Ewig währt das Wahre
Freude heißt die starke Feder
In der ewigen Natur.
Schiller
Mit großer Freude können wir heutigen Europäer auf eine enträtselte zehntausende Jahre alte Kultur zu-rückblicken, die die Weisheit unserer Altvorderen uns aus der Altsteinzeit in Stein gemeißelt über-bringt: Ihre zwiesichtigen Skulpturen zeigen Antlit-ze, die durchweg ein klar nach außen blickendes Auge und ein verschlossenes, nach innen schauen-des Auge aufweisen.
Eine tiefe Freude muß ihnen die Erkenntnis gewesen sein, daß der Mensch im Gegensatz zu allen Ge-schöpfen dieser Erde als der Erkennende herausragt. Zwei Erkenntnismöglichkeiten sind ihm gegeben: die durch den Blick nach außen auf die Natur und die durch den intuitiven Blick nach innen, der das alles durchwaltende Göttliche erlebt und erkennt.
Im 20. Jahrhundert wiederholte sich diese Weisheit in der Philosophie Dr. Mathilde Ludendorffs, die – in ihrer Zeit Anfang der zwanziger Jahre mit deren krassestem Materialismus – die Innenschau des „gottahnenden Ichs“ im Menschen als zweites Er-kenntnisorgan entdeckte und erklärte, das neben der von Immanuel Kant so genannten „reinen Vernunft“ Wahrheit über unsere Welt auffindet.
Gelten für die Vernunft in ihrer genauen Angepaßt-heit an die Welt der Erscheinungen die Gesetze der Anschaung der Dinge und die Logik, über die hinaus die Vernunft nichts erkennen kann, also auch nichts aussagen sollte, so gilt im Gegensatz dazu für die Innenschau die Freiheit von der räumlich-zeitlich-ursächlichen Gebundenheit.
Diese Schau kann daher auch nicht willentlich, also verursacht, herbeigeführt werden. Die Innenschau ereignet sich spontan, und was sie erschaut, ist raum- und zeitlos. Auf ihre Weise gibt sie Wahrheit ebensogut wie die aufs Äußere gerichtete Vernunft, hier aber Wahrheit über das Wesen der Erscheinung, das Innere, Allesdurchwaltende.
Reicht die Philosophin auf diese Weise über die Jahrzehntausende hinweg den Altvorderen die Hand, so konnte Dr. Elisabeth Neumann-Gundrum mit ihren Entdeckungen der steinernen Bildnisse 60 Jahre später den Beweis erbringen für die Erkennt-nisse, die unseren Ahnen geworden sind und sie offenbar und mit Recht zutiefst beeindruckten:
Die großen Inhalte des lange uns verborgen gewesenen, europa-eigenen Geistesfunda-mentes sind sein klares, zeitfreies Grund-wissen um das Wesen dessen, was Menschen zu Menschen macht …
(E. N.-G., Europas Wiedergeburt aus dem währenden Kernwissen Alt-Europas, Vortrag 11.5.1991)
Die große Zahl ihrer in Stein gehauenen, über ganz Europa verbreiteten zwiesichtigen Antlitze bezeugen das einstige Ergriffensein der sinnenden Altvorderen von den uns Menschen gegebenen Erkenntnisfähig-keiten.
Der Mensch, so die den damaligen Menschen aufgegangene Erkenntnis, ist das Ziel des Schöpfungsgeschehens. Das konnten sie an den Mitgeschöpfen der Tierwelt ablesen, die allein vom Un- und Unterbewußtsein geleitet dahinleben.
Nach Erwachen der beiden Erkenntnisorgane im Menschen war die Evolution ans Ziel gelangt. Ein Bewußtsein der Welt (I. Kant) und vor allem ein Bewußtsein des Göttlichen (M. Ludendorff) hatten sich verwirklicht. Der in der Welt wirkende göttliche Wille zur Bewußtheit seiner selbst (M. Ludendorff) hatte sich erfüllt.
In den Erkenntnissen der beiden überragenden Denkerinnen – Mathilde Ludendorff und Elisabeth Neumann-Gundrun – hat sich der Kreis der Er-kenntnis und Weisheit von der Steinzeit bis heute geschlossen. Mit tiefer Freude dürfen wir Heutigen Zeuge dieses überwältigenden Weltereignisses der Weisheitsfindung sein.
Eine große Bedeutung müssen die Altvorderen den Geburten nicht nur aus dem Mutterschoß, sondern vor allem denen aus Seele und Geist der Lebewesen, vornehmlich der Menschen beigelegt haben.
Neumann-Gundrum sieht in diesen Darstellungen das schöpferische Hervorbringen neuer Gedanken in Form von Gestalten, die mit dem Atem, dem leich-testen Eigenen eines Lebewesens, entweichen.
