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Die Porträtmalerin Ludovike Simanowiz (Reichenbach)

nachträglich zu ihrem 250. Geburtstag am 21. Februar 2009

von Adelinde-Gastautor Udo Salzbrenner

Geschichtlich gesehen war es ein langer, hindernisreicher (und immer noch nicht abgeschlossener) Weg der Befreiung von männlicher Bevormundung, der Emanzipation von einer patriarchalisch geprägten Welt, der Entwicklung hin zum Erkennen der Wesensverschiedenheit von Mann und Frau, zu bewußt weiblicher Lebensgestaltung, zu weiblicher Mündigkeit und Gleichberechtigung.

Ludovike Simanowiz, Selbstbildnis mit wehendem Haar, um 1791

Ludovike Simanowiz, Selbstbildnis mit wehendem Haar, um 1791

Zunächst einmal durften Frauen sticken, beten, Kinder hüten und kochen. Künstlerisches Schaffen wurde jedoch von entsprechend begabten Frauen schon früh als Möglichkeit begriffen, sich selbst zu verwirklichen, die enge Welt des Heims mit der unbegrenzten Welt der Gedanken, der Phantasie, aber auch des Wissens einzutauschen.

Dabei haben sie es zu allen Zeiten, auch noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein, wesentlich schwerer gehabt als ihre männlichen Kollegen, vor allem im Hinblick auf eine dazu erforderliche gediegene, entsprechende Ausbildung.

Bis heute sind trotz der Erreichnisse der Frauenbewegung merkwürdigerweise die künstlerischen Leistungen von Frauen, ganz gleich ob auf dem Gebiet der Dichtkunst, dem der Malerei oder dem der Musik, in der Geschichtsschreibung unterrepräsentiert, was aber vermutlich ganz einfach daran liegt, daß die Kunstgeschichte zumeist von Männern mit verengtem Blickwinkel geschrieben wurde.

Dafür kann einem bis heute immer wieder das Vergnügen zuteil werden, wirklich geniale, schöpferische Persönlichkeiten und ihre Werke wiederzuentdecken.


Ludovike Simanowiz, Friedrich Schiller, 1793/94

Ludovike Simanowiz, Friedrich Schiller, 1793/94

Familienfreundschaft Reichenbach-Schiller

Wohl kaum etwas wüßten wir heute über Ludovike Simanowiz, hätte die Porträtmalerin nicht die bei aller Idealisierung lebensechtesten Gemälde eines der bedeutendsten Dichter der Deutschen geschaffen, nämlich Friedrich Schillers.

Am 21. Februar 1759, also im gleichen Jahr wie der verehrte Dichter (geb. am 10. November 1759 in Marbach am Neckar), erblickte sie im schwäbischen Schorndorf als drittes Kind des Regimentsarztes Jeremias Friedrich Reichenbach und seiner Frau Susanne Sophie, geborene Schwegler, das Licht der Welt. Doch nicht nur das:

Die Familie Reichenbach zog 1762 nach Ludwigsburg, vier Jahre später kam auch die Familie Schiller in die württembergische Garnisonsstadt. Die Väter von Ludovike Reichenbach und Friedrich Schiller dienten nicht nur als Militärärzte im selben Regiment, beide Familien wohnten auch im selben Haus in der heutigen Mömpelgardstraße 26.

Dort also liegen die geographischen Wurzeln einer lebenslangen Familienfreundschaft.

Obgleich Ludovike Simanowiz im 19. Jahrhundert in Württemberg eine Berühmtheit war, die von den Zeitgenossen als „talentreich“ und „hochgebildet“, als eine „schöne Seele“, die „politisirte wie ein Mann“ beschrieben wurde, geriet sie im 20. Jahrhundert zunächst in Vergessenheit, um erst seit den späten 80er-Jahren vor allem durch die feministische Forschung als eine der Großen des schwäbischen Klassizismus wiederentdeckt zu werden.

Die Zeichen standen günstig für die junge Ludovike in jenem von der Aufklärung geprägten „Jahrhundert der Frauen“.

Studium der Malerei in Paris

Immerhin unterstützte ihre Familie ihren Wunsch, Malerin zu werden. Das Studium an der Fakultät „Freie Künste“ an der berühmten Hohen Carlsschule in Stuttgart für angehende Maler und Bildhauer war nur Männern gestattet. Und da es zu dieser Zeit auch in Württemberg keine offiziellen Ausbildungsmöglichkeiten für Malerinnen gab, blieb für sie nur der Privatunterricht. Den erhielt sie ab 1776 durch die Vermittlung ihres Onkels bei dem angesehenen französischen Hofmaler Nicolas Guibal in Stuttgart.

