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Necla Kelek beschreibt die muslimischen Opferfeste

Sie hat Opferfeste noch in ihrer Kindheit in Istanbul miterlebt, ehe sie mit 11 Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland auswanderte. Damals, schreibt sie, wäre

keiner der Familien, die bei uns im Viertel wohnten, in den Sinn gekommen, ein Tier zu schlachten. Das Schlachten war eine Sache der Dörfler in Anatolien, moderne Istanbuler gaben Geld für Armenspeisungen oder drückten an diesem Tag den Bettlern auf der Straße ein paar Münzen mehr in die ausgestreckte Hand.(13)

Denn das Teilen mit den Armen gehöre bei den Moslems zum Opferfest dazu.

Als ich dreißig Jahre später wieder zum Opferfest in Istanbul war, hatte sich das Bild völlig verändert. Die große grüne Stadt am Meer ist ein Moloch geworden, in dem es von Menschen nur so wimmelt … Attatürks Republik hat eine westlich orientierte bürgerliche Schicht und ein Industrieproletariat entstehen lassen – die verarmende Landbevölkerung hat sie nicht erreicht. Dort sind die alten Stammesbräuche Gesetz geblieben.(14)

Und dann beschreibt Kelek „ein grausiges Spektakel“. Die anatolischen Neubürger in der 12-Millionen-Stadt begingen ihr Opferfest. Sie zitiert dazu die Zeitung Hürriyet vom 21. Januar 2005:

… viele Bürger … wollten es eigenhändig bei sich zu Hause, im Garten oder auf der Straße erledigen. Sie gingen in Parks, auf die Straße, auf den Balkon, sogar auf Kinderspielplätze. Sie banden die Tiere an Bäume und an Laternenpfähle, auf Spielplätzen an die Kinderschaukeln und an die Basketballkörbe … Innereien, Pansen, abgeschlagene Köpfe ließ man zurück. Ganz Istanbul war ein Blutbad. Dieses Land will nach Europa …(15)

Da bei diesen Leuten auch vom Teilen nicht mehr die Rede ist, sie statt dessen lieber alles allein behalten wollen, hat dieses Opferfest auch den letzten Rest des ursprünglichen kosmischen Sinnes verloren. Mit dem sinnentleerten, grausamen Abschlachten von Tieren wollen diese Menschen Allah Vorteile für sich abpressen.

Tierquälerei ist in der heutigen monotheistischen Welt an der Tagesordnung.

Tiere haben keine Seele. So bestimmen es die patriarchalen Texte seit 3000 Jahren bis hin zu Philosophen der europäischen Aufklärung. Tiere wurden zu beweglicher Habe, über die der Mensch frei verfügen kann nach dem Gebot JHWHs:

Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und macht sie euch untertan und herrschet … über alles Tier, das auf Erden kreucht.(16)

„Der Absturz der Religionen vom Gotterleben“, den Mathilde Ludendorff in ihren Werken benennt, könnte uns nicht deutlicher vor Augen geführt werden, und wir haben gesehen, wie das sogenannte niedere Volk die Sinnbilder seiner uralten Mythen nicht mehr versteht und glaubt, mit Äußerlichkeiten seine Götzen beeinflussen bzw. Punkte sammeln zu können für ein Leben nach dem Tode.

Dieses Abstürzen von der ursprünglichen Weisheit ist eine gleichmäßig über alle Erdteile ausgebreitete Erscheinung.

So ist erklärlich, daß die Sinnenden aller Zeiten und Völker versuchten, sich von der Menge zurückzuziehen. Ihre eingeweihten Anhänger und Priester machten dann aber den gleichen Fehler wie das von ihnen verachtete verständnislose „niedere“ Volk: Sie zerrten die Weisheit vom Unendlichen herab in die Begrenztheit der Erscheinungswelt und bildeten das

Kastenwesen.

In Indien waren z. B. die Brahmanen die Erfinder. Nach ihrer Ansicht wird man in seine Kaste hineingeboren, je nach dem, wie man im vorherigen Leben Punkte gesammelt hat. Man hat sich also seine Zugehörigkeit zu einer Kaste selbst zuzuschreiben. Und ein Entrinnen gibt es daraus nicht.

