Gedächtnisstätte für die 12 Millionen zivilen deutschen Toten des 2. Weltkrieges
Dieses Jahr feierte der „Verein Gedächtnisstätte“ in Guthmannshausen seinen 25. Geburtstag.
Ins Leben gerufen hatte ihn einer der erfolgreichsten Jagd- und Kampfflieger des Zweiten Weltkrieges, Hajo Hermann.
Der fand es beschämend, daß es 45 Jahre nach Ende des Krieges – im Jahre 1990 – weit und breit in deutschen Landen noch immer keine Gedächtnisstätte für die Millionen deutscher Ziviltoter der Vertreibung aus dem Osten gab.
1992 wurde dann der „Verein Gedächtnisstätte“ gegründet.
Man hatte wohl nicht geahnt, mit welchen Schwierigkeiten die Verwirklichung eines solchen Vorhabens zu kämpfen haben würde:
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Durch ganz Deutschland ging die Suche nach einem geeigneten Ort.
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Gespräche mit Behörden nahmen viel Zeit in Anspruch.
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War ein geeignetes Objekt gefunden und waren erste Vereinbarungen getroffen, zogen die Zuständigen, teils durch regelrechten Verrat, ihr Angebot wieder zurück.
Bezeichnend für den Geist des Nachkriegsdeutschland war die Frage eines Pfarrers der evangelischen Kirche, der das angepeilte Grundstück gehörte:
„Wollen Sie wirklich eine Gedenkstätte nur für Deutsche machen?“
Unsere Antwort hieß: „Selbstverständlich, für alle anderen gibt es ja bereits eine Vielzahl von Gedenkstätten, aber eine entsprechende, würdige und der Größenordnung angemessene Gedenkstätte für die deutschen Ostvertriebenen gibt es nicht.“
Darauf antwortete der Pfarrer entsetzt: „Dann wird ja das Volk der Täter von Ihnen zu einem Opfervolk gemacht! Das können wir nicht mittragen.“
Weiter ging die Suche. 2005 war Borna gefunden. Vier Jahre Auseinandersetzung mit politischer Hetze, mit Behörden einschließlich Gerichten endeten mit dem Verkauf des Anwesens an eine Investmentfirma – hinter dem Rücken des Vereins.
Der Vorsitzer des Vereins Wolfram Schiedewitz schrieb in einem Rundschreiben vom 28.9.2009:
Der Vorstand des „Vereins Gedächtnisstätte“ hat mit dem Verlust von Borna zwar die unmittelbare Heimstatt verloren, aber die Zielstellung des Vereins bleibt und wird mit Entschiedenheit weiter verfolgt.
Man kann mit juristischen Tricks und Hetzkampagnen unser menschlich wie moralisch unantastbares Anliegen nicht stoppen.
… Die 12 Millionen Toten, die wir mit unserer Gedächtnisstätte betrauern wollen, sind das Ergebnis eines großen Opferganges unseres Volkes, den die Welt und auch leider viele Deutsche vergessen wollen.
Es ist in allen Ländern der Erde eine selbstverständliche menschliche und vaterländische Pflicht, seine Toten zu ehren und ihrer würdevoll zu gedenken.
Wir werden unsere Gegner nicht aus dieser Verantwortung entlassen.
Nicht jeder ist einer solchen Reihe von Enttäuschungen über so viele Jahre hindurch gewachsen. Viele erlahmten, sprangen ab.
Das verlorene Vertrauen wiederzugewinnen, war ganz sicher einer der Schwerpunkte unserer nun vor uns liegenden Arbeit.
Es bot sich folgendes Bild nach nunmehr siebzehnjähriger Vereinstätigkeit:
kein Grundstück für den Standort der Gedächtnisstätte,
kein Gebäude für unsere Dokumentation,
kein Raum für unsere Vorträge.
Da brauchte es starke Nerven …
Die und den starken Willen, irgendwann endlich doch zu einem guten Ergebnis zu kommen, hatte der Vorstand unter Wolfram Schiedewitz.
Bis zum Jahre 2010 hatten wir 20 Objekte geprüft und 8 Objekte persönlich angeschaut
(dazu wurden allein 15 000 km auf eigene Kosten zurückgelegt).
Doch dann kam im Jahre 2011 der Zufall zu Hilfe, in Thüringen, 20 Kilometer nördlich Weimars in Guthmannshausen:
Ein 800 Jahre altes Herrenhaus, verbunden mit einem 5500 Quadratmeter großen Grundstück sollte in Privathand zu einem Kultur- und Tagungszentrum entwickelt werden. Da paßte unser Anliegen einer Gedächtnisstätte hervorragend dazu.
Alles Nähere erfährt man auf den 120 Seiten des jetzt zum 25-jährigen Jubiläum herausgekommenen schönen, bebilderten Buches „Gedächtnisstätte – Für die 12 Millionen zivilen deutschen Toten im und nach dem Zweiten Weltkrieg“ von Wolfram Schiedewitz.
Eine wahrhaft würdige Stätte des Gedenkens der wehrlosen deutschen Opfer des 2. Weltkrieges ist gestaltet worden.
Läßt schon das historische Herrenhaus mit seinen Räumlichkeiten und Übernachtungsmöglichkeiten keinen Wunsch offen, so ergreift das Rund der 12 im Kreis angeordneten Granitwände mit dem Obelisken in ihrer Mitte den Betrachter in seinem tiefsten Gemüt.