Daß aber in all den Jahrhunderten der Erkenntnis-unterdrückung mit Hilfe der christ-kirchlichen Übermacht und Feindschaft gegenüber allem „Heidnischen“ das uralte Wissen dennoch – verkalt zwar, versteckt – in steinernen Bildnissen der Bild-hauerkunst ausgerechnet in alten Kirchen erhalten ist, das zeigt Inga Heckler mit ihren Fotografien.
Sie hat inzwischen einen wachen Blick entwickelt für die oft winzigkleinen Gestalten – ebenfalls in Stein gemeißelt. Sie sieht, was selten jemand sieht, vor allem, weil die meisten Menschen blind und unwis-send daran vorübergehen.
In einem Vortrag im September 2024 in Österreich sagte sie:
Zu den Großstein-Skulpturen zeige ich euch heute die Kleinstein-Skulpturen, welche bezeugen, daß das Bewußtsein dessen, was den Menschen wesentlich zum Menschen macht, bei uns im Herzen Alteuropas bzw. Altgermaniens noch lange ge- und bewahrt wurde.
Jede Zeit hinterläßt Spuren, aus denen wir Rückschlüsse über Fähigkeiten, Denken und Bewußtseinszustand der jeweiligen Epoche ziehen.
Ideale einer geistigen Epoche sind herausragende Kulturgüter oder Berechnungsgegenstände wie Himmelsscheiben u.a.
Ideal der heutigen Epoche sind monumentale Versicherung- und Bankgebäude: Paläste ma-terialistischer Geisteshaltung …
Das Mittelalter beginnt 1200 Jahre und endet 500 Jahre vor heute, währte also vom 9. bis 16. Jahrhundert.
Es zeichnet sich aus durch eine
gnadenlos brutale Durchsetzung des Chri-stentums, war also Hoch-Zeit des Macht- und tyrannischen Gewaltherrschens …
In dieser fürchterlichen Zeit bewahrten unsere Steinmetz-Meister weiter die alte Weisheit und bannten
in weiser Voraussicht verkalt und verhehlt, was uns heilig ist, um es auf diese Weise den Nachkommen zu bewahren. Heute noch kön-nen wir es entdecken.
Heckler macht darauf aufmerksam, daß
alles, was offiziell älter als 8.000 Jahre ist, als „Vorzeit“ bzw. „Alt-Europa“ gilt. Dahinein fällt immer-hin die sog. Donaukultur mit deutlich nachgewiesenem waffenlosen Leben, also einem Leben in friedliebender Gemein-schaft.
Die Menschen dieser Kultur waren also noch nicht gepeitscht von dem christlichen Gebot zu missionieren und die Völker von ihren eigenen Kulturen abzudrängen zu Gunsten einer Welt-Einheit im Denken:
Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. (Matthäus 28/19)
Viele Völker sind an dieser Gleichmacherei zu Grun-de gegangen. Trotzdem – so berichtet Heckler -:
seh ich mir gerne Kirchen an, je älter, je lieber. Da gibt es im wunderschönen Elsaß um den Odilienberg (benannt nach der Äb-tissin Odilia um 600) herum die Ortschaften Andlau und Rosheim.
Ricardis, eine Äbtissin und Königin aus der Sippe der Merowinger, ließ um 880 die Kirche in Andlau bauen und mit einem im Norden beginnenden Fries verzieren.
Dazu schreibt Inga Heckler: Das Fries beginne im Norden … (Nord sei die Mutter-Seite)
… gleich mit einer dicken Umarmung. Und gleich darauf folgt in Löwenform – leider etwas verwittert – eine erste „Maul-Atem-geburt“, sodann eine zweite, wunderbar erhaltene „Maulgeburt“. … Und drei Tafeln weiter aus einem Fischmaul (Wasser) ein Wesen mit Flügel (Luft), Krallen (Erde), Maul (Feuer) ein ganz und gar fertig gekleideter, der Notwendigkeit geschuldeter germani-scher Kämpfer sozusagen aus einer doppel-ten Atemgeburt!
Ebenso in der Kirche in Robur/Basel in der Apsis auf der Nordseite: wieder (wird ein Held im Kettenhemd) aus einem Tier/Drachen = Lebenswille … mit Flügel, Schuppen, kräfti-gen Füßen und feurigem Maul mit dem Atem geboren.
Die Atemgeburt mag die Geburt geistiger Schöp-fungen darstellen, während der Muttermund leiblich ein neues Leben gebiert.
Als Abschluß sei die Atemgeburt in Kleinstformat abgebildet, die Inga Heckler im Kreuzgang von Bayone entdeckte.