wurde ich

  • zweimal nach Finnland geschickt,

  • einmal nach Portugal,

  • dann nach Schweden,

  • Ungarn,

  • England,

  • Frankreich

  • sowie zu Forschungsexpeditionen nach Südamerika (Brasilien und Argentinien),

  • Anfang 1939 nach Lybien (Nordafrika)

  • und kurz vor Ausbruch des Krieges nach Jugoslawien

  • und Bulgarien.

1938 kam dann das vorerst Größte für sie: Sie wurde

von General Udet beauftragt, das … von mir eingeflogene erste voll-kunstflugtaugliche Segelflugzeug der Welt, den „Habicht“, vor den Hunderttausenden von Zuschauern der International Air Races in Cleveland, Ohio (USA), vorzufliegen.

Der „Habicht“ hatte die Festigkeit einer damals modernen Jagdmaschine, und während der Erprobung mußte ich nicht nur Loopins, Rollen, Rückenflüge, sondern auch erstmals Loopings nach vorne damit durchführen.

Zum Schluß der Erprobung mußte ich ihn im senkrechten Sturzflug bis zur Endgeschwindigkeit erfliegen, d.h. aus 6000 m Höhe im senkrechten Sturzflug so lange verharren, bis die Geschwindigkeit sich nicht mehr steigerte. Dies lag bei 440 km pro Stunde

Die vielen Zuschauer in Cleveland rasten vor Begeisterung, denn sie hatten noch niemals lautlosen motorlosen Kunstflug erlebt …

1972 wurde sie in den USA von der Organisation „International Order of Characters“ zum „Pilot des Jahres 1972“ ernannt.

Diese Gemeinschaft vereint Flieger verschiedenster Länder des Westens, die im zweiten Weltkrieg gegeneinander gekämpft haben und durch Leistungen besonders hervortraten.

Clifford Henderson (Bild: Wikipedia)

Der Veranstalter dieser „weltberühmten AIR RACES von Cleveland“ Clifford Henderson sagte bei der Begrüßung – 34 Jahre hatten sie sich nicht mehr gesehen –

nachdem wir uns in die Arme flogen, … „Hanna – what you did 1938 with your ,Habichtʻ, was outstanding. You have stolen the show!“

So sehen „Rechtsextreme“ aus.

1938 brachte ihre Mutter die Siegfrohe – wie auch sonst seit Kindheitstagen, so auch hier die erfolgreiche 26-Jährige – wieder in die „richtige Bahn“:

… als das Schiff, die Bremen, mit meinem ,Habichtʻ und mir in Hamburg wieder eintraf, wurde mir – noch auf dem Schiff – von der Hafenpolizei als erster Gruß ein Brief meiner Mutter überreicht.

Und während ich voll Jubel über das Erlebte stolz und glücklich war, lenkten die Zeilen und Verse meiner Mutter mein Glück wieder in die richtige Bahn, noch bevor ich den Heimatboden betrat.

„…
Jedes Wort, jeder Blick,
was immer Dich grüßt,
erfülle mit Demut Dich,
und fändest Du Schmach
statt Ruhm und Ehr’,
bleibe froh und unerschütterlich.
Nicht um Dank und Ehr’,
nein, aus Dank und Lieb’
fliegst Du fürs Heimatland
…“

Der Staatsschauspieler Mathias Wieman, selbst Flieger, kennzeichnete 1942 in einem Artikel der „BZ – Am MITTAG“ Hanna Reitsch:

… Ich sehe das Bild noch vor mir, wie sie zum ersten Mal am Startplatz auftauchte, ein kleines Persönchen mit sehr hellen Haaren, sehr hellen Augen und einer ganz hellen Stimme, immer in Begeisterung, eine Lerche in Menschengestalt.

Sie trug ein großes viereckiges Lederkissen in ihren Armen, halb so hoch wie sie selber, das brauchte sie, um im Flugzeug darauf zu sitzen, sonst hätte sie nicht hinausschauen können.

Es dauerte bloß ein paar Tage, dann hatte sie uns andere Schüler alle überholt und flog allein, während wir noch lange am Doppelsteuer üben mußten. Das waren harte Schläge für unsern männlichen Stolz.

… Es ist eine große Sache, von Angesicht zu Angesicht sehen zu dürfen, wie das Unüberwindliche mit dem Zartesten zusammenhängt, und die göttliche Kraft wahrzunehmen in einem durchsichtigen und schwingenden Gefäß von Menschengestalt.

