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Fortsetzung von Teil 2

1834: Claras Liebe zu Robert Schumann blüht auf

Friedrich Wieck, dem die immer herzlichere Zuneigung seiner Tochter zu Robert Schumann nicht entgangen war, schickte Clara nun nach Dresden. Dort sollte sie Englisch, Französisch, Musiktheorie, Instrumentation und Gesang studieren, was sie ebenso gut in Leipzig hätte tun können. Die Absicht war klar:

Wieck wollte Clara von Robert entfernen, den er als Ehemann für Clara ablehnte.

Gleichzeitig plagte Robert einmal wieder eine seiner Verstimmungen, die in der Angst gipfelte,

den Verstand zu verlieren.

Robert Schumann 1839

Robert Schumann im Alter von 29 Jahren. Lithographie von Josef Kriehuber, 1839. Robert-Schumann-Haus, Zwickau (Reich)

Ein Arzt riet ihm, so schnell wie möglich zu heiraten. Und wie gerufen war die 18-jährige bildhübsche, wenn auch geistig ihm wohl nicht gewachsene Ernestine von Fricken, eine Freundin Claras, als neue Schülerin und Pensionärin ins Wiecksche Haus gekommen. Zwischen Robert und Ernestine bahnte sich eine engere Beziehung an, die aber nach kurzer Zeit wieder abkühlte.

An Claras 16. Geburtstag spätestens wurde Robert klar, wen er wirklich liebte: Clara, der er sich nun erklärte. In sein Tagebuch schrieb er über diese Ereignisse:

Klara’s Geburtstag am 13. September … Klara’s Augen u. ihre Liebe … Der erste Kuß im November … Dann ihre Reise nach Zwickau Ende November – Mein Nachkommen – Vereinigung – … Mit Ernestine gebrochen … Klara’s Rückkunft nach Leipzig – … Schöne Stunden in ihren Armen des Abends in Wieks Hause – Der Weihnachtsabend 1835 – Der Neujahrstag 1836 – Bruch mit Wiek – Völlige Trennung von Ernestinen –“

Friedrich Wieck

Friedrich Wieck (Wikipedia)

Wieck beginnt nun, die Verbindung mit allen Mitteln zu hintertreiben. Als erstes stellt er eine lange Konzertreise zusammen, die Clara von Robert wegführen soll und die beiden ein Jahr lang daran hindert, einander zu sprechen oder zu schreiben. Freunde hielten Robert auf dem Laufenden, wo Clara sich gerade befand. So berichtet Johann Peter Lyser ihm von einem Konzert in Dresden:

… über Claras letztes Concert kann ich Dir weiter nichts schreiben, als was sich erwarten ließ: es war drückend voll, Beethovens Ouverture leitete das Concert ein, dann trat Clara vor – stürmischer Empfang – Nun spielte sie, „Lá ci darem la mano“ – – Du weißt wie! Lieder ohne Worte von Felix – (gieb ihm drei Küsse dafür). Eine Etude von Bach – – u. Var. von Herz.

Das Publikum hat sich die Hände wundgeklatscht, der Alte hat eine volle Casse, Clara läßt sich die Cour machen …

Was in dieser Zeit in Clara vorging, wissen wir nicht. Immer noch führt ihr Vater in ihrem Namen ihr Tagebuch.

Eine bittere Leidenszeit sollte nun folgen, in der Wieck alles daran setzte, Robert und Clara das Leben schwer zu machen, wobei er nicht davor zurückschreckte, seine eigene Tochter in der Öffentlichkeit in übelster Weise zu verleumden. Die Kunde von dem bösen Vater der berühmten jungen Pianistin ging um den Erdball.

… er stößt einem das Messer mit dem Griff ins Herz,

schreibt Robert.

Wie war Robert denn überhaupt in das Wiecksche Haus gekommen? Was für ein Mensch war Claras späterer Ehemann?

Als Robert mit 14 Jahren als Autodidakt zu komponieren anfing, soll sich sein Wesen grundlegend verändert haben. Der muntere, offenherzige Knabe wurde träumerisch, still, in sich gekehrt.

Ob man gleich oft mit ihm zusammen gewesen ist, kann man doch eigentlich nicht viel von seinem innern Wesen sagen, er war nicht so klar und offen, daß er sich ganz decouvrirt hätte und durchsichtig geworden wäre,

berichtet später sein Leipziger Studienfreund Eduard Röller, was Schumanns erster Biograph und Zeitgenosse Wasielewski aufgezeichnet hat.[1] Schumann selbst notiert 1828 in sein Tagebuch:

Es macht mir Spaß, einen lichten Schleyer über meine Seele zu werfen u. die beobachtenden Menschen auf d. Glatteis zu führen.

Dieses Verhalten behielt er bei, ja überzüchtete es bis zur völligen Schweigsamkeit in gesellschaftlicher Runde, was so manchen Besucher bei den Schumanns unangenehm berührte und abstieß.

Auf seiner Suche nach „hohen Idealgestalten“ geriet er 1830 an den weithin anerkannten Klavierlehrer Friedrich Wieck, den er für eine „romantische Figur“ hielt. Wie sehr er sich hier irrte, sah er sehr bald ein, als er in die Wiecksche Wohnung in der Grimmaischen Gasse 36 in Leipzig als Untermieter eingezogen war.

