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Aus der Zeitschrift „Volk in Bewegung“ durfte hier bei Adelinde – mit freundlicher Genehmigung des Schriftleiters Roland Wuttke – schon manche wert-volle Abhandlung veröffentlicht werden. So soll auch heute die von

Alois Mitterer

aus Folge 2/2022 hier erscheinen.

Mitterer beurteilt die heutige von der „Ostküste“ geschürte „Ukrainekrise“ auch im Hin-blick auf das Buch

Ein Amerikaner namens Brzezinski und die Vorgeschichte des Ukrainekonflikts

 

Ein schärferer Blick auf die Vorgeschichte der Ukrainekrise erfaßt auch einen Mitspieler, der jetzt kaum genannt wird, weil er gar nicht in den Rahmen der antirussischen Hetzkampag-ne paßt: Zbigniew Brzezinski (1928-2017), im weiteren „Brz.“.  

Der in Warschau geborene, 1953 in die USA eingebürgerte Brz. war von Jimmy Carter bis Barak Obama Sicherheits- bzw. außenpoli-tischer Berater aller US-Präsidenten. Man nannte ihn auch die „Graue Eminenz“ der amerikanischen Politik.

Er hatte demnach rd. 50 Jahre lang bei allen „Friedens- und Demokratisierungs-Missio-nen“ der USA, also bei all den kriegerischen Überfällen rund um den Globus, seine Finger mit im Spiel.

Es ist ein bis zur Stunde andauerndes Machtspiel, fernab vom Völkerrecht, nach dem

Gesetz des Wilden Westens:

Im Recht ist, wer schneller schießt.

Es hat bereits ungezählte Millionen Men-schenleben gekostet und gewaltige Flücht-lingsströme ausgelöst.

Als nach dem Zerfall der Sowjetunion und der Auflösung des Warschauer Paktes die Blockkonfrontation der Nachkriegsjahrzehnte beendet war, schien die Stunde einer allge-meinen Entspannung gekommen.

Die Russen zogen sich aus ihren bisherigen Satellitenstaaten absprachegemäß zurück und gaben ihnen die Selbstbestimmung zu-rück.

Nicht so im „siegreichen“ Westen. Das Verteidigungsbündnis der NATO war nun zwar objektiv überflüssig geworden; aber es wurde fortgeführt und schließt die BRD weiterhin als „occupied Country“ (Obama) mit ein.

Die Amerikaner perfektionierten nun vielmehr ihre Raketenstellungen und Luftwaffen-stützpunkte in der BRD und in anderen EU-Staaten; einer der größten amerikanischen Militärstützpunkte liegt bekanntlich im Koso-vo.

Als Präsident Obama im Juni 2009 Ramstein, das „Klein Amerika“ in der Pfalz, besuchte, versicherte er, daß es dabei bleiben werde.

 

Zbigniew Brzezinski (Bild: EL PAIS)

Brzezinski war es, der die Welt 1997 darüber aufgeklärt hat, warum das so ist.

In seinem Buch „The Grand Chessboard. American Primary and its geostratetic Im-peratives“ argumentiert er aus der ameri-kanischen Selbsteinschätzung heraus, daß die USA nach dem Zusammenbruch des Sowjetsystems die einzige und letzte Weltmacht seien und mit ihrer Vorherrschaft die Voraussetzung für Frieden, Wohlstand und Demokratie bieten würden. – Titel und Inhalt des Buches sind im Titel der deutschen Ausgabe „Die einzige Weltmacht – Amerikas Strategie der Vorherrschaft“ recht treffend erfaßt. Die nachstehend angeführten Zitate sind dieser Ausgabe entnommen*).

Man fühlte sich in den USA nach dem Ausscheiden der UdSSR als Herr der Welt.

Da konnte Brz. unverfroren, wenn auch in Samt gebettet, ausbreiten, was die USA bzw. – wie der amerikanische Publizist Gore Vidal einmal anmerkte – die Leute, denen die Vereinigten Staaten „gehören“, vorhaben.