Die Schönheit der Gedenksteine und ihre Anordnung ist das Eine, das Andere sind die eingemeißelten Inschriften. Die seien hier vorgestellt:
vorn
Den wehr- und waffenlosen Opfern des deutschen Volkes in Trauer und Liebe
Das millionenfache Leid der Deutschen
Erduldet auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges
Das Grauen der Gefangenen in den Lagern
Ihr Sterben in Nässe und Kälte
Hunger und Durst
Die Verzweiflung und Qual
Der Frauen Kinder und Greise
Verjagt von Haus und Hof fliehend
Vertrieben erschossen vergewaltigt erschlagen
Ertrunken in der eisigen Ostsee*
In Bombennächten erstickt verkohlt verschüttet
Durch Zwangsarbeit Hunger und Folter
Zugrunde gerichtet
Ihr Leiden und Sterben ruft laut in das Schweigen der Welt
12 000 000 Tote
Rückseite
Den deutschen Zivilisten
Die in der Heimat bei und nach Kriegsende
Verhungerten erfroren
Den Freitad suchten
5 700 000 Opfer
Millionen die ein reiner Glaube trog
Vergehen in dem unbarmherzgen Sog
Des Strudels von Verzweiflung
Hunger Frost und Regen
Fritz Michel
*siehe auch den Erlebnisbericht bei Adelinde
Den Deutschen aus Ostpreußen
295 000 Tote
2 012 000 Vertriebene
Rückseite
Es war ein Land
Wir liebten dies Land
Aber Grauen sank drüber wie Dünensand
Verweht wie im Bruch des Elches Spur
Ist die Fährte von Mensch und Kreatur
Agnes Miegel
Den Deutschen aus Westpreußen und Posen
117 000 Tote
619 000 Vertriebene
Rückseite
Treu Glauben und das gute Recht
Die haben sich allesamt schlafen gelegt
Gib Gott daß sie wieder auferstehen
Eh daß wir alle untergehen
Inschrift auf einem Bürgerhaus in Danzig
Den Deutschen aus Pommern
330 000 Tote
1 432 000 Vertriebene
Rückseite
Die Treue steht zuerst
Zuletzt im Himmel und auf Erden
Wer ganz die Seele dareingesetzt
Dem soll die Krone werden
Ernst Moritz Arndt
Den Deutschen aus Ostbrandenburg
174 000 Tote
424 000 Vertriebene
Rückseite
Wir vergessen Euch nicht
Oft wird Euer tragisches Opfer
Unser Gespräch sein
Den Enkeln ehrwürdige Sage
Über den Trümmern weht
Die schwarze Fahne der Trauer
Ricarda Huch
Den Deutschen aus Schlesien
und der Oberlausitz
435 000 Tote
3 153 000 Vertriebene
Rückseite
Ich war ein Stein im Osten
Vor Jahrhunderten aufgestellt
Ich war ein Anfang ein Ende
Und ein Gesetz in der Welt
Erich Lipok
Den Deutschen aus dem Sudetenland
Böhmen und Mähren
Sudetenschlesien
232 000 Tote
3 000 000 Vertriebene
Rückseite
Unsagbar ist Dein Leid
Sudetenland
Es hat nicht Tränen mehr
Dich zu beweinen
Wilhelm Pleyer
Den Deutschen aus den
Siedlungsgebieten im Osten Europas
560 000 Tote
2 478 000 Vertriebene
Rückseite
Ich trag ein deutsches Kleid
Will trösten Euch im Leid
Und Strom der Zeit
Mit Stimmen aus der Ewigkeit
Kircheninschrift in Heltau/Siebenbürgen
Den Opfern des Bombenkrieges
700 000 Tote
Millionen Verwundete
Wieviele starben Wer kennt die Zahl
An Deinen Wunden sieht man die Qual
Der Namenlosen die verbrannt
Durch Höllenfeuer aus Menschenhand
Inschrift auf dem Heidefriedhof in Dresden
Rückseite
Wer das Weinen verlernt hat der lernt es
Wieder beim Untergang Dresdens
Ich habe den Untergang Dresdens erlebt
Ich weine
Gott möge die Menschen mehr lieben läutern
Und klären zu ihrem Heil als bisher
Gerhard Hauptmann 1945
Den Opfern der versenkten
Flüchtlingsschiffe
40 000 Tote
Wilhelm Gustloff Goya Cap Arcona Steuben
Thielbeck Orion Karlsruhe Neuwerk
und weitere 242 Schiffe
Rückseite
Sie liegen tief
Auf der Ostsee Grund
Flut wäscht ihr Gebein
In Bucht und Sund
Angnes Miegel
Den Frauen und Mädchen
2 000 000 Opfer
Vielfach geschändet
einem unvorstellbaren Grauen
und Sterben ausgesetzt
Rückseite
Gott wird abwischen
Alle Tränen von ihren Augen
Und der Tod wird nicht mehr sein
Noch Leid noch Geschrei
Noch Schmerz wird mehr sein
Offenbarung des Johannes
Den Deutschen Soldaten in Gefangenschaft
den Verschleppten und Zivilinternierten
den Ermordeten und Hingerichteten
3 059 000 Tote
Rückseite
Auf Todesmärschen
im Bergwerk verbraucht
in Höhlen vermauert
naht Euch der Tod als Freund
er bringt die Erlösung vom Leiden
Trauernd die Mutter
und trauernd die Frau und die Kinder
Nie vergaßen sie Euch
wie sollt Euer Volk Euch vergessen?
Wir trauern um unsere in Gefangenschaft
umgekommenen Soldaten
Der Obelisk in der Mitte
mit den Zeilen des deutschen Liedes
Tafel 1: Nichts kann uns rauben
Liebe und Glauben zu unserem Land
Tafel 2: Es zu erhalten und zu gestalten
sind wir gesandt
Tafel 3: Mögen wir sterben
unseren Erben gilt dann die Pflicht
Tafel 4: Es zu erhalten und zu gestalten
Deutschland stirbt nicht