Er hatte sich entschieden, sein Jurastudium abzubrechen und sich der Musik zu verschreiben. Das teilte er seiner Mutter mit, die diesem saumseligen Studenten seinen Lebensunterhalt bezahlte, und sie teilte Wieck ihr Entsetzen über Roberts Wankelmut mit. Wieck antwortete:

Ich mache mich anheischig, Ihren Sohn, den Robert, bei seinem Talent und seiner Phantasie binnen 3 Jahren zu einem der größten jetzt lebenden Klavierspieler zu bilden.

Diese starken Worte unterstrich er, indem er Frau Schumann zugleich seine strengen Anforderungen an Robert darlegte.

Wird unser liebenswürdiger Robert jetzt anders, besonnener – fester – kräftiger und darf ich’s sagen – kälter und männlicher sein?

Er ließ auch einigen Zweifel durchblicken, ob Robert die nötige Selbstdisziplin aufbringen würde, wenn er, Wieck, mit seiner Tochter Clara auf Konzertreisen und Robert somit zu Hause ohne Kontrolle sei. Als Musiker werde er später nicht darum herumkommen, sein Einkommen mit Stundengeben aufzubessern. Würde Robert dazu bereit sein?

Der erklärte darauf seinem Klavierlehrer – wiederum schriftlich:

Glauben Sie mir, ich bin bescheiden … aber ich bin auch mutig, geduldig, vertrauensvoll und bildsam. Ich vertraue Ihnen ganz und gebe mich Ihnen ganz.

In den ersten Monaten seines Unterrichtes bei Wieck übte Robert ebenso wie die 11- bis 12-jährige Clara fleißig Klavier, Sie zur Vorbereitung ihrer Konzerte als Virtuosin, Er, um Claras Können überhaupt erst zu erreichen. Dabei mußte er damit fertigwerden, daß Clara alles in den Schoß zu fallen schien, was ihn harte Arbeit kostete. Das wurde ihm von Wieck auch unter die Nase gerieben, wie er in seinem Tagebuch vermerkt:

Des Morgens ging Alles miserabel – ganz miserablinski – Nachmittag bei Wieck – sehr teilnehmend gegen mich – ich würfe die Herzischen Variationen wie einen Hund hin – bei Clären kommt es von innen heraus.

Wieder machten sich die periodisch einsetzenden Verstimmungen bemerkbar, die ihn das folgende Leben begleiten sollten. Hypochondrisch fürchtete er alle möglichen Gebrechen und auch, von der Cholera angesteckt zu werden, die seinerzeit in Europa grassierte.

Zudem hatten die Schmerzen in einem Finger der rechten Hand zugenommen. Der Finger wurde schließlich unregierbar. 10 Jahre später konnte Schumann mit der rechten Hand nichts mehr festhalten, beruhigte sich aber mit der Aussicht, nun in Clara „seine rechte Hand“ zu haben!

Er wünschte nun nichts weiter, als in der „stillen Kunst“ des Komponierens fortzuschreiten.

Zwickauer Gewandhaus

Zwickauer Gewandhaus (eigenes Foto)

Er hatte bereits einige Werke geschaffen. Sein sinfonisches Erstlingswerk g-moll hatte er 1832 in einem Konzert Claras im Zwickauer Gewandhaus aufgeführt, wurde heftig kritisiert, versuchte, es umzuarbeiten, und gab die Arbeit daran schließlich auf.

Clara stürmisch gefeiert

Die 13-jährige Clara dagegen war im Zwickauer Gewandhaus stürmisch gefeiert worden, auch von Roberts Familie.

Clara hat nie vergessen, wie sie danach in der Wohnung mit Roberts Mutter am Fenster stand und sie Robert unten auf der Straße vorbeigehen sahen. Da habe Frau Schumann sie an sich gezogen und gesagt:

Du mußt einmal meinen Robert heiraten!

 

Clara Wieck (17)

Clara Wieck (17), Zeichnung von Elwine von Leyser (Höcker)

Clara Wieck schuf in jener Zeit ihre ersten Werke. Mit 17 Jahren komponierte sie u. a. ihre Soirées Musicales, Op. 6, die Suite, deren Noten sich Chopin ausbat, um sie mit nach Paris zu nehmen, deren

überwallendes Leben

Robert Schumann lobte, weil sie

vom leisesten Hauch bewegt zu werden scheint.

Er bewunderte

den Reichtum an ungewöhnlichen Mitteln … eine ungewöhnliche Macht, die heimlicheren, tiefer spinnenden Fäden der Harmonie zu verwirren und auseinanderzulegen.

Fortsetzung folgt


[1] Wilhelm Joseph von Wasielewski, Robert Schumann. Eine Biographie. Dresden 1858, entnommen Edler, Robert Schumann, a. a. O., S. 292

 

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Helmut Wild
Helmut Wild
13 Jahre zuvor

Wunderbare Darstellung.
Mehr kann ich dazu jetzt nicht sagen, obwohl mich die Charaktere und die Zeit zu so vielen Gedanken anregen.

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