Glaubensbekenntnis

Mit der Theologin

Dorothee Sölle

dorothee-solle.jpgverbindet mich, die Heidin, vieles.

Sie nannte sich selbst Befreiungstheologin. Sie befreite – die sich befreien lassen wollten –
“aus dem Gefängnis der Orthodoxie, der erstarrten Richtigkeiten …”
(Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter).

Wie es so geht bei Ideologien und Religionen: die ursprüngliche Weisheit erstarrt zur Ansammlung von Dogmen, gehütet, verteidigt, befohlen von ihren “allweisen” Verwaltern, den Priestern.

Neues verstört, wird nicht verstanden, hochfahrend zurückgewiesen.

Dorothee Sölle spricht nicht für die deutschen Kirchen,

versicherte denn auch der deutsche Vertreter 1982 im Planungsausschuß der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen – die in Vancouver stattfinden sollte -, um zu verhindern, daß Sölle dort zu Wort käme. Andere Kirchenbeamte  bekräftigten:

Dorothee Sölle lehre, Gott sei tot.

Sie trete für eine unilaterale Abrüstung der Atomraketen ein.

Sölle nahm dann doch an der Tagung teil, weil sich viele Menschen dafür eingesetzt hatten, denen sie schon so vieles gegeben hatte. In Vancouver hielt sie ihre berühmte Rede mit dem Titel:

Leben in seiner Fülle

Darin zeigt sie

die psychische Leere der Reichen (als) Folge der wirtschaftlichen Ungerechtigkeit, von der sie profitieren. Wir haben ein System gewählt, das auf Geld und Gewalt aufbaut.

Und sie fragt – heute aktueller denn je:

Wie lange werden wir noch in der Ausbeutungs- und Unterdrückungsordnung dieser Welt mitmachen, Nutznießer und Komplizen des Systems sein, das beherrscht ist von dem “Dieb, der kommt, um zu stehlen, zu töten und zu verderben”?

Sie stellt fest und hat leider bis heute Recht:

Wir leben nicht in El Salvador, aber unter der Herrschaft der NATO. In ihren Planungsbüros wird über unser Leben und das anderer Völker entschieden –

um dann aufzurufen:

Dort werden die falschen Götzen angeboten, und dorthin gehört unser Kampf. Unsere historische Aufgabe ist der Kampf für den Frieden und gegen den Materialismus.

Sie hätte nicht gedacht, freut sie sich,

daß aus traditionellen Kirchen, die ich oft als ein Grab Christi empfunden habe, so viel Befreiung und Leben hervorgehen kann. Aber Gott schafft sich aus Steinen Söhne und Töchter, die zum Frieden anstiften, und warum nicht auch aus den Gemeinden?

Schließlich kommt ihre lebensbejahende Seite voll zum Durchbruch, wenn sie sagt:

Wir müssen nicht das ganze Jahr über singen, daß mit unserer Macht nichts getan ist und daß wir verloren sind. Wir haben ein neues Lied:

“Dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen, du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie ein Wasserquell, dessen Wasser nie versiegt.”

Ihre Weisheit und Unabhängigkeit im Denken und Aus-der-Tiefe-der-eigenen-Seele-Schöpfen zeigt sie, wenn sie christlicher Unduldsamkeit eine Absage erteilt:

Das Christentum sagt nichts, was nicht auch an anderen Stellen der Welt zu hören wäre. “Wenn du aus deiner Mitte entfernst die Unterdrückung …”

Was mich – wenn ich denn gelegentlich einen christlichen Gottesdienst miterlebe – jedes Mal zutiefst in Erstaunen versetzt, ist das von der Gemeinde gesprochene kirchliche Glaubensbekenntnis. Ist es möglich, daß irgendein gebildeter, nachdenklicher Mensch noch heutzutage einen solchen Text als sein wirkliches Glaubensbekenntnis spricht?

Dorothee Sölles

Credo für die erde

jedoch unterschreibe ich aus vollem Herzen:

Ich glaube an gottes gute schöpfung die erde
sie ist heilig
gestern heute und morgen

Taste sie nicht an
sie gehört nicht dir
und keinem konzern
wir besitzen sie nicht wie ein ding
das man kauft benutzt und wegwirft
sie gehört einem anderen

Was könnten wir von gott wissen
ohne sie unsere mutter
wie könnten wir von gott reden
ohne die blumen die gott loben
ohne den wind und das wasser
die im rauschen von ihm erzählen
wie könnten wir gott lieben
ohne von unserer mutter
das hüten zu lernen und das bewahren

Ich glaube an gottes gute schöpfung die erde
sie ist für alle da nicht nur für die reichen
sie ist heilig
jedes einzelne blatt
das meer und das land
das licht und die finsternis
das geborenwerden und das sterben
alle singen das lied der erde

Laßt uns nicht einen tag leben
und sie vergessen
wir wollen ihren rhythmus bewahren
und ihr glück leuchten lassen
sie beschützen vor habsucht und herrschsucht
weil sie heilig ist
können wir suchtfrei werden
weil sie heilig ist
lernen wir das heilen

Ich glaube an gottes gute schöpfung für die erde
sie ist heilig
gestern heute und morgen