Paris, Schloß Fontainebleau

Paris, Schloß Fontainebleau

1787 folgte sie – finanziell unterstützt durch Franziska von Hohenheim – der Empfehlung ihres 1784 verstorbenen Lehrers, der die Überzeugung vertrat,

daß der deutsche kein Feuer habe; daher, wenn der Künstler wandere, er zuerst nach Paris solle.

Dort in der Seine-Metropole wurde sie Privatschülerin des renommierten Hofmalers Antoine Vestier und pflegte als hübsche charmante Frau viele wertvolle Freundschaften.

Es war jene an- und aufregende Zeit am Vorabend der französischen Revolution, in der völlig neue Gesellschafts- und Staatsmodelle diskutiert wurden. Paris war damals also geradezu der ideale gesellschaftliche Nährboden für eine aufstrebende junge Künstlerin.

Bereits am 6. Oktober 1788 berichtete Jean-Georges Wille, der Kupferstecher des französischen Königs in seinen Aufzeichnungen:

Mademoiselle Reichenbach aus Stuttgart, die hierher gekommen ist um sich in der Porträtmalerei zu vervollkommnen … ist hier in ihrem Talent gut vorangekommen.

Schon im Dezember 1788 folgte sie einem Ruf an den württembergischen Hof in Mömpelgard, um 1789 als gut ausgebildete Malerin nach Ludwigsburg zurückzukehren.

Heirat

Ludovike Simanowiz, Franz Simanowiz in Uniform, um 1790

Ludovike Simanowiz, Franz Simanowiz in Uniform, um 1790

Im Mai 1791 heirateten Ludovike und Franz Simanowiz. Wie Mathilde Reichenbach 1896 in der Familienchronik vermerkte, hatten sich die beiden bereits 1776 kennengelernt und sich schon vor Ludovikes Parisreise verlobt:

Als Tante Ludovike, welche immer reizend, anmuthig und graziös gewesen sei, in ihrem 18. Jahre über die Planie lief, habe der damalige Lieutenant Simanowitz sie erstmals gesehen, sei ihr nachgelaufen und sah sie in das Haus des Onkels Leibmedikus verschwinden. Dort habe er sich nach ihr erkundigt.

Christian Friedrich Daniel Schubart

Christian Friedrich Daniel Schubart

Zum Freundeskreis um Franz Simanowiz gehörte der Dichter Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-1791), der bis heute wohl prominenteste Gefangene auf dem Hohenasperg.

Ein Besuch von Ludovike Reichenbach (Simanowiz) auf dem Hohenasperg inspirierte den schwäbischen Rebellen immerhin zu seinem Gedicht Willkomm an Ludoviken, den 8ten Mai 1782, in dem es heißt:

Simanowiz, Du magst es mir verzeihen,
wenn die mein Lied begrüßt,
die unter deutscher Mägden Reihen
ein Stern der ersten Größe ist.
(…)
Nicht ihr Genie, den hellen Gottesfunken,
der sie ins Morgenlicht
gelehrt hat ihren Pinsel tunken,
der laut in bunten Farben spricht;
(…)
Ihr Herz – ihr Herz – so voll von Engelgüte
verdients allein, daß ihr
ein Ossian entgegenglühte;
o säng’ sein Geist aus mir!!

Wieder in Paris – Französische Revolution

Es spricht für Ludovikes enormes Selbstbewußtsein als Frau und Künstlerin, daß sie es wagte, kurze Zeit nach ihrer Heirat, Ende 1791 oder Anfang 1792 ein zweites Mal allein nach Paris zu fahren.

Du wunderst Dich, meine liebe Christophine,

so schrieb sie Jahre später an ihre Freundin Christophine Reinwald (geb. Schiller, Schwester des Dichters)

Helene Balletti, um 1791

Ludovike Simanowiz, Helene Balletti, um 1791

daß ich wieder Muth hatte, nach Paris zurückzugehen. Damals sah es nicht so stürmisch aus, und das Verlangen, so viele gute Freunde dort wieder zu sehen, trug nicht wenig dazu bei, Paris jedem andern Ort vorzuziehen, auch hatte die Kunst daran großen Antheil.

Dort im Sitz der Künste, die einander freundlich die Hände bieten, kann man mit Vergnügen arbeiten, auch fehlte es mir nicht in dem Haus der liebenswürdigen Baletti, mein Talent mit Vortheil anzuwenden, ihre Freundschaft konnte mir äußerst nützlich sein durch ihre ausgebreiteten wichtigen Bekanntschaften.