1941 wurde Hanna Reitsch mit dem EK II, 1942 mit dem EK I ausgezeichnet. Da

kannte die Begeisterung in meiner Heimatstadt keine Grenzen. Ich wurde vom Oberbürgermeister von Hirschberg mit dem Auto in Berlin abgeholt und nach Hirschberg gebracht.

Alle Orte Niederschlesiens, durch die unsere Wagenkolonne fuhr, waren geflaggt. In vielen Dörfern standen die Schulkinder Spalier, und wir mußten anhalten, während sie Lieder sangen und mir Blumen überreichten …

Hanna Reitsch mit ihrer Mutter – hinter beiden der Vater – 1942 in Hirschberg bei der Feier zur Auszeichnung (Bild: Printerest.de)

Drei Tage feierte ganz Hirschberg, und eine Frontzeitung veröffentlichte einen

Offenen Brief der deutschen Soldaten

an sie:

Liebe Hanna Reitsch!

Da stehst Du nun vor uns, lachend, wie nur ein glücklicher Mensch lachen kann, mit dem ganzen Gesicht, vor allem den Augen. Wir müssen Dir heute einmal schreiben, denn Du bist für uns das Sinnbild der schaffenden und kämpfenden deutschen Frau, ein Sinnbild unserer tapferen Heimat, die wir im Herzen tragen.

Wir haben Deinen Weg verfolgt, lange schon. Jede Nachricht über Dich haben wir zweimal gelesen. Wir bewundern an Dir das Können und die Sicherheit, die Zähigkeit und die Tapferkeit. Wir bewundern an Dir Dein strahlendes Lachen und – daß Du trotz Deiner männlichen Taten Frau bist. Ein klein wenig Liebe ist in unseren Gedanken, so wie wir unsere Mutter und unsere Schwester lieben, wie wir jeder deutschen Frau in Liebe zugetan sind.

Oft und oft hast Du Dein Leben gewagt. Du hast an entscheidender Stelle mitgewirkt, neue Flugzeuge zu schaffen, die uns helfen sollen. Das danken wir Dir. Wir danken Dir, daß Du uns ein Beispiel gegeben hast, welcher Taten die deutsche Frau fähig ist.

Du hast uns so ein Bild der kämpfenden Frau geschenkt, edel und frei, erhellt durch die Glut des reinen Herzens, geadelt durch den selbstlosen Einsatz und den Verzicht auf leichte Freuden.

Du bist unser Kamerad. Du trägst die Ehren- und Leistungszeichen des Soldaten, und wir wissen, was es heißt, sie zu verdienen. Du hast Gefahr und Schwierigkeit überwunden, Not und Einsamkeit des Kämpfers und die Last des täglichen Dienens. Du kennst den Kampf und das glückliche Gefühl, Sieger geblieben zu sein. Wir freuen uns mit Dir, daß Du diese hohe Anerkennung gefunden hast.

Hanna Reitsch (Bild: tv.orf.net)

Wir sind rauhe Soldaten. Wenn Du uns hier sähest, wie wir in unseren Gräben liegen, uns auf den Winter rüsten und ein wachsames Auge auf den Gegner halten – so haben wir nichts mit Dir gemeinsam, die Du Dich in die Lüfte erhebst.

Wir wühlen uns in die Erde, deren Schwere Du überwindest. Unser Sprung herauf geht nur über die Deckung, wenn der Befehl zum Angriff kommt.

Aber wir sehen bisweilen hoch oben über uns den Bussard und die kleinen Falken: Deine Vögel. Wir hören und sehen die grauen Adler der Luftwaffe, Deine Kameraden, unsere Kameraden. Das hebt unsere Gedanken von der Erde, empor in Deine Welt.

Wenn Du wieder die Gefahr um Dich spürst, so wisse, wir denken an Dich und wünschen Dir Kraft, ein klares Auge und eine ruhige Hand. Und so grüßen wir Dich, kämpfende deutsche Frau, wir „Männer an der Front“.

Für ihr Heldentum und ihren Einsatz für ihr Heimatland Deutschland bestrafte sie der Sieger 1945 – „ritterlich“ wie er war – mit Gefängnis, obwohl er selbst keineswegs durch Deutschland gefährdet gewesen war und nicht wie die Deutschen für die Verteidigung seines Heimatlandes zu kämpfen brauchte.

Außer mit dem trostlosen Sätzchen, das sich der Ami bei ihrer Entlassung abrang, zeigte der Sieger weder Ehrgefühl noch Schuldbewußtsein:

Sorry, it was a mistake!

 

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[…] der Verteidiger unserer Heimat, nichts mehr von den herausragenden Todesmutigen wie der Fliegerin Hanna Reitsch z. B. und dem Flieger Hans-Ulrich […]

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