Und was sie vorhaben, ist u.a. nicht weniger, als Rußland unter ihre Kontrolle zu bringen. Brz:  

Bei einem Scheitern der europäischen Eini-gung bekäme Deutschland in Europa ein Übergewicht und

„Europa verlöre dann seine Funktion als europäischer Brückenkopf für ameri-kanische Macht und als mögliches Sprungbrett für eine Ausdehnung des demokratischen Globalsystems in den eurasischen Kontinent hinein.“ (S.113).

Das wahre Ziel versucht er immer wieder hinter harmlosen Ankündigungen zu ver-stecken wie Partnerschaft und Zusammen-arbeit mit Rußland oder eines Sicherheits-bündnisses – unter Einbeziehung der USA natürlich – von Lissabon bis Wladiwostok.

Der strategische Plan von Brz. sieht die Unterstützung der amerikanischen Absichten durch die europäischen Staaten vor.

Deshalb betont Brz. immer wieder deren Bündelung in der EU.  Dabei wird Europa durch Ausdrücke wie „Amerikas unverzicht-barer geopolitischer Brückenkopf“ (S.91) oder „amerikanisches Protektorat“ (S.92) oder durch das Postulat der amerikanischen Vorherrschaft in Europa als Verfügungsmasse der USA abgestempelt.

Den Europäern weist er die Rolle von Vasallen zu:

„Tatsache ist schlicht und einfach, daß Westeuropa und zunehmend auch Mit-teleuropa (er meint Osteuropa; d.Verf.) weitgehend ein amerikanisches Protekto-rat bleiben, dessen alliierte Staaten an Vasallen und Tributpflichtige von einst erinnern“ (S.92).

Solche Einschätzungen werden durch die im-mer wieder betonte amerikanische Vorherr-schaft in Europa untermauert.

Immerhin ist man jenseits des Atlantiks so nüchtern, daß man keine konfliktfreie Durchführung dieser Pläne erwartet. Und jetzt kommt es:

Die NATO muß vorsorglich erhalten bleiben und sogar nach Osten ausgedehnt werden. Brz. kündigt folglich die Einbeziehung der ehemaligen Ostblockstaaten in die NATO an.

Dieses Vorgehen stützt sich selbstver-ständlich auf die Erwartung, daß die Pro-pagandawucht der immer einstimmigen Me-dien dem Publikum den angeblich unverän-derten Verteidigungs- und Schutzcharakter der NATO weismachen können.

Außerdem konnte er darauf bauen, daß die politischen Ränge hüben und drüben weit-gehend mit Lakaien besetzt werden; das findet man z.B in H.-D. Genschers Vorwort zum Buch bestätigt. Auf der anderen Seite ist es nicht schwer, die ehemaligen Ostblock-staaten vom Zauber der westlichen Zivilisation zu überzeugen.

So konnte Brz. die Verwirklichung seiner Vor-stellung von den Beitrittsterminen zur NATO ziemlich genau einschätzen (S.124/125):

  • Ungarn, Polen und die Tschechei wollte er 1999 in der NATO sehen, was dann auch der Fall war.

  • Rumänien, Slowakei, Bulgarien, Estland, Lettland und Litauen waren – wie von Brz. erwartet – erst nach dem Jahr 2002, nämlich 2004, an der Reihe.

Übrigens ist die NATO seit ihrer Gründung 1949 von 12 auf 30 Staaten im Jahr 2020 angewachsen.

Nach Brzezinskis Vorstellungen sollte um 2004 auch die Ukraine schon dabei sein, worauf er großen Wert legte:

„Die Ukraine, ein neuer und wichtiger Raum auf dem eurasischen Schachbrett, ist ein geopolitischer Dreh- und An-gelpunkt, weil ihre bloße Existenz als unabhängiger Staat zur Umwandlung Rußlands beiträgt.“ (S.74).

Aber das ist nicht auf Anhieb gelungen. Erst mußte die widerspenstige amtierende Regie-rung gestürzt werden. Zu diesem Zweck wurde die sog. Orange Revolution von NGOs inszeniert und mit US-Dollars finanziert.

Doch das nach der erfolgreichen Revolution 2005 ans Ruder gekommene Bündnis zwi-schen den Gruppierungen um Juschtschenko und Julija Timoschenko zerbrach, ehe es zu einer Unterzeichnung eines Assoziationsab-kommens mit der EU gekommen war.

 

Viktor Janukowitsch (Bild: Die Zeit)

Neuwahlen brachten 2010 Janukowytsch ins Präsidentenamt. Er lehnte den Anschluß an die EU ab und suchte die Anlehnung an Rußland.

 

“Euromaidan” (Titel und Bild: Wikipedia)

Die 2014 wieder aufgewärmte Revolution mit dem Höhepunkt einer Schießerei am Kiewer Majdan, die zu Unrecht Janukowytsch unter-geschoben wurde, führte zu dessen Sturz.

Die Nachfolgeregierung betreibt seither die amerikanischen Interessen, also den EU- und NATO-Beitritt. Sie steht von Beginn an unter dem internen Konflikt mit den überwiegend russisch besiedelten Bezirken im Donez-becken, der von Rußland geschürt wird.

Ein anderes Hemmnis war zweifellos die Präsidentschaft des auf Mäßigung und Ausgleich bedachten Donald Trump. Erst seit der Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten werden die Anschlußbemühungen wieder intensiviert, was schließlich das Eingreifen Rußlands herausgefordert hat.

Die NATO hat in Polen und Rumänien Raketenstellungen, angeblich für Abfang-raketen, angelegt; sie können natürlich auch Angriffsraketen abfeuern. Frage: Nähert man sich so einem erwünschten Partner? Natürlich nicht; aber man ist beleidigt und darüber empört, daß die andere Seite die eigenen Absichten durchschaut hat.

Das war aber nicht schwer, wenn man sich an Brz. hält. Durch die Aufnahme der Ukraine käme die NATO, also USA, mit ihren Raketen noch näher an Moskau heran.

Putin hatte die Ziele der USA und die Rolle der NATO zweifellos schon frühzeitig erkannt. Die Offenlegungen Brz´s. haben ihn als deren Bestätigung bereits beim Antritt des Präsidentenamtes begleitet.

Putin weiß, daß es um den Fortbestand Rußlands als selbstbestimmter Staat geht. Deshalb hat er mit vollem Recht die Frage des NATO-Beitritts der Ukraine zur „Roten Linie“ erklärt, die nicht überschritten werden dürfe, wenn es nicht zu kriegerischen Folgen kom-men soll.

Wenn Rußland die wachsende Bedrohung endlich anhalten und zugleich die unmit-telbare Konfrontation mit der NATO vermeiden will, dann muß es die Ukraine unter seine Kontrolle bringen, ehe ihm die NATO zuvorkommt.

Es ist daran zu erinnern, daß Putin schon auf der Münchener Sicherheitskonferenz von 2007 vor der Umzingelung Rußlands durch die NATO gewarnt hat.

Wer in der Orgie der Putin-Hetze noch nüchtern geblieben ist, wird sich an die vergleichbare Situation im umgekehrten Sinn von 1962 erinnern. Damals zwang John F. Kennedy den sowjetischen Präsidenten Chruschtschow, seine vor dem kommuni-stischen Kuba als Schiffsladung aufgetauch-ten Raketen wieder zurückzuholen.

Es stellt sich die Frage, ob die Abwahl von Donald Trump auch deshalb durchgesetzt werden mußte, um die Strategie der Ein-kreisung Rußlands fortsetzen zu können.

Dann muß man aber weiter fragen, welche Trümpfe die Regierung Biden noch in der Hand hält, sodaß sie ihre Pläne trotz der seit Abfassung von Brz´s Buch eingetretenen Veränderungen der Weltlage unbekümmert weiterführen will.

Damals gab es noch ein verluderndes Jelzin-Rußland, und ein Putin war nicht in Sicht. Außerdem hat sich die geopolitische Lage durch den rasanten Aufstieg Chinas tiefgreifend verändert.

Traut man sich nach wie vor zu, als die einzige Weltmacht auftreten zu können?

Das Buch von Z. Brzezinski hat – vielleicht aus dem seinerzeitigen Hochgefühl heraus – die Machtgier und Heuchelei der herrschenden Kreise in den USA bedenkenlos offenkundig gemacht. Leider ist nicht zu erkennen, daß dort Vernunft und Selbstbescheidung einkehren würden.

So bleibt nur die Hoffnung, daß der Anmaßung endlich Grenzen gesetzt werden. Wenn ihnen der nötige Fausthieb in der Ukrainekrise versetzt werden könnte, hätte die Welt Glück gehabt.

Vorerst ist offen, ob es die Antreiber in USA lieber auf einen Weltbrand ankommen lassen werden.

A.M. 9.3.2022

_____________________

Anmerkung

*) Zbigniew Brzezinski: „Die einzige Weltmacht – Amerikas Strategie der Vorherrschaft“ – Mit einem Vorwort von Hans-Dietrich Genscher. Fischer Taschenbuch Verlag, September 1999, 2.Auflage, ISBN 3-596-14358-6

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Joe
Joe
1 Jahr zuvor

Wie schade, daß die Wahrheit nicht gegen die in die Köpfe hineinbetonierten Lügen ankommt. Die große Mehrheit ist weiterhin davon überzeugt: “Wir sind die Guten!”
Der Schlüssel dazu liegt in den Medien, bzw. in den Händen einer ganz bestimmten wurzellosen Clique von Spaltpilzen und Kriegstreibern, die schon für WK I und WK II verantwortlich war.

Ehrhard Hartmann
1 Jahr zuvor

Irgendein ISRAELI soll gesagt haben, es spielt keine Rolle wer den ersten Schuß abgibt, sondern was vorher passiert ist, und ein ehemaliger österreichischer Deutscher hat gesagt: Seit 5 Uhr 45 wird zurückgeschossen (die Betonung liegt auf “zurückgeschossen”!)

markwart Cochius
1 Jahr zuvor

Nun, ich bin Optimist, sehe/lese bei WEB den Mainstream und bei RT den Russen.

Kommt bei WEB durch Selenskji “wieder” ein triumpfaler Sieg, lese ich bei RT nüchterne, nachvollziehbare Fakten.

Heute sprach der kommentierende Ex-BuWeGeneral wieder im MDR; selbst der ist skeptisch, daß die Ukraine zu einer neuen (Groß-?) Offensive 1 Mio. Soldaten zusammenbringt, jetzt sind es 500000: Wo kämen da flux neue 500000 her?

Natürlich kommt da meine Fantasie ins Spiel: Echte NATO-Truppen? Das wäre Weltkrieg, der sich sicher erstmal in Ramstein ereignet, erstmal konventionell vom Russen. Die interne “Antwort” der Amerikaner wäre: Der atomare Bunker dort in Ramstein flöge in die Lust… Sicherlich bräuchten wir uns dann keine Sorgen mehr machen um unser deutsche Volk. Denn der dann entstehende Luftkrieg würde sich vermutlich weitestgehend über unserem Land abspielen. Denn die Reaktionszeit für die russischen Abwehrsysteme würden erst über Deutschland Wirkung zeigen. Klar, der Ami hat vor, im Gegenschlag dem Russen Raketen mit atomaren Aufsätzen zu schicken. Tja, dann wäre der Kohl fett…

Ich frag mich nur: Wer hat was davon – von diesem “Sieg”?
Sarkastisch: Vielleicht wir; das lange Leiden wäre beendet!

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