Da sie im Palais de Lacoste in den Tuilerien bei der mit ihr befreundeten, ebenfalls aus Ludwigsburg stammenden erfolgreichen Opernsängerin Helene Balletti wohnte, erlebte Ludovike Simanowiz den Sturm auf die Tuilerien am 10. August 1792, bei dem die königliche Familie gefangen genommen wurde, aus nächster Nähe.

…die Unruhen, die ihm folgten, zerstörten auch meine Absichten, die so schön zu blühen anfiengen.

Paris - Erstürmung der Bastille

Paris - Erstürmung der Bastille

Ernüchtert von den Geschehnissen, wich ihr zunächst durchaus positives Verhältnis gegenüber den Zielen der Französischen Revolution einer ablehnenden Haltung:

Wie schön und groß kam mir die Revolution anfangs vor, und wie oft entlockte mir die Bewunderung Thränen, ich war eine warme Democratin aus voller Seele – allein ich bin es nicht mehr.

Aus Neugier wohnte ich einigemale dem Jakobinerklubb bei, ich glaubte unter Wüthenden zu seyn … Vom Umbringen spricht man wie vom Ohrfeigen.

Mehrfach wurde das Palais Lacoste nach Monarchisten durchsucht, Ludovike Simanowiz als Sympathisantin der Monarchie verdächtigt und verhört. Es folgten die „Septembermorde“ und die Abschaffung der Monarchie.

Wieder daheim

Schloß Ludwigsburg Innenhof

Schloß Ludwigsburg Innenhof

Ende 1792 gelang Ludovike Simanowiz mit Hilfe von Freunden die Flucht über die Normandie und Straßburg zurück nach Ludwigsburg.

Politisch desillusioniert, kehrte die 34-Jährige 1793 nach Ludwigsburg zurück. Ihre Träume von einem anderen, freieren Leben waren endgültig ausgeträumt. (Beatrice Scherzer)

Dennoch folgten nun wohl einige glückliche Ehejahre an der Seite von Franz Simanowiz, den sie liebevoll den

zärtlichsten Gegenstand ihres Herzens

nannte; es sind jene Jahre, in denen sie unter anderem auch die Familie Schiller porträtierte. 1798 verlegten die beiden ihren Wohnsitz nach Stuttgart.

Stuttgart, Stiftskirche

Stuttgart, Stiftskirche

So war sie wohl auch nicht bereit, ihre Porträtkunst als regelrechten Brotberuf zu betreiben. Von den insgesamt 76 erhaltenen Gemälden von ihrer Hand sind über 30 Porträts dem familiären Kreis zuzuordnen, darunter sogar einige durch ihre Natürlichkeit und Anmut ungemein anrührende Kinderbildnisse. (Die Malerin selbst blieb übrigens kinderlos.)

Ihre Meisterwerke sind zweifelsohne die Bildnisse der Familie Schiller, deren erstes, das Porträt von Schillers Mutter Elisabeth Dorothea Schiller, den Sohn am 24. Juni 1793 aus Jena einen warmherzigen Dankesbrief an die Malerin schreiben ließ:

Schon seit langer Zeit habe ich mir das Vergnügen vorbehalten meiner bewunderten und verehrungswürdigen Landsmännin für das schöne Geschenk Dank zu sagen, das Sie mir mit dem Bilde meiner Mutter gemacht hat …

Aufreibender Alltag

1799 ereignete sich jedoch die große familiäre Katastrophe im Leben von Ludovike Simanowiz schlechthin, die ihr Glück ebenso zerstörte wie ihre künstlerische Laufbahn. Ihr Ehemann erlitt im Alter von 46 Jahren einen Schlaganfall, von dem er sich nie wieder ganz erholte. Er wurde dienstunfähig und auf Pension gesetzt. 28 Jahre lang bis zu seinem Lebensende pflegte nun Ludovike Simanowiz aufopferungsvoll ihren Ehemann, und weil die magere Majorspension zum Leben nicht ausreichte, erteilte sie Malunterricht und nahm Schülerinnen als Pensionsgäste in ihrem Haus auf.

Jahr für Jahr wohnten Onkels Simanowitz vis à vis vom Katharinenstift in Stuttgart in dem großen Hause. Dort erteilte Tante Ludovike Mal- und Zeichen Stunden,

berichtete Mathilde Reichenbach 1896 in der Familienchronik über ihre Großtante.