Frauen sind in solchen Verhältnissen völlig rechtlos, auch wenn sie der höchsten Kaste der Brahmanen angehören. Sie leben in jeder Kaste auf Gnade und Barmherzigkeit ihrer Ehemänner und müssen jederzeit mit unvorstellbaren Grausamkeiten rechnen.

Frauen gelten in dieser hinduistischen sog. Kultur als unrein. Deshalb dürfen sie z. B. auch das Essen nicht richten. In der Küche kocht der Mann. Denn wer berührt, was eine Frau berührt hat, wird selbst unrein. Soweit kann es Menschenwahn kommen lassen. So mag vielleicht

der ägyptische Pharao Amenophis IV., der sich Echnaton nannte,

von den religiösen Unsitten angewidert gewesen sein, wahrscheinlich beeinflußt von seiner Mutter und von seiner Gattin Nofretete, als er bei Regierungsantritt 1365 v. u. Z. mit der Vielgötterei aufräumte und dem Volk den Sonnengott Re, auch Aton genannt, als alleinige, das All und vor allem sein Reich einende Gottheit vorschrieb. Er ließ die Altäre und Tempel und die Bildnisse der Vielgötterei zerstören und untersagte dem Volk seine altüberkommenen Feste.

Das ägyptische Volk litt, und als Echnaton nach 16 Amtsjahren gestorben war, holte es sich das Verlorene zurück und vernichtete das Andenken an Echnaton und seine Gemahlin Nofretete beinahe restlos. Zurück blieb das Trauma einer religiösen Radikalität, wie sie bis dahin unbekannt gewesen war.

Von einigen Forschern wird nun vermutet, daß Moses Echnaton sei. Aber der Monotheismus Echnatons unterscheidet sich grundlegend von dem mosaischen. Denn JHWH blieb ein persönlicher Gott mit ausgesprochen menschlichen Zügen. Der Sonnengott Aton jedoch hatte die Gestalt der Sonne, war aber ansonsten eine eher abstrakte Idee. Dennoch galten beide als männlich. Die Weiblichkeit der all-einigen, all-einenden Gottheit war verleugnet.

Der große Zionistenführer Nahum Goldmann hat sich einmal sehr stolz über den Monotheismus als „Erfindung“ des Judentums und Geschenk an die Menschheit geäußert. Somit komme den Juden das Verdienst zu, die Vielgötterei durch die „überlegene“ Lehre von dem Einen Gott abgelöst zu haben. Denn der Hebräer Moses sei es gewesen, der die Gesetzestafeln von dem Eingott JHWH empfangen habe, deren zwei ersten Gebote lauten:

  1. Du sollst keine Götter haben neben mir.
  2. Du sollst dir kein Bildnis machen.

Diese Gebote hat auch Allah seinen Anhängern, den Moslems, gegeben. Auch sie sollen sich kein Bildnis von ihm machen. So habe Ibrahim mit Ismael in Mekka die schwarzflächige Kaaba errichtet, einen Ort der Gottesanbetung ohne Kultbildnis.

Die bedeutendste Kaaba (ist) das Herz-Haus des gläubigen Menschen,

habe Ibn Arabi, der arabische Mystiker im 13. Jahrhundert in seinen Mekkanischen Offenbarungen geschrieben. Selbst Himmel und Erde seien „zu begrenzt, ihn [Allah] zu halten.“ Der wahre Gläubige erfahre Gott nicht mit seinen Sinnen, sondern nur durch sein Herz.(17)

Der Ägyptologe Jan Assmann

behauptet nun in seinem Buch „Moses der Ägypter“, gestützt auf eine Reihe von Geschichtsforschern der Vergangenheit – angefangen von Rabbi Moses ben Maimon, genannt Maimonides, bis hin zu Friedrich Schiller –, Moses habe sich Echnaton zum Vorbild genommen, denn er sei ja in Ägypten aufgewachsen und erzogen worden.

Assmann zeigt, daß mit dem mosaischen JHWH gleichzeitig etwas völlig Neuartiges in den Bereich der Religion eingeführt wurde, nämlich die

Unterscheidung in wahr und unwahr … Der Raum, der durch diese Unterscheidung zuallererst geschaffen wird, ist der Raum des jüdisch-christlich-islamischen Monotheismus,

schreibt Assmann. Daher nennt er diese Konstruktion die „mosaische Unterscheidung“.(18)

Die so sehr verabscheute Vielgötterei der „Heiden“, „Primitiven“, „Unreinen“ dagegen hatten eine solche Unterscheidung in wahr und unwahr bis dahin nicht gekannt. Ihre Gottheiten trugen zwar verschiedene Namen, die die jeweiligen Stämme und Völker ihnen verliehen hatten, aber in ihrem Wesen unterschieden sie sich von Volk zu Volk nicht. Ihre Gottheiten waren, wie Assmann in Übereinstimmung mit den Matriarchatforscherinnen unserer Zeit betont,

international, weil sie kosmisch waren … niemand bestritt die Wirklichkeit fremder Götter und die Legitimität fremder Formen ihrer Verehrung. Den antiken Polytheismen war der Begriff einer unwahren Religion vollkommen fremd.(19)

DIE Sonne und DER Mond

Gerda Weiler schreibt:

Die abendländische Kunst – wenn sie dem Weiblichen theologisch auch längst alle kosmischen Kräfte abgesprochen hat – bildet Maria noch immer als Große Göttin im Vollbesitz ihrer schöpferischen universalen Kräfte ab, mit Symbolen ihres die gesamte Schöpfung umfassenden himmlischen Königinnentums ausgestattet: Sie trägt den Weltenmantel, das himmlische Kleid … Sie leuchtet im Strahlenkranz der Sonne, sie erhebt sich über den Mond …(20)

Als männlich galt die Schöpfung, die von der Schöpferin hervorbegrachte Erscheinungswelt, als Göttinsohn, dargestellt auch als Wetter- und Fruchtbarkeitsgott in Stiergestalt, beheimatet auf einem Berg, mit Bezug zum Mond und damit zur Zeit. Seit aber, schreibt Weiler,

… bekannt ist, daß der Mond sein Licht von der Sonne empfängt, wird die [bisher weibliche] Sonne für das Prinzip des Männlichen in Anspruch genommen. Der Mondgott wird zur Mondgöttin …(21)

Im Deutschen und auch bei den nordeuropäischen Völkern blieb die Sonne weiblich und der Mond männlich. Denn – erklärt Weiler:

Erst das Griechentum hat den Mond feminisiert. Das Christentum hat diese Ideologie übernommen. Aber in Deutschland kam es zu spät, um noch Einfluß auf die Sprache nehmen zu können. Das gotische Wort mena, schwedisch mane aus der Verbalwurzel med, die für „wandern, abschreiten, abstecken, messen“ steht, legt für den Mond die Bedeutung Wanderer am Himmelszelt nahe.

Die germanische Sprache ist in diesen Landen gesprochen worden, bevor die Römer nach Norden gezogen sind, und es ist den Eroberern nicht gelungen, den germanischen Mondgott-Kult durch Luna, die Mondgöttin, zu verdrängen.

Frankreich ist von der Christianisierung zuerst erfaßt worden. In den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung war die französische Sprache aufgeschlossener gegenüber dem Einfluß aus Rom, so daß es gelang, den Mond zu feminisieren. Über den französischen Himmel gleitet la lune Nacht für Nacht.

In Deutschland wehrten Frauen und Männer sich noch am Ende des ersten christlichen Jahrtausends gegen die kulturelle Kolonisierung aus Rom. Hier gab die Sprache dem Druck der Überfremdung nicht mehr nach. Der Mond blieb männlich.(22)

Und Gerda Weiler hält wie Jan Assmann fest, daß bis in die Jungsteinzeit hinein

die Religion der Himmelsgöttin tatsächlich eine Weltreligion der frühen Menschen

gewesen ist(23), eine Religion der all-einigen und all-einenden Gottheit, die aber verschiedene Namen trägt.

So trägt die Gottheit mit ägyptischem Namen Ma’at

nicht nur eine Straußenfeder auf dem Kopf – die Straußenfeder ist ihre Hieroglyphe, das heilige Erkennungszeichen ihrer ordnenden Macht. Ma’at ist das Hauptprinzip der Welt, dem der Pharao zeitlebens verpflichtet ist. In der Ma’at ist die prähistorische Vogelgöttin zur menschengestaltigen Göttin geworden …(24)

Figürchen der Tuareg, abgeleitet vom Anchzeichen (Bild: Göttner-Abendroth, Das Matriarchat II,2)

Das Zeichen für die Gottheit mit dem Namen Isis ist der Thron. Oft ist die Gottheit mit dem Anch-Zeichen für Leben abgebildet. Das gleiche Sinnbild meint die Venus und das Weibliche schlechthin. Bei den Tuareg wurden Figürchen gefunden, denen das Anch-Zeichen zu Grunde liegt.

Die Himmelsgöttinnen breiten ihre Flügel aus und hüllen die Menschen, welche sie schützen wollen, wie in einen Mantel ein,

lesen wir bei Weiler und weiter:

beide, Hathor und Pharao, tragen das Weiblichkeitszeichen Anch in der Hand (Bild: Göttner-Abendroth, Die Göttin und ihr Heros)

In der ägyptischen Hochkultur sind es die Pharaonen, die von den Flügeln der Göttin beschattet werden.(25)

Im Christentum erinnert der Schutzengel an sie.

Noch Marc Aurel läßt seinen Lucius von der Gottheit träumen:

Da bin ich, Lucius, durch dein Gebet gerührt, die Mutter der Natur, die Herrin aller Elemente, erstgeborenes Kind der Zeit, die Höchste der Gottheiten, Königin der Toten, Erste der Himmlischen, die alle Götter und Göttinnen in einer Erscheinung vereinigt … die alleinige Gottheit, welche unter mannigfacher Gestalt, verschiedenartigen Riten und vielerlei Namen der ganze Erdkreis verehrt, so nennen die Phrygier … mich Pessinuntia …, die Athener … nennen mich kekropische Athena, die Kyprier nennen mich paphische Venus, die Kreter Diktyna, die Sizilianer ortygische Proserpina; die Eleusinier nennen mich Demeter, andere Hera, wieder andere Bellona und Hekate und Rhamnusia. Aber die Äthiopier und die Ägypter, die die ursprüngliche Lehre besitzen, ehren mich mit eigenen Bräuchen und nennen mich mit meinem wahren Namen Königin Isis.(26)

Die Germanen nannten die uranfängliche Gottheit Kleito, Jörd, Freia. Wir Nachfahren wissen nur so wenig von ihr, weil Ludwig der Fromme uns unsere Wurzeln gekappt hat dadurch, daß er die Sammlung germanischer Werke vernichtet hat,die sein Vater, Karl der “Große”, zusammengetragen hatte.

Isis wird die „zehntausendnamige“ genannt,

hebt auch Assmann hervor,

sie ist der letztinstanzliche Referent aller Gottesnamen … Gott (hat) entweder alle oder gar keinen Namen …, da er [!] Eines und Alles ist.(27)

Hier ist Isis zwar flugs zum Er geworden, das Sie, kaum aufgetaucht, ist schon wieder verschwunden, aber sonst stimmt Assmann mit Weiler und anderen Autoren und Autorinnen überein.

Fortsetzung folgt

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13 Necla Kelek a. a. O., S. 165
14 ebd., S. 166
15 ebd., S. 169
16 1. Mose 1, 28
17 Otto Kallscheuer, Nur mit dem Herzen gut, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 13.3.2007, S. 14
18 Jan Assmann, Moses der Ägypter, Fischer Ffm. 2004, vgl. S. 17
19 ebd., S. 19
20 Gerda Weiler, a. a. O., S. 66
21 ebd., S. 212-222
22 ebd., S. 232
23 ebd., S. 258
24 ebd., S. 183-184
25 ebd.
26 Assmann, a. a. O., S. 77
27 ebd.

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