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Ernst-Moritz-Arndt als Namengeber der pommerschen Alma Mater verbannt

Jetzt heißt sie schlicht „Universität Greifswald“

Universität Greifswald (Foto: Wikipedia)

– so im Januar 2017 nach sechseinhalb Jahren Drübernachdenken vom Senat der Hochschule mit Zweidrittel-Mehrheit bestimmt.

Denn, so die Begründung, der 1769 auf Rügen geborene Ernst Moritz Arndt sei

  • Nationalist und

  • Fremdenfeind gewesen

  • und von Hermann Göring 1933 zum Namenspatron der Universität ernannt worden.

So brav politisch korrekt, so geschichtsvergessen – Ideologie statt Wissenschaft!

Der Professor für Romanistik Reinhard Bach, wohl dem gegnerischen Lager des Senats bei der Namensänderung zugehörig, sagte der „Ostseezeitung“:

Der Vorwurf, daß Arndt nationalistisch gewesen sei, beruht auf heutiger Denkungsart.

Mit politischen Begriffen ohne Rücksicht auf ideengeschichtliche Entwicklungen über Jahrhunderte hinwegzuspringen, ist das Ende jeder seriösen Geschichtsschreibung.

Man muß es mit der

„Rücksicht auf ideengeschichtliche Entwicklungen“

ja nicht soweit treiben, wie Prof. Hellmut Diwald befürchtete:

Vor allem in diesem Kunstgriff sind wir Meister geworden:

  • Gestalten oder Tatbestände restlos aus der historischen Lage zu erklären,

  • ihre Wirkungslinien so kurz wie nur möglich zu halten,

  • die Konnexe zur Gegenwart weitgehend zu verdünnen,

  • keinerlei überzeitlichen, also womöglich noch immer provozierenden Gehalt anzuerkennen und dadurch

  • jedes Ereignis vor allem unserer politischen Geschichte keimfrei, also auch uninteressant zu machen.

(Vortrag 27.1.1970 vor der Münchner Carl Friedrich von Siemens-Stiftung)

Doch die Namensänderer machten das Gegenteil: Sie ließen die geschichtlichen Zusammenhänge links liegen. Wir fragen:

War Ernst Moritz Arndt wirklich fremdenfeindlich?

Bild: Wikipedia

Wer sich einmal näher mit der „Franzosenzeit“ 1792 bis 1815 unter Napoleon im geschlagenen, erniedrigten Deutschland befaßt, wird verstehen – vielleicht nicht in allem gutheißen, aber verstehen -, warum in Deutschland der Haß gegen Frankreich und die Franzosen entflammte und lange Jahrzehnte nachglühte.

Da kann es schon mal vorkommen, daß selbst ein Professor für Geschichte und Philologie wie Arndt schlicht dem Selbsterhaltungswillen der Volksseele folgt:

Wenn ich sage,

  • ich hasse den französischen Leichtsinn,

  • ich verschmähe die französische Zierlichkeit,

  • mir mißfällt die französische Geschwätzigkeit und Flatterhaftigkeit,

so spreche ich vielleicht einen Mangel aus, aber einen Mangel, der mir mit meinem ganzen Volke gemein ist.

… Darum laßt uns die Franzosen nur recht frisch hassen, laßt uns unsre Franzosen, die Entehrer und Verwüster unserer Kraft und Unschuld, nur noch frischer hassen, wo wir fühlen, daß sie unsere Tugend und Stärke verweichlichen und entnerven.

Es war Krieg. Es galt, einen Feind abzuwehren.

Diwald (a.a.O.) meint – wohl nicht zu Unrecht angesichts Napoleons:

Was wäre Arndt ohne ihn gewesen, diesen höllischen Widersacher, den „Satan mit seinen banditischen Rotten“, wie er ihn genannt hat? Nichts wäre er gewesen, nicht mehr als ein Heiliger Antonius ohne Versuchungen.

Ernst Moritz Arndt war kein Fremdenfeind, wie wir unten gleich noch viel deutlicher sehen werden.

War Ernst Moritz Arndt wirklich nationalistisch?

Deutschland war zur Zeit Napoleons – und nach dem Wiener Kongreß 1815 wieder – ein buntes Sammelsurium von Kleinststaaten mit deren absolutistischen Duodezfürsten.

Napoleons Auftreten in Europa beförderte die Abwehrhaltung der Völker. Wo aber war auf dem bunten Flickenteppich der deutschen Völker und Völkchen das Deutsche Volk zu finden? Und so kommen wir mit Diwald

… nicht an dem Tatbestand vorbei, daß deutscher Patriotismus, deutsches Nationalbewußtsein, deutsche Staatsgesinnung, deutscher Freiheitswille erst durch Napoleon erzeugt worden sind.

Diese Einigungsbestrebungen, die auch die Revolution von 1848 trugen, sehen wir in allen Staaten Europas der damaligen Zeit.

Deutschland errang seine Einheit erst 1871 mit Bismarck nach dem von Frankreich erklärten und von den Deutschen gewonnen Krieg.

Wieder war es der französische Gegner, der ein deutsches Nationalgefühl hervorbrachte.

Doch Arndt war dennoch kein Nationalist, wenn man darunter den egoistischen Willen zur Vormacht über andere Völker versteht.

Ernst Moritz Arndt dachte völkisch

Er wollte, daß jedes Volk, so auch das deutsche,

… in seinem Einzelnen und Eigentümlichen wohl gegründet und vollendet sei, damit droben in einem höheren, freieren Verein der idealische Völkerbund geschlossen werden könne …

… In diesem Sinne wollen auch wir Weltbürger sein und alle zahlreichen Völkergeschlechter der Erde mit Liebe begrüßen

Spricht so ein Fremdenfeind?!

Eine besondere Ermahnung gilt seinem Deutschen Volk, das sich in seiner Neigung, alles Fremde zu bewundern, sich selbst verliert, was auch Bismarck 1863 im Preußischen Landtag so treffend anprangerte:

Die Neigung, sich für fremde Nationalitäten und Nationalbestrebungen zu begeistern, auch dann, wenn dieselben nur auf Kosten des eigenen Vaterlandes verwirklicht werden können, ist eine politische Krankheit, deren geographische Verbreitung sich leider auf Deutschland beschränkt.

Das gilt bis heute. Und Arndt sagte in seiner Hoffnungsrede von 1810:

Wer Fremden nachäfft, wieweit er es auch bringe, offenbart immer eine nichtige Eitelkeit oder einen hündischen Sklavensinn.

Wie wir uns achten, werden wir geachtet.

Doch schon damals in der 48er-Bewegung waren Stimmen laut, die uns aus unserer heutigen Zeit vertraut sind, und das schon ohne Holocaust-Schuldzuweisung:

… selbst deutsche Männer haben uns beweisen wollen, daß wir verdienen, ewig unten zu liegen …

… Man spricht von uns – nicht die Fremden, sondern o Leid! viele eigene sprechen – als seien wir nichts, als seien wir nie etwas gewesen.

Man sagt mir aber, es sei jetzt eine Abgeschmacktheit, von einem französischen, deutschen und italienischen Volkscharakter und von Neigungen und Anlagen zu sprechen, die damit zusammenhangen, auch an die Notwendigkeit zu erinnern, jedem sein Eigentümliches zu bewahren, damit es zu dem höchsten Bewußtsein und zu der größten Macht einer Tugend kommen möge; jetzt sei gerade das große Werk der Vorsehung im Werden, alles Einzelne in der Welt zu vertilgen … der neue Geist strebe allmächtig … zur Einigung und Gleichmachung der Dinge, und werde nicht eher ruhen, als bis er alles Schroffe, Eckige und Ungleiche der Völker und ihrer Neigungen und Strebungen abgeschliffen und ausgeschliffen … habe.

Dieser neue Geist könne nichts Einzelnes, nichts Volkliches dulden,

alles müsse von dem Kleinen und Beschränkten zu einem Weltstreben und zu einer Welttugend erhoben werden … (Hoffnungsrede 1810)

Weiter vorn hatte er festgestellt:

… aber unser Herz bleibt ewig bei der Liebe und Freude seiner Wiege …

Selbst wenn es uns … wünschenswert sein könnte, uns mit Sprache, Sinn und Leben Fremden einzuverleiben und zu vergessen, was wir gewesen sind, um etwas Neues und Glücklicheres zu werden –

wir können das nicht, das kann kein Volk …

Die Vielgestaltigkeit und Mannigfaltigkeit in allen Formen ist eine Wesensart unserer Schöpfung, so auch die der Völker in ihrer Verschiedenheit.

Wer die erhalten und dazu sein eigenes Volk vor dem Untergang bewahren will, ist kein Nationalist, sondern handelt im Sinne der göttlichen Wesensart der Welt. Er denkt völkisch.

Ernst Moritz Arndt war Demokrat

Die Freiheits-Bewegung, die sich 1848 zur Revolution zuspitzte, beinhaltete auch die Abschaffung der Fürstentümer und die Wiedereinführung der Mitsprache des Volkes, wie es einst vor tausend Jahren in Germanien üblich war, als unsere Vorfahren sich selbst regierten mittels ihrer Volksthinge, als sie noch

von nichts Fremdem … mit Ungebühr ergriffen und zerarbeitet, … von nichts Herrischem und Tyrannischem überfallen und mit Gewalt in eine Gestalt und ein Leben hineingezwängt [wurden], die ihrer Liebe und ihrem Triebe ungemäß waren.

… Die alten Germanen waren ein freigesinntes … Volk, stark und mutig, Unrecht zurückzutreiben, …

Wahrheit war ihnen das Höchste und Ehrwürdigste, Lüge das Niedrigste und Schimpflichste: kein Brandmal brannte wie der Name Lügner …

Die Treue ward durch keinen Schwur befestigt; denn Schwur ist erfunden worden, wo Meineide sind: ein Wort ein Wort, ein Mann ein Mann … die Hand war das Siegel und die Ehre des freien Angesichts die Bürgschaft und Bekräftigung.

Diese germanische Art, die wir noch heute in den guten Deutschen unserer Nachbarschaft finden, auf deren Wort wir uns wie selbstverständlich verlassen können und die sich schämen würden, ihr Wort einmal nicht gehalten zu haben, diese deutsche Tugend liebte Arndt und hob sie mit Recht hervor. Sie nur befähigt zu demokratischem Verhalten. Sie ist es, die uns Heimat gibt.

Arndt setzte sich an vorderster Front für die Aufhebung der Leibeigenschaft in Pommern und Mecklenburg ein. Er war Mitglied des Paulskirchen-Parlaments.

Arndt entstammt einem Bauerngeschlecht Vorpommerns …

Die Ahnen von Ernst Moritz Arndt sind keine Herren gewesen. Sein Großvater war ein leibeigener Schäfer, auch sein Vater war Leibeigener und wurde erst spät von seinem Herrn, dem Grafen Malte Putbus, freigelassen.

Er avanciert zum Inspektor der südlichen Güter auf Rügen und wird schließlich Pächter.

In dieser Umwelt wächst Ernst Moritz Arndt heran, er ist Hirtenjunge, Roßbube, Bote, später Jagdhelfer. Er kennt sich nicht anders als eins mit den Wiesen, den Äckern, Wäldern, dem Meer. (Diwald, a.a.O.)

Den Namen eines solchen Deutschen – in seiner Herkunft einst im „Arbeiter- und Bauernstaat“ der Deutschen Demokratischen Republik das Ideal des neuen Menschen, auch in der SPD und der gesamten Linken der westdeutschen Bundesrepublik als Aufsteiger gefördert – den Namen eines solchen Deutschen tilgt die heutige ideologisch verblendete und dem völkerfeindlichen Zeitgeist angepaßte Uni-Führungsriege aus der Bezeichnung ihrer Einrichtung!

Wie billig, wie armselig, wie beschämend!

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Gerhard Bracke
Gerhard Bracke
7 Jahre zuvor

Wieder so eine hervorragende Stellungnahme in der Unrat-Flut des Zeitgeites! Wünschenswert wäre allerdings eine klare Abgrenzung bei Zitaten, nicht nur am Beginn, sondern auch am Schluß.

Jörn Uhl
Jörn Uhl
7 Jahre zuvor

H. H. Frh. Grote schrieb und hinterlegte die Aussage in einem Buch: Heimlicher Kaiser des Reiches, Karl Freiherr vom und zum Stein.
Solche Menschen und geschichtliche Wegweiser in unserer Zeit sind nicht erwünscht. Es würde mich nicht wundern, wenn die Aussage von Ludwig I von Bayern, die im Rund der Befreiungshalle in Kehlheim steht, verändert würde:
MOECHTEN DIE TEUTSCHEN NIE VERGESSEN WAS DEN BEFREIUNGSKAMPF NOTHWENDIG MACHTE UND WODURCH SIE GESIEGT.

Irmi
Irmi
7 Jahre zuvor

Liebe Adelinde,
das habe ich mit Gewinn gelesen! Danke für die Klarheit bringenden Worte:)!

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