Ludovike Simanowiz, Sophie Reichenbach (Nichte von Ludivike Simanowiz), um 1795

Ludovike Simanowiz, Sophie Reichenbach (Nichte von Ludovike Simanowiz), um 1795

An ihre Freundin Regine Voßler schrieb sie zu dieser Zeit über ihre nervenaufreibende Unterrichtstätigkeit:

Wenn ich einer Schülerin dieselben Fehler immer wieder corrigieren muß, wenn es an Fleiß, an Talent, kurz an Allem fehlt … und ich mich sechs bis acht Stunden abgemüht habe, so bekomme ich heftig Kopfweh, oder eine solche Abspannung, daß ich’s nicht beschreiben kann. Die Nothwendigkeit gebietet mir, diesen Unterricht fortzusetzen …

Noch einmal zog das Ehepaar um 1811/12 nach Ludwigsburg um, und mehr und mehr zog sich Ludovike Simanowiz nun ins Private zurück. Drei Monate nach dem Tod ihres Mannes am 14. Juni 1827 starb auch sie am 3. September 1827 im Alter von 68 Jahren. Auf dem Alten Friedhof in Ludwigsburg befindet sich ihre letzte Ruhestätte.

Ludovike Simanowiz hat ein Künstlerinnenleben lang ihre Freundinnen und Freunde, ihre Bekannten und ihre Familie porträtiert,

bemerkt Beatrice Scherzer und fährt fort:

Das private Umfeld war ihr künstlerisches Zuhause, und sie malte am liebsten Menschen, zu denen sie eine enge Beziehung hatte. Die rein äußerliche Wiedergabe, ohne psychologisches Erfassen der Person, entsprach nicht ihren idealen künstlerischen Zielen. Sie wollte den Charakter, die Gefühle, die “Seele” der Porträtierten sichtbar machen.

Ludovike Simanowiz, Selbstbildnis mit Rüschenkleid, um 1790

Ludovike Simanowiz, Selbstbildnis mit Rüschenkleid, um 1790

Hervorzuheben sind jedoch auch ihre Selbstbildnisse, etwa jenes mit Rüschenkleid (um 1790) oder jenes vermutlich aus der Zeit des zweiten Pariser Aufenthalts stammende mit wehendem Haar (um 1791), ebenso die Porträts ihres Ehemannes Franz Simanowiz, vor allem jene, die ihn als schmucken jungen Offizier in Uniform zeigen. (s. o.)

Auch die Künstlerfreunde, Helene Balletti und der „wahlverwandte“ Maler Eberhard Wächter, – beide Gemälde entstanden ebenso während des zweiten Pariser Aufenthalts – inspirierten Ludovike Simanowiz zu überaus seelenvollen Höhepunkten ihres Schaffens.

Ludovike Simanowiz, Eberhard Wächter, um 1791

Ludovike Simanowiz, Eberhard Wächter, um 1791

Mit ihnen allen gelang es der Malerin, trotz ihres Hangs zur Melancholie, jene „kühle Triste“ zu überwinden, die sie einmal in einem selbst verfaßten Gedicht beschrieben hat:

Ihr armen Weiber!
Wüßtet ihr oder ich denn
in eurem vernähten, verkochten,
verwaschenen Leben,
daß ihr eine Seele hättet,
wenn ihr euch nicht
damit verliebtet?
Ach,
in euren langen Thränen-Jahren
bringt ihr
euer Haupt
nie empor,
als einen sonnenhellen,
kurzen Tag der Liebe,
und nach ihm versinkt
euer beraubtes Herz
wieder
in der kühlen Triste.

Sollte nicht der 250. Geburtstag des großen Dichters, den sie, die

Zauberin mit Farben (Schubart),

so unvergleichlich porträtiert hat, willkommener Anlaß sein, ihrer gleichfalls innig zu gedenken?

Quellen:

  • Schwäbischer Klassizismus zwischen Ideal und Wirklichkeit 1770 – 1830, 2 Bände (Katalog und Aufsätze), hrsg. von Christian von Holst, Staatsgalerie Stuttgart/Verlag Gerd Hatje 1993.
  • Der freie Blick. Anna Dorothea Therbusch und Ludovike Simanowiz. Zwei Porträtmalerinnen des 18. Jahrhunderts. Katalog zur Ausstellung des Städtischen Museums Ludwigsburg vom 17. November 2002 bis 19. Januar 2003, bearbeitet von Katharina Küster und Beatrice Scherzer, Kehrer Verlag Heidelberg 2002.
  • Gottfried Sello: Malerinnen aus vier Jahrhunderten, Ellert & Richter Verlag GmbH, Ham-burg, 3. Aufl. 1997.
  • August Wintterlin: Württembergische Künstler in Lebensbildern, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart / Leipzig / Berlin / Wien 1895.
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Mithus
Mithus
14 Jahre zuvor

Ein schöner Beweis dafür, dass es bei der nötigen Unterstützung – wenn auch hier noch aus privaten Kreisen – entsprechend begabten Frauen schon vor 200 Jahren gelingen konnte, sich selbst zu verwirklichen. Ganz sicher war das zu jener Zeit eine Ausnahme, die die Regel bestätigt.

Diese Regel, nämlich die pauschalen Eingangszeilen des Beitrages, führen aber heute nicht mehr weiter, sie sind längst verarbeitete Allgemeinerkenntnis und dienen allenfalls noch dazu, das Feld für den übertriebenen Hardcore-Feminismus mit den negativen Folgen im Gender-Verhältnis zu bestellen.

Das über das Ziel hinausgeschossene Pendel muß sich wieder zu einer harmonischeren Sicht zurück bewegen und die Wege dazu werden glücklicherweise – auch von FrauenrechtlerInnen selbst – längst beschritten.

Es ist aber gleichwohl als gut anzuerkennen, dass auch die andere, nicht unwesentlichere Seite weiblich großartigen Wirkens anerkannt und im Gedächtnis behalten wird. Dies allein dient schon der Ausgewogenheit. Der Beitrag ist unter diesem Blickwinkel sehr lesenswert.

Mithus

Mithus
Mithus
14 Jahre zuvor

“Gegen das Vergessen” ist kein wirkliches Argument, durch Überholtes im Kampf um die Gleichberechtigung der Frauen – der noch in einigen Bereichen weiterzuführen ist – inzwischen halbwegs gewonnene friedliche Koexistenzen aufwärmend in Frage zu stellen. Ist es nicht auch in der Kindererziehung so, dass man die Fehler, die man verziehen hat, nicht länger erinnert und immer wieder bis zum Überdruß hervorkramt?

Als zum Richteramt befähigt, wie ich das durch zwei Staatsexamen nachgewiesen habe, möchte ich zur Ausgewohenheit des Urteils über den Geschlechterkampf die Bitte äußern, auch einmal die negativen Folgen dieses Kampfes herauszuarbeiten, damit ein treffenderes Gesamtbild entsteht. Auch Männer kennen die Opferrolle. Nur einige Stichworte für diese Opfer:

1. Durch Minderbezahlung der Frauenarbeit – bis heute andauernd – wird der bisherige “Ernährer” als zu teuer freigesetzt und arbeitslos gemacht. Der Familienunterhalt wird unsicher. Hier wird der Emanzipationskrieg durch die Wirtschaft gezielt ausgenutzt und durch die damit provozierte obj. Notwendigkeit der Mitarbeit der Frauen ganze Familien zerstört. Die Scheidungsraten sprechen für sich.

2. Durch vorherschende Frauenerziehung gehen den Jungen viele Chancen verloren, ein gesundes männliches Selbstbewußtsein zu entwickeln. Die männlichen Jugendlichen sind derzeit total verunsichert. Inzwischen ist festzustellen, dass die erfolgreiche Suche nach geeigneten, dauerhaften Partnerschaften auf beiden Seiten als Folge der Emanzipationsübertreibungen – nicht der Emanzipation selbst – mehr und mehr erfolglos bleibt. Das Singlewesen blüht – ein Spiegelbild der Egoismen im Rahmen mißverstandener und damit häufig fehlgeleiterer Selbstverwirklichung ist kein Gewinn! Die Durchschnittsfrau am Fließband verwirklicht sich nicht selbst, sie hat höhere, sinnvollere Aufgaben nur aus der eigenen, selbstgewonnenen Gesamtschau verloren.

3. Nach dem Urteil von vielen Frauen wird dort, wo eine Frau eine Führungsaufgabe hat, das Betriebsklima keineswegs besser. Viele Frauen ziehen es sogar vor, nur unter Männern zu arbeiten. Warum wohl? Usw, usw.

Wenn es – wie im Beitrag geschehen – richtig ist, das Wirken und Können von Frauen ausgewogen unter Berücksichtigung der Lebensumstände darzustellen, dann heißt das dennoch nicht, dass sich männliches Wirken dadurch relativieren ließe. Wer z.B. das Leben Fr. Schillers, Bachs, Mozarts u. a. mit all ihren feudalen Unterdrückungen und Zumutungen erinnert, wird nicht umhin kommen festzustellen, dass es neben der Begabung auf eine Charakterausstattung ankommt, die den Kampf gegen die Behinderungen sucht, aufnimmt und letztlich gewinnt. Vieles liegt also auch an einem selbst, wenn ein Lebensweg scheitert.

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