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Ist der Zeitpunkt gekommen, an dem Lilo Wollnys Vorhersage wahr wird?

Ihr Buch “Es wird wie ein Kartenhaus zusammenbrechen” trägt den Untertitel:

20 Jahre Lügen, Tricks und Größenwahn – Der Atommüll-Skandal von Gorleben

Inzwischen sind es mehr als 30 Jahre. Und nun hat

Marianne Fritzen

die große alte Dame des Gorleben-Widerstandes – in Archiven und Aktenordnern gegraben und alte Verträge gefunden, die zwischen den Endlager-Betreibern und den über 100 Eigentümern der Grundstücke über dem Salzstock Gorleben abgeschlossen worden sind und am 31.12.2015 auslaufen. Dies teilte sie der Süddeutschen Zeitung mit, die die Sensation am 22.8.09 veröffentlichte und damit einen Sturm im “Blätterwald” auslöste.

Wir sind alle davon ausgegangen, daß damals die Salzrechte verkauft wurden. Und damit war die Sache für uns erledigt.

So Monika Tietke von der Bäuerlichen Notgemeinschaft Lüchow-Dannenberg. Und die Süddeutsche kommentiert:

Immer schon war das Land, waren die Bodenrechte eine der Schlüsselfragen für die Erkundung und den Bau eines Atomendlagers unter den Äckern und Wäldern rund um Gorleben. Sie spalteten Bevölkerung und Bauernschaft in Befürworter und Gegner des Atom-Projekts. Gerade Landwirte wollten von Anfang an nicht viel wissen von dem “nuklearen Entsorgungspark”, der im Wendland entstehen sollte, nahe der DDR-Grenze.

Sie behielten nicht nur ihr Land, sie ließen vorsorglich auch ihr Recht am darunter liegenden Salz bei den Behörden eintragen. Stattdessen traten sie gegen gutes Geld die Rechte am Salz nur ab, und das auch allein für die Erkundung, nicht den Bau eines Endlagers. Danach interessierte sich keiner mehr groß für das Salz und die Rechte daran.

Andreas Graf Bernstorff Gartow hatte kurz nach Bekanntgabe des geplanten „Nuklearen Entsorgungsparkes Gorleben“ 1977 sich mit den Besitzern von Grundstücken, die über dem Salzstock liegen und für die Anlage gebraucht wurden, zu einem Grundeigentümer-Verein zusammengeschlossen und mit ihnen verabredet, ihre Grundstücke nicht zur Verfügung zu stellen.

Die meist hochverschuldeten Bauern wurden jedoch von den Betreibern mit der Alternative bedrängt: Wenn du deine Rechte sofort abtrittst, erhältst du ein Vielfaches von dem, was dir nach der Enteignung gezahlt würde. Die vielen Eigner kleinerer Grundstücke hielten dem Druck nicht stand und gaben nach.

 

Atom-Anlagen Gorleben

Allein Graf Bernstorff, dessen Grundstück etwa ein Drittel des gesamten Areals beträgt, blieb standhaft und verzichtete damit auf einen Erlös in zweistelliger Millionenhöhe. Sein Grundstück liegt zudem inmitten des Areals und zerschneidet damit den geplanten „Nuklearen Entsorgungspark“, so daß er nur zu einem Teil verwirklicht werden konnte.

Bernstorff hat gerichtlich sein Recht auf Nutzung des Untergrundes seiner Fläche feststellen lassen. Er verkauft – symbolisch – “eigenes” Salz namens “Salinas” (das aber nicht aus dem Salzstock Gorleben stammt). Mit dem Gerichtsbeschluß hat er sich gegen eine “Erkundung” und Nutzung des Salzstock-Teiles unter seinem Grund und Boden durch die Endlager-Betreiber verwahrt.

Und nun findet Marianne Fritzen die Verträge und stellt fest: Die Erkundungsrechte der Betreiber im Salz unter den Flächen der übrigen Grundeigentümer enden 2015.

Sollten die auslaufenden Verträge nicht verlängert werden, bliebe aus Sicht der Konzerne nur die Enteignung der Grundbesitzer. Diese Möglichkeit hatte die ehemalige rot-grüne Bundesregierung jedoch aus dem Atomgesetz gestrichen,

berichtet NRD-online, und weiter:

Daß der Salzstock, der nach dem Willen der Atomlobby möglichst schnell hochradioaktiven Müll aufnehmen soll, nur bis 2015 gemietet ist, das hätte sich sicher niemand träumen lassen. Schließlich müßte der Salzstock als Endlager den strahlenden Müll etwa eine Million Jahre lang sicher einschließen.

Jetzt ist guter Rat teuer, denn die vorgebliche „Erkundung“ des Salzstockes ruht nach dem Willen von Rot-Grün seit 2000 bis 2010.

Bald nach Beginn der „Erkundungs“-Arbeiten im Salzstock Gorleben stellte sich heraus, daß der Salzstock in Wirklichkeit nicht nur „erkundet“, sondern daß das Endlager bereits endgültig errichtet wird mit allen dazu notwendigen aufwendigen Bauten unter und über Tage.

Die Bevölkerung sollte mit dem Wort „Erkundung“ getäuscht und hingehalten werden, was jedoch nicht gelang. Zu klar sprachen und sprechen die geschaffenen Fakten und die Tatsache, daß keine Alternativ-Standorte erkundet und nie Eignungs-Kriterien genannt wurden.

Sollte Schwarz-Gelb im September die Bundestagswahl gewinnen, könnte die Koalition zwar die „Erkundung“ fortsetzen. Zum Abschluß eines Planfeststellungsverfahrens jedoch – so Umweltminister Gabriel – würden

selbst in dem nicht sehr wahrscheinlichen Fall, daß sich Bundesregierung und Landesregierung und alle anderen Beteiligten heute auf Gorleben verständigen, … rund 15 Jahre vergehen. (Märkische Allgemeine vom 24.8.09)

Alles zusammen könnte bedeuten:

  • Enteignungen sind nicht mehr möglich
  • eine Einigung aller Beteiligten wird es im aufgeklärten Landkreis Lüchow-Dannenberg mit Sicherheit nicht geben
  • das Endlager Gorleben wird nicht fertiggebaut
  • die Milliarden für die Investitionen sind zum Fenster rausgeschmissen
  • das Projekt Gorleben bricht wie ein Kartenhaus zusammen

In andere Salzpartien ausweichen, das können die Betreiber des Projekts Endlager nicht mehr,

stellt Jürgen Voges in der taz vom 24.8.09 mit Recht fest.

Schließlich ist der Endlagerbereich gegenüber den ursprünglichen Plänen bereits fast halbiert,

eben weil Bernstorff mit seiner Fläche im wahrsten Sinne des Wortes querliegt.

Eine Stimme aus der Region

 

Aber die Sektkorken knallen bei der Bäuerlichen Notgemeinschaft noch nicht, wie die taz am 23.8.09 Monika Tietke gegenüber vermutete. Die erklärte:

Wir bleiben da erst mal ganz ruhig, weil wir den Sachverhalt noch gar nicht genau kennen: um wie viele Grundstücke es geht etwa. 100 ist ja nur eine Zahl, die im Raum steht. Das weiß keiner. Dann stellt sich die Frage, wer die Eigentümer sind.

taz: Und ob man sie davon überzeugen kann, den Pachtvertrag nicht zu verlängern?

Vielleicht gibt es inzwischen jemanden, der seine Meinung geändert hat, nach dem ganzen Chaos um das Endlagerprojekt und den Vorfällen in der Asse. Vor 30 Jahren war das eine andere Situation. Da haben viele noch gar nicht geahnt, was auf sie zukommt mit dem Atommüll.

taz: Wie viele Besitzer müßten sich denn diesmal anders entscheiden, damit das Endlager scheitert?

Damals wurden sehr großflächig die Rechte an Grundstücken erworben. Vielleicht sagt der Betreiber jetzt: In Zukunft brauchen wir nur noch einen kleineren Teil. Andererseits gibt es vielleicht eine Fläche, die zentral liegt, und wenn man die nicht hat, ist alles andere gelaufen.

taz: Könnte die nicht enteignet werden?

So etwas ist gang und gäbe, wenn zum Beispiel Autobahnen gebaut werden. Ich kann mir das in Gorleben durchaus vorstellen. Aber das ist ein aufwendiger und unschöner Prozeß. Und die Betreiber haben über die Jahre gesehen, daß wir uns massiv dagegen wehren und daß wir hier keine Ruhe geben.

taz: Sie glauben also, daß es erst mal schlecht aussieht für die Endlagerbetreiber?

Das ist reine Spekulation, aber die Hoffnung haben wir natürlich. Diese Hoffnung auf ein Ende des Projekts treibt uns seit 30 Jahren an. Ohne unseren hartnäckigen Widerstand würde es hier schon ganz anders aussehen.

taz: Wie möchten Sie die Landwirte nun dazu bewegen, ihr Grundstück nicht zu verkaufen?

Wir können da niemanden unter Druck setzen. Das ist nicht unsere Art, und wir haben auch gar keine Druckmittel. Aber wir werden natürlich mit den Leuten reden.

taz: Und ihnen erzählen, daß die weitere Erkundung des Salzstocks in Gorleben unverantwortlich ist?

Was hat sich denn die Betreibergesellschaft vorgestellt, was mit dem Endlager passiert, wenn die Verträge ablaufen? Glaubt die, daß die Bauern selbst das Endlager übernehmen? Wenn ich ein Endlager plane, kann ich doch nicht einen Pachtvertrag abschließen, der 2015 ausläuft. Schließlich geht es hier um Zeiträume von mehreren hunderttausend Jahren.

taz: Warum wurde das dennoch gemacht?

Für mich ist das ein absolutes Rätsel. Kein Landwirt würde eine größere Investition planen, wenn nicht sicher wäre, daß ihm das Land für die Nutzungsdauer auch zur Verfügung steht.

taz: Nun stehen in den kommenden Jahren wieder Verhandlungen an. Wie viel Geld könnten die Bauern denn für die weitere Nutzung der Grundstücke bekommen?

Da habe ich überhaupt keine Vorstellung. Da müssen Sie Frau Merkel fragen, was ihr das wert ist, das Endlager durchzudrücken.

taz: Auch Atomkraftgegner könnten Geld sammeln, die Grundstücke aufkaufen und somit Gorleben verhindern.

Natürlich. Das haben wir damals bei den Landverkäufen auch gemacht. Aber das wird sicher keine gute Stimmung hier im Landkreis schaffen. Die Bevölkerung ist ohnehin gespalten in Gegner und Befürworter der geplanten Atomanlagen.

Kuckucksei vom ehemaligen Ministerpräsidenten Albrecht

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur ddp sagte Geologie-Professor Dr. Gerd Lüttig am Freitag, der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) habe Kommissionsempfehlungen nicht abgewartet, sondern sei bei der Wahl Gorlebens 1977 vorgeprescht.

 

Er wollte einen Standort in der Nähe der damaligen Zonengrenze haben, weil die Ostzonalen, wie er immer sagte, uns die Geschichte mit ihrem Endlager Morsleben eingebrockt hatten,

so Lüttig wörtlich. Der von der DDR als Atommüll-Endlager vorgesehene Salzbergwerksschacht im grenznahen Morsleben (Sachsen-Anhalt) galt als unsicher. Lüttig:

Wir befürchteten immer – und das hat Herrn Albrecht auf die Palme gebracht –, daß Morsleben eines Tages absaufen würde und radioaktive Wässer in Richtung Helmstedt fließen.

Der Geologe war in den 70er Jahren an der Suche nach einem geeigneten Endlager-Standort beteiligt. Lüttig:

Wir haben etwa 100 Salzstöcke untersucht. Diese Salzstöcke lagen alle in Norddeutschland. Später wurde das noch einmal eingeengt auf acht Salzstöcke. Da war auch Gorleben noch dabei. Und drei kamen in die endgültige Wahl. Der Salzstock Lichtenhorst/Ahlden bei Nienburg, Lutterloh/Faßberg bei Celle und Waten/Börger im Emsland, Gorleben nicht mehr.

 

 

Politisch nicht durchsetzbar lautete das Eingeständnis Ernst Albrechts vor 30 Jahren nach dem Treck der Bauern in die niedersächsische Landeshauptstadt – das Projekt Wiederaufarbeitung wurde gekippt, eine Brennelementefabrik in Gorleben nicht gebaut, doch es blieb beim Endlagerstandort Gorleben.

Salzstock Gorleben instabil

Und das, obwohl die Landschaft über dem Salzstock klar erkenntliche Anzeichen dafür aufweist, daß der Salzstock instabil ist, daß Zugkräfte dabei sind, ihn auseinanderzureißen.

So befinden sich nördlich der Elbe auf dem Salzstock der Rambower und der Rudower See, knickt die Elbe bei Eintritt über dem Salzstock nach Süd-Westen ab und gewinnt genau am Austritt ihre nordwestliche Fließrichtung zurück. Ebenso knickt der Nebenfluß Seege über dem Eintritt ab und erhält die nordwestliche Fließrichtung zur Elbe am Austritt wieder zurück. Zwischen beiden Punkten wird das Flüßchen zu einem See auseinandergezogen, zum Laascher See. Noch weiter südlich liegt auf dem Salzstock das Weiße Moor.

Die ganze Gorleben-Atom-Politik war also von Anfang an
leichtfertig und verantwortungslos!
„Schaden vom Deutschen Volk fernzuhalten“,
diesen Eid haben alle beteiligten PolitikerInnen gebrochen.

 

 

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Marianne Fritzen
Marianne Fritzen
14 Jahre zuvor

Karl Kassel (EJZ) würdigte die Verdienste von Hans Schmelke, der 1978 die geniale Idee der “Salzrechte im Grundbuch” hatte und für die verkaufswilligen Bauern den Vertrag für das Grundbuchamt notariell unterschrieb.

Dann kamen 1989/90 die Verhandlungen der Betreiber mit den Bauern, ihre Salzrechte abzutreten (Nießbrauch). Diese Verträge sind hoch interessant, bergen viel Sprengstoff u.a. auch die Auslauffrist.

Klar kann nachverhandelt werden, müsste sogar, aber inzwischen sind so viele “Schweinereien” ans Tageslicht befördert worden, dass die Unglaubwürdigkeit der Betreiber und der damaligen Regierung ihren Teil beitragen.

Z.B.: die Maulkorbaffäre für kritische Wissenschaftler, was jetzt offiziell bestätigt wird, Duphorn, der Teile seiner Erkenntnisse in Bezug auf Wasserwegsamkeiten seinerzeit widerrufen musste. Untersuchungen jenseits der Elbe waren ja nicht möglich. Er hat dies nach der Wende nachgeholt und meint, es sei noch schlimmer als befürchtet. Lüttig, der ebenfalls einen Maulkorb bekam.

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