Der jüngste Tag: Wintersonnenwende

Ernst Cran

schenkt uns tiefe

Gedanken zur Wintersonnenwende

Und wir können uns freuen, mit dem Fest der Win-tersonnenwende-Weihnachten noch immer verbun-den geblieben zu sein an das artgemäße, innigste Fest unserer heidnischen Ahnen.

Auch wenn die Kirche ihm einen anderen – aus dem Orient stammenden – Sinn unterlegt hat: Das Wich-tigste ist in den Seelen der Menschen geblieben: das heidnische Fest der Sonnenwende am „jüngsten Tag“ des Jahres.

21. Dezember – heute ist der jüngste Tag.

 

 

Heute ist der jüngste, weil letzte Tag des Jahres – des Sonnenjahres. Heute ist der Tag mit der kürzesten Tageslichtdauer und dem tiefsten Sonnenstand.

Heute ist Mittwinternacht. Die Mitte des Win-terhalbjahres – und nicht etwa „Winteran-fang“, wie der neue, römische 12-Monatska-lender es darstellt.

13 Monate mit je 28 Tagen hat der uralte luneare Kalender – und dazu am Ende diesen einen Tag, der außerhalb der Monats- und Wocheneinteilung steht: Mittwinter, der jüngste Tag.

Heute endet das alte Jahr, heute endet der Jahreskreis, heute verbrennen wir den Jah-reskranz.

Heute beginnen die Wehennächte, die Tage zwischen dem Todeszeitpunkt des Vorjahres und dem Geburtszeitpunkt des neuen Jah-reslaufes.

In 3 Tagen, nach dem Ende des astronomi-schen Stillstandes des vertikalen und hori-zontalen Sonnenstandes am jährlichen Tiefstpunkt, in 3 Tagen gebiert die Erd- und Naturmutter Holle das neue Jahreskind.

„Weihnachten“, das ist die Wehenzeit der Holle bis zur Mutternacht, die wir „Heiliger Abend“ nennen.

Danach feiern wir den Jultag, den kulturellen Geburtstag des neuen Sonnenjahres mit der Verkündung des neuen Jahreslichtes – sicht-bar im neu entzündeten Julfeuer und beglei-tet vom „Johlen“, vom Krach- und Lärmma-chen in der Abenddämmerung; früher mit den Luren, heutzutage mit Feuerwerkskör-pern zum Jahreswechsel nach römischem Ka-lender.

Dies alles ist kultisch gestaltete astronomisch gemessene Jahreslaufeinteilung: Ein Kreis schließt sich, ein Kreis öffnet sich.

Dies alles aber hat neben der astronomisch-mathematischen auch eine energetische Seite. Heute, am „jüngsten Tag“ Mittwinter, beginnen die Rauhnächte.

Die Erde nähert sich auf ihrer Bahn um die Sonne dem sonnennähesten Punkt, dem Perihel. Ihr Magnetfeld wird dabei durch die Sonne wie sonst nie im Jahr tagsüber ver-dichtet und des Nachts wieder „entdichtet“. Eine energetische Druckmassage, die sich auf alles Leben überträgt. Die Stimmung wird bedrückter, aber auch inniger.

Es ist die Zeit der Seelenhygiene und der energetischen Reinigung; auch hierfür gibt es zahlreiche kultische Gestaltungen – das Räu-chern ist eine davon.

Die Folge der Jahreskreise ist mehr als nur eine bloße Aneinanderreihung. Für die Seele ist sie eine Spirale – am besten in der Dyna-mik einer Aufwärtsbewegung, eines Auf-stiegs. Dazu braucht es das Lösende, das Reinigende, Ballast-Abwerfende, das Klä-rende, das Läuternde.

Die Elemente helfen hierbei. Heute ist es das Feuer. Es verzehrt den alten Jahreskreis und schafft somit Platz für den anstehenden Neubeginn.

Der „jüngste Tag“ ist ein guter Tag.

Üblicherweise wurde er – wie alle zentralen kultischen Ereignisse – gemeinschaftlich begangen: Das Dorf kam zusammen – und dann nahm jeder das jeweilige kultische Gut vom Dorfplatz aus mit nach Hause.

Daß solche gemeinschaftlichen Begehungen sich wieder neu formieren; dies ist ein Wunsch – und ein gutes Zeichen zugleich. Und womöglich stiftet auch das hier nun gleich brennende Jahresrad andere an, solches künftig gemeinsam zu entzünden.

Jede Seele hat ihren eigenen Weg. Doch im-mer ist er eingebunden in die Gemeinschaft der Eigenen – in Raum und Zeit – und das bedeutet: In Volk und Ahnen.

Gemeinsam das alte Wissen neu zu erkunden und in gelebtes Leben umzusetzen – das kann ein Überlebensweg sein in Zeiten, in denen dem Gefühl nach jeder Tag der „jüng-ste“, weil der letzte sein könnte …

Heute bereits, am Todestag des alten Jah-reskreises, ziemt sich jener Glück-Wunsch, der das Neue schon wie voreilig begrüßt, auch wenn seine Mutter noch in den Wehen liegt: „Frohe Weihnachten“ – frohe und ge-lingende Wehen-Nächte in der Erwartung der dann astronomisch wie kultisch bestätigten Geburt des neuen Jahreskindes.

Der endende Abend von Mittwinter ist gleich-zeitig der Abend des neuen Jahres – ja, jeder neue Tag beginnt nach alter Zählung mit dem Einbruch der Nacht. Eine gute Zäh-lung: Im Dunkel ist das neue Licht verborgen – und das Feuer gibt uns ein energievolles Bild davon – ganz besonders heute, am „jüngsten